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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000206016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900020601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900020601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-02
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zifsernsaz nach höherem Tarif. Vxtra-Vcilageu (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung X Ä).—, mit Postbeförderung 70.—. Innahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde frührr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 66. Dienstag den 6. Februar 190A 8t. Jahrgang,. Die Führung -er Flottenoppofition. L2 Die Presse der Berliner Leitung des Bunde- der Land wirt he hat die Führung der Flottenopposition übernommen und liefert, den anscheinend bedenklich gewordenen Herrn Richter hierin weit übertreffend, von demokratischen und socialdemokratischen Marinegegnern begierig aufgegrifseneS „Material" gegen die Marinevorlage. Der Unterschied zwischen der socialdemokratischen Presse und den BundeSorbanen ist nur der, daß jene sich als aufrichtige Gegnerin einer Ver stärkung der deutschen Seewehr bekennt, während die Blätter der Herren von Wangenbein«, vr. Hahn u. s. w. vor und binter den aufreizenden Artikeln, die sie bringen, bemerken, sie wären nicht ganz der Meinung, die sie ihren Lesern mit demagogischem Raffinement einträufeln. Sie, dir genannten Herren, wollen nur „Stimmungsbilder" geben. Mit zweien dieser Bilder haben wir den Leser schon bekannt gemacht, sie gipfeln beide in der Forderung, die Flottenvor lage abzulehnen, weil die Vermehrung der Schiffe die Inter essen der Landwirthschaft schäbige. Es ist unverkennbar, daß die Bundesleitung nicht Stimmungen wiedergeben, sondern Stimmung, flotten gegnerische Stimmung, machen will. Man hat auf dieser Seite nie die Gewohnheit verrathen, von den eigenen rhatsächlich abweichende Ansichten zu Worte kommen zu lassen. Zahllose, sonst sedr agrarisch gerichtete Landwirthe Laben den Antrag Kanitz für eine schädliche Phantasterei, die Agitation gegen die Goldwährung für bedenklich gehalten und sich über die wilde Jagd gegen Alles, was Getreide handel ist, schwer geärgert. Diese „Stimmung" hat aber die BundeSpresse niemals zum Ausdruck bringen lasten. Wenn sie jetzt durch „Zuschriften" die Landwirthe mit dem Irrthum zu erfüllen sucht, der Flottenplan sei ein landwirthschaftSfeinblicher, so verfolgt sie ohne Zweifel den Zweck, der Flottcnopposition zum Siege zu verhelfen. Eine Zeitung kann Wohl für technische Fragen einen „Sprechsaal" für entgegengesetzte Meinungen ein richten; in großen nationalen Angelegenheiten, in deren Ver lause 12 Millionen Wähler zur Stellungnahme mit einem ein fachen Ja oder Nein ausgerufen werden können, predigt man nicht im Tone des Bolksredners daö Nein, wenn man dem Ja die Mehrheit gönnt. WaS die Presse der BundrSleitung letzt veröffentlicht, sind Flugblätter zu einer Flottenwahl und Leitfaden für die zur mündlichen Unterstützung flottengegnerischer Kandidaten ausersehenen ländlichen Agitatoren. In der Möglichkeit, daß eine NeichStag-auflösung nvthig wird, liegt die Bedeutung und die Gefahr dieser gedruckten agrarischen Marinehetze. Ob die bandvoll ReichStagSabgcordnrten, die nur Mitglieder dcS Bundes der Landwirthe sind, gegen die Flottenvorlage stimmen, ist, wie schon angedentet, unerheblich; sic wird kaum die Courage dazu haben. An gesichts der kleinen Mehrheiten aber, die bei Wahlen in den meisten Wahlkreisen den Ausschlag geben, und bei dem Um stande, daß in einer sehr großen Anzahl der für ein Flotten gesetz überhaupt in Betracht kommenden Wahlkreise der Socialdemokratie nur wenig zur Majorität fehlt, kann die Giftmischerei der BundeSpresse eS bewirken, daß bei der Ent scheidung durch die Nation die nationale Sache unterliegt. Und eine Sicherheit dafür, daß eS nicht zur Ausschreibung von Wahlen kommt, ist durchaus nicht geboten. ES ist nieder drückend und beschämend, eS sagen zu müssen, aber eS ist dir Wahrbeit: die Erkrankung des Herrn vr. Lieber ist ein dem Floltenplane nicht günstiger Zwischenfall. Aber auch wenn der jetzige Centrumsfübrer rechtzeitig auf dem Platze sein sollte, so ist eS ungewiß, ob er die für eine ReichstagSmehrheil entsprechende Anzahl von Mitgliedern seiner Partei gewinnen kann, ja sogar, ob er sie auch für den Fall gewinnen will, daß die Regierungen Gegenforderungen des CentrumS nicht zu erfüllen vermögen. Die „Germania" bringt gerade heute wieder eine im Droh-, um nickt zu sagen Erprcssertone gehaltene Auslassung, in der die Beseitigung des tz 2 des Iesuitcngcsctzcs verlangt wird. Dies ist bekanntlich einer der bescheidensten Wünsckc, die das Centrum hat; die unbescheidenen äußern fick nicht öffentlich. Also die Flotte ist keineswegs „über die Höhe gebracht", und die Agitation, die die Marinevorlage als gegen die Landwirthschaft gerichtet l'instellt, kann sehr Wohl direkten Schaden stiften; der indirecte versteht sich von selbst. Es ist zwar ein ungeheuerlicher Bethörnng-versuch, glauben zu machen, weil die stärkere Flotte u. A. be stimmt sei, die Zufuhr deS TheileS deS benöthigten Brod- getreideS, den Deutschland thatsachlich nicht erzeugt, zu sickern, so werde und müsse die stärkere Flotte in Zukunft Verbindern, daß die deutsche Landwirthschaft da gegenwärtige Ernährungsoesicit selbst decke. Jene Function ist der Flotte natürlich nur für den Fall eine- Kriege zugedacht, und wenn wir beute in einen Krieg ver wickelt würden, würde der Mangel einer hinreichenden Seewehr etwa die Kornfelder, die nun einmal zur Befriedigung eine- Reste- deS deutschen Brodbedarf- un bestreitbar und unbestritten z. Z. nicht bestellt sind, den deutschen Bauern auf den flachen Händen wachsen lassen? Eine ungeheuerliche Znmuthung an die geistige Aufnahme fähigkeit in der That! Aber wir haben eS beim Antrag Kanitz erlebt, daß für kurze Zeit mit den Erfindungen und Lehren der extrem-agrarischen Agitatoren Geschäfte zu machen sind, und wenn der Reichstag aufgelöst werden müßte, so würde e- in ziemlich kurzer Frist zu geschehen haben. Die politischen Freunde der Deutschconservativen in der Leitung de- Bunde- der Landwirthe laden also eine Verantwortlich keit auf sich, von der r- Wunder nimmt, daß eben diese deutsckconservative Partei keinen Anstand nimmt, sie mit zu tragen. Die „Kreuzztg." hält gar den Zeitpunkt für geeignet, die Partei der Bunde-leitung ohne jede Einschränkung zu nehmen. Die „Loyalität" -er Inder und die Hungersnot-. Nachdruck rndotkn. X. Reuier'S Bureau beeilte sich dieser Tage, zu melden, daß in Kalkutta Hindus und Mohammedaner sich zusammen- gektzan und beschlossen hätten, für den Sieg der englischen Waffen zu beten. Ueber diese Loyalität der Eingeborenen giebt der folgende Bericht unseres ständigen Mitarbeiters in Bombay einige Aufschlüsse: Bombay, 16. Januar. Die gesammte eingeborene Bevölkerung scheint in dieser kritischen Zeit daS Losungswort der Loyalität ausgegeben zu haben. Schon vor einiger Zeit konnte gemeldet werden, daß eine große Horde von Waziris mit ihren Priestern an der Spitze feierliche Gebete für den Sieg der Engländer abgehalten hatten; eine Blasphemie sondergleichen, wenn man den fanatischen Haß dieser Berystämme gegen England kennt. Ebenso „loyal" ist in den Weihnachtsfeiertagen die Tagung deS „National Indian Congreß" verlaufen. Die Herren von der Congreßpartei excelliren sonst in wüthrnden An griffen auf die Engländer. Diesmal waren auf dem Congresse in Lucknow die Reden auffällig zahm, und sie entfielen keinerlei Angriffe auf die Regierung von Indien im Speciellen und „unsere Herren" im Besonderen. Und nun gar die eingeborene Presse. Es ist gerade die eingeborene Presse, die am lautesten nach Absendung eines indischen Contingentes schreit. Dies ist eine sehr eigenthümliche Erscheinung, wenn man in Betracht zieht, daß eben dieselbe Presse sich noch vor Kurzem in den aufrührerischsten Artikeln gegen die „Unterdrücker des indischen Volkes" gefiel. Diese Hetze hat in den Jahren 1897 und 1898 einen derartigen Umfang an genommen, daß man ernstlich erwog, wie und auf welche Weise man dem Uebel zu Leibe gehen könnte. Man sollte meinen, daß die eingeborener Presse, die stets über die systematische Unterdrückung und Aussaugung des indischen Volkes durch die Engländer (our rulors, oder rulors anü rrftock sind stereotype Phrasen, die man beinahe in jeder Nummer einer in englischer Sprache erscheinenden eingeborenen Zeitung findet) klagt, als angeblich selbst geknechtet auf Seiten eines Volles wäre, dessen Selbstständigkeit jetzt von ihren eigenen Unterdrückern vernichtet wird. Es ist geradezu widerlich, zu beobachten, in welch' kläglicher Weise die eingeborene Presse sich jetzt aufführt, und die chau vinistischsten Blätter Englands geradezu in der Boerenhetze über trifft. Wie gesagt, diese Erscheinung ist sehr sonderbar und findet nur darin eine Erklärung, daß die eingeborene Presse durch eine anscheinen dloyaleHaltungdieSündender vergangenen Jahre gut machen will. In Indien täuscht ja diese Haltung der eingeborenen Presse Niemanden, man nimmt mit Wohlgefallen Notiz davon, man weiß aber ganz genau, daß die eingeborene Presse nach wie vor von bitterster Feindschaft gegen die englische Herrschaft in Indien beseelt ist, und derselben je eher je lieber ein Ende wünscht. Man mißtraut überhaupt hier der ganzen sich so aufdringlich gebärdenden Loyalität ganz außerordentlich. Die Disloyalität der Eingeborenen in einem großen Theile von Bengalen und Behar ist offenkundig, die Unzufriedenheit der Bevölkerung des Pendschob und der Nordwestprovinzen ist kaum noch verhüllt. Und noch viel gefährlicher wird die Mißstimmung werden, wenn erst die Hungersno th auf ihrem Höhepunkte angelangt sein wird. Diese wird die des Jahres 1897 bei Weitem übertreffen. Die Saaten sind verdorrt und das Vieh stirbt zu Tausenden. Man hat wieder zu der Beschäftigung Nothleidender gegriffen. Jahrelange Erfahrungen haben gezeigt, daß in den Monaten, in welchen die Hungersnot!? am größten ist, etwa 15 Procent der Bevölkerung eines von der Mißernte betroffenen Districtes wirklich nothleidend sind. Im Durchschnitt beträgt der Procent satz zwischen 7 Procent und 8 Procent für die ganze Periode, wie die Erfahrung der Hungersnoth im Jahre 1897 wiederum gezeigt hat. In diesem Jahre hat aber bereits jetzt, zu Anfang Januar, also eigentlich noch erst am Beginn der Hungersnoth, die Zahl der Unterstützung Erhaltenden den Sah von 15 Proc. bereits überschritten. Man überlege, mit welchem Zahlen man zu rechnen haben wird; man kann die Bevölkerung des von der Hungersnoth betroffenen Theiles Indiens auf etwa 100 Mil lionen veranschlagen. Wenn hiervon 15 Millionen vier bis fünf Monate hindurch mit 1 nvnn täglich unterstützt werden, so ergiebt sich eine Ausgabe von nahezu 1 Million Rupies (ä 1!/z -M täglich, also in vier Monaten 150 Mil lionen Mark. Trotz dieser Hilfe durch die Regierung muß aber die Unzufriedenheit täglich wachsen, denn selbst für den genügsamen Inder ist die Unterstützung von täglich ganzen 8V» bei den furchtbar gesteigerten Lebensmittelpreisen ganz unzureichend. Der Lneg in Südafrika. -- Wem soll man glauben? AuS Durban und Ladysmith meldeten englische Blätter, daß Buller den Tu-ela abermals überschritt, auf Ladysmith zu marschire und in heftigen Kampf mit den Boeren gerathen sei. „Daily Telegraph" und „Morning Post" dagegen wissen nur zu berichten, daß lediglich kleine Vorposten gefechte nördlich der SckictS- und der PotgieterSdrift statt gesunden haben. Demnach scheint nur sicher, daß die englische Infanterie, und auck diese Wohl erst in kleineren Abthrilungrn, am Norduser de- Tugela siebt. Man muß sich also noch gedulden, bi- Buller den Schlüssel ganz berumdreht. Damit wäre die Tbür freilich erst aufgeschloffen, nicht geöffnet. Vorläufig muß die Welt sich mit folgenden Nachrichten begnügen: * Laureuya Marques, k. Februar. (Telegramm.) Der Neich-postdampfer „Kanzler" ist, ohne irgendwie behelligt worden fein, am ll. d. M. tu der »elagoa-Vai »ingetroffen. Der Relch-vostdampker „General" ist am 1. d. Vit-, hin ,1». gelaufen. * New Vork, 5. Februar. (Telegramm.) In verschiedenen Städten der Vereinigten Staaten sind gestern Versammlungen abgehalten worden, in denen man sich gegen die Politik Englands ausgesprochen hat. In der Mustk-Akademie in New Dork sprach Miß Maud Gönne vor einer gewaltigen, hauptsächlich ausJ re n bestehenden Zuhörerschaft. Sie verurtheiltr aus das Schärfste die Politik Eng lands und erklärte, es sei jetzt für die Iren die Zeit gekommen, die Kelten abzuwerfen. In einer Versammlung in Busalo bezeichnete der Führer der Heilsarmee Bellington Booth den Krieg in Südafrika als den ungerechtesten, den je die Sonne beschienen habe. In einer behufs Sympathie-Kundgebung für die Doeren einberusenen, von etwa 3000 Personen besuchten Versammlung in Baltimore hielten Mitglieder deS CongresseS und andere hervor ragende Persönlichkeiten Ansprachen, die jubelnd ausgenommen wurden. Für Len Fonds zur Unterstützung Ler Boeren wurden mehrere Hundert Dollars gezeichnet. — Der frühere Sekretär des Kriegsdepartements Alger erklärte in einer Unterredung mit einem Berichterstatter, daß er die Ein mischung namhafter amerikanischer Persönlichkeiten in die süd afrikanischen Angelegenheiten mißbillige. Er gedachte ferner mit größter Dankbarkeit der werthvvllen Freundschaft Englands während des spanisch - amerikanischen Krieges und machte Bryan den Vorwurf, daß er zur Förderung seiner eigenen politischen Interessen eine England feindliche Stimmung im Lande Hervorzu rusen suche. (Reuter'- Bureau.) Die Lage auf dem Kriegsschauplätze im Norde» der Eapcolonte. Don einem „alten preußischen Officier" wird de: „Frkf. Ztg." aus London» 1. Februar, geschrieben: Wenn man die bisherigen Kriegsereigniffe genauer betrachtet, so kann man fest stellen, daß fast jedesmal nach -dem Eintreffen einer neuen englischen Division in Südafrika zunächst eine kleine Pause in .den Ereignissen und dann 'bald darauf ein neuer vergeblicher Offensivversuch der Eng länder zu verzeichnen war. Dies liegt vor allen Dingen daran, daß keinem oer englischen Heerführer bis jetzt die Ruhe gegeben war, das Ansammeln einer größeren Armee a-bzuwarten, sondern daß immer das Bestreben vorlag, mit den frischen Truppen möglichst schnell etwas zu rvzielen. Die belagerten Festungen mögen hauptsächlich dies« fehlerhafte Hast der Eng länder verschuldet haben, und wir dürfen, wenn wir dieses Hineinwerfen frischer, aber ungenügender Streitkräfte in einen bisher unglücklichen Kampf auch unrichtig finden, doch keineswegs übersehen, daß die gewaltigen Schwierigkeiten des Transportes großer Truppenmassen nach dem Kriegstheater es allerdings sehr erschwerten, den Nachschub weiterer Truppen abzuwarten, wenn die Noth der Belagerten thatsächlich groß war. Freilich ist wohl kaum Zu leugnen, daß in Natal die Sachlage heute nicht schlimmer für die Engländer aussehen würde, wenn man die Division Warren in Eapstadt zurückgehalten hätte, bis die sechste Division ebenfalls dort «intraf. Die Boeren wären auch nach Colenso schwerlich in der Lage gewesen, gegen Buller die Offensive zu ergreifen, und dir Divisionen Warren und Kelly- Kenny vereint würden auf dem jetzt hauptsächlich unfer Inter esse in Anspruch nehmenden Kriegsschauplätze ganz andere Resul tate erzielen können, als die Division Kelly-Kenny allein Mit den vorgeschobnen Truppen Gatacre's und French's dies zu thun vermögen wirs. Auch jetzt erscheint das Vorschieden der Divi sion Kelly-Kenny vielleicht etwas verfrüht, UNS es hätte dem Zwecke Wohl mehr gedient, wenn Roberts die Ankunft weiterer Verstärkungen abgewartet hätte. Aber Roberts ist ein vor sichtiger Mann, und wir können daher annehmcn, daß er gute Gründe gehabt haben wird, Kelly-Kenny in eine Stellung zu bringen, von der aus eine Unterstützung des Gatacre'schen, wie auch des French'schen Heeres nicht schwierig ist. Der Grund, der Roberts zu beschleunigten Maßnahmen veranlaßt haben könnte, ist vielleicht die Vermuthung, daß durch den immerhin wahrscheinlichen Fall von Ladysmith feindliche Truppen für di« Verwendung auf anderen Kriegsschauplätzen freiwerden könnten, und daß es deshalb darauf -ankomme, schnell zu handeln. Die Militärs in London hatten allerdings andere Ansichten. Sie hatten thatsächlich angenommen, daß Roberts zunächst ein großes Heer, sogar durch Heranziehen eines Theiles des Buller'schen Heeres auf dem Seewege, sammeln und dann erst dft Operationen gegen den Oranje-Froistaat beginnen werde. Diese Annahme -war offenbar falsch, und es bleibt nach der Nachricht von dem Eintreffen Kelly-Kenny'S in Thebus nur das Ein« als wahrscheinlich bestehen, daß der nächste (?) Act des Krieges sich im Norden der Eapcolonie oder am Ovanjrflutz abspielen wird. Betrachten wir die Situation in der Eapcdlonle etwas näher, so finden wir, daß General Fr euch noch immer vor der Boerrnstellung bei Golrsberg steht, ohne wirkliche Resultate erzielt zu haben. Soin Bericht, daß er die Rückzugslinie der Doeren abgeschnitten habe, hat sich nicht bestätigt. Dies war auch nicht annehmen, denn mit einer Hand voll Cavalltrie — um die handelte es sich — kann man die Rückgugslinie des Feindes allenfalls stören, niemals aber 'abschnriden. Etwa 135 Kilo meter südöstlich der Stellung der Boeren bei Eolesbevg befindet sich die Boerrnstellung bei Stormbrrg, und diese beiden Stellungen der Boeren Verbarvikadiven die Straßen, denen das englische Heer auf dem Morsche noch dem Oranjeflusse folgen muß. Den Boeren hei Stormberg steht bekanntlich Gatacre gegenüber. Es ist nun selbstverständlich, daß die weit nach Süden vorgeschobene Doerenstellung bei Stormberg genommen Werden muß, ehe man an einen ungestörten Vormarsch über ColeSberg denken kann, denn dieser Vormarsch würde sonst den Feind bet Stormberg in die Flanke und, wie wir bei der Be weglichkeit der Boeren onnehmen können, nur zu bald in den Rücken deS vorrückenden HrsreS bringen. Di« Aufgabe der Division Kelly-Kenny kann daher, nachdem die Division den Weg nach Lole-brrg verlassend der Eisenbahn über Thebut» nach Stormberg gefolgt ist, keine andere sein, al» di«, einen Angriffde-GeneraHTatverraufStorm- berg von Westen her -zu unterstützen. Die Strrikräfte der Engländer für den gemeinsamen Angriff sind ziemlich be- kannl. Gatacr« hat 5 Bataillon« Jnfanteri«, 4 Battirien (darunter 4 Haubitzgeschütze), ein« Pioniercompagnie und etwa 1500 Mann freiwillige Reiter unter seinem CoMmarivo. Da die Bataillone Gatacre's durch den verunglückten Angriff a:n Stormberg bereits stark gelitten haben, können wir die Start- seiner Heeresabtheilunz auf -höchstens 7000 Mann schätzen, Kelly-Kenny hat zwar eine ganze Infanteriedivision, sas heiß: acht Bataillone, unter seinam Commando. Ob diese Bataillon - aber alle zu dem Angriff auf Stormberg bestimmt sind, ist sehr fraglich, weil eines der dazu gehörigen Bataillone bereits umer den Lei Rens berg, in French's Hager, eingetroffenen Truppen gemeldet wurde. Nahmen -wir an, daß Kelly-Kenny Wei Bataillone an French abgegeben habe, so würden ihm noch sechs Bataillone -verbleiben. Diese Bataillone haben aber, trotz der Prahlerei der englischen Presse, daß man noch viele Divi sionen mobil machen könne, nicht mehr auf den vorschrifts mäßigen Mannschaftsbestand gebracht werden können und zählen verimuthlich nur 800 Mann pro -Bataillon. Cavallerie konnte man der sechsten Div -ision überhaupt nicht mitge -ben, doch ist vnzu'nehmen, daß Kelly freiwillige Eavallerie in Capstadt zugethe'ilt wurde, lieber die Stärke dieser Cavalkrne verlautet nichts. Auch an Artil lerie äst die sechste Division ziemlich schwach denn sie hat nur die drei vorgeschriebenen Batterien. Wir werden Saher sie sogenannte Division Kelly-Kenny nicht viel höher als auf 6000 Mann schätzen können, so daß der Angriff auf die Boeren bei Stormberg von einer etwa 13 000 iMvnn starken Armee austzufühven ist. Di« Boeren sind unzweifelhaft numerisch weit schwächer als diese vereinigten Truppen der Generale Kelly-Kenny und Gatacrr, aber sie haben eine Stellung inne, di« für die Boersn- tattik wie geschaffen ist. Kelly-Kenny hat auf feinem Marsch? die Pässe der „Bambus-Berge" zu passiren, und wir können mit Bestimmtheit annehmen, daß es dort zu hartem Kampfe kommen -wird, 'wenn die Boeren überhaupt beabsichtigen, die Stellung bei Stormberg auch weiterhin zu halten. Meiner Ansicht nach verbietet ihnen dies auf di« Dauer dir numerische Schwäche, und das Festhalten an Stormberg könnte nur dann von Werth sein, wenn Verstärkungen von anderen Theilen Ses Kriegsschauplatzes unterwegs oder doch bald zu erwarten wären. Die enormen Entfernungen machen die Wahrscheinlichkeit einer derartigen Verstärkung, selbst wenn wir die Beweglichkeit des Boerenheeres in Berechnung ziehen, fast zu einem Ding der Un- möglickkeit. So werden die Boeren bei Stormberg, wenn die Engländer nicht gar zu große Fehler machen und sich dadurch «ine ent scheidende Niederlage zuziehen, den bevorstehenden Kampf ver- mnM-ich obbrechen, sobald sie dem Feinde empfindliche Verluste zugesügt haben. Sie werden sich dann auf Aliwal Nortb und die Wirkte-Berge gurückziehen. Den Bo?ren bei Eolesberg wird es nicht schwer fallen, jederzeit sich über NorwalsPontaUf das Nordufer des Oranjeflusses zurück- guziehen. Dort wird man den Angriff des Roberts'sch-n Heeres erwarten. Daß Lors Methuen lveiter nördlich und damit im Rücken einer eventuellen Boerenstellung am Oranjefluff? steht, wie einige Militärsachoerständige bemerken, scheint Mir nicht von großer Bedeutung. Lord Methuen wäre froh, wenn er nicht dort stände, denn Eronj« ist ein unangenehm?« Nackbar und 'wird siclferlick ein Wort mitzureden haben, wenn Methuen beschließen sollte, nach irgend einer Richinng hin sein? mit d-r Zeit zu einem Gefängniß sich gestaltende feste Stillung am Mödderflusse zu verlassen. Jedenfalls verspricht der Feldzug in der Capcolonie sehr interessant zu werden. Sirre Unterredung mit Sem Capitän des „König". Amsterdam, 2. Februar. Der deutsche Dampfer , K ö n ig ", auf dem seiner Zeitdieersteniederländische Ambulanz die Fahrt noch Südafrika machte, ist gestern Abend auf der Heimreise in Rotterdam angekommen. Ein Ver treter des „Niuwe Rotterdamsche Courant" hotte nun mit .Herrn Dohecr, dem Copitän Les „König", eine Unterredung gehabt, in welcher der Capitän u. A. Folgendes mittheilte: Auf der Hinreise wurde das deutsche Schiff durch einen eng lischen Kreuzer „Pelorus" belästigt. Im Rothen Meer« befand sich der Kreuzer bald vor, bald hinter dem „König" und setzte seine Beobachtungen bis kurz vor Aden fort, dann zwang ihn ein Defect an seiner Maschine, zurückzubleiben. In Aden theilte Copitän Doheer das Benehmen des englischen Schisse- dem Eommandanten des deutschen Kriegsschiffe-- „Seeadler" mit, seitdem wurde er von dem „Pelorus" nickt weiter belästigt. Etwa 100 Meilen von der Delagoa-Bai e.i! fernt — eS war 5 Uhr Morgens — wurde dann der „Kön r' Plötzlich durch den englischen Kreuzer „Magicienne", der ihm ob Fahrt verlegte, aufgehalten. Englische Officiere kamen an Bc d, sahen die Papiere durch und ließen das Schiff alsdann fein' Fahrt ungehindert fortsetzen. An Bord befand sich eine Anzaib englischer Spione. Einer derselben heftete sich an einen deutschen Chemiker, der an der Münze in Pretoria beschäftigt ist. — Der Spion soll den Koffer d?<- Deutschen erbrochen, die Münz stempel heraus- genommen und diese mit Hilfe des englischen Consuls in d.-c Delagoa-Bai heimlich ans Land gebracht haben. Bei Ankunft des Dampfers soll er für den Deutschen eine Fahrkarte nack Natal gelöst haben. Der Capitän, der indessen seinen Plan durchschaute, ließ dem Spion seinen Revolver abnehmen und ihn selbst durch vier Leute in den Zug bringen. In Aden traf der „König" den Dampfer „General", der von den Engländern auf Contrebande untersucht wurde. Angesicht- der Behandlung deS „General" weigerte sich der Capitän, im Hafen von Aden die englische Flagge zu hissen und daS englische Nationallied spielen zu lassen, was bei den Engländern große Unzufriedenbe i hervorrief, zumal da sich ein Neffe Lord Salisbury'? an Bord befand. Im Speisesaal des SckiffeS befand sich eine Tafel mit der Aufschrift: „Die Herren Passagiere werden er sucht, bei Tische keine politischen Gespräche zu führen." Nack der Aussage deS Eapitän» ist das Benehmen der ganz inter nationalen Reisegesellschaft ein musterhafte» gewesen.' (Frk'. Auch eine Aalqe de« fiidakrikantschen Kriege-. Die „Alldeutschen Dlätstr" schrribrn: So groß auch von An beginn an Sie Sympathien dr» ganzen drutschen Volke» für »b
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