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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000212028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900021202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900021202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-02
- Tag1900-02-12
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1210 Littleton'- Brigade begann hinübrrzugehen. Die Artillerie trat schnell in Lotion, und Sbrapnells machten den Weg frei für da- Borrücken der Infanterie. Die erste Höhen stufe des Vaalkrantz war zur grössten Freude unserer Truppen beinahe ohne Widerstand eingenommen Worten. Der Feind bemühte sich aber energisch, seinen Fehler wieder gutzumachen. Zwei schwere Kanonen und rin Wagen, der, wie man glaubt, eine Maxim-No rdenfelt- Kanonr enthielt, wurden im Galopp in den Hohl wegen de- Doornlloof entlang gefahren. Dabei gab eS einen erregenden Wettkampf zwischen unserem Artillcrirseucr und den feindlichen Gespannen, in welchem die letzteren siegten. Diese Kanonen erhielten in einer ausgezeich neten Stellung Deckung, sie Warfe» schnell ihre Geschosse zwischen unsere Infanterie, und eine Zeit lang verhinderten sie den Bau der Pontonbrücke. Bald darauf aber stellten sie ihr Feuern ein, und die Arbeit wurde den ganzen Nach mittag hindurch fortgesetzt. Vereinzeltes Gewebrfeuer erfolgte am TienStaz Morgen und aus das Feuer unserer Artillerie antworteten die Hundertpfünder der Boercn auf Doorn- kloof, ein Fünfpsünder auf SpionSkop und zwei Maxim-Nordenfelt-Geschütze. Alle Versuche, deren Position berauszufinden, mißlangen. Sie richteten aber wenig Schaden an und feuerten nur hin und wieder. Unsere Batterien zeigten sich sehr beweglich, sie galoppirten uach allen günstigen Punkten hin, und gemeinsam mit den Marine geschützen, den Haubitzen und der vierten Gebirgöbatterie be- schosien sie die Anhöhen und deckten daö Verrücken der Infanterie, welckeö nothwendiger Weise langsam geschah. Einige wenige verwundete und unverwunvete Boercn wurden gefangen genommen. Einer der ersteren bezeugte die Heftigkeit unseres ArtillerieseuerS. Er sagte, eine Katze batte sich nicht bewegen können, ebne getroffen zu werden. Ein Tbeil unserer Artillerie wurde von Soldaten den steilen SwartSkop hinaufgezogen und in großartiger Weise in Position gebracht. Am Dienstag Abend waren die Engländer im Besitz von zwei Hügeln, während die Boercn den übrigen Theil der Hügelreihe besetzt hielten. Ein Gras brand machte eS den Boercn unmöglich, ihre Stellungen der Lage entsprechend zu vervollständigen und gegen einen nächt lichen Angriff Vorkehrungen zu treffen. Die von uns an gegriffene Stellung war von den IobanncSbnrgern unter Ben Viljoen besetzt." Am 8. Februar, Freitag, sind dann die Engländer wieder über den Tngela zurückgegangen. Dem „Manchester-Guardian" wird, wie wir der „Frkf. Ztg." entnehmen, aus Frere vom gleichen Tage gemeldet: „Die Doeren beabsichtigen ihre Stellungen auf Doornkloof zu verstärken, von welchem Puncte an- sie ein Flankenseuer auf Vaalkrantz richten. Sie beschießen ihn auch von Westen und Norden. Tbatiächlich ist der ganze Hügel, welcher sich eine halbe englische Meile auSdehnt, unter Feuer. Unsere Truppen behaupten ibn hartnäckig und man hofft, eS werde möglich sein, unsere Kanonen in bessere Stel lungen zu bringen, damit sie sie unterstützen können. Montag Nachmittag konnte man Verstärkungen der Boeren au der Straße, welche nach Ladysmith führt, hcrankommen sehen. DaS Vieh der Boercn wird ostwärts auS dem Be reiche unserer Geschosse Weggetrieben. Eine Kanone der Boeren erschien plötzlich von hinter Vaalkrantz herkommend. Sechs Pferde zogen sie im Galopp nach Doornkloof zu. Beinahe alle unsere Geschütze auf Swartskop wurden gegen diese Kanone in Tbätigkeit gebracht. Sie eilte auf eine Tonga zu, während rings um sie Geschosse niederfielen, aber sie erreichte die Tonga unversehrt. — TienStag brachten die Marinegeschütze auf Mount Alice ein Pulver magazin aus Doornkloof zum Explodiren, aber eine hundert- psündige Ereu zot'sehe Kanone fing dort zu feuern au und machte unseren Truppen große Schwierigkeiten. So lange diese Kanone nicht zum Schweigen gebracht war, war eS zn riskant, unser:' Train über das offene Feld, nach Vaalkrantz zu hinüber zu bringen. — Dienstag Nachmittag, ungefähr um 5 Uhr, rückten die Boeren auf einem Höhen rücken westlich von Vaalkrantz vor und eröffneten ein heftiges Gewebrfeuer auf unsere vordersten Gräben, während die Artillerie der Boeren von drei Seiten her den ganzen Hügc bombardirte. Die Durhamer leichte Infanterie wurde gezwungen, die Gräben zu verlassen, formirte sich aber hinten wieder gut, und nachdem sie Verstärkungen erhalten hatte, machte sie einen Angriff und nahm die Gräben wieder. An verschiedenen Orten des Feldes wurden die Truppen oft durch die Creuzot-Gcschosse gezwungen, ihre Lagerplätze zu wechseln. Vaalkrantz entspricht ungefähr dem SpionSkop. Der Feind beschießt ,hn, während eS dagegen schwer ist, Kanonen dorthin zu bringen." UnS selbst wird noch gemeldet: * Pretoria, 9. Februar. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus".) Line Depesche aus dem Hauptquartier der Boeren bei Ladysmith besagt: Vom oberen Tugela wird gemeldet, daß indem gestrigen Kampfe, in welchem die Boeren von Transvaal und vom Oranje- Freistaat die Engländer zwangen, unter schweren Verlusten sich wieder über den Tugela zurückzuziehen, die Boeren 4Todte und 8 Ver wundet» hatten. AlS die Boeren das Kopje, welches die Eng- länder besetzt hatten, wieder einnahmen, fanden sie dort 22 todte Boeren. Degen Mitternacht wurde gemeldet, daß die Garnison von Ladysmith versucht habe, in der Richtung nach dem Lager der Boeren des Oranje-Freistaates durchzubrechen. Man hörte ein heftiges Gcmchrfeuer; nähere Einzelheiten fehlen noch. Der AnSgang der Kämpfe am Montag und Dienstag :ürgt dafür, daß auch dieser AuSfallSversnch vollständig miß lungen ist. Wie nock in keiner der bisherigen Schlachten hat sich der Kampf am Montag und Dienstag immermehr zu einem furcht baren Duell zwischen den Geschützen der Engländer und der Boeren entwickelt. General Buller b»achte seine gesammte Artillerie ins Feuer, ohne daß es derselben gelungen wäre, auch nur ein Boeren-Geschütz zum Schweigen z« bringen oder zn demontiren. Die improvisirte republikanische Artillerie blieb Siegerin über die altehrwürdige Institution der Artillerie Großbritanniens. Es war ein- (»»folg der großartigen Wassen-Industrie Deutschlands und Frankreichs über die in englischen Staats- und Privatfabriken hergestelltcn Geschütze, ein Umstand, der insofern auch den englischen Marine-Behörden zu denken geben dürfte, als auch die englischen Schiffsgeschütze unterlegen sind. Der Erfolg der Boeren-Artillerie war ein so voll ständiger, daß nicht nur ein weitere- Vordringen der Eng länder unmöglich wurde, sondern sie auch ihre am Montag eroberten Stellungen am Vaalkrantz Mittwoch Nachmittag räumen und sich auf daS rechte Tugela-User hinter di« schützenden Abhänge des Zwartskop m das Lager von Spearmansfarm zurückziehen mußten. Doch auch hier war noch keine Sicherheit, der „lange Tom" warf seine Niesen- zuclerbütc bis auf den Zwartskop und wahrscheinlich auch über denselben hinaus, denn nicht weniger als vier Projektile explodirten inmitten deö TransporttrainS. Die Folge davon war, daß die Engländer auch das rechte Ufer des großen Tugela zum großen Tbeile räumen und ihr Hauptquartier, das seit Mitte Januar sich in Spearmansfarm befand, nach der fünf Kilometer weiter südlich gelegenen Springfieldbridge (Spring fieldbrücke) am kleinen Tugela zu verlegen gezwungen waren. Der Mißerfolg der Engländer war diesmal somit viel großer und bedeutungsvoller, als bei dem zweiten Entsatz versuche, wo das Gros nur bis SpearmanScamp zurückging und ein Theil ihrer Truppen, die Brigade Lyttleton, sogar noch einige Tage nach der Räumung des SpionSkop ans dem lintcn Tugelaufer verblieb. Auffallenderweise ist in dem letzten ans Springsicldbridge datirten Telegramm nicht von Buller, sondern von dem „britischen General", welcher den Rückzug «»ordnete, die Rede. Sollte Buller, der sich bekanntlich mit großer Todes verachtung den Kugeln des Feindes anSsetztc, etwas zu gestoßen sein? WaS wird der General, vorausgesetzt, daß er noch kampffähig ist, unternehmen, um Ladysmith doch Entsatz zu bringen? Wird er etwa einen vierte» Versuch machen und weiter südlich zwischen der Sliet- und der Deelsurth nochmals über den Tugela gehen und gegen Onderbroek vorrücken, oder wird er seine alten Positionen gegenüber Coleuso, die er im Dcccmbcr innehatte, beziehen und hier durchzubrechen trachten, oder aber denkt er an den ibm von verschiedenen militärischen Autoritäten angerathencn Marsch durch daS Zululand? Berücksichtigt man, daß der dritte Versuch zum Entsätze von Ladysmith nach der allgememcn Ansicht, nicht allein ter Kritiker in Loudon uud auf dem Con- linent, sondern auch der ortskundigen Leute in Natal, an der Stelle angesetzt war, wo das Gelände ihm den besten Erfolg ver sprach, erinnert man sich ferner, daß die 2., 3. und 5». Division, über die Buller verfügt, seit dem 10. Januar fast unablässig auf den Beinen und mit kurzen Pausen seit dem 17. Januar im feindlichen Feuer waren, daß sie in dieser Zeit trotz größter Bravour zwei Mal geschlagen wurden und einen Erfolg überhaupt noch nicht aufzuwcisen haben, so sollte man meinen, daß nunmehr der Rückmarsch an die Bahn linie geboten sei. Die Lücken, die die Verluste gerissen Haden, müssen auSgefüllt, die Verbände wieder bergestellt, der Proviant erneuert werben und vor Allem bedürfen die Truppen der Ruhe. Bis jetzt haben die Truppen deS Generals Buller Erstaunliches an Ausdauer und Zähigkeit geleistet, aber wann sie nach dieser dritten bösen Schlappe wieder gefechtsbereit sein werden, läßt sich aus der Ferne nicht beurtheiten. Verschiedene Nachrichten deuten darauf hin, daß die Boeren den Tugela überschritten haben und be absichtigen, Buller in die rechte Ftanke zu kommen, um ihm den Rückzug nach Estcourt abzuschneiden. Dahin gehört auch die folgende, nicht ganz klare Meldung: * London, 12. Februar. (Telegramm.) „Daily Mail" be richtet auS Pietermaritzburg unter dem 11. d. M.: Die Boeren besetzten Bloy's Farm, die auf dieser Seite Les Tugela von Chieveley zu Pferde nicht ganz in einer Stunde zu erreichen ist. DaS Wohnhaus machten sie zum Hospitale. Aus dem Gebiete dieser Farm liegen Berge, die beide Brücken über den Tugela be herrschen. Die Boeren haben bisher stet» unterlassen, ihre Siege auszunutzen und sind noch me zur eigentlichen Offensive über ¬ gegangen. WaS jeweils darüber berichtet wurde, hat sich noch stets als unbegründet erwiesen. Diesmal treten die betreffenden Nachrichten aber mit großer Bestimmtheit auf, und noch während wir dies schreiben, trifft nnS folgende Meldung: r. London, IS Februar. (P» ivattelcgramm.) Aus Dnrba« «nd Pietermaritzburg wird der Aus bruch einer Panik auf die Nachrichten von Joubert'S Oiseusive und Sem Anrückcu anderer Boerencorps »egen Grcytow» und Weston, welche Pietermaritz burg direkt bedrohen, gemeldet. Butler ist i» »ollem schleunigen Rückzüge gegen vsconrt. 2n Lady smith geht der Proviant zu Ende. Die Truppen sind demoralisirt, die Widerstandskraft der Belagerten ist gebrochen. AuS dem Lager von Frere wird dagegen untcrm N. Februar deut „Daily Telegraph" noch berichtet, Alles sei in bester Ordnung. Der Geist der englischen Truppen soll vorzüglich sein und die meist nur leicht Verwundeten sollen sich trotz deS glühend heißen Wetters rasch erholen. Vom Moddcrriver kommt die Nachricht, daß der Höchstcommandirende General Roberts dort angekommen ist und an, Sonntag Oberst Macdonald zu seiner „festen Haltung" bei KoodoeSberg — von dort mußte der Oberst sich bekanntlich eiligst zurückziehen — beglückwünscht bat. Hiernach wäre das Räthscl, wohin Roberts von Capstadt aus sich begeben, rasch gelöst. Es scheint demnach, daß am Modder- und Nietflusse der Haupt schlag geführt werden soll. Man meldet uns hierüber: k. London, IS. Februar. (Privattelegramm.) Tic Stadt Kimberley ist schwer bedrängt, tzronjc brachte Verstärkungen nnö weiteres schweres Geschütz heran, das. ans 4000 Uarös Ser Stadt nahe gebracht, Shrapnels in das Ltadtccntrnm wirst. Seit dem 8. Fannar ist Pferdefleisch die ans schließliche Nahrung Ser Männer, während Frauen und Kinder, un fähig, Pfrrdcflcifch zu genießen, massenhaft sterben. Tie Sterblichkeit der Erwachsenen stieg seit Decrmbcr nm Proccnt. Von anderer Seite wird uns berichtet: " London, 12. Februar. (Telegramm.) Nach einer Draht nachricht aus Kimberley sind die Streitkräfte der Boeren angenjcheinlich gewachsen. Am 7. d. M. begannen die Boercn mit der Errichtung von Schanzwcrken im Osten der Stadt, fast parallel mit dem Glacis der Festungswerke, etwa 4000 Dards von der ersten Mine. Die Boeren kommen von Maseking nach Kimberley mit sechszölligcn und schnellsenernLcn Geschützen. Alles deutet darauf hin, daß die Würfel um Kimberley baldigst fallen werden. Dort ist bekanntlich Cecil NbodeS, der Macher LcS Krieges, noch cingeschloffen, und diese edlen Diamanten darf Lord Roberts doch unter keinen Umständen in die Hände der Boeren fallen lassen. Arm in Arm mit ihm will dann, wenn Kimberley entsetzt und Cronje auss Haupt geschlagen ist, Roberts de» Marsch nach Bloem fontein antrclen, während General Kreuch, unterstützt durch Kelly Kenny, bei NorvaalSpvut de» Oranje fluß überschreitet und von Süden her in das Herz des Oranjesrcistaates cindringt. Beim Modderslusse und südlich von Kimberley, bei Spytfontein, wo die Boeren sehr feste Stellungen inne haben, sowie bei Rendsburg hat cs in den letzten Tagen wicderbolt kleinere oder größere Gefechte ge geben. Neber die Operationen bei Rendsburg wird uns heute berichtet: * Rendsburg, 10. Februar. („Reuter s Bureau.") Eine kleine britische Abtheilung trieb heute durch Gcschiitzseuer die Boercn aus ihrer Stellung bei SlingerSsontein und ermöglichte dadurch, daß ein großer Transportzug ungehindert die Fahrstraße passirrn konnte. Aus britischer Seite wurde Niemand verwundet. * London, 12. Februar. (Telegramm.) Eine amtliche Depesche berichtet: General Clements meldet auS Rendsburg, daß am 9. d. M. die Boeren versucht hätten, die rechte Flanke zu umgehen, Laß der Angriff aber abgeschlagen worden sei und die Engländer ihre Stellung behauptet hätten. Die Hauptsache bleibt das englische Dementi de: Nachricht, eS sei French gelungen, die Boeren zu umgeben und voll ständig einzuschließe». Die Boeren befinden sich in angriffs sicheren Stellungen und beherrschen vollkommen den Uebergang über den Oranjcfluß. Was Zu tu land anlangt, so haben wir wiederholt darauf dingcwiesen, daß dort die Boeren nicht untbätig ge blieben sind. Fort Holland, Eschowe und Empaiithlena, von denen in Len Telegrammen unicreS heutigen MorgenSlatteS die Rede ist, liegen im Zululande. Eicbowe, daß die Boeren bedrohen, ist die Hauptstadt. Sie sind also dort sogar stark in der Offensive und verfügen über eine nicht unbeträcht liche Macht. Folgende Meldungen fügen wir noch an: * LonVon, 11. Februar. DaS Lotonialamt dementirt rein äußerlich in dieselben Grenzen zusammengepfercht. Gerade ihre Bielgestaltigkeit, Vic reiche Entwickelung ihrer Eigentyüm- lichkeiten bedingt ihre Vollkommenheit. Das ideale Band der Sprache und Geistescultur kann keine staatliche Einheit schaffen. Niemals follte die Politik Fesseln schmieden, die einander ab stoßende Kräfte zusammenKwingt. Sie müssen sich gegenseitig bekämpfen und unterdrücken." „Jedes kraftvolle Individuum", versetzte Eickstedt, „birgt Gegensätze in sich, die in ihrer Durchdringung und gegenseitigen Befruchtung das Lebcnswerk auslösen. Das Gleichartige ist tobt. Die Politik in ihrer feigen Furcht vor entfesselten Ele mentargewalten hat die Einigung Deutschlands hintertrieben, bis sich der Mann fand, der dm Kampf mit den Elementen nicht scheute, der es wagte, sie zu seinen Bundesgenoffen zu machen, und sich vermaß, ihr Meister zu werden. — Was mit der Unab wendbarkeit eines Naturereignisses in die Erscheinung getreten, bedarf wahrlich keines Ausweises über sein Daseinsrecht und feine historisch« Nothwendigkeit." Ingenieur Lüdeke murmelte etwas Beifälliges. Der Ge heimrath lächelte überlegen und widmete seine Aufmerksamkeit sein Hummer auf seinem Teller. Auf Eickstedt'S Stirn lag eine Falte, sein Gesicht war geröthrt — von Unwillen — oder tief innerlicher Begeisterung. Der bisher unbeachtet gobliobene junge Mann war auf einmal Mittelpunkt der Aufmerksamkeit ge worden. „Ich hätte «S in der That nicht für möglich gehalten", sagte Baumeister Spielberg, indem er den grünen Römer gegen da» Licht hielt, „daß man jetzt — vierzehn Jahre nach dem französischen Kriege — die Lebensfähigkeit deS deutschen Reiche- noch in Zweifel ziehm könnte." ,-Man hat das gesunde Herzblut d«S preußischen Staates in die Adern eines Schemen- geleitet", erwiderte der Geheimrath mit hochgezogenen Brauen. „Diesen kann man nicht lebendig machen, und jener siecht hin." „Derzeihung, e» war eine nothwendige und trefflich gelungene Operation"^ nahm Philipp Henning bedachtsam daS Wort. Ich kehrte im Jahre Zwerundsickzig nach vierjährigem Aufenthalte auS Japan zurück, wo ich die Leibgarde deS Mikado nach preußi schem Muster schießen und trommeln gelehrt und andere nützliche Dinge inS Werk gesetzt hatte. Im Auftrage eines Geschäfts freunde- machte ich den Rückweg über Südamerika. Inzwischen war da» deutsche Reich geboren worden. Nur der Deutsche im Ausland«.konnte ermessen, wie da mit einem Schlage ein neuer Zeitalter angebrochen war. Wo man sich früher in fremden Eonsulaten und GesandtschaftShotelS als Bittender herumdrückte, trat man jrtzt al» Fordernder auf. Freiwillig rntgegengebracht wurde Einem, was man früher zu erlangen, kaum hoffen konnte. Und seitdem —" „Philipp, Du denkst gar nicht daran, einzuschenken", fiel Frau Wally unzufrieden ein. „Frau Geheimrü.hin hat ein leeres Glas vor sich." „Oh, Verzeihung, Gnädigste! Befehlen Sie rothen oder weißen?" „Darf ich um weißen bitten?" Philipp hob die Flasche, die vor ihm stand — sie war leer. Hans bemerkte seine Verlegenheit, sprang aus und kam mit einer Flasche Niersteiner herüber. Lächelnd hielt ihm Vera den grünlichen Römer entgegen. Sein Blick glitt von den Glase, das sich wie mit flüssigem Golbe füllte, an den schlanken Fingern, die es umspannten, dem weißen, herrlich geformten Arm mit dem feinen, bläulichen Ge äder aufwärts. Er begegnete dem dunkeln Auge voll gehcimniß- voller Gluthen, das sich, groß aufgeschlagen, zu ihm erhob. Ihm stieg das Blut jählings zu Häupten. Sein Auge tauchte unter in dem ihren, verlor sich in feiner Tiefe, konnte sich nicht los reißen. „Ich liebe den deutschen Wein", sprach Vera langsam, indem sie das Glas an ihre Lippen führte. „Er hat Feuer und Poesie. Ich muß trinken, Doctor, um zu fühlen, daß ich lebe, daß ich jung bin." Wie ein Träumender kehrte Hans auf seinen Platz zurück. Drittes Capitel. Noch vor Mitternacht waren MartinyS aufgebrochen, die UeLrigen hatten eS für schicklich gehalten, zu folgen; nur Eick- stebt und Gertrud hatte man zurückgehalten. Philipp wünschte noch eine Cigarre mit HanS zu rauchen und ein paar Worte mit ihm zu plaudern, und ließ dessen Entschuldigung, daß er Er- laubniß erhalten habe, Fräulein Gertrud heimzugeleiten, nicht gelten. Gertrud sei ein gutes Mädchen und kein Spielverderber, versicherte Philipp. Und eS ging nun schon in einem hin: „Richt wahr, Gertrud?" Gertrud war ärgerlich. Eine durchschwärmte Nacht bedeutete für sie einen verlorenen Arbeitstag. DaS durfte eigentlich nicht sein. Sie hätte früher geben, sich unbemerkt mit den Anderen fortstehlen sollen. Das war versäumt und jetzt zu spät, um sich allein auf den Weg zu machen. Und Philipp hatte recht. eS ging in einem hin. Es wurde schäumendes Bier gereicht, und die Herren setzten ihre Cigaretten in Brand. Nicht im Salon, sondern in PH'livp'S Arbeitszimmer, wo nur seine Studierlampe gedämpfter Licht verbreitete, und wo man gemüthlich nahe zusammenrückte. Ger» trud schob sich den lederüberzogenen Schreibsefsel in eine dämmrige Ecke. Hans bevorzugt« einen geschnitzten Lutherstuhl. Wally irrlichterirte mit ihrem hinkenden Fuß Yin und her und zerfaserte die Triumphe des Abends. Alle hatten versichert, es wäre himmlisch gewesen, und diesmal hätten sie gewiß nicht ge logen, man hatte ihnen ja am Gesicht absehcn können, wie köst lich sie sich unterhielten. Und die Aufnahme war doch gewiß alles Lobes werth. Oder hätte Philipp etwas daran auszusetzen? — Frau Lüdeke war ganz schlwermüthig geworden und hatte geklagt, daß ihr Wildprethändler sie nichtswürdig behandle. Freilich, ohne den Gcheiwrath — da hätte Wally für nichts stehen mögen. Mit seinem reizenden, gereimten Trinkspruch auf die Hausfrau war er so recht eigentlich ihr Retter aus höchster Noch geworden, denn in Folge des dummen, politischen Zankes war die Unterhaltung eben ganz ins Stocken gerochen; ihr selber hatte die Todesangst die Kehle zugeschnllrt, so daß sie keines Wortes mächtig gewesen, und Philipp hatte dagesessen wie di« liebe Unschuld und nichts gemerkt. Ja, dem Geheimrach werde sie noch auf dem Sterbebett danken, daß er diese Katastrophe nur so einziger Geistesgegenwart und solch' liebenswürdigem Takte abgswendet. Und dann hatte es keine Pause und keine Dissonanz mehr gegeben, denn er hatte das Wort geführt. Wvs der Mann nicht Alles gesehen uno erlebt hatte? Wen er nicht Alles kannte! Die reizendstem, pikantesten Gefchichtchen auS den Hofkreisen und der Theaterwelt hatte er zum Besten gegeben, mit Schriftstellern und Künstlern stand er aus Du und Du. Ueberall war er dabei gewesen — oder wenigstens in der Nähe —, wo etwas JnteressvnteS oder Wichtiges sich abgespielt hatte. Er brauchte blos aufs Gerathewohl in den Schatz seiner Erinnerungen -u greifen. Man hätte ihm bis zum Morgen lauschen mögen! Die Frauen gewiß, die Männer hatten sich vielleicht nach ihrem Scat gesehnt. Lüdeke und Spielberg waren jedenfalls böse, daß Phikipp sie hatte gehen lassen. Mochten sie! Auf Gertrud hatte das Bild der lleinen Tafelrunde einen tiekeren Eindruck hinterlassen, als die Geschichten des Geheim raths. Sie sah sein glattrasirtes, blasser Gesicht mit den feinen Fältchen, seine weiße Atlascravatre und die beiden Miniatur orden im Knopfloch seines Fracks. Sie sah seine klugen, hell blauen Augen hinter den goldgefaßten Gläsern seines Klemmers freundlich, selbstzufrieden in die Runde gehen und immer voll Zärtlichkeit auf dem schönen Antlitz seiner jungen Gattin weilen. Auf den Gesichtern der Damen athemlose Spannung, auf denen der Herren achtungsvolle, gemüthlich dröselnde Theilnabme. Dera, im Stuhl zuriickgelehnt, mechanisch mit ihrem Fächer spiekend, und HanS Eickstedt mit gefalteten Brauen und hoch- müthiger Miene nach irgend einem imaginären Punrt jenseits die Meldung, daß Maclachlan und Robins am Weihitacht-tag« in Harrismitb (Oranje-Freistaat) erschossen worden seien, weil sie nicht Kriegsdienst thun wollten. Eine Dame, die sich jetzt in Pietermaritzburg befindet, sah Maclachlan noch am 15. Januar, daS heißt drei Wochen nach dieser angeblichen Erschießung wohl und munter. " London, 11. Februar. General Sir William Butler, der unmittelbar vor dem Auöbruche des Krieges vom Counnando in der Capcolouie abberufen wurde, weil er sich über wichtige politische Fragen nicht mit Milner verständigen konnte, gedenkt gegen ein Mitglied des Oberhauses, das ihn wegen seiner notorischen Boerenfrrundlichkeit einen „Hochverräther" genannt batte, die VerleumdungSklage »Inzuleiten und er hat bereits die Genehmigung seiner Vorgesetzten zur Erhebung der Klage nach gesucht und erhalten. ' NewUork, 11. Februar. Mc. Kinley ist wegen des gestrigen Beschlusses deö Senats, demzufolge die Union ihre freundschaftlichen Dienste zur Beendigung des Boerenkriegrs anbieten solle, sehr be unruhigt. (Frkk. Ztg.) * Brüssel, 10. Februar. Aus Kreisen der hiesigen Transvaal- Gesellschaft ist keinerlei Meinungsäußerung über die Berathung Kaiser Wilhelm's mit dem englischen Botschafter Las celles gedrungen, doch wird hier allgemein geglaubt, daß der Kaiser im Sinne des Friedensschlusses seinen Rath rrtheilte.— Die Erörterung der Enthüllungen der „Jndöpendancr belge" gegen Chamberlain wird im englischen Nnterhause am 20. d. M. stattfinden. (Magdeb. Ztg.) " London, 11. Februar. Zwei flott aussehende Leute von 25 bezw. 30 Jahren, die sich zur englischen „Peomanry" für Süd-Afrika anwerbrn ließen und in die Compagnie Lord Alwyne Complon's eingereiht worden waren, wurden am Mittwoch an Bord des Transportjchifses „Kent" verhaftet, als es in Gravesend anhielt, um den Flußlootsen landen zu lassen. Das JntelligeuzLepartement hatte nach Abfahrt des Schiffes Auskünfte über die Beiden erhalten, die zugestandenermaßen sich bereits in Süd-Asrika ousgehalten hatten und ließ sie in allerletzter Stunde verhaften. Man scheint zu glauben, daß es Spione (?) im Dienste der Boeren sind. ist der Mell beträchtliche deutsche St die „Genos iiisch en Ai blättern ui beschlossen, Versuche z, Arbeiter ar riese social! bei größere - Auck Tage» bei gesprochen rort mit d chifsrirte gerichtet n Person b sich in en Combinatu — In sekretärs Vlenarsitzu Anzeiger", rie land und für vi den züstäii' über den Vesetzun sotpie über dielten du Zoll- und vereinigten Handel uv - In zum Mi geordneter mit den 8 . — Dc Ceritrninö nach der, worben si andere Fi gewesen,, s müssen. ! der Abg. drücklich worden is - D« Tbeil sein sammlunz worden, Vorlage stört zu j trotz aller in der Pi nachgesag ttcise ges äußern w - D für die " - D Verbots ist nach c plattes" kanntmaö der Jagd wenn in Lehrers « - D- Abend eii Hohenlk von Bü — Ge liier ringe Graf Ei zurückgeke in Tokio gekommen - Ar Eisenbahn Verein d Gluckwun Deputat« I,. 8 Dispositi Donners für den nommen Ossicierc bezrüßer Fahnen Straßen Holstenb Guirlan irischen liche öff minatioi Hafen p einandei * B m ahlzi über di Folgend „Die gehabt, werden. Gefühl Aufgabe Arbeit, , Las wir muß. 8 die gan geben w wir alle auf eine Märty dem wir von dri damit g auch wc der in d Lurchdri Professe noch sül und seh neben e Beifall) deutsche baren l sind. Marine die wir Handel, Handel brechen und g. der Wand hinstarrend, ohne das geringste Anzeichen, daß seine Umgebung überhaupt für ihn vorhanden sei. Philipp Henning, der es sich in der Sophaecke bequem gemacht hatte, nickte vor sich hm: „Courage hat der Mann, meinst Du nicht, Hans?" ,Mas? Was? Welcher Mann?" fuhr Wally dazwischen. Philipp faßte sie am Aermel und zog sie neben sich aus oas Sopha nieder: „Laß nun auch mal 'n andern Menschen zu Wort kommen, Strubbelkopf!" ,,D«n Geheimrath meist Du? Wo hat er denn eigentlich die schöne Vera her, Philipp?" Dieser zuckte die Achseln. „Er hat ihre Mutter gekannt, und die Wormüwder wandten sich an ihn, als sie nach Deutschland ge schickt werben sollte. Er -hat das Institut in Dresden ausge wählt, wo sie erzogen wurde, und dort nach ihr gesehen — er oder seine erste Frau — sie auf Reisen mitgenommen — schließ lich sie nach Petersburg begleitet —" „Nun ja, das begreift sich. Ueber ihre VermögensverbäOnisse wird er sich ja bei Gelegenheit orientirt haben. Wie hat sie Dir gefallen, Hans?" Hans blickte mit räthselhafter Miene auf seine Cigarette nieder. „Hm — schwer zu beantworten, Tante Wally. Schönheit ersten Ranges, ohne Zweifel." „Eine gefährliche Schönheit!" erklärte Philipp «nd strich seinen dunklen Bart. „Einen Mann verrückt zu machen, zum Verbrecher zu machen!" stieß HanS halblaut hervor. „Just so", bestätigte der Aeltere. „Hört doch die Männer", rief Wally empört und erhob die ge hallte Faust. „Schämst Du Dich nicht. Du Pascha von drei Roßschweifen? — Gefährlich! Für dich etwa? Und der Jüngling da redet solch' unmoralisches Zeug, noch daza m Gegenwart eine» un schuldigen jungen Mädchens!" „Gertrud muß erfahren, wie schlecht die Männer sind; sia» wird sie vor Enttäuschungen auf ihrem künftigen Lebenswege bewahren. Na, Hans, was ist loS?" „Fräulein Gertrud will nach Hause", fagke Eickstedt aufstehend. ^Hat mit keinem Ton angedeutet —" „Ich sehe eS ihr an." ,-Halt, mein Sohn!" rief Frau Wally, in die Höhe schnellend, und fuhr mit allen zehn Fingern in daS krause Rothhaar. „Da von wird nichts. Jetzt werden wir erst ein Wörtchen mir einander reden, verstanden?" (Fortsetzung folgt.) Deutsches Reich. U Berlin, N. Februar. (Ausführung von Ge» werbeordnungSnovcllen.) Der BundeSrath wird sich in naher Zeit niit der Berathung von zwei Verordnungen zu befassen haben, welche sich «ns die Ausführung von Ge- wcrbeordnungSnovellen beziehen. Einmal wirb eS sich um eine kaiserliche Verordnung handeln, welche den Nest deS Hand- werksorganisationSgesctzeS vom Jahre 1897 in Geltung bringen soll. Bekanntlich sollten am 1.April L.J. die Handwerks kammern in Thätigkeit treten. Damit die- möglich wird, ist es aber nöthig, den auf sie bezüglichen Abschnitt deS Hand- werksorganisationS-GesetzeS in Kraft zu setzen. Gleichzeitig sollen übrigens auch die Bestimmungen über den Meister titel und die allgemeinen Vorschriften über die Lehrlings verhältnisse zur Einführung kommen. Die zweite Verord- nungwirb sich aufdieNovclle vomJahre1891 beziehen. Jndieser ist bestimmt, daß die Vorschriften über Arbeiterschutz und über die gewerbliche Aussicht auch auf die Werkstätten mit Motoren b etrieb ausgedehnt werde» svllen. In der in Aussicht stehenden Verordnung wird eS sich um die Aus führung dieser Bestimmung handeln, in der übrigens auch dem Bundesrathe das Recht Vorbehalten ist, für ge wisse Arten von Betrieben Ausnahmen von bestimmten Vorschriften nachzulassen. Mit dieser Verordnung wird wieder ein Schritt auf der Bahn dcö ArbeilerschutzeS gethan werden. 6. 8. Berti», 1l. Februar. (Ausländische Arbeiter und die Socialdemokratie.) Die socialvemokratische Generalcommission ist mit dem Erfolge der Versuche, die in Deutschland arbeitenden Italiener zum Anschluß an die Socialdemvkratie zu gewinnen, außerordentlich zufrieden. Don Taz zu Tag hebt sich nach ihrer Versicherung die Verbreitung des in italienischer Sprache geschriebenen AgitationSblatles „Operaio Jtaliano; die Zahl der Italiener, die sich direct den deutschen Gewerkschaften angeschloffen haben, soll bereit- eine beträcht liche sein. Der Centralverband der Maurer soll ebenso rührig wie erfolgreich auf dem Jtalienersang gewesen und besonders ihm soll es zu verdanken sein,daß derAbonnentenstand deS„Operaio Jialiano" beim Uebergang vom zweiten zum brmen Jahrgang um daS Dreifache gestiegen. Auch Steinarbeiter, Stuckateure, Bild hauer und merkwürdiger Weise Bergleute (in Göttingen) Haden nach den vorliegenden Berichten für daS Blatt in letzter Zeit Erfolge erzielt. Man halte anfangs durch Agitation von Italien aus auf die nach Deutsctnand aus wandernden Arbeiter einzuwirken gesucht und Genosse Hüber, Generalsekretär der ösle»reichiichen Gcwerkschaflen,war zu diesem Zwecke auf Veranlassung der deutschen Generalcommission in norbiialienischen Städten thätig gewesen; aber seine Arbeit war fruchtlos, bis man sich in Hamburg znr Herausgabe eine- italienischen AgitationSblatles entschloß. Die Generalcommission
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