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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.02.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000206022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900020602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900020602
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- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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- Tag1900-02-06
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1032 sich im GesetzgrbungSwege verwirklichen möckten. Hierauf wurde beschlossen, Dienstag eine Beratbung über die wädrc- scheu und am Mittwoch rme solche über die böhmischen An gelegenheiten abzuhalten. Der Lrieg in Südafrika. -k>. Nun soll e» Lberbaupt nicht» mit dem von englischen Blättern schon in allen Detailsgeschilderten zweiten Tugrlaübcrgang Buller'» sein. Da» KriegSamt hat keine Bestätigung der betreffenden Gerüchte erhalte». Der in Ladysmith gekörte Geschützvonner kam nur von unschuldigen Schießübungen. Wir haben schon bezweifelt, daß ein eben geschlagenes Heer bereits in acht Tage» wieder schlagfertig sein kann, ohne Berstärkungen er halten zu haben. Immerhin ist eS möglich, daß die Londoner amtlichen Ableugnungen irre führen sollen und Buller that> sächlich wieder am Nordufer des Tugela steht. Iu London erwartete man allgemein am Sonntag mit Bestimmtheit die Nachricht von einem gewissen Siege Buller's, oder wenigstens von dessen Vereinigung mit White, welcher am Freitag mit sämmtlichen Truppen sein Lager vor Lady smith verlassen und einen großen DurchbruckSversuck gemacht haben sollte. Jetzt erfährt man statt dessen officiell durch „Reuter": „Gerüchtweise verlautet, daß einige der einflußreicher» Führer deS Oranje-FreistaateS in heimliche Verhandlungen mit den britischen Militärbehörden getreten sind, um in Erfahrung zu bringen, welche Bedingung Großbritauien bereit sein würde, ihnen zu bieten, falls sie ihre Verbündeten verließen. Es wird gemeldet und zwar aus vorzüglicher Quelle, daß einer der bekanntesten Commandanten der Frei- staatSkiäfte mit den militärischen Chefs in Verbindung ge treten ist." Es muß recht zweifelhaft um die englischen Aussichten am Tugela stehen und die Regierung muß sich ganz außerordent lich hilflos fühlen, wenn sie bereits zu so verbrauchten und fadenscheinigen Mittelchen greift, die Niemanden als höchstens die untersten Volksschichten Englands selbst täuschen können. Diese osficrösen EntrefiletS haben sich ausnahmslos als vollständig freie Combination, um einen höflichen Ausdruck zu gebrauchen, erwiesen — wird ihnen aber daS klassische „gerüchtweise verlautet" noch vorauSgefchickt, so heißt daS nichts Anderes, als daß der Verbreiter selbst von derUnwahrheit seiner Meldung nicht nur überzeugt, sondern von vornherein an nimmt, daß schon die allernächsten Tage die Wahiheit zu ihrem guten Rechte verhelfen werden. An der Hand der bisherigen Erfahrungen müßte man logischerweise deduciren, die Freistaatler sind entmuthigt und im Begriff, ihre ver- büudeten TranSvaal-Vettern im Stiche zu lasten; folglich ist Buller am Tugela wieder geschlagen worden und die englische Regierung hat die Nachricht davon soeben erhalten. Ueber Bullers Pläne schreibt der „alte preußische Osficier" in der „Frankfurter Zeitung": Wenn nicht alle Anzeichen täusche», so beabsichtigt General Buller nunmehr doch noch den Angriff auf den linken feind lichen Flügel am oberen Tugela, den ich bereits als wahr scheinlich und als einziges Mittel zur Durchführung de» Vor stoße» auf Ladysmith von Westen her bezeichnete. DaS scheint man au» Buller'S Reden an seine Armee entnehmen zu müssen, denn in diesen Reden bat er noch immer die von ihm augenblicklich besetzt gehaltene Stellung am ZwartSKop für den Schlüssel zur feindlichen Position bezeichnet, und noch mebr, er hat in seiner gewohnten überschwänglichen Redeweise erklärt, daß er binnen einer Woche in Ladysmith zu sein gedenke, eine Erklärung, welche die Umgehung über Weenen auSschließt. Ferner aber erfahren wir heute, daß die berittene Brigade unter Dundonald eine neue RecognoScirung nach einer etwa 19 Kilometer westlich der Drichardt'S Drift auf dem Wege nach Bethany gelegenen Drift gemacht habe. Das läßt darauf schließen, daß Dundonald wieder nach dem Nordufer über setzen und den Feind in seiner bisherigen Stellung festbalten soll, während andererseits nicht anzunehmen ist, daß Buller selbst mit dem Hauptbeere ihm auf diesem Wege folgen wird, der das Buller'sche Heer in genau dieselbe Lage bringen würde, in der c» sich vor den vergeblichen Umgehungs versuchen und vor dem verfehlten Frontalangriff auf Spions Kop befand. Auch damals glaubte Buller in den Pot- gieter- und Drichardt'S Driften den Schlüffe! zu der feindlichen Stellung in Händen zu haben, aber er mußte sich in fünfstündigem Kampfe überzeugen, daß der Schlüffe! lediglich die Thür zu einer unhaltbaren Stellung öffnete, auö der er nach großen Verlusten sich wieder heraoS- zog, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mit der Absicht, nachher wieder in dieselbe Stellung zurückzukehren. Nachdem Buller nun versäumt hatte, den linken feindliche» Flügel, gegenüber und östlich der Potgieter'S Drift, anzugreifen, ehe der Feind die Stellung zur Vertheidigung genügend vor bereiten konnte, nachdem ferner dieser Angriff nach dem ver unglückten Frontalangriff auf das Boerencentrum bei Spion» Kop unterblieb, wird der geplante Angriff jetzt nur noch mit enormen Verlusten durchführbar sein, wenngleich er immerhin bei den beiderseitigen Stärkeverhältnissen nicht ganz aus sichtslos erscheint. Die Ansichten der englischen Militär» über Buller'S Absichten gehen weit aus einander. Die einen behaupten, daß Buller den Gegner au dem DereinigungSpuncte deö kleinen und großen Tugela an greifen werde, die andern halten einen Angriff überhaupt für ausgeschlossen und sind der Meinung, daß Lort Robert» unter keinen Umständen erlauben werde, daß Buller noch ein mal einen Angriff mache, der wenig Aussicht auf Erfolg und die Sicherheit großer Verluste habe. Wie ist dann aberBuller'S Redensart zu erklären, daß er in acht Tagen in Ladysmith zu sein hoffe? Daß er die» gesagt habe, wurde allerdings ansaug» lebhaft bestritten, wird aber heute selbst von Mili- tärblattern zugegeben. Nehmen wir an, daß er mit dieser Aeußerung lediglich die Absicht gehabt habe, den Feind über seine Zntensionen zu täuschen, so ist die Rede Buller'S einiger maße» erklärlich, sie bleibt aber auch dann noch höchst un geschickt. Er hat in diesem Falle nicht nur den Fcind, son dern vor allen Dingen auch die eigenen Truppen getäuscht, die gewiß einen weiteren Vertrauensverlust in die Ver sprechungen ibreS Führer» nicht sehr gut vertragen können. Hat er aber in wirklichem Ernst gesprochen, so bat er seiner Thorheit, seine Absichten bekannt zu geben, die Krone auf gesetzt. Diesmal hat er sich dann nicht nur durch chiffrirte Depeschen, sondern durch öffentliche Reden dem Feinde ver- rathen, der sicherlich Alles zu Buller'S warmem Empfang vorbereiten wird. Der Feind würde diese Vorbereitungen um so leichter haben, wenn ein Angriff auf den Trefipunct der beiden genannten Flüsse unternommen wird, da dort den Boeren die Unterstützung von den Boeren bei Co len so gesichert ist, deren Betheiligung am Kampfe gegen die Boeren bei Potgieter» Drift durch die Entfernung ziemlich aus geschlossen erscheint. Hier ist man daher nach wie vor der Ansicht, daß von allen DurckbruchSversuchen, die Buller am oberen Tugela machen kann, noch immer der bei Potgieter» Drift der wenigst blutige sein würde. Daß der Feind auch dort stark verschanzt sein wird, ist nicht za bezweifeln, aber sicherlich fehlt eS auch an der Schiet- Drift nicht an Boerenschanzen. Man könnte nun vielleicht anuebmen, daß der westliche Flügel und da« Centrum der Boeren durch Dundonald festgebalten werden könne. Da» trifft aber kaum zu. Dundonald ist nicht be wegung-fähiger al» die Boeren, und seine schwache Brigade würde bei allen Bewegungen lang- der feindlichen Höbenstelluag seitlich begleitet werden können, ohne daß eine Besetzung der ganzen Stellung nothwendig würde. So würden genügend Boeren-Detachement» zur Unterstützung de« angegriffenen ioken (östlichen) Flüge S frei werden — trotz Dundonald. lud wenn schließlich die Boeren Dundonald erlaubten, wirk- ich ihren westlichen Flügel zu umgeben, so wäre damit gar nicht» gewonnen, denn Dundonald könnte Ladysmith nickt -erauSbauen, wenn Buller'» Hauptangriff selbst scheitern ollte. E» könnte dann höchsten» eintreten, wa» man bei dem siiickzuge über de» Tugela bereit» befüichtet batte, daß nämlich Dundonald'» berittene Brigade für da» Hauptheer verloren ginge. Ladysmith iat — da» beweist seine Untbätigkeit im Rücken be feinde» während der Kämpfe am Tugela — keine Be- atzung mehr, welche für den Krieg noch von Bedeutung sein kann. Die einzige wirkliche Bedeutung dieser durch die Belagerung stark mitgenommenen Besatzung liegt beute nur noch darin, daß sie zum Festhalten feindlicher Streitkräfte dient. Verliert Buller auch nur ein Drittel der Kopfstücke, welche die Besatzung vou Ladysmith beute noch erreicht, bei den Versuchen, diese Besatzung zu retten, so bat er damit mehr verloren, als da» Detachement White wertd ist. Em moralischer Effect würde allerdings vielleicht noch zu erreichen sein, aber dieser moralische Erfolg würde ich höchsten» in der englischen Presse bemerkbar machen, nickt aber in dem Heere, welche» da» herunter gekommene Detachement Ladysmith nachher zu hegen und zu schützen haben würde. Man sollte fast vermuthen, daß Buller nach dem Beifall der Presse hascht, wenn er sich heute noch auf die Entsetzung von Ladysmith versteift und wir können den Militärs beislimmen, die vermuthen, daß Roberts, in besserer Erkenntniß der Tbatsache, daß der Krieg nur durch einen Vorstoß von Süden her gegen den Oranjesreistaat zu beenden ist, Buller daS weitere gefährliche Spiel mit Worten und Menschenleben ernstlich nntersagt. Wissen können wir eS freilich nicht, und eS ist nickt ausgeschlossen, daß man Buller nach wie vor freie Hand gelassen bat, und daß dieser au- Zaghaftigkeit und Wagemuth merkwürdig gemischte Charakter demnächst wieder eine Periode de» Wagemuthe» haben und viel aufs Spiel setzen wird. Mysteriöse Meldungen kommen von jener fliegenden Cavallerie-Colonne, welche au» Natal-Freischärlern gebildet, vor vier Woche» von Turban auS durch daS Zululand entsandt wurde, angeblich, um dort die Boeren abznbalten, den Emgebornen da» Vieb wegzutreiben. Die Colonne sollte angeblich 1000 Mann stark sein. Jetzt erfahren wir, daß dieselbe schleckte Er fahrungen gemacht hat und zwar gerade mit dem Kaffern- vieb. Englische Correspondenten erzählen uuS, man habe gebofst, diese Freischärler, welche herkunftS- und gewohnbeitS- mäßig fick mit dem Leben herumzuschlagen verständen, würden im Zululande die Mittel zu ihrem Unterhalte selbst zu „finden" verstehen, das aber sei ihnen in nur sehr beschränktem Maße gelungen und sie hätten nach großen Strapazen und Ent» bebrungen nur mühsam den unteren Lauf deS Tugela er reicht. Voraussichtlich haben sich die Zulu» als weit weuiger „loyal" und bereit erwiesen, den kaiserlichen Freisckärlern ibr Vieh zur Verfügung zu stelle», oder, wie eS officiell hieß, sich vor den Ueberfall der Boeren durch die fliegende Colonnr schützen zu lassen, als man annabm, und so scheint dieser beule ihrerseits viel mebr der Hilfe und deS Entsätze» zu bedürfen, al» daß sie selbst irgend Jemanden schützen oder Hilfe bringen könnte. Andererseits sieht e» ganz so auS, al» hätte diese fliegende Colonne die Stellungen der Boeren auf den rechten Flügel zu umgeben und diese dort kopfscheu zu macken, oder wenigstens beunruhigen sollen. Nur wäre auch dieser Zug gerade so unpraktisch und tböricht unternommen, wie alle übrigen. Nicht» war dazu vorbereitet und mau rechnet«, wie bei den gewöhnlichen Feldzügen gegen wilde Völkerschaften darauf, daß die Truppe sich nach guter Contotien-Art selbst ernähren könne. Die Boeren aber körten, wie immer, rechtzeitig, von dem kleinen Auszüge und sandten ebenso besorglich, wie sie alle ihre Unternebmungen leiten, 1000 Mann mit drei Ge schützen von Dundee und Vrybeid, wo dieselben in Reserve gestanden, über Nondweni nach Eizogo, Evelyn und Ulundi, um die dortige Straße zu schützen und den englischen Frei schärlern nicht den Schutz ihrer Heerden zu überlasten. Sn» Delagoa-Vay wird folgende kindliche Mär berichtet: „Auf den benachbarte» Höhen unserer Stadt habe» sich ungefähr 300—400 Boeren niedergelassen; dieselben führen in 25 großen Wagen ihre ganzen Habseligkeiten mit sich, sind aber unbewaffnet. Die Untersuchung ergab, daß eS TranSvaaler Boeren sind, die sich durcd die Flucht auf unser neutrale» Gebiet dem Waffen dienst in ibrer Heimath eutzogrn bätteu" l — Diese Nachricht ist sehr verdächtig, denn vatrrlandSflücktige Boereu, wenn e» über haupt welche giebt, ziehen n i ch t n a ch D e l a g o a - B a y, sondern treten einen Jagdzug in» Innere an. Die Vermutbung liegt nabe, daß diese sogenannten unbewaffneten Flücht linge einen Handstreich auf Drlagoa-Bay, oder die Be setzung von Komati-Poort, der Tkalsperre am Eingang zum Transvaal planen, sobald England Hand auf den portu giesischen Hafen zu legen versucht. Somit wären die un- bewaffneten Flüchtlinge nicht» Andere», als ein ver kappter vorgeschobener Posten de» an der portugiesischen Grenze stehenden TranSvaaler Heerhaufen. Aus dem Norde» der Lapcokonie kommt heute folgende Meldung: * Capstadt, ö. Februar. (Reuter'» Bureau.) Nachfolgende» Telegramm ist hier au» Nauwpcort «tugegaugrn: Hier i» Ren»- barg uud Hanover Road herrscht große Thätlgkeit wegen der Thatsoche, daß eine starke Abteilung Infanterie abgesandt wurde, um vou Norval» Pont Besitz zu nehmen. Die Cavalieri«, die die Aufklärung durchgrführt hat, ist zurückgezogen worden, um die früheren Verluste wieder eiuzubrlogen. — In Capstadt sind ferner Nachrichten eiugegaugeo, di« besagen, daß di« Borrrn in Col«S» berg thatsächlich eingeschlosse» sind. DaS wurde schon mehrmals behauptet, erwie» sich aber jedesmal al» erfunden. Statt dessen berichtet eine in Brüssel eingetroffeue Depesche au» Pretoria über einen weiteren Erfolg der Boeren bei ColeSberg. General French wurde geschlagen; die Boereu machten 114 Gefangene. Dabei ist das Telegramm «och durch die Hand de» englischen CrnsorS gegangen! Lord wethueu « Truppen scheint e» mindesten» langweilig zu werden. Er läßt kabeln: „Um den Geist der Leute aufrecht zu erhalten, werden jeden Abend Faustkämpfe veranstaltet, sowie andere Sport», wozu unsere, die Boerengräben bombardirenden Geschütze die Musik machen." Folgendes ist noch zu berichten: * Pretoria, 3. Februar. Di« russisch« SanitätSabthrl- luug geh» in den nächsten Tage» »ach LolkSrust ab. Sin Theil der belgischen Abtheiloag de« Rotheu Kreuze» geht heut« nach Mafrking weiter. * Capstadt, b. Februar. („Reuter'» Bureau".) Di« Präsidenten Krüger und Steij» sandten am 3. d. M. an General Robert» eine Mittheilung, iu der sie gegen die Zerstörung der Häuser uud die Verwüstung vou Sraudeigenthum protestirten. Robert» erklärte in sriurr Erwiderung di« vesckuldigungeu für unbestimmt uud unbegründet; «in« muthwillige Zerstörung entsprech« nicht dem englischen Brauch«. * Pretoria, 3. Februar. Entsprechend der durch die Resolution deS BolkSraad» vom 28. September der Regierung ertheilten Befugniß ist jetzt eine besonder« Krieg»st«uer zur Erhebung gelangt Die Steuer beträgt 2 Pfund Stirling für je 100 Morgen einer Farm, b Pfund für jede» Erf (kleine« Grundstück) oder halbe Ers und 2'/, Pfuud für ein Biertel-Erf. Die Steuer wird vo» allen Nicktansässigen, allen Gesellschaften uud Syudicateu, deren Mitglieder nicht durchweg Bürger der Republik sind, uud vo» Bevollmächtigten erhoben. Wenn die Steuer nicht bi» zum 1. Mai bezahlt ist, trete» die Bestimmungen deS Gesetze- 11 von 1896 i» Kraft. Die Sympathie der veretutgteu Staaten-Bevölkerung ür die Boeren bat einen neuen halbofficiellea Ausdruck ge- unde», welcher iu Lonvon überaus peinlich und ernüchternd »erübrt hat. Eine Anzahl amerikanischer Zeitungen, darunter leitende deutsche Blätter, batten Sammlungen für die Ver wundeten, sowie Frauen und Kinder gefallener Boeren ver anstaltet und die eiogegangenen Gelder mit sammt einer Sympathie-Adresse, welche in einer Anzahl öffentlicher Ver- ammlungea beschlossen worden war, an den neu eruannten amerikanischen Consul in Pretoria mit dem Wunsche ge- andt, beide den Präsidenten Krüger mit der Bitte >u überreichen, die Spender bäten, dieselben als de» Ausdruck ibrer Sympathie für die für ihre Freiheit und luabdängigkeit kämpfenden Boeren entgegenzunedmeu. Eng- iscdersett» war hiergegen balbofficiell protestirt resv. die Aeberzeugung ausgesprochen worden, die amerikanische Regie-' rung werde ibrem Consul nicht gestatten, auf diese Weise ozusagen Partei zu ergreifen und die amerikanische Regierung zu engagiere». Die betreffenden Zeitungen halten daraus geaatwortet, daß ibr Vorgehen die Regierung der Vereinigten Staaten in keiner Weise engagire und nun bat der Staatssekretär des Auswärtigen nach Consultation Mc Kinley'S Herrn Adalbert Hay angewiesen, in seiner Eigenschaft al« Consul der Bereinigten Staaten die gesam melten Gelder wie die Sympatbie-Adressen dem Präsiveuten Krüger zu bebändigen, ohne inveß in seiner officiellen Eigen- chast dem irgend etwas hinzuzujügen. Natürlich betrachten die diesigen Boerensreunde das als einen Erfolg, und als ein klares Anzeichen dafür, daß die amerikanische Negierung elbst der immer entschiedener sich geltend machenden öffent' licken Meinung zu Gunsten der Boeren Rechnung trägt, und jetzt entscklossen ist, nicht nur formell, sondern auch dem Geiste nach die strikteste Neutralität zu wahren. Ueber die Beschlagnahme de» ReichSpostdampfer» „Herzog" durch da» englische Kriegsschiff „Thetis" geht dem „Berliner Tagebl." von einem Passagier de» „Herzog" au» Durban, 5. Januar, ein Bericht zu, dem wir Folgendes entnehmen: Die „TbetlS" kam an den „Herzog" heran und fuhr um den Bug de» „Herzog" herum, wo sie in einer Entfernung von 500 w Anker warf. Si« hatte letzteres Manöver kaum beendet, als auch schon ein Boot mit zwölf Matrosen und drei Oificieren von ihr auSgesetzt wurde und unserem Schiff zusteuerte Tie Osficier« kamen au Bord und verlangten, vom ersten Osficier des „Herzog" rmpfaugeo, unseren Kapitän v. Jssendorf zu sprechen. Nach etwa einer Stunde kamen di« englischen Osficiere aus dem Bureau deS Kapitän« wieder heraus und besohlen eine Wache für unser Schiff. ES dauerte auch nicht lange, so kam eiu zweites eng- M-heS Boot mit 12 Mauo Besatzung und 3 Osficieren, die, mit Schußwaffen uud Proviant versehen, unseren „Herzog" be stiegen. Kurze Zeit nach diesem Vorgang lichteten wir die Anker, um als vorläufige Gefangene unsere CurSrichtung statt nach der Delagoa-Bai (Laurenzo MarqueS) nach Durban (Notal) zu nehmen. Wir kamen um 9 Uhr Vormittags in Durban an, wo wir im äußeren Hafen, umzingelt von englischen Kriegsschiffen, Anker warfen. Die Wache wurde abgelöst. Wir sind Kriegsgefangene. TagS über spazieren auf allen Decks die englischen Matrosen mit Gewehr über, die auch Nachts unS durch ihr Getrampel im Schlafe stören. Zu unserem Glücke bemerken wir alS einziges anS- ländliches Fahrzeug unsern deutschen „Kondor", der von der „Schwalbe" obgelöst, sich aus der Reise von Capstadt noch Dar-eS- Salaam befindet. Wir wechseln Signale mit ihm, und eS dauert auch nicht lange, io wird vom „Kondor" ein Boot ausgesetzt, in welchem ein Oberleutnant (vermuthlich v. Levetzow) und 12 Matrosen Platz genommen hoben. Wer beschreibt unsere Freude, al» dieselben sich an Bord deS „Herzog" begeben wollte». Wir empfingen sie mit lautem Hurrah! Oberleutnant Levetzow will unser Schiff besteigen, er wird indrß vom englischen wachtbabendeu Osficier (Davidsoha) von der „Tbrtis" beschiedeu, daß er Keinen, wer eS auch sei, an Bord lasse. Nach einer Begrüßung des deutschen Oberleutnant» durch unseren Capitän übergiebt Letzterer diesem die Proteste der Passa giere und de» Rothen Kreuzes für de» deutschen Consul. Wir vertrauen Alle aus energische Hilfe der Regierung. Hier kann man so recht sehen, daß »ine Vergröberung der Flotte für Deutschland unbedingt nöthig ist. Denn auf dem obersten Mast unsere» „Herzog" weht die britische KriegSflagge, waS uns Alle schmerzlich berührt. — Soeben bemerke ich, daß jedes Signalisiren mit dem „Kondor" uud dem „Herzog" verboten ist. In dem Protest erklären die Passagiere, daß sie keinerlei Antheil an den Stücke» der Schiffsladung haben, die die Beschlagnahme veranlaßt haben sollte». Sie erbeben Ein spruch gegen die Verhinderung an der Fahrt nach dem neutralen Hafen der Delagoa-Bai, erklären die Verzögeruag der Reise für widerrechtlich uud behalten sich den Anspruch auf Ersatz aller aus der Fahrtverzögerunz entstehenden Kosten und Geschäft»- und BermögenSverluste vor. Der Protest ist von den deutschen Reichsangehörigrn und den Oesterreichern unterzeichnet. AuS einem Bericht der „Central Newa" ist noch zu er gänzen, daß der Dampfer, der Sonnaben, den 6. Januar, ankam, bereit» am Montag auf Anordnung de» Hafen- commandantrn freigelafseu wurde ohne jede Durchsuchung, und daß sich auch ein Osficier de» Prisengerickt» geweigert habe, da» Schiff von den: beschlagnehmenden Leutnant der „TbetiS" zu übernehmen. Der Bericht der „Central New»", der noch an dem Wahn sestdält, daß der „Herzog" doch KriegScontre- bande geführt habe und nur nicht ordentlich untersucht worden sei, dürfte auf die Verstimmung eines englischen Osficier» der „Tbeti»" zurückzufübren sein, der in seinen Hoffnungen auf Prisengeld schmerzlich enttäuscht wurde. Die Engländer können sich nur dazu beglückwünschen, daß sie die Ladung de» „Herzog" nicht ebenso durchgekramt haben wir die de» „BundeSratb" und deS „General", denn sie habe» dadurch verhütet, daß die ihnen bevorstehende Kostenrechnung noch höher wird. Wenn e» allenfalls verständlich ist, daß ein englischer Marineofficier seinem Aerger über entgangene» Prisengeld Ausdruck giebt, so wäre eS doch angebracht, wenn solchen Äußerungen die ernste englische Presse keine Ablagerungsstätte eiaraumte, denn welchem Interesse soll durch da» Aufwärmen dieser längst widerlegten Geschichten gedient werden? Deutsches Reich. * Berlin, 5. Februar. (Die Vorbereitung zur mittleren Postlaufbahn.) Die „Berl. Corresp." schreibt: Selbem wieder Anwärter für die mittlere Beamtenlaufbah» der Post- und Telegraphenverwaltuag angenommen werden, finden sich in den Zeitungen von Neuem Ankündigungen von sogenannten Post fach sch ulen. Demgegenüber wird daraus bingewiesen, daß die kaiserliche» Oberpostdirectionen An weisung erhalten haben, nur solche Bewerber al» Postgebilseu oder Telegraphengehilfeu anzunebmen, welche die erforder liche Schulbildung durch da» Zeugniß einer öffentlichen Schule Nachweise» könne». D>e Bewerber müssen auf einer neunstufigen höhere» Lehranstalt mindesten» die Reife für die Untersecunda oder aus einer sech-stufigen öffentlichen höheren Lehranstalt mindesten» die Reife für vie erste Classe erlangt haben ober von einer öffentlichen Knabenmittelschule mit neun JahreScursea mit dem Reifezeugniß entlassen sei». Boa der Regel, daß die Bewerber da» Zeug» iß einer öffentlichen Schul« vorzulegen haben, ist al» Ausnahme nur zugelaffe», daß auch di« von den Prüfung»- commisstonrn für Einjährig-Freiwillige ausgestellten Be rechtigung-Zeugnisse, sowie die auf gewissen Privat-Lebr- anstalten erlangten Befähigungszeugnisse für den einjährig freiwilligen Militärdienst al- Nachweis der vorgeschriebeuen Schulbildung angenommen werden können. Hiernach kann nur empfohlen werben, daß die Anwärter, die in die mittlere Beamteatausbabn der Post- und Telegraphenverwaltuag ein treten wollen, sich die verlangte Vorbildung auf einer öffent lichen Schule erwerben, nicht aber eine der sogenannten Post fachschulen besuchen. * Berlin, 5. Februar. DaS Gesetz vom 10. Januar 1876 über de» Schutz von Pbotographien gegen unbefugte Nachbildung bat sick seit lange als unzureichend erwiesen und daS Verlangen, die Photographie gegen jede Art von Nachbildung zu schützen, bat in einer Petition deS RecbtS- sckutzverbandcS deutscher Photographen in München Ausdruck gefunden, die auf Antrag der PetitionScomMission deS Reichstage» dem Reichskanzler zur Berücksichtiguag empföhle» werden soll. Der Standpunkt der Regierung in dieser Frage erhell» aus der Erklärung, die der Geheime Ober- regierungSrath Hauß in der Commission abgegeben hat und die lautet: „ES muß anerkannt werden, daß das Gesetz zum Schutz der Photographien gegen unbefugte Nachbildung nicht mehr tu allen Beziehungen den Bedürfnissen der betheiligten Kreise uud dem gegen wärtigen Stande der Technik entspricht. AuS Anläß mehrfacher, in ihren Ziele» übrigens nicht durchweg übereiustimmeuder Petitionen sind bereits verschiedene Gutachten über de» Weg, den eine Reform einzuschlagen haben wird, eiogefordert wordeu. Indessen konnte bei den nahen Beziehungen, di« zwischen dem Photoaraphieschutz und dem literarischen Urheberschutz bestehen, an die Ausstellung von AendernngSvorschlägeu nicht herangetreten werden, bevor nickt die Revision deS Gesetzes über das Urheberrecht an Schriftwerken zu einem gewissen Abschluß gelangt war. Dieser Abschluß ist jetzt erreicht. Die Vorarbeiten sür die Revision des PhotographieschutzgesetzeS sind daher in Angriff genommen und werden voraussichtlich so gefördert werden, daß im Laufe deS nächste» JahreS ein neuer Gesetzentwurf Sachverständigen zur Begutachtung vorgelegt werde» kann. In wie weit hierbei die Wünsche des Rechtsschutzverbandes deutscher Photographen Berücksichtigung finden werden, läßt sich zur Zeit noch nicht mit Bestimmtheit übersehen." — Der Kaiser und König Albert von Sachsen haben dem Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein im Monat Mai einen Jagdbesuch auf Schloß Primkenau in Aussicht gestellt. — Wie die „Berl. Börsen-Ztg." erfahre» baben will, werde beabsichtigt, die Civilliste für den König von Preußen durch einen Reichszuschuß zu erhöben. — CultuSminister a. D. vr. Bosse scheint ^auch nach seinem Rücktritt seine Beziehungen zur Volksschule und den DolkSsckullebrern aufrecht erhalte» zu wolle». Wie vorauS- zusehen war, haben zahlreiche Lebrervereine dem Minister ibre Dankbarkeit und Berebrung ausgedrückt, und vr. Bosse hat in den Antwortschreiben auf diese Adressen wiederbolt betont, daß er nach wie vor mit ganzem Herzen der Volksschule ver bunden bleibe. Wie nunmebr in pädagogischen Blättern mit- getbeckt wird, gedenkt der Minister in dem nächsten Hefte der von Rector Rißmann geleiteten „Deutsch en Schule", dem Organ des Deutschen LebrervereinS, einen Artikel zu ver öffentlichen unter der Ueberschrift: „DasSckulprogramm deS zwanzigsten Jahrhunderts". Auf diese Veröffent lichung werden auch Nlchtpädagogen gespannt sein. Es ist da» erste Mal in Preußen, daß ein CultuSminister in einem von einem Lehrer geleiteten und zu den Lehrervereinen in engster Beziehung stehenden Organ seine pädagogischen An sichten vertritt. — Ueber da» Befinden de» Minister» v. Miquel wird mitgetbeilt, daß Professor Fränkel hoffe, der Minister werde bei milder Witterung Ende dieser Woche wilder auSsahcen können. — Heute Abend fand hier eine sehr zahlreich besuchte, von der „Freisinnigen Vereinigung" einberufene Ver sammlung statt, in der unter Mitwirkung hervorragender Mitglieder der „Freisinnigen Volkspartei" nach an geregter Discussion eine Resolution zu Gunsten der Flottenvermehrung mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen wurde. — 19 Protest-Versammlungen gegen die Flotten Vorlage sind von den socialdemokratischen Vertrauens personen auf Mittwoch Abend einberufen worden. Als Referenten sind Reichstagsabgeordnete Bebel, Liebknecht, Heine, Singer, Schippel, Stadthagen rc. in Aussicht genommen. Eine Flugblattvertheilung über ganz Berli» soll später erfolgen. — GrafKlinckowström, Mitglied de» Reichstags, welcher sich seit etwa 3 Wochen zur Heilung eine« Gichtleidens in Aachen aufbält, ist neuerdings von einem heftigen Gichtavfall betroffen, der ibn an» Zimmer fesselt. Trotzdem gedenkt Graf Klinckowström sich bestimmt an der Mitte Februar beginnenden zweiten Lesung der Fleischschau-Commission wieder zu betheiligen. So zu lesen in der „Kreuz-Zeitung". Diese Mittheilung bringt aber auch mittelbar Aufklärung darüber, warum die Arbeiten der Fleischschaucommission hinauSgesckoben worden sind, au» Rücksicht auf das Befinden des Abgeord neten Graf Klinckowström, auf dessen Theilnahme an den Verhandlungen der Commission von agrarischer Seite be sonderer Werth gelegt worden ist — wa» zur Illustration der Beschwerden dienen kann, die in den letzten Wochen gegen die ReickSregieruug von agrarischer Seite gerade in Sachen der Fleischbeschau erhoben worden sind. — Zu Ehren vo» vr. LehdS fand am Sonnabend Abend im Palais des vr. Sckroeder-Pogqelow eia Festmahl statt, an dem u. A. folgend« Herren theilnahmen: vr. Leyd«, Jonkherr van Hoeven, Herzog Regent JohaonAlbrecht von Mecklenburg, Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg, vr. Arradt, Gras Arnim, Hofmarschall Frhr. von Buddenbrock, Gras Goetzen, von Kardorff, Geueral von Posrr, Excelleaz Sachse, Hauptmann von Rantzau, Adjutant deS Herzog-Regenten. — Oberbürgermeister Kirschner ist Mitglied der Deutschen Colonial.Gesellschaft grwordea. Er hat sich in die unter dem Vorsitze des EentrumSabgeordnrten Prinzen Breuberg stehende Ab- theilung Berltu^harlottrnburg aufaehmru lassen. — -ter ongekomme» sind: Der Bevollmächtigte zum VundeS- rath, Landes-Direktor der Fürsteathümer Waldeck und Pyrmont v. Saldern, der Liceadmiral L In 8»itv der Marine Graf v. Walders««, der württeinbergische Ober-Finanzrath Slodlinger auS Stuttgart und d«r Legations-Sekreiär bei der deutschen Gesandt schaft In Buenos AireS, Frhr. v. Weither«, au» Pari». — Der Kaiser von Oesterreich Hai dem Obersten v. Schwarzkopp«n beim Scheiden au« dem K<.csrr-Fraaz-Garde- Grrnadierregimeut seine Photographie mit eigenhändiger Unterschrift zukommen lasten. (-) Rtel, 5. Februar. Die hiesige Handelskammer beschloß einstimmig, eine Eingabe an den Reich»tag zu richten, in welcher um Annahme der Flotte «Vorlage ge beten wird. * Paseu, 5. Februar. Die Errichtung eine» monumen talen Bismarckdenkmals durch die Deutschen der Provinz, ebenso eine» würdigen Denkmals für Kaiser Friedrich ist der „Post" zufolge gesichert. Die ComitöS sind ge bildet, die Aufrufe werden demnächst erfolgen. — Erzbischof v. Stablewski tritt, wie nach dem „Pos. Tagebl." ver lautet, zur weiteren Stärkung srioer Gesundheit heute eine Reise nach dem Süden an. -s- Haie a. E., 5. Februar. Im hiesige» Kohlenrevier fängt e» unter den Bergleuten auch au zu gäbrea. Der Agitator in diesen Kreise», eiu gewisser Pokorny, wie er selbst von sich sagte, ohne festen Wohnsitz, bat dafür gesorgt, daß die Bergleute in der Gegend von Halle m dir Berg arbeiterbewegung mit hineingezogrn sind. E» sind mehrere
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