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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.03.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010327012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901032701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901032701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
- Tag1901-03-27
- Monat1901-03
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen.Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redamonsftrich (4gespaitea) 75 Lp vor den Familieanag^ richten («gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffrrnsap entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (rxcl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderung KO.—, mit Postbesörderung 70—. Anaahmeschlaß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgeu-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 157. Mittwoch den 27. März 1901. 95. Jahrgang. Vie Ziehmutter des polnischen Radikalismus. SS Daß der polnische Radikalismus, d. h. derjenige Flügel des Polenthums, der die Lostrennung der östlichen Provinzen vom Königreich Preußen offen auf seine Fahne schreibt, von Tag zu Tag stärker wird, muß jetzt auch di« Presse des Cen.trums, so unbequem ihr dies ist, zugeben. Die „Köln. Voltsztg." erkennt sogar an, daß dieser Radikalismus nicht nur innerhalb der polnischen Presse existirt, sondern sogar in der polnischen parlamentarischen Fraktion an Boden gewinnt. Selbstverständlich muß für diese der deutschen Centrums partei so unbequeme Erscheinung ein Sündenbock gesunden werden, und ebenso selbstverständlich muß sich dieser Sündendock außerhalb der Reihen des Centrums befinden. Deshalb decretirt das führende Centrumsorgan: „Zweifellos werden die radikalen Elemente und radikalen Bestrebungen durch die verfehlte Politik des Hakatismus mächtig gefördert — das ist di« „polnische Ge fahr", auf welche neulich von uns hinzewiesen wurde." Es kann zunächst nicht zugegeben werden, 'daß die polnische Gefahr durch das stärkere Hcroortreten der radikalen Elemente gesteigert werde. Im Gegentheil, wie jede Gefahr geringer wird, wenn man sie in ihrem ganzen Umfange deutlich erkennen kann, so wird auch die Gefahr des Polenthums dadurch geringer, daß die polnischen Tendenzen unvrrhüllt zur Schau getragen coerden. Die Gefahr war zu jen«r Zeit, da di« Polvn sich in den Mantel der Loyalität hüllten und einer ihrer Führer so be geistert für die deutsch-nationale Forderung der Stärkung un serer Seemacht eintrat, daß er den Spitznamen „Admiraltzki" er hielt, viel größer als sie es heute ist. Denn damals ließ sich die Re gierung durch diese Scheinloyalität in Sicherheit wiegen und machte den Polen Concessionen über Concession«n, die von ihnen als Stützpunkte zur Erweiterung ihrer Macht benutzt wurden. Und gerade durch ihren zunehmenden Einfluß wurden die Polen in der Hoffnung auf die Wiederherstellung des polnischen Na tionalstaats bestärkt. Daß diese Auffassung zutrifft, ergiebt sich schon daraus, daß gerade zu jener Zeit, wo die Polen verhätschelt wurden, ein Führer der polnischen Fraktion des deutschen Reichs tages auf einem in Galizien abgehaltenen Congresse der Polen der drei Theilungsmächte sich besonders hoffnungsfreudig aus sprechen konnte. Die Lostrennungsgelüste waren also damals ebenso vor handen, wie sie es heut« sind. Und darum ist es ganz verfehlt, den „Hakatismus" zu beschuldigen, daß er durch seine scharfe Stellungnahme gegen di« Polen diese Gelüste erzeugt habe. Nein, das hat er w ht gethan, sondern er bar den Fuchs c.us dem Bau gelockt, d. h. ai« Polen dazu veranlaßt, ihre Pläne offen zu ent hüllen. Die Wuth macht oft di« Menschen ebenso gesprächig, wie der Wein, besonders wenn es sich um Polen handelt, di« ja durch ihre Maßlosigkeit und den Mangel an Selbstbeherrschung selbst ihr Reich zerstört haben; daß also der Hakatismus die Polen ge zwungen hat, Farbe zu bekennen, dafür kann man ihm nur danken, denn dadurch wurde auch die Regierung gezwungen, Maßregeln der Nothwehr zu treffen. Wie gefährlich jedes Abweichen von diesen Maßregeln der Abwehr ist, das hat wieder einmal der bekannte Adressenstreit gezeigt. Der Lärm 'der Polen im Reichstage über die Nicht beförderung polnisch adressirter Briefe hat die bekannte Maß nahme der Einrichtung von Uebersetzungsstellen hervorgebracht. Der Dank der Polen für dies« Nachgiebigkeit bestand darin, daß rin polnisches Blatt der Post mit einer Schadenersatzklage drohte, weil durch die Uebersetzungsstelle die Beförderung verzögert würde, und daß bei der dritten Lesung des Etats die polnischen Abgeordneten dem Staatssekretär des Reichspostamts mit Be schwerden und Drohungen zusetzten. Diesem riß nun «ndlich die Geduld und er deutete an, daß die Uebersetzungsstellen wohl wieder aufgehoben werden würden. Vom deutschen Stand punkte aus ist dies gewiß dankenswertb, aber besser wäre es gewesen, dies« Einrichtung wäre gar nicht erst getroffen worden, denn nunmehr werden die Polen — und mit einem gewissen Recht«, denn es wird ihnen etwas genommen, was die Regierung ihnen gegeben hat — diese Frage erst recht agitatorisch ausbeuten. Die stärker« Betonung des polnischen Radikalismus ist aber nicht nur aus dem Grunde zu begrüßen, weil sie der Regierung und der Bevölkerung die polnische Gefahr vor die Augen führt, sondern auch weil sie schließlich das Centrum in die Noth- wendigkeit versetzen wird, zu optiren, nämlich, ob «s ein« deutsche Partei sein, oder offenen Feinden des Staates und des Reiches iveiterhin Unterstützung gewähren will. Wir haben einen ganz ähnlichen Vorgang in Oesterreich gesehen, wo di« deutsch« katholische Volkspartei auch lange Zeit ihr Deutschthum vergaß, aber durch den immer wachsenden Uebermuth der Todfeinde des Deutschthums, txr Tschechen, gezwungen wurde, sich des Deutsch tums wieder zu erinnern. Ällerdings kam die Einsicht, daß es für die Selbsterbaltung nothwendig sei, gegen die Feinde des Deutschthums zusammenzustehen, 'den schlichten Wählern früher als den erleuchteten Gewählten. Vielleicht wird die Entwicke lung in Deutschland dieselbe sein: daß nämlich dieEentrums- wä hier sich über die polnische Gefahr früher klar werden, als di« jetzt noch die Wahl polnischer Bewerber empfehlenden Crn- trumsabgeordneten. Die Wirren in China. Zur „Krisis" in Tientsin. Die letzten Drahtnachrichten von Tientsin stellen die Lage mit Bezug auf den russisch-englischen Zwischen fall insofern wieder etwa- weniger rosig dar, als auf englischer Seite große Unzufriedenheit darüber herrschen soll, daß trotz de- gleichzeitigen ZurückziebenS der Heiden sich gegenüberstebrndea Truppenabtbeilungen beute noch die russische Flagge aus dem strittigen Territorium webt, und daß dir Russen ihre unterbrochenen Arbeiten wieder aus genommen haben, während die britischen Kuli«, welche an dem Eisenbahnbau beschäftigt waren, den letzteren noch nicht wieder fortsetzen dürfen. In britischen Cirkeln in Tientsin hält daher die große Aufregung an, weil die augenblickliche Sachlage allseitig in Militär- und Cwilkreisen al« eine eng lische Demüthigung aufgefaßt wird. Wenn jetzt Graf Walderste al« von beiden Seiten anerkannter Schiedsrichter gegen die englischen Ansprüche entscheiden sollte, so wird der russische Sieg und die britische Niederlage um so größer und intensiver sein, so daß da« Prestige Großbritanniens beinahe «uf jeden Fall schwer erschüttert sein dürste. Die Mandschuret-Tonvention. AuS Shanghai wird telegraphirt, daß nach den letzten verbürgten Meldungen von Bingaofu der kaiserliche Hof rcsp. die Machthaber an demselben nach langen Beratbungen dahin überein gekommen sind, den von Rußland gewünschten Vertrag, die Mandschurei betreffend, nicht zu unterzeichnen und dem russischen Verlangen nicht nachzugeben. Die chinesischen Gesandten in Tokio, Washington und London sollen bereits instruirt worden sein, die Regierungen von Japan, Amerika und England zu bitten, China in ihrem Widerstande gegen die russischen Aspirationen durch entsprechende Vorstellungen in Petersburg resp. im Concert der Mächte in Peking zu unterstützen. Die Vice-Könige und ganz besonders aber Uung-lu sollen nach Ansicht der chinesischen Reformer die kaiserliche Regierung in Singanfu wiederholt nachdrücklich darauf ausmeikiam gemacht haben, daß die Unterzeichnung der russischen Paragraphen den Beginn der Aufl Hei lung des chinesischen Reiches bedeuten würde und daher unter keinen Umständen staltfinden dürfe. Anderer seits Hal Li-Hung-Tschang in Peking, wie eS Heißt, den Ver tretern der Großmächte officiell mitgetbeilt, baß Rußland auf Unterzeichnung dcS Vertrages besteht und, falls dieselbe vollzogen, bereit ist, seine Truppen so bald als möglich aus der Mandschurei herauSzuziehen, während eS anderen Falles permanente Occupatio» der ganzen Mandschu rischen Provinz androht. ES wird nicht erwartet, daß Rußland nachgeben wird, und die Meldungen von Modifi kationen, welche neuerdings in einzelnen Paragraphen der Convention von russischer Seite gemacht worden sein sollen, sind vorläufig noch nickt - bestätigt worden und dürften auck schwerlich derartig günstig und durchgreifend sein, daß der kaiserliche Hof in Singanfu von seinem Vor satz« abgehen und den Vertrag dock noch ranficiren würde. Die weiteren Schritte Rußlands werden natürlich mit hoch gespannten Interessen erwartet, aber der Ausgang dieser er neuten Krisis ist vorläufig noch nicht abzusehen. * Shanghai, 25. März. („Rcuter's Bureau.") Die „North China Daily News" erfahren aus glaubwürdiger Quelle, in einem Tele gramme de- Großen Siathes aus Singanfu, in dem die Antwort auf die gegen die Ratificirung des Mandschurei- Abkommens erhobenen Einsprüche enthalten sei, werde gemeldet, daß der Hof dem chinesischen Gesandten in Petersburg telegraphisch dringende Instructionen übermittelt hab., durch die ihm verboten wurde, da-Mandschurei-Abkommen zu unterzeichnen. * London, 26. März. (Telegramm.) Nach einem Tele- gramme der „Times" aus Peking vom 24. März sandte der russische Gesandte v. Giers das Telegramm des kaiser lichen Hofes, in dem neue Vorschläge betreffs des Mandschurei- Abkommens gemacht werden, mit der formellen Erklärung zurück, es nicht annebmen zu können, indem er gleichzeitig sein Be dauern über die weitere Hinausschiebung des Termins zur Unter zeichnung des Abkommens und über die neueren Abänderungen ausdrückte. Li-Hung-Tschang räth noch immer zu einer schleunigen Unterzeichnung deS Abkommens. * Peking, 25. März. („Reuter'« Bureau".) Wenn die Chinesen das Mandschurei-Abtommen nicht bis Dienstag unterzeichnen, werden die Russen die Verhandlungen abbrechen, die Mandschurei aber weiter besetzt halten. SutschädiguiigSfordcruuge». * Washington, 25. März. (Telegramm.) Es wird positiv behauptet, die Entschädigungsforderung Deutsch lands an China belaufe sich ans 60 Millonen Dollars. Zn diplomatischen Kreisen erwartet man, daß das Mandschurei-Abkommen heute oder morgen unterzeichnet wird, da die gegen das Abkommen erhobenen Einwendungen nicht ernst genug seien, um die Unter zeichnung zu hindern. (Wiederholt.) * Peking, 25. März. („Reuter'S Bureau".) Die ein gehenden Ei Hebungen, die auf Ansuchen des Gesandten über die finanziellen Hilfsquellen Chinas angestelll worden sind, haben, wie hier angenommen wird, ergeben, daß die Staats einnahmen so erhobt und die Ausgaben so eingeschränkt werden können, daß die Zahlung der Entschädigung inner halb 20 Jahren durchzusühren ist. Die GcsandtschaftSviertel in Peking. AuS Peking. 25. März, wird dem „Reuter'scken Bureau gemeldet: Tie Gesandten scheinen sich darüber, wie in dem Gesandtschaftsviertel die Polizei auSgeübt werden soll, nicht einigen zu können. Die Minderheit bekämpft den von der Mehrheit befürworteten Vorschlag, daß Soldaten der regulären Armeen hierfür unter einem Osficier abcommandirt merken sollen, der zu den mil tärischen Streitkräften der Verbündeten gehört. Der englische Gesandte Salow, der amerikanische Vertreter Rockhill und ankere betonen, daß, wenn auck eine internationale Polizeimacht wünsckenSwerth, eS doch besser sei, daß die Polizei nickt von Soldaten auS- geübl werde, die zurückbernfen werden könnten, wenn sie gerade dringend benöthigt seien. Auch sei es nicht wünschenSwerib, kaß der Commankeur Osficier sei, der als Aktiver irgend einer Armee angeböre. Ebenso würde es ein großer Mißgriff sein, au« jcver Gesandtschaft ein bewaffnete« Lager zu macken. Einige Gesandte ziehen ernstlich rie Frage in Erwägung, ob eS nickt angemessen sei, ihre Regierungen zu ersuchen, den Beschluß, starke Gesandtschaften einzurichien, einer nochmaligen Prüfung zu unterziehen, da die Einrichtung solcker Wacken nicht nur den Hof von seiner Rückkehr nach Peking akbalten, sondern auch sür den Verkehr mit den Chinesen eine Quelle der Ge fahr bilden würde, weil e« unmöglich sei, die Trupp-n ganz innerbalb de« GcsanktsckaftSvirrtels zu halten, woraus Tschiug und Li-Hung-Tschang bestehe. Der Krieg in Südafrika. Wer trägt -ie Schuld au dem Scheitern der Arirdeus- verbaudtungen ta Südafrika. Man schreibt uns: Es war vorauszusehen, daß die Verehrer Englands in Deutschland die Boeren für das Scheitern d«r Friedensverhand lungen verantwortlich machen würden. Man erkennt zwar die ehrenhaften Gründe, aus denen Botha die englischen Be dingungen abgelehnt hat, an, erklärt aber zugleich, daß England den Boeren bis an die äußerste Grenze entgegengekommen sei. Betrachtet man die den Boeren gestellten Bedingungen nicht vom Standpunkte der Englanofreundlichkeit oder der Boeren- frrundlichkeit aus, sondern vollkommen objektiv, so wird man finden müssen, daß drei Bedingungen für die Boeren unannehm bar sein mußten, nämlich 1) die Verleihung politischer Rechte an die Kaffern, 2) die starken Einschränkungen, unter denen den einzelnen Boeren der Besitz von Feuerwaffen gestattet sein sollte, uwo endlich der Ausschluß der in den Reihen der Boeren kämpfenden Capholländer von der Amnestie. Vom Standpunkte der Gleichmacherei klingt es ja recht schön, wenn den Kaffern das politische Stimmrecht gewährt werden soll. Wie aber sieht es mit der Befähigung der Kaffern dazu aus? Der Mitarbeiter der „Welt-Correspondenz" in Pretoria, selbst seit langer Zeit in Süd-Afrika anzrsessen, schri«b letzthin, gestützt auf die rhm mündlich gemachten Mittheilungen eines deutschen Missionars, der 25 Jahr« lang unter den Kaffern gelebt und gelehrt hat: „Es wird für jeden vorurtheilsfreien Beob achter bald klar werden, daß der Kaffer für die Segnungen von Cultur und Freiheit absolut nicht reif ist. Eine milde Form d«r Sklaverei ist für dieselben das einzig Richtige." Der Bericht erstatter fügte hinzu, daß die Bestrebungen der englischen Ge sellschaft für den Schutz der Eingeborenen (und der Einfluß dieser Gesellschaft hat wohl zu der von Kitchener gestellten Be dingung beigetragev) auf die Unruhen in Südafrika und den Haß i wischen Boeren und Engländern einen unheilvolleren Ein fluß gehabt hätten, als irgend ein anderer Factor in der süd afrikanischen Geschichte. Warum will nun England diesen Factor des Haffes noch verstärken? AuS demselben Grunde, aus dem die republikanischen Machthaber der amerikanischen Nordstaaten nach dem siegreichen Kriege gegen die Südstaaten das Stimm recht des Negers einführten: nämlich um eine ihren politischen Zwecken stets ergebene Schutztruppe gerade in den Hauptcentren ( r'l.gmers zu haben. Daß das nunmehr seit mehr als einem Menschenalter bestehende Negerstimmrecht dem Ansehen des Par lamentarismus in 'den Vereinigten Staaten im Allgemeinen und dem Ansehen der „eoioureck ^ontiemen" im Speciellen etwas genützt habe, wird auch der eingefleischteste Vertreter des Prin- cips „Gleiches Recht für Alle" nicht behaupten wollen. Sollen auf der einen Seit« die Recht« der Farbigen er weitert werden, so wollen die Engländer andererseits das An sehen der Boeren herabmindern. Zu allen Zeiten und bei allen Nationen hat es als ein Zeichen des Rechtes des freien Mannes gegolten, Waffen besitzen zu dürfen. Für den Boeren, der sozu sagen als Schütze geboren ist, und d«r sich des Angriffs wilder Thiere und verräiherischer Eingeborener jeden Augenblick ver sehen muß, ist dieses Recht noch etwas Selbstverständliches. Jetzt sollen die Boeren, die ein Gewehr besitzen wollen, dies nur auf Grund besonderer Erlaubniß uns unter Eintragung in eine Liste thun dürfen. Der Zweck ist ja klar: Di« Engländer wollen eine Insurrektion von vornherein aussichtslos machen. Diese demüthigende Bestimmung aber muß nicht nur die Boeren auf das Schwerste verletzen, sondern sie erübrigt sich auch. Ein in Südafrika lebender hochangesehener Mann hat dem Schreiber dieser Zeilen versichert, daß, wenn die Engländer ein gerechtes un>o verständiges Regiment führen würden, eine Erhebung der Boeren nie zu besorgen sein würde. Denn der Begriff der Gesetz lichkeit sei dem Boeren angeboren, und er würde sich deshalb niemals gegen die Gesetze des Siegers auflehnen, wofern die selben von dem Geiste der Gerechtigkeit getragen seien. Daß die Boeren unter allen Umständen auf der Amnestie der Capholländer bestehen müssen, ergiebt sich aus den einfachster Gesetzen des kameradschaftlichen Ehrgefühles. Wenn man meint, England könne dies« seine Unterthanen doch unmöglich andere denn als Landesverräther behandeln, so ist dagegen zweierlei einzuwenden: einmal haben doch wohl auch ein« ganze Anzab' von vor dem Kriege und in der ersten Zeit während des Krieges in den südafrikanischen Republiken ansässig gewesener Engländer gegen die Boeren gefochten, uitd zweitens handelte es sich in diesem Falle nicht sowohl um einen Krieg zweier Staaten sondern um einen ausgesprochenen Nationalitätenkampf, und es ist demgemäß das Vorgehen der mit den Boeren kämpfenden Capholländer viel milder zu betrachten, als wenn etwa in einem Kampfe Englands mit Frankreich englische Unterthanen auf der Seite der Franzosen stehen würden. So hoben die Boeren, als sie diese Bedingung der Eng länder ablehnten, nickt anders gehandelt, als sie als Männer von Ehrgefühl und Selbstgefühl handeln mußten. Wir meinen England könnte sich sehr wohl damit begnügen, die Oberhoheit über die beiden Staaten aus,»üben, und brauchte nicht demüthigende Bedingungen zu stellen. Fortsetzung de« Krieges. * London, 26. Mürz. (Telegramm.) Wie der Amster damer Berickterstatter de« „Daily Expreß" erlährt. soll Krüger seinem Vertreter Sckalk Burg r ongeratben haben, Frieden«, bedingungenzn formnliren. Der Brüsseler Berickterstatter der „Morntngpost" will wissen, Krüner gedenke demnückst nach den Unionstaaten zu reisen, um sich mit Mac Kinley zu besprechen. Gegen die erst, Behauptung spricht der Inhalt deS fol genden Telegramm« der „Boss. Ltg": Köln, 26. Mürz. In einer sehr zablreick besuchten Versamm lung im benachbarten Kolk ivrack der Boerenosficier Janson über die Aussichten de« Friedensschluss-« und erklärte aus Grund neuerer vorzüglicher Informationen, toß di» Boeren fest entschlossen seien, sick auf keinerlei Fried, nsnnterhandlnngen mehr einznlassen, wenn nicht v.n vo nbcrein englisch,rieit- die völlige Unabdängigke t Tran-vaal« zugestanten würde. Der nörd liche Tbeil Transvaal« sei heut» noch vollständig im Besitz der Boeren. Di» Lag» der Boeren sei heut» besser denn je. Die Randmiuen. * Pretoria, 25 März. (Meldung deS „Reutrrsschen Bureaus".) Lfficiell wird mitgetheilt, baß an 350 Pochwerke die Ermächtigung ertheckt worden ist, die Arbeit in den Raodminea wieder ans- junehmeu. (Wiederholt und berichtigt.) Deutsches Reich. L. Berlin, 26. März. (De utsch-Afrika in italieni- scherBeurtheilung.) Im Aprilheft der „Deutschen Revue" giebt General O. Baratieri in einem Aufsatze über das Afrika des 20. Jahrhunderts ein recht günstiges Urtheil über die afrikanischen Colonien Deutschlanvs ab. Baronen erblickt nicht in der Größe des afrikanischen Kolonialbesitzes das Moment, das Vortheil bringe und die Herrschaft sichere. Vielmehr liefen die unermeß lichen Besitzungen Frankreichs und Großbritanniens Gefahr, Kolosse mit thönernen Füßen zu werden, weil sie zu Kriegen und Aufständen Veranlassung gäben, durch die es sehr kostspielig werden könne, Vie Herrschaft zu behaupten und Gewinne heraus zuziehen. „Sicherer, lohnender und enger mit dem Mutterlande verknüpft", schreibt Baratieri wörtlich, „werden immer di« kleineren Colonien sein. So werden Kamerun und Deutsch- Afrika für Deutschland von nicht geringem Nutzen sein, wenn es mit deutschem Ernst und deutscher Beharrlichkeit nicht nur aus dem Handel, sondern auch aus den colonistrbaren inneren Landstrichen Gewinn zu ziehen versteht. Ebenso wird Italien — wenn einmal Abessinien eine feste, geordn-te Regierung hat — von sein«r erythräischen Colonie, die in Stufen vom Rothen Meere zum äthiopischen Bergrücken emporsteiqt, Stufen mit Hoch ebenen, die für den Ackerbau und zur Besiedelung mit Weißen geeignet sind, Vortheil haben, wenn Italien es verst.ht, einen Theil der Auswanderer, die sich gegenwärtig nach Südamerika wenden und dort ihrem Vaterlande verloren g«hen, in seine afrikanischen Colonien zu lenken." — Von Deutsch-Ost afrika insbesondcr betont Baratieri, daß es für die Zukunft Afrikas bedeutsam sei. „Indem Deutsch-Ostafrika sich domi- nirend bis zur Wasserscheide zwischen dem Indischen und dem Atlantischen Ocean erstreckt, bildet es ein sehr unbequemes Hindernis für drn Marsch Englands vom Mittelländischen Meere bis zum Cap der guten Hoffnung und klemmt England zwischen dem Gebiete der Seen und dem des freien Crngostaates ein." — Was Kamerun anlangt, so zweifelt Baratieri nicht, daß cs in deutscher Hand einen „bemerkenswerthen Aufschwung" nehmen könne. Berkin, 26. März. (Socialdrmokratie und Landwirthschaft.) Der „Vorwärts" veröffentlicht in. seiner Sonntags-Nummer einen Artikel über die Nothlage der Landwirthschaft aus einer Broschüre von Karl Kautsky: „Handelspolitik und Socialdemokratie". Dieser Artikel giebt in mehrfacher Beziehung zu denken. Zunächst wird ausgeführt, daß, wie immer sich das wirthschaftliche Verhältwiß eines Volkes zu seinen Nachbarvölkern gestalten, und wie sehr es auch von dem Wachsen der Erportin'>ustrie abhängen möge, seine Land-- wirthschaft in blühendem Zustande erhalten bleiben müsse. Namentlich die Socialdemokratie, die Erbin der heutigen Gesell schaft, habe alle Ursache, wo sie könne, einem Verfall der Land- wirthschast entgegenzuwirken. Auf der anderen Seit« falle eS der Socialdemokratie nicht ein, die Nothlage der Landwirthschaft zu leugnen. Erschein« sie ihr auch nicht so groß, wie sie die schreienden Landwirthe malten, so auch nicht so rosig, wie sie der liberale Optimismus schildere. Beständen über das Ausmaß dieser Nothlage verschiedene Meinungen, so liege doch die Ursache klar zu Tage; sie sei darin zu suchen, daß Länder mit geringeren Productionskosten des Getreides bezw. der Agrarproducte über haupt in Concurrenz träten mit den alten Industrieländern, in denen die landwirthschaftlichen Productionskosten hoch ständen. Zu den natürlichen Vortheilen der Landwirthschaft in den neuen Ländern gesellten sich aber auch sociale. Dies« Länder seien an den europäischen Händeln nicht betheiligt, daher bis jetzt frei vom Militarismus und seinen Lasten gewesen. Man sollte nun meimn, die Socialdemokratie werde unter diesen Umständen für einen erhöhten Zollschutz eintreten. Aber weit gefehlt. Ter Artikel zieht gegen die agrarischen Zölle ins Feld, nicht weil die Socialdemokratie »den Nothstand leugnet, sondern weil sie die agrarischen Zölle für ein völlig ungeeignetes Mittel hält, ihm entgegenzuwirken. Sie belasteten den größten Theil der land- wirthschaftlichen Bevölkerung und erschwerten gleichzeitig der Landwirthschaft den Concurrenzkampf mit den ausländischen Producten. Stott eines Getreidezolls von 5 -F, der nicht der bedrängten Landwirthschaft zu Gute komme, sondern den Hypo thekengläubigern, Güterspeculanten und Fideicommißbesitzcrn, den reichsten und überflüssigsten Theilen der Nation, schlägt der Verfasser vor, mittelst Einführung einer progressiven Ein kommensteuer der Masse der landwirthschaftlichen Bevölkerung zu Hilfe zu kommen. Verbinde man damit noch die Beseitigung des Militarismus, die Expropriation der Kohlengruben, um dem gesammten Volke, also auch den Landwirthen, billiges Feuerungs material zur Verfügung zu stellen — wozu dir Aufhebung des Petroleumzolls und des EisenzollS zuzugesellen wäre —, so würd« damit die Verminderung der Productionskosten der deut schen Landwirtbschaft und die Erhöhung ihrer Concurrenzfähiq- k.it auf dem heimischen Markte, ja auf dem Weltmärkte, und gleichzeitig die geistige und physische Hebung der Masse der landwirthschaftlichen Bevölkerung ungemein gefördert werden. — Herr Eugen Richter und die Seinigen werden sich nun nicht mehr auf die Socialdemokiati« berufen können, wenn sie die Nothlage der Landwirthschaft leugnen, andererseits werden sich auch die Agrarier hüten müssen, Herrn Kautsky und seine An hänger als Bundesgenossen zu begrüßen, denn seine vorge- schlagenen Hilfsmittel würden mitten in den socialdemokratischcn Zukunftsstaat hineinführen. * Berlin, 26. März. Die amtlich« Statistik der Ausstände und Aus sperr ungen für da» vierte Vierteljahr 1900 ergiebt, daß die Zahl der Ausstände geringer war al« im entsprechenden Zeitraum des Jahres 1899. Es wurden im deutschen Reiche 175 Aulstände begonnen gegen 238 im vierten Vierteljahr 1899. Von «diesen Ausständen sind 155 l204) noch in demselben Vierteljahre beendet, so daß einschließ lich vier früher begonnener und noch nicht beendeter Autstäns«
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