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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.02.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900020701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900020701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-02
- Tag1900-02-07
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Reklamen unter dem Redactioudstrich (4go» spallen) 50-H, vor den Famtlieunachrichten (K gespalten) 40-4- Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichaiß. Tabellarischer und Ziffrrnsatz nach höherem Tarif. tztra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Posrbesörderung SD —, mit Postbesörderuog ^il 70.—. Fnnahmeschluß für Anzrigen: Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-AnSgabe: Nachmittag» 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je eiae halbe Stunde fruher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Pol» in Leipzig. Z «8 Mittwoch den 7. Februar 1900. 8t. Jahrgang. Das FunLrecht nach dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch und den sächsischen Audsührnng-besttmmuugen. Nachdruck verbot««. Zu -den e-igenartiyften Sehenswürdigkeiten gehört unstreitig Die Fundabtheil-ung einer großstädtischen Polizeibehörde. Welch ein« Fülle der mannigfaltigsten Gegenstände harrt hier des Er scheinens ihrer Eigent-Hümer! Noch größer ist aber die Menge der Verlustanzeigen und de: Berlustträger, welche -die Ablieferung verlorener Gegenständ« -durch ehrliche Finder erhoffen. Der Besucher einer solchen Fun-dabtheilung wird -dieselbe nicht ver lassen, ohne die Ueberzeugung gewonnen zu haben, -daß das moderne Verkehrsl-sben eine einheitliche Regelung 'des Fundrechts im deutschen Reich« dringend erheischte. Nach römischem Recht hatte das Finden -verlorener oder sonst abhanden gekommener Sachen keine -besonder« privat rechtliche Wirkung. Der Finder, -der sich die Sache aneignete, beging ein turtum, Funddiebstahl. Eine dem -Finder günstiger« Rechts auffassung brachte da» ältere -deutsche Recht. Die meisten älteren Partitnlarrecht«, insbesondere auch das altsächsische, sprachen dem Finder, aber auch «der Obrigkeit einen Antheil am Fund gegenstand« zu und erkannten einen Anspruch des Finders auf Finderlohn an. Das bisher in Kraft gestandene sächsische Bürgerliche Ges«tzbuch dagegen kennt «diesen Antheil der Obrig keit Nicht mehr und gesteht ausschließlich dein Finder unter be stimmten Voraussetzungen den Anspruch aus Eigenthumserwerb an der gefundenen Sache zu, dafern er seinen gesetzlichen Ver pflichtungen nachgekommen ist. Im Einklang mit dem -zcitherigen sächsischen Rechte gehört die Erledigung der Fundangelcgenheiten in das Gebiet -der Sicher- heitspiäizei auch nach Reichsrecht. Di« Verpflichtungen des ehrlichen Finders sind da nach folgende: Nach ß 965 des Bürgerlichen Gesetzbuches für da» deutsche Reich hat derjenige, welcher ein« verlorene Sach« findet und an sich nimmt, dem ihm bekannten Verlierer, Eigenthümer oder son stigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige von dem Funde gu machen. Ist ihm letzteres in Folge Unkenntniß un möglich, so hat er den Fund und di« -Umstände, welche für die Evmittelung deS Empfangsberechtigten erheblich sein können, unverzüglich der -Polizeibehörde anzuzrrgen. Wie schon zeither nach sächsischem Rechte, ist kein Finder im deutschen Reiche verpflichtet, Nachforschungen nach dem Em pfangsberechtigten anz»stellen. Eine derartige Erschwerung seiner Obliegenheiten -würde auch gewiß nicht im Interesse der Verlustträger liegen, da sie in vielen Fällen den Finder nur ab halten würde, den Uundgegenstand in seine Fürsorge zu nehmen. Daher genügt auch künftig der Finder durch Benachrichtigung eines Berechtigten seiner Verpflichtung gegenüber den etwa vor handenen mehreren Empfangsberechtigten. Die vorgedachtc »Anzeige -ist nicht erforderlich bei Sachen, welche nicht mehr als 3 -werth sind, wie zeither in Sachsen. Di« Anzeige bei -der Polizeibehörde kann bei einer beliebigen SicherheitSpslizeibehörlde erfolgen, z. B. kann sie der Finder, welcher auf einer Fußwanderung den «Fund gemacht hat, un- badenklich nach der Rückkehr bei der Polizeibehörde seines Wohn ortes erstatten, dasern seit dem Funde kein langer Zeitraum verflossen ist. Nach 24 -der Kgl. Sachs. Ausführungsverordnung vom 6. Juli 1899 ist jede sächsische Polizeibehörde verpflichtet, di« einen Fund betreffenden Anzeigen und Erklärungen «ntgegen- zunehmen. Di« betreffenden Polizeibehörden sind in Städten mit revidirter Städteordnung der Stadtrath, in anderen Städten der -Bürgermeister, auf dem Lande der Gemeindevorstand, an dessen Stelle für selbstständige Gutsbezirie der Gutsvorsteher tritt. Soweit in Städten mit revidirter Stiidteordn-ung eine besonder« Sicherheitspolizeibohörde besteht, tritt diese an die Stelle des Stadtraths. In letzterer Beziehung kommen zur Zeit Dresden, Leipzig und Chemnitz in Betracht. Zur weiten» Ausführung «dieser -Bestimmungen hat das Kgl. Sächsische Ministerium des Innern mittels Verordnung vom 13. Docember 1899 die Polizeibehörden angewiesen, bei Ent gegennahme der Anzeige über einen Fund den Finder, soweit -nöthig, über di« Umstände, welche für di« Ermittelung des Ver lierers. des Eigenthümers -oder eines sonsiigen Empfangs berechtigten erheblich sein können, insbesondere über Zeit und Ort de» Funde», zu hören. Die weiter« und eigentliche Erledigung der anhängig gewordenen Fundangelegenheit liegt dann nach 8 26 der König!. Sachs. Ausführungsverordnung der Polizei behörde de» Fundorts ob. Ist also die nach Vorstehendem zu nächst mit dem Funde befaßte Behörde nicht diejenige des Fund orts, so hat sie daS bei -ihr Eingegangene dieser Polizeibehörde zu übermitteln, welche alSbald für entsprechende öffentliche Be kanntmachung Sorge zu tragen hat. Hinsichtlich der weiteren -Verpflichtungen deS Finders be stimmt das Bürgerliche Gesetzbuch, daß derjenige, welcher eine verlorene Sache an sich genommen hat, zur -Verwahrung der Sache verpflichtet ist. Es st«ht ihm aber frei, die Sache an die Polizeibehörde des -Fundort» bezw. -der Anzeigeerstattung ab- zuliefrrn. Ist der Verderb der Sache zu besorgen, oder ist die Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen -Kosten verbunden, so hat der Finder die Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der Versteigerung ist »der Polizeibehörde Anzeige zu er statten. Der Erlös tritt dieSfall» an die Stell« der Sache. Die Polizerbehöüden haben nach der angezogenen Ministerial- veroiflmung auf Verlangen deS Finders di« Sach« oder den Er lös anzunehmen und zu verwahren. -Sie sind verpflichtet, ihrer seits die Ablieferung anzuordn«», wenn nach ihrem Ermessen die pok^Mch« Verwahrung im Interesse de« Empfangsberechtigten liagt, insbesondere wenn «ine Unterschlagung zu besorgen ist. Zur Vornahme öffentlicher Versteigerung i-n drn oben an- geführten beiden Fällen sind sie bezüglich der bei ihnen aflervirlen Gegenstände gleichfalls verpflichtet. Ueber di« Ansprüche und Recht« d«S Finders nach dem ne»« Reichteivilrecht ist Folgende» zu bemerken: Ist der Finder seiner Anzeigepflicht nachye-komwen, bezw. hat er auf Nachfrage bei Sachen im Werth« von nicht über 3 den Fund nicht verheimlicht, so steht ihm daS Recht zu, im Falle der Ermittelung des Empfangsberechtigten von diesem gegen Rückgabe der L»ach« Finderlo-Hn zu beanspruchen, dessen Höhe bei einem Werth« der Fundsache Lis gu 300 fünf vom Hundert, von dem Mohrwerth «ins vom Hundert, Lei Thieren stets nur 1 vom Hundert beträgt, während er nach freiem, nöthigenfalls richterlichen Ermessen zu bestimmen ist, dafern die Fundsache nur für den Empfangsberechtigten Werth hat. Ferner kann der Finder von dem Empfangsberechtigten Ersatz seiner Aufwendungen für Zweck« der Verwahrung oder Erhaltung der Sache, oder zum Zwecke der Ermittelung eines Empfangsberechtigten, jedoch nur, soweit er diese Aufwendungen für erforderlich halten durfte, vergingen. Wegen dieser sämmtlichen Ansprüche sieht dem Finder das Zurückhaltungsrecht an der Fundsache gu. Der Empfangsberechtigte braucht andererseits, so lange er die Verwendungen nicht genehmigt -hat, die Ansprüche des Finders dann nicht zu erfüllen, wenn er dem Finder den Fund gegenstand überläßt. Die wichtigste mögliche Rechtswirkung des Fundes ist aber der Eigenthumserwerb des Finders an der Fund sache. Der Finder erwirbt für -den Fall, daß kein Empfangs berechtigter bekannt geworden ist, oder sein Recht -bei der Polizei behörde angemeldet hat, an Gegenständen von über 3 Werth mit Ablauf eines Jahres nach der Anzeige des Fundes bei der Polizeibehörde das Eigenthum, während -bei minderwerthigen Gegenständen die einjährige Frist mit dem Funde beginnt und durch die Anmeldung bei der Polizeibehörde keine Unterbrechung erleidet, vielmehr lediglich im Falle der Verheimlichung des Fundes seitens des Finders auf Nachfrage wirkungslos wird. Um in Fällen der l«tztge<dachten Art dem Derlustträger von vornherein -über die Rechtslage Gewißheit zu verschaffen, be stimmt die Königl. Sächs. Ausführungsverordnung, daß die Polizeibehörde bei Entgegennahme der Anmeldung von Rechten an Sachen, die nach der Angabe des Anmeldenden innerhalb ihres Amtsbezirks verloren gegangen sind, dem Anmeldenden entsprechende Rechtsbelehrung zu ertheilen haben. Besonderes gilt nach § 974 -des Bürgerlichen Gesetzbuchs für den Fall, daß innerhalb der einjährigen Frist Empfangsberech tigte dsm Finder bekannt g-oworden sind, oder bei einer Sache im Werthc von mehr als 3 ihre Rechte bei der Polizeibehörde rechtzeitig angemeldet -haben, ohne daß jedoch die Angelegen heit durch Zurücknahme der Sache gegen BefriMgung der An sprüche des Finders ihre Erledigung gefunden hat. Der Finder kann diesfalls den oder -die Empfangsberechtigten unter Angabe der Höhe seiner Ansprüche für gemachte Aufwendungen und Be stimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auf fordern. ob sie die Ansprüche besrisdigen -wollen. Erfolgt vor Fristablau-f keine Erklärung, so erwirbt -der Finder das Eigen thum an dem betreffenden Fundgegenstand und ist dem Em pfangsberechtigten gemäß Z 977 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur noch drei Jahre lang zur Herausgabe seiner etwaigen Be reicherung verpflichtet. Bestreiten dagegen die Empfangsberech tigten innerhalb der Frist die Ansprüche des Finders, so bleibt Letzterem nichts Anderes übrig, als zunächst im Civilklagwege die rechtskräftige Feststellung seiner Ansprüche herbeizusuhren und sodann nochmals die oben gedachte Aufforderung zu er lassen und den Empfangsberechtigten eine neu« Frist zur Er klärung zu setzen. Erfolgt letztere nicht fristgemäß, so erwirbt -der Finder nunmehr das Eigenthum am Fundgegenstand und es verbleibt den Empfangsberechtigten lediglich noch drei Jahre lang ein Anspruch auf Herausgabe der Versicherung gegen den Finder. Durch die etwa erfolgte Ablieferung der Sache oder des Ver steigerungserlöses an die Polizeibvhötde «werden die Rechte des Finders übrigens nicht berührt. Die Polizeibehörde darf die Sache oder den Erlös nur mit Zustimmung des Finders einem Empfangsberechtigten herausgeben. 'Selbstverständlich kann im Falle unbegründeter Verweigerung der Zustimmung s-eitens des Finders der Empfangsberechtigte aus -Herausgabe oder auch auf Ertherlung der Zustimmung cwilrcchtlich klagbar werden, und es ersetzt in diesen Fällen ein rechtskräftiges Urtheil, welches gegen den Finder dem Klageantrag« gemäß »stritten worden ist, die formelle Zustimmungserklärung. Dem Finder steht andererseits im Falle seines Eigenthums- erwerbs bei -Gegenständen von nicht mehr als 3 Werth nach dem Ablauf eines Jahres seit dem Funde, bei höherwcrthigen Gegenständen nach dem Ablauf eines Jahres seit der Anzeige des Fundes bei der Polizeibehörde, der Anspruch auf Heraus gabe -der Sache -bezw. des Erlöses gegen die Polizeibehörde zu. Nach 8 976 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geht das Recht des Finders auf die Gemeinde des Fundorts über, wenn er der Polizeibehörde gegenüber auf das Recht zum Eigenthumserwerb verzichtet hat, oder wenn der Finder sich selbst bis zum Ab lauf einer ihm von der Polizeibehörde gestellten Frist nicht zur Empfangnahme der Sache oder des Erlöses gemeldet hat und die Herausgabe verlangt. Endlich soll aber auch nicht unerwähnt bleiben, baß der Finder hinsichtlich aller ihm obliegenden Verpflichtungen nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu -haften hat, wÄrend nach dem bisherigen -Rechte bei dem Mangel einer den Finder be treffenden besonderen Ge-fctzesvorfchrrjt auch geringe Fahrlässig keit zu vertreten war. Die gewaltige Ausdehnung des modernen Verkehrswesens und der lebhafte Personenverkehr innerhalb der öffentlichen Ver- kehrsa-nstalten und Behörden, namentlich der größeren Städte, rechtfertigen in Verbindung mit demiUmstande, daß dieGrschäft»- rauine und die Beförderungsmittel einer öffentlichen Behörde oder Verkehrsanstalt sammt den darin befindlichen Sachen unter be sonderem Schuhe dieser Anstalten stehen, ohne Weiteres, daß die in Vorstehendem auSgcführten allgemeinen Vorschriften deS Bürgerlichen Gesetzbuches über den Fund nicht auf die in solchen Räumen (Pferdebahn, elektrisch« Bahn, Gerichttgebäude) ge machten Funde gleichfalls Anwendung zu leiden haben. Nach den hierfür getroffenen Sonderbesiknmungen de» Bürgerlichen Gesetzbuches 88 978 ff. find die in dergleichen Räumen liegen gebliebenen oder sonst verlorenen Sachen von dem Finder an die Behörde oder Verkehrsanstalt oder an einen ihrer Angestellten abzuliefern, welcher sie an feine Behörde adzugvöen hat. Die Behörde oder Derkchrscmstalt kann sie, wenn sich nach vorgängiger öffentlicher Bekanntmuchung kein Empfangsberechtigter meldet, öffentlich versteigern lassen. Einer Bekanntmachung bedarf es nicht bei dem Verderben ausgesetzten und solchen Sachen, deren Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen -Kosten verknüpft sein würde. Akeldet sich binnen drei Jahren nach Ablauf der in der Bekanntmachung bestimmten Frist ein Empfangsberechtigter nicht, so fällt, -wenn die Behörde oder Anstalt eine staatliche ist, «der Verstsigerungscrlös an den StaatSfiscus, anderenfalls an die Gemeinde, dafern eine comm-unliche Anstalt in Frage steht, bei Verkehrsanstalten, die von einer Privatperson betrieben werden, aber an diese. Ein Anspruch auf Herausgabe besteht nicht mehr. Diese vereinfachten Bostimmungen entspreche» vollständig den Bedürfnissen des heutigen Verkehrslebens, dienen zur bal digen Beseitigung ungewisser Eigendhumsverhältnisse und werden sich gewiß rasch dem allgemeinen Rechtsbewußt-sein eingeprägt haben. Der Krieg in Südafrika. -p Aus SpearmanSlager liegen heute keinerlei Nachrichten über Buller s Vormarsch vor. In Londoner militärischen Kreisen wird ungeachtet aller Dementis fest geglaubt, daß Operationen zum Entsätze von Ladysmith im Gange sind. General Green, glaubt man, mache mit dem größeren Theile seiner Armee einen weiten lkmweg nach Westen (?) und Norden, um den ge birgigsten Tbeil des Geländes zu vermeiden, eS dürfe indeß nicht überraschen, wenn Buller in dieser Woche Ladysmith nicht erreichen sollte. Der „Central NewS" zufolge glaubt man, daß Buller mit beinahe 30 000 Mann ausgerückt ist und daß er weiter nördlich recognosciren wird, als es Warren that. Er wird, meint man, die hügeligsten Theile des Landes vermeiden. Die Stärke der Boeren in der Nachbarschaft schätzt man höchstens auf 20 000 Mann. Au» dem Norden der Eapcolonie wird uns daS Folgende gemeldet: * NenSburg, ö. Februar. (Telegramm.) Man sah, wie heute die Boeren rissig bei der Arbeit waren, um sür die Artillerie eine neue Stellung zu schaffen. Die britischen Truppen vertrieben sie sofort durch Beschießung mit Lyddit- gesch offen, wodurch gleichzeitig die von den Boeren aufgeführten Werke zerstört wurden. (Reutermeldung.) Ueber die allgemeine Lage bei ColeSberg giebt diese Mel dung keinerlei Auskunft. Irgend welche Bedeutung ist ihr nicht beizumessen. Im Uebrigen wird noch berichtet: * Kapstadt, 5. Februar. (Telegramm.) „Reuter s Bureau". Die Erwiderung des General» Robert» auf den Protest der Präsidenten Krüger und Steijn gegen die Verwüstung de» Grund- eigenthums durch die Engländer besagt ferner: „Ich bedaure, daß die Streitkräfte der beiden Republiken in verschiedenen Fällen gegen den Kriegsbrauch civilisirter Nationen, besonder» dadurch verstoßen haben, daß sie in den Districten, in die sie eingedrungen waren, treue Unterthanen der Königin aus ihren Heimstätten vertrieben haben. Der Versuch, die Leute zum Kampfe gegen ihre Königin und ihr eigenes Land zu zwingen, ist barbarisch." * Rom, 6. Februar. Die vom „Echo de Paris" verbreiteten Gerüchte, nach denen der britische Botschafter Currie sich nach Paris begeben haben soll, um mit dem dortigen britischen Bot- schasterMouson über die Entsendung italienischer Truppen nach Egypten zu verhandeln, erklären sämmtliche hiesigen Zeitungen für unbegründet; Currie sei noch immer in Rom. In einem dec „Rhein.-Westf. Ztg." zuzeganzenen Briefe aus Kapstadt vom 16. Januar lesen wir Folgendes: In deutschen Zeitungen lese ich, daß „Privatnachsichten zufolge der ganze Norden und die Ostproviuz der Capcolonie bis Queens town hinab in vollem Ausstand sei". Diese Nachricht ist falsch; nur in den nördlich von Kimberley liegenden Distrikten von Griqua- land West und Britisch Betschuanaland, die von den Republiken erobert sind, hat sich der größte Thsil der Afrikander offen den Boeren angeschlossen; außerdem sind aus den nördlichen, an den Oranjesreislaat grenzenden Bezirken Hunderte zu den Republikanern übergegangen. Ten Gesammtzuwach» der Boerenarmee an Lap- afrikandern darf man hiernach auf etwa 4000 Mann bi» heute schätzen. WaS die nächsten Wochen hinzufügen werden, ist eine andere Frage. Thatsächiich steht die große Mehrheit der Copafrikander aus dem Sprunge und hat lediglich aus dem Grunde noch nicht ihre Karten ausgedeckt, weil die Nachsicht der europäischen Mächte mit dem nach Verdienst geschlagenen Britenreich diesem die Coucentrirung aller versügbaren Streitkräfte zum Verzweistungs- kampf um Südafrika erlaubt und man die nächsten Ereignisse erst abwarten will. Sie dürfen nickt glauben, daß die Majorität der Capstädter Bevölkerung den Chamberlatn-Milner'schen Imperialismus vertrete oder jetzt noch dieser versahrenen Politik zujubele. Capstadt ist vielmehr mit allen Vororten und Nachbarstädlen ohne Ausnahme der Sitz de» entschiedensten AfrikanderthumS und die Jingo» von Worcester und Cere» haben guten Grund gehabt, den Gouverneur vor einigen Tagen um Gewährung von Garnisonen gegen die drohende Haltung ihrer Afrikander-Mitbürger auzugehen. Ebenso sieht es in Ost- griqualand, ja selbst in Grahamstown au», wo man zur Bildung einer au» loyalen Bürgern bestehenden Stodtgarde schreiten wollte, 800 waffenfähige Einwohner aus die Liste setzte und sehr erstaunt war, daß man von diesen nur ISO zusommentrommela konnte. Bei dieser durch das Land gehenden Stimmung der Afrikaoder ist nicht daran zu venken, daß die britische Regierung die Bürgerwehrrn der Colonie, selbst nicht die britischen Elemente derselben ausrufen dürfte. Wenn man im GouvrrnemrntShause noch nicht weiß, daß die Leute trotz der seit Wocheu durchgesührten CousiS- catiouen von Gewehren und Munition bewaffnet sind und jeden Zwang, sie gegen ihre Blutsverwandten commaudirrn zu wollen, mit einmüthiger Gegenwehr beantworten würden, so brauchte Sir Alfred Milner nur einmal in die Ort« um Capstadt berumzugehen, die zur jetzigen Badrsatson von Afrikandern au» der Provinz überfüllt sind, und wo ihm die Sinder allabendlich die Nationalhymne Transvaals in die Ohren singen würden. Di« Er wachsenen verharren noch in zahn,knirschendem Schweigen, aber sie sind entschlossen, eine Annectirung der Republiken keinesfalls zu zulassen. Sie sind aber vor der Hand mit uu» der Ansicht, daß die Waffen der gerechten Sache auch weiterhin von Erfolgen und endlichem Sieg begleitet sein werden. Die Demoralisation im britischen Heere ist unverkennbar nach all diesen Niederlagen, das Vertrauen zu Methuen, Gatacre, White und Buller vollständig verloren gegangen; die Opposition des größten TheileS der britischen Ossiciere gegen diese «lende, sie in den Tod hetzende Politik des Cabinets eine täglich offenkundigere und sich vielfach in drastischen Worten äußernde. Daß wenigstens die Halste der Truppen nicht zur Front gehen darf, paßt den Herren natürlich garnicht, und eS ist recht instruktiv, wahrzunehmen, in welcher Unkenntniß man sie in England über die Zustände und über ihre eigene Verwendung hier gelassen hat, so daß man den Eindruck bekommt, ein großer Theil der Ossiciere und Mannschaften würde gar nicht volunteer't haben, hätte man geahnt, daß man nur als — Polizei benutzt werden würde. An der Tapferkeit der Ossiciere ist nicht zu zweifeln, aber den Mannschaften, mit Ausnahme der Schotten, sieht man die zusammen, gelesene Söldnerschaft an, die den Krieg al» einen Sport betrachtet, beim ersten Treffen wohl drauf losgeht, dann aber mehrfach von den Osficieren mit dem Revolver in der Hand hat augetsieben werden müssen. Woher man die Veranlassung nehmen kann, von den „glänzenden Thaten" der britischen Truppen zu reden, ist uns hier völlig unerfindlich; nimmt man die schottischen Hochländer bei Elandslaagte und wieder die Schotten bei Magersfontrin aus, so sind die übrigen Regi menter in den meisten Schlachten ausgerissen wie scheu gewordene Hammel, bei Stormberg gar unter Wegwrrfen der Gewehre. Der „verhältnißmäßig große Verlust an Osficieren" erklärt sich übrigens daraus, daß zwar viele Ossiciere fielen oder verwundet wurden, aber durchaus nicht unverhältnißmäßig; die „verhältnißmäßig" dazu gehörenden Mannschaften sind eben bisher einfach sortgelogen worden, und die öffentliche Meinung Englands wird feiner Zeit mit den hierfür Verantwortlichen zerschmetternde Abrechnung hallen. Tic „Mammonreiter". Ueber eine sehr eigenthümliche militärische „Gründung", so sich in augenblicklich inLondon vollzieht, wird berichtet: Was soll man dazu sagen, wenn hier im „demokratischen" England sich ein Truppentheil bildet, der von vornherein darauf gegründet ist, „etwas Besonderes vorzustellen". Ein Theil der Aeomanry soll zu einem Specialcorps gemacht werden, welches an Ausschließlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen wird. Grund sätzlich soll jeder Soldat nur unter der Bedingung angeworben werden, daß er im Stande ist, die Kosten seiner Ausrüstung, seiner Uniform, seines Pferdes, seiner Ucberfahrt nach Eapstadt und alle mit dem Corps zusammenhängenden Ausgaben zu tragen. Das Maximum dieser Kosten war zuerst auf 170 Pfund festgesetzt, ist aber in Folge aus 130 Pfund, oder 3250 Franken ermäßigt worden. In dem Vertrage, welchen der commandiren-de Officier mit den Al^uwerbenden abschließt, muß dieser sich gleich zeitig verpflichten, die ihm aus der Regierungscaffe zufließende -Löhnung dem kaiserlichen Kriegsfonds zu überweisen. Die Bil dung eines solchen Specialcorps hat in gewissen britischen Kreisen, die im .Snobbismus" groß geworden sind, ungeheure Begeiste rung erregt. Diese „Mammonreiter", wie wir sie nenne« möchten, werden sich natürlich nicht wenig auf die -Art, wie ihr Corps zu Stande gekommen, einbilden, und es ist nur natürlick, daß sie auf ihre -Kameraden herabsehen werden. Ihre Ansprüche bezüglich ihrer Verwendung draußen im Felde werden zu den Geldopsern, die sie gebracht haben, im Verhältniß stehen, und so bald sie sich in deren Erfüllungen getäuscht sehen, wird Unzu friedenheit in ihren eigenen Reihen sich zeigen. Die Schwächen Englands. * London, 5. Februar. Anknüpfcnd an die Worte Lord SaliSbury'S über die HeereSorganisation widmet der „Daily Telegraph", der Betrachtungen über die Schwachen Eng lands nachgerade eine eigene Rubrik in seinem Blatte ein geräumt bat, der Untersuchung der britischen Constitution einen längeren Artikel. „Wenn England auch niemals von anderen Nationen geliebt worden ist", sagt das Blatt, „so ist eS doch zum ersten Male, daß ihre Feindseligkeit durch Lächerlichkeit von unterer Seite kühner gemacht wurde. Wir können nicht länger in den Traditionen von unserer Macht Schutz suchen, und für den Augenblick ist unser Prestige zu Ende. Es fehlt, wie Lord Salisbury andeutete, nicht an Zeichen dafür, daß die Versuchung, die unsere augenscheinliche Schwäche vem Continent auferlegt, sich als zu groß erweist, als daß ihr widerstanden werden konnte. So ist es beispielsweise sicher, daß der Krieg nicht wieder abgewendet werden könnte, wenn irgend eine Aus einandersetzung mit Frankreich über eine Frage, wie die Neufundlandküste, so acut würde wie die Fasckoda-Frage. Selbst die vielgerübmte Freundschaft Amerikas er kaltet unter dem Einfluß unserer Niederlagen so rasch, wie sie entstanden ist. Auswärtige Politik hat nicktS mehr mit Sentimentalität zu thun, und ein neuer Katechismus dieses Wissenszweiges würde ein Buch bitterer Weisheit werden. Ein Land hört auf, Verbündete zu haben, sobald es schwach genug ist, Hilfe zu brauchen." Mit der Frage, welche die zu modificirenden Einrichtungen wären, von denen Lord Salisbury gesprochen hätte, kommt da» Dlatr dann auf die britische Constitution zu sprechen. Die britische Constitution sei nichts Anderes, als ein Verzeichniß von Gebräuchen, die ohne organischen Zusammenhang miteinander verbunden wurden. Sie sei wie ein altmodisches HauS, das durch Generationen nach dem jeweiligen Geschmack der Zeit auS- gebessert wurde und zuletzt ein chaotisches Conglomerat von Stilen aufweise. Sie wisse nicht- von einer Person, die Premierminister genannt werde, nicht« von einem Ding, da» Cabinet heiße; sie erkenne nicht die Allmacht de« Unter- Hauses an und hätte dieser Körperschaft deshalb nie irgend eine Verantwortlichkeit für daS Wohl und Webe der Nation zugeschrieben. „Wir erklären", heißt eS weiter, „den vernünftigen Ausländern, daß nichts in der britischen Constitution — so tief und subtil ist unsere Weisheit — wirklich da» meint, wa- e- zu meinen scheint, und daß der Ruhm unseres politischen System» darin besteht, daß eS systemlos ist. Werfen wir einmal einen Blick auf die Weltkarte. E» giebt nirgends etwa», da« der britischen Verfassung gleicht — ausgenommen in China, wo die papiernen Staatsgrundsätze ein« Unzahl von Lügen sind, die mit dem Deckmantel der Moral umkleidet, durch kaiserliche Verordnung bekräftigt werden und sich auf die Annahme stützen, daß die
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