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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.03.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010323014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901032301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901032301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-23
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Morgen-Ausgabe apMerTagMalt Anzeiger Lott«» Druck und Verlag von L. Pol» in Leipzig. 95. Jahrgang Sonnabend den 23. März 1901 t«no» ilouvn xgr^87'— t«» SS l o l.v r. r. die ab- der den sprechenden angeblichen Nachgeben deS Anderen die größte Gefadr für die gemeinschaftlichen Interessen der verbündeten Großmächte liegt." Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung ./« 60.—, mit Postbeförderung ^l 70.—. l.v. «. o l. o. l.0. l.0. >0. t.o. l-v. l.v. 1.0. l.0 l.0. l.0. l.0 »tv. I.o. » o. I. t. ». I. >. I. Anzeige« Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reclomen unter dem RedacnonSstrich (4 gespalten) 75 Ps, vor den Familiennach- richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). i.o. i v. i.v. >. v. i.o l. o. kalt«) t. o. i o. w.vl>.S2 mOp^t l. o. l.o. UV Die Wirren in China. * Köln, 22. März. (Telegramm.) Die „Köln. Ztg." meldet aus Peking vom 2l. d. M.: Ein gelber kaiser licher Erlaß, wie er in Artikel lO der Friedensbedingungeu vorgesehen ist (Strafandrohung für fremdenfeindlicbe Gesell schaften), ist an allen Mauerccken der Stadt angeschlagen worden. Volkshaufen drängen sich vor den Anschlägen, um sie zu lesen. * Peking, 22. März. (Reuter.) Die beiderseitigen Schild- Wacken wurden heule Morgen von dem strittigen Landstriche zurückgezogen. England, Japan und Rußland in der Mandschurei. V. 8. Der Streit um die Mandschurei beginnt allmählich l «in« Wendung zu nehmen, die die endgiltige Entscheidung auf I lange hinausschieben muß. Der Protest der Mächte hat nicht l ganz die Wirkung gehabt, die Manche sich davon versprochen! haben dürften. In Petersburg begnügte man sich mit beruhigen-1 den Versicherungen, man erklärte aufs Neue, daß keineswegs die l Absicht bestehe, einen Theil Chinas für sich zu erwerben, und daß I die Mandschurei zurückgegeben werden solle, sobald nur erst die I näheren Bedingungen der Räumung festgesetzt seien. China vcr- l folgt ebenfalls die Taktik der Verschleppung; es wendet sich an-! geblich Hilfe suchend an die Mächte Europas, verhandelt aber I gleichzeitig im Geheimen mit der zarischen Diplomat«, so daß I es unwillkürlich den Anschein gewinnt, die Abtretung der Pro- l vinz, oder vielmehr die Stellung derselben unter Rußlands Obe» I Hoheit, sei den gewandten Diplomaten Pekings im Grunde gar l nicht unangenehm. Die zweideutige Haltung der chinesischen Regierung macht die I Frage der Mandschurei für die direct interessirten Mächte be-1 sonders verwickelt. Sind Rußland und China unter einander I einig, so ist ein Eingriff Englands und Japans schon deshalb I erschwert, weil diese Staaten dann nicht blos den zarischen! Widerstand zu überwinden hätte», sondern auch mit China sick! ausrinandersetzen müßten. Die Stimmung in den Jnselreichcn I ist sehr gereizt. Die Londoner Presse veröffentlicht Drohartikel, I in denen sie erklärt, man lverde das Vorgehen Rußlands nicht I dulden, und die Japaner sollen bereits beschäftigt sein, ihre I Kriegsmacht für einen Waffcngang auszurüsten. Wie die Dinge! jetzt liegen, ist es freilich nicht wahrscheinlich, daß Rußland trol; l seiner schönen Worte ohne einen Krieg auf seine Errungen-1 schäften in der Mandschurei verzichten sollte. Ist die Lage aber! wirklich so «rnst, daß der Ausbruch eines Brandes im äußersten I Osten befürchtet werden muß? Zwischen England und Rußland hat die gegenseitige Er- l bittrruno den bekannten Zwischenfall von Tientsin I herbeigeführt. Englische und russische Truppen stehen sich schein-1 bar kampfbereit gegenüber*), ja nach einer brieflich einar-! troffenen Meldung soll ein Kosak einen britischen Consulats- l Wächter in Niutschwang eigenmächtiger Weise erschaffen haben. I Das sind ohne Zweifel beachtcnswerthe Momente, die durch die! Sprache der britischen Presse und die Verhandlungen des Par-1 lamentes an Bedeutung gewinnen. Gleichwohl halten wir es I für nicht wahrscheinlich, daß England! den Russen thatsächlich in den Arm fallen und sie aus der Mandschurei herausdrängen will. Trotz aller lauten und lärmenden Worte wird in London und Portsmouth doch nichts gcthan, was eine Ausrüstung im Großen genannt werden könnte. Weder die Flotte, noch die Armee werden in einen Zustand gebracht, der ihre sofortige Verwendung gestatten könnte. Die Anzeichen einer unmittelbar bevorstehenden Action gegen einen starken und gefährlichen Gegner fehlen durch aus. Es verdient dieses um so mehr bemerkt zu werden, als während des bekannten Faschova-Zwischenfalles die Engländer ihren Drohungen gegen Frankreich durch die Thak der Flotten- mobilisirung alsbald den nöthigen Nachdruck verliehen. Das vermißt man heute, und deshalb werden die britischen Staats männer sich sehr bedenken, bevor sie den Ruffen im Norden Chinas mit den Waffen entgegentreten. England weiß ganz genau, was es in einem Kriege mit dem Zarenreiche aufs Spiel setzen würde. Seine gewöhnlichen Schwierigkeiten werden aber augenblicklich durch den andauern den Krieg mit den südafrikanischen Republiken erheblich ver mehrt. Sicher sind deshalb die Verwickelungen im äußersten Osten derAnlaß gewesen, daß Lord Kitchener mit Botha Verhand lungen zur Erledigung des Feldzuges anknüpfte, die aber be kanntlich nicht den gewünschten Erfolg gehabt haben. Ein Friedensschluß in Südafrika wäre den Engländern jetzt von un- geheuerem Nutzen gewesen, und hätte ihre Streitkräfte theilweise gegen Rußland frei gemacht. Da diese Hoffnungen sich zer schlugen, wird man in London weiter warten und die Ruffen durch Zeitungsartikel und Unterhausreden rinzuschüchtern suchen, wenn es nicht gelingt, andere Mächte für die englischen Inter essen in der Mandschurei mobil zu machen. Aus den Worten, die Graf Bülow in letzter Zeit im Reichstage gesprochen, konnten wir mit Genugthuung ersehen, daß die Reichsr«gierung trotz der unklaren, allgemein gehaltenen Fassung deS Dangtseabkommens eine derartige Rolle nicht übernehmen wird. Die wiederholten Berufungen der britischen Blätter auf den Vertrag und die unverblümte Aufforderung an das deutsche Reich, den Russen ein Veto zuzurufen, sind zum Glück vergeblich gewesen. Deutschland wird sich in den kommenden russisch englischen Streit nicht «inmischen. Anders aber steht cs mit Japan. Das Jnselrench des Ostens besitzt ohne Zweifel ein bedeutendes Interesse, die Ausbreitung Rußlands im nördlichen China zu verhindern. Ist die Mandschurei erst völlig unter die Herrschaft oder das Protectorat Rußlands gelangt, so wird dieses dabei nicht stehen bleiben, sondern weiter Vordringen und all mählich auch Korea in den Bereich seiner Machtsphäre bringen. Hier nun stoßen die russischen und japanischen Interessen hart zusammen. Die Beherrschung Koreas durch oas Zarenreich kann der Mikado unmöglich zugeben, wenn er nicht freiwillig auf die Großmachtstellung seines Landes im asiatischen Osten ver zichten will, es ist deshalb vollkommen erklärlich, wenn die Er regung in Japan sichtlich wächst, wenn die öffentlich« Meinung energischen Widerstand gegen das Zarenreich fordert und an scheinend bereits gewisse Vorbereitungen für den Kriegsfall ge troffen werden. Für Japan ist es in gewissem Sinne Lebensfrage, daß Vor dringen der Russen zu hindern. Es ist auch insofern günstig ge stellt, als seine Seemacht augenblicklich der rus sischenweit überlegen ist und den Kampf sehr wohl übernehmen kann. Je länger die Entscheidung hinausgeschoben wird, desto mehr müssen sich die Aussichten der Japaner ver schlechtern und desto größere Schwierigkeiten wird es ihnen be reiten, da» Vordringen Rußlands wirksam zu hemmen. Denn die zarische Regierung macht seit Jahren die größten An strengungen, ihre Kriegsflotte auszubauen, um ebenso auf dem *) Sie sind bekanntlich jetzt zurückgezogen. D. Red. Ämtsvlatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. ' ähnlicher Weise geregelt werden wie in der Capcolvlite. Zur Charakteristik britischcr Lsficicrc. Der „Daily Expreß", dieses Organ des krassen Jingoismus, des lärmoollsten Zlyaki-Patnotismus, der bislang für die ge liebten „Gentlemcn in Khaki" unentwegt durchs Feuer ging und ihr Loblied in allen Tonarten sang, sieht sich mit einem «chlage veranlaßt, einen Beitrag zu den vielen Anklagen gegen die „un brauchbaren" englischen Officiere zu erbringen, wie er sie ähn lich früher bei anderen Blättern gewöhnlich in der gehässigsten Weise als „gemeine Erfindungen" des Pro-Boerenthums in der wüstesten Weise zu denunciren gewohnt war. Unter der Ueber- schrist: „Scharfe Kritik über britische Officiere" schreibt das Blatt Folgendes: „Von Capstadt kommt eine Meldung von höchster principieller Bedeutung, wonach unter den Mitgliedern colonialer Corps ein allgemeines Gefühl tiefsten Mißtrauens und intensiver Ab neigung gegen die kaiserlichen Officiere vorherrschen soll. Man ist in den betreffenden Kreisen fast einstimmig der Ansicht, daß diese Herren mit ihren Fähigkeiten, mit ihren Kenntnissen und vor Allem mit ihren Erfahrungen in der richtigen Handhabung und Disciplinirung von Truppen vollständig Schiffbruch ge litten haben und weder sich selbst, noch der britischen Armee Ehre oemockt haben. Der l-ste B-Iveis ''ieriiir wird jetzt durch die i Thatsache erbracht, daß cs die größten Schwierigkeiten mack« Rccruten für die neu zu formirenoen berittenen Corps zu be kommen, wenn dieselben von englischen Officieren befehligt werden sollen, und andererseits, daß die officiellen Bekannt machungen neuerdings ausdrücklich, falls angebracht, darauf Hin weisen, "daß die Mannschaften von Officieren commandirt wer den sollen, welche colonialer Abkunft und aus ihrer früheren Thätigleit in colonialen Diensten bekannt sind. Unter den „Re- cruten" wird immer stärker der Wunsch und das Verlangen laut, nicht unter dem Befehle von englischen Officieren stehen zu müssen, und diese Bewegung erstreckt sich sogar auf die „Stadt- Garde" von Capstadt. „Wir haben kein Vertrauen zu diesen Officieren" — heißt es allseitig, und diese Abneigung, dieses Mißtrauen wächst mit jedem Tage." — Commentar überflüssig. Der Lrieg in Südafrika. Tie abgclchnte» Friedensbedingungen. * London, 22. März. (Telegramm.) Dem Parlamente sind Schriftstücke über die Friedensverhandlungen mit den ! Boercn nunmehr zugegangen. Rach diesen Berichten sind Bedingungen, die den Boercn angcbotcn, von Botha aber gelehnt worden sind, folgende: Sobald sich alle Streikräste Boercn ergeben, gewährt ihnen die englische Regierung in Colonien Transvaal und Oranje Amnestie. Gegen die Eng länder indessen, die ans Natal oder der Capcolonie stammen, soll nach dem in diesen Colonien während des Krieges zur Anwendung gelangten Ausnahmegesetze ver fahren werden. Die auf Helena, Ceylon und anderswo in Kriegsgefangenschaft befindlichen Boeren fallen in ihre Heimath zurückbcsördert werden. Tie jetzige Militärverwaltung soll durch eine Verwaltung als Kroncolonie ersetzt werden. Es soll ferner auch im weitesten Maste eine Selbstregierung zugestanden werden. Tas Kirchcneigentbum, der Besitz öffentlicher Gesellschaften und die Fonds für Waisen sollen respeetirt werden. Die englische und die holländische Sprache sollen in gleicher Weise zurAnwendungge! angen. Tie englische Regierung kann nicht für Schulden verantwortlich gemacht werden, die von den letzten republika nischen Verwaltungen gemacht worden sind, sie ist aber bereit, eine Summe von nicht über eine Million Pfund Sterling zur Deckung von Schaden ersatzansprüchen Len Boercn zu bewilligen. Den Farmern soll für ihre Verluste im Kriege Beistand durch eine Anleihe ge währt werden. KriegSsteucr haben die Farmer nicht zu bezahlen. Diejenigen Burghcrs, die zu ihrem Schutze Feuerwaffen bedürfen, sollen die Erlaubnis erhalten, Waffen zu tragen, wenn sie sich j ?ien Erlonbnistschein geben und in eine Liste eintragen lassen. Rußland und China. » Lien Kasfern soll in beschränktem Maste da» Stiuin.rrcht ge- * Man schreibt unS c.> ongkong unter dc.n 8.Februar:' werden. Wei/u eine da» Volk vertuende Regierung en- ES herrscht wohl läng» kein Zweifel mehr darüber, daß s necktet sein werd, soll die gesetzliche Stellung der Farbigen in bleiben wird. England und Japan werden damit Rußland seine asiatische Bahn unauf- kann. Deutsches Reich. -r- Berlin, 22.März. (Fleischpreise, Fleifchconsum und Arbeiterschaft.) Auf Grund von Wahrnehmungen, die ein deutscher Fabrikant in einer Londoner Markthalle gemackt hat, kommt ein demokratisches Blatt zu dem Ergeb- niß, daß der englische Arbeiter das Fleisch bedeutend billiger und besser kaufen könne, als der deutsche Arbeiter: der letztere müsse sich infolge der agrarischen Gesetz ¬ gebung den Schmachtriemen enger schnalle». Nun ist eS ja richtig, daß die Flcischpreise in London während der letzten Jahrzehnte niedriger geworden sind, als bei uns. So sehr erbeblich indessen ist der Unterschied nickt. Das steht auS den Tabellen hervor, die der Königsberger Nationalokonom Otto Gerlach in seiner Untersuchung über Fleifchconsum und Fleischpreise errechnet hat. Nach diesen Tabellen kostete da- Kilogramm Rindfleisch in Preußen 1861—70 88 ^s, 1871—80 115^,1881-90 117 ^s, 1891-95 125 ^s, 1898 126 ^s. Für London lauten die Zahlen in den gleichen Zeiträumen: 112, 13 l, 112, 100, 96 DaS Kilogramm Schweinefleisch kostete in Preußen in den angegebenen Zeiträumen: 105, 125, 124, 130, 136 ^s, während die entsprechenden Zahlen für London lauten: l20, 121, 108, 102, 106 ^s. Ist demnach zweifellos der FleisckpreiS in Deutschland etwas höher als in England, so gebt ebenso zweifellos aus der Statistik hervor, daß trotzdem der Nutbeil der Arbeiter schaft am Fleifchconsum gestiegen ist. Denn ge rade in dem industriell am böcksten entwickelten Königreich Sachsen ist der Verbrauch an Rind- und Schweinefleisch auf den Kops der Bevölkerung ungemein gestiegen. Vom Jahrzehnt 1835—44 angefangen, stieg der Verbrauch au Rind- und Schweinefleisch pro Kopf von 16 tcg auf: 17, 21, Harle »l>. l-v. »o. »o. »o. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm's Sortim. UnwersitätSstraße 3 (Paulinum), LouiS Lösche, Katharinenstr. 14, Part, nnd SönigSylatz 7. Wasser wie zu Lande über Achtung gebietende Streitkräfte zu verfüge». Welche Summen zu diesem Zwecke aufgewendet wer den, ergeben die nachfolgenden Zahlen: das russische Marine budget betrug im Jahre 1897 59,9 Millionen Rubel, im Jahre 1898 64,05 Millionen und im Jahre 1899 83 065 Millionen Rubel. Das ist hoch eine ansehnliche Steige rung, und, wenn die Schiffe, für welche diese Summe verausgabt werden, fertig sind, so braucht das Zarenreich die Einwände der Japaner nicht sonderlich zu fürchten. Man prüßte daher an nehmen, daß diese Erwägungen Japan zum balvigen Losschlagcn veranlassen. Aber die bisherige Politik des östlichen Kaiserreiches spricht nickt dafür. Japan ist vor Rußland im Jahre 1896 zu rückgewichcn, es hat sein Vordringen ruhig geduldet und erhob nicht mehr als formellen Widerstand gegen die Erwerbung des wichtigen Hafens von Masampho, an der Südtüstc Koreas. Diese Thatsachen stehen nun einmal fest. Ohne die dirccte Unter stützung Englands ist ein activer Eingriff Japans in die man dschurische Frage nicht wahrscheinlich, auch wenn seine Bevölke- runng noch so sehr auf dem Kriege besteht. Großbritannien aber wird vor dem Aeußcrsten sicher zurückschrecken. Deshalb glauben wir, daß, trotz der drohenden Anzeichen, der Friede in Ostasicn gewahrt " " nachgebcn müssen, haltsam verfolgen die sogenannte „Annahme" der Bedingungen der ver bündeten Mächte durch die beiden Bevollmächtigten der chinesischen Regierung nichts anderes gewesen ist, als ein neuer Versuch der Chinesen, ihren lästigen Wider sachern nock einmal eine tüchtige Hand voll Sand in die Augen zu werfen und dadurch Zeil zu gewinnen, bis daß irgend ein neues, unerwartetes Crcigniß eintritt und vielleicht eine Verschiebung der ganzen Lage bewirkt, von welcher die schlauen Zopflräger dann zu profiliren hoffen. Hierin liegt natürlich nichts Neues oder Unerwartetes, wenigstens nicht für Leute, die nur einigermaßen eingeweiht sind. Was erst der augenblicklichen Situation den pikantesten oder, besser gesagt, gefährlichsten Ausblick verleiht, LaS sind die geheimen Unier- bandlungen, welche Rußland hinter dem Rücken der Ver bündeten mit Cvina angcknüpft hat, natürlich nur zu dem Zwecke, um seine eigenen, lange gehegten Pläne und Absichten noch rechtzeitig durchsetzen zu können, bevor der chinesischen Regierung durch die Zwangsmaßregeln der Verbündeten die Hände vollständig gebunden sind. Vielleicht sind sogar diese unter der Hand gepflogenen Verhandlungen in der Hauptsache für die neue Politik des Zögerns und des Hinhaltens verantwortlich, mit welcher China die übrigen Mächte langweilt nnd beinahe zur Ver zweiflung treibt, und das einzige thatsächliche Resultat, welches seit der Befreiung der Gesandtschaften sich aus dem ganzen complicirten Durcheinander losgelöst hak, ist die Thatsache, daß Rußland sich mit einem Schlage zur Herrin der Situation und zum entscheidenden Machifactor im ganzen fernen Osten gemacht zu haben scheint. Zum Ueberfluß soll nun auch noch Korea im Geheimen unter die russischen Aspirationen fallen, waS natürlich bei nahe von größerer Bedeutung sein würde, als daS die Mand schurei betreffende Abkommen zwischen Rußland und China. Auf jeden Fall lauten alle von Japan herüberkommcndeu Nachrichten dahin, daß im Reiche des Mikado betreffs der koreanischen Angelegenheit die stärkste Empfindlichkeit vorherrscht und Rußland in jeder Hinsicht mit dem weitestgehenden Mißtrauen beehrt wird. Es ist dabei nur natürlich, wenn die japanische Diplomatie in berechtigter Notbwchr ihre Gegenminen springen läßt und am Hofe deS Königs von Korea denn auch schon den Triumph zu verzeichnen hat, daß die Beziehungen des Vertreters des Zaren in Söul mit der koreanischen Regierung augenblicklich sich reckt unfreundlich und sehr ge spannt gestaltet haben. Diese Thatsache wird auch durch die von Petersburg auS bereits erfolgte ossicielle Ableugnung dieser Vorgänge nicht auS der Welt geschafft. DaS Ganze bietet nun eine hervorragend günstige Ge legenheit für einen chinesischen Staatsmann vom Schlage Li-Hung-Tschang'S, seine ganze fuchsschlaue und aalglatte diplomatische Gewandtheit zum Vortheile seine» Landes (und vielleicht auch zum eigenen Vortheile) wieder einmal leuchten zu lassen, und er ist der Letzte, der davon nickt den weit reichendsten Gebrauch machen würde. Wer weiß, wie weil Li vielleicht daran Schuld trägt, daß Rußlands Aspirationen nicht einmal an der Grenze Koreas und auch nicht vis-a-vis I der festen Entschlossenheit Japans, seine theuer erkaufte I Position auf der genannten Halbinsel um jeden Preis zu I bewahren, Halt machen? Im klebrigen bietet heute die I ganze Lag« Dank dem russischen egoistischen Vorgehen einem I Mann wie L:-Hung-Tschang eine ganze Welt von Möglick- I leiten, um seine Zwecke zu erreichen, und — daS von Nuß- I land und Japan zu gleicher Zeit umworbene Korea bildet I für ibn eine geradezu ideale Gelegenheit, die Flamme der I Zwietracht zwischen den Gegnern deS chinesische» Regimes ! bis zur Weißgluth anzufachen und sich deS dadurch hervor- I gerufenen Unheils zu freuen und davon nach Möglichkeit zu I profitiren. So ruht die hauptsächliche Entscheidung in der chinesischen I Krisis thatsächlich zwischen Rußland und China, wenigstens l insofern al» m dem Vorgehen de« Einen und in dem rat- 25, 30; 35 kg im Jahrzehnt 1885—94. In den Jahren 1895—98 betrug er: 37 kg, 41, 41, 41 Icg. In einzelnen Großstädten freilich, wie Berlin, München und Chemnitz, ist ein gewisser Rückgang des Fleischkonsums zu constatiren. Aber einmal ist dieser Rückgang durch erhebliche Steigerungen in einzelnen Jahren unterbrochen worden, sodann ist die Vergleichbarkeit nicht immer ein wandfrei, drittens ist der Fisckconsum in Betracht zu ziehen, der z. B. für Berlin ohne Vororte im Jahre 1896 auf 18,94 kg pro Kopf angegeben wird, und endlich muß be rücksichtigt werden, daß in den Städten eine Zunahme deS Genusses alkoholischer Getränke stattgesunden bat, der wohl regelmäßig eine Verringerung der festen Nahrung parallel läuft. Im Ganzen gesehen, hat sich in Deutschland der Fleischkonsum im 19. Jahrhundert derart entwickelt, daß mit der KriegSperiode von 1806 an ein starker Rückgang bis zur Mitte des Jahrhunderts einsetzte. Sodann trat eine Steigerung ein, die, mit Unterbrechungen während wirth- schastlicher Krisen, bis zur Gegenwart fortdauert und an der die Arbeiter einen durchaus erheblichen Antheil haben. Berlin, 22. März. (Geographische Criminal- stat istik.) In Dresden hielt dieser Tage Professor I)r. Seuffert aus Bonn einen Vortrag über Criminalität. AuS diesem Vortrage seien die Bemerkungen über die geographische Vertbeilung der Straffälle besonders berück sichtigt, obwohl die von Seuffert angeführten Ziffern sich auf das Jahrzehnt von 1882 bis 1892, also auf einen ziem lich zurückliegenden Zeitraum beziehen. Gerade in Hinsicht auf die geographische Vertheilung der Strafiälle ist dies aber nicht von besonderer Bedeutung, da wohl die ab soluten Ziffern sich leicht ändern, nicht aber das relative Ver- hältuiß der Criminalität in den einzelnen Gebieten, worauf cs hier in erster Reihe ankomint. Nach dieser Statistik kamen auf je lOOOO strafmündige Einwohner im Reiche durch schnittlich 102 Verurteilungen wegen crimineller Handlungen. Erheblich unter dem Durchschnitte standen daS Königreich Sachsen und die Rheinprvviuz: erheblich über dem Durch- schnitteeinzelneTheile von Ostpreußen und vondem südlichen nd westlichen Bayern: in den letzterwähnten bayerischen ' Bezirken war bcsoudcrS'grcß die Zahl der Rohheitsdelikte. ; Bedenkt man, daß daS Königreich Sachsen und die Rhein provinz zugleich die am dichtesten bevölkerten größeren Ge biete im Reiche sind, während Ober- und Nieder-Bayer», sowie Ostpreußen zu den weniger dickt bevölkerten Gebieten gehören, so crgiebl sich die Thatsache, daß die Criminalität gerade dort am geringsten war, wo die Bevölkerung am engsten bei einander wohnte. Bedenkt man ferner, daß Oberbayern der Hauptsache nach, Niederbayern und Ostpreußen aus schließlich agrarische Gebiete sind, das Königreich Sachsen und die Rbeinprcvinz hingegen zum überwiegenden Theile industrielle Gebiete, so ergiebl sich, daß daS Wort von der „Unschuld vom Lande" vor der Criminalstatistik nicht Wohl Stich hält. Bedenkt man endlich, daß die RohheitSdelicte gerade in agrarischen LandeStheileu besonders stark vorkommen, so ergiebt sick, daß die agrarischen Befürworter der Ein führung der Prügelstrafe bei Rohheitsdelikten sich einiger Vorsicht befleißigen sollten. Berlin, 22. März. (Papismus und Toleranz.) Da eine Commission des deutschen Reichstages mit der Berathung des klerikalen „Toleranzen träges" beschäftigt ist, ver dient «in päpstliches Schreib«» Beachtung, das die Toleranz des Papismus in höchst drastischer Weise charakterisirl. Es ist an die Bischöfe Englands gerichtet und ent hält nach einer Uebersetzung der „Köln. Bolksztg." folgende Stellen: „Man kennt sie nur zu gut, die Verderbniß, die bald wüthet, bald droht, und ihren Ursprung in völlig irrigen Meinungen hat, deren Gesammtheit gewöhnlich mit dem Namen liberaler Katholicismus bezeichnet wird ... Ich habe den Gläubigen einen sehr heilsamen Rath gegeben, indem ich ihnen auftrug, vor dem Rationalismus sich zu hüten, dec schlau und perfid sich eindrängt und mehr als jedes andere Gift dem göttlichen Glauben verderblich ist." — Am Schluffe seines Schreibens empfiehlt der Papst „die Ergebenheit gegendenheiligcnStuhlalseineheiligeSache anzusehen" und den Widersachern des Papstes das Wort des ehrwürdigen Beda entgegen zu halten, „das, wer sich von der Einheit des Glaubens oder der Gemeinschaft Petri trennt, nicht von den Banden der Sünde erlöst werden, nicht die Schwelle des Himmelreiches überschreiten kann!" — Die Toleranz des Papstes erstreckt sich, wie man sieht, auf die Verstorbenen nicht weniger, als auf die Lebenden. D Berlin, 22. März. (Telegramm.) Zur gestrigen FrübstückStafel bei dem Kaiser und der Kaiserin war geladen Reichskanzler Graf v. Bülow, der später dem Kaiser Vor trag hielt. Um 3 Uhr batte der Kaiser eine Besprechung mit dem Bildhauer Professor Caner und erledigte daraus Regierungsangelegenheiten. Einladungen zur Abendtafel waren nicht ergangen. Am heutigen Vormittag arbeitete der Kaiser zunächst allein. Später unternahm er, zum ersten Male nach seiner Verwundung, eine Ausfahrt. Von der Kaiserin begleitet, begab er sich im geschlossenen Wagen nach dem Mausoleum in Cbarlottenburg, wo die Majestäten an läßlich deS Geburtstages Kaiser Wilbelm'S I. einen Kranz nieverlegten. Von dem Mausoleum kehrten die Majestäten nach dem Schloß zurück, überall von der Bevölkerung ehr furchtsvoll begrüßt. Um 121/4 Uhr empfing der Kaiser daS Präsidium deS Reichstags. Der Präsident Graf Ballestrem dielt eine warm empfundene Ansprache, der Freude deS Reichstages darüber Ausdruck gebend, daß der Kaiser einer so schweren Gefahr entronnen sei. Der Kaiser bat darauf den Grafen von Ballestrem, dem Reichstage seinen herzlichen Dank für diese Kundgebung zu übermitteln. Mit jedem der drei Präsidenten unterhielt sich dann der Kaiser, der sehr wohl auSsah und nur nock unterhalb de» rechten AugeS einen leichten Verbandstreisen trug, noch deS Längeren. Da- Präsidium des Abgeordnetenhauses wurde um 1 Uhr empfangen. Präsident v. Kröcher richtete au den Kaiser eine Ansprache, in der er an den unseligen Anschlag an einem Frühlingstage auf Kaiser Wilhelm erinnerte, Gott dankte, daß Schlimmere- jetzt vom Kaiser abgewendet worden sei, und Golt bat, fernerhin den Kaiser zu schützen. Der Kaiser dankte und sprach seine Freude darüber au», daß das Abgeordnetenhau» Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an die Vrpedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Bezug-»Preis in her Hauptexpedition oder den im Stadt- bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljähriich ^l 4 50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau- 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. ^ll 8. Man abonnirt serner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstaltrn in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- bürg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten Ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese« Blatte« möglich. Die Moraen-AuSgabe erscheint um >/,7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentag» um 5 Uhr. Le-action und Expedition: ZsvhanniSgass« 8. t>-6. 6. 'S 6. l.v. 8. S. l.0. k» «0. 8. cr. 0. l.0. a. u-rsso a. s. »0. F. ». 0
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