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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010330019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901033001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901033001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
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MxMrIllgMM Anzeigen.Prei- die 6gespaltene Petitzeile 25 Neclamen unter dem RedacnonSstrrch (»gespalten) 7b H, vor den Familiennnch- richten (»gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit -er Morgen-Ausgabe, ohne Postbesürderung .ck 60.—, mit Postbesürderung 70.—. Annahmeschluk für Anzeigen: Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes «nd Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Abend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stet» an die Expedition zu richte«. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geössnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. Sonnabend den 30. März 1901. 95. Jahrgang. IN Ranftsche Gasse 6 Herr k'rieär. Ziselier, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. knxeimrmn, Colonialwaarenhandlung, Schützenstraße 5 Herr «lul. öeliümli Iren, Colonialwaarenhandlung, Westplaö 3Ä Herr N. Dlttriok, Cigarrenhandlung, Aorkstra^e 32 (Ecke Berliner Straße- Herr t. >V. Llotr, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Strafe 35 Herr V. küuter, Cigarrenhandlung, Plagwitz Herr 6r. OriLtLiuann, Zschochersche Straße 7», Reudnitz Herr IV. kuxmanu, Marschallstraße 1, - Herr 0. 8elimi«tt, Kohlgartenstraße 67, - Herr Lernll. IVeder, Mützengeschäft, Gabelsbergerstraße 11» Thonberg Herr L. Nilutsol», Reitzenhainer Straße 58, Bolkmarsdors Herr tteorx Alemann, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.), Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das H. Vierteljahr 1901 baldgefälligst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 LV mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen S LV durch die Poft bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 8 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannisgasse 8, die Filialen: Katharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstrahe 3, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr L. 0. Kittel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr Dsteoä. ?eter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 0. v. 8elinlrert'8 Xnolilolxer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Vito Llnutsolikv,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Lilunrü Üetrer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. L. AUrreellt, Colonialwaarenhandlung, in Älnger-Grottendorf Herr L. k^rleüvl, Cigarrenhdlg., Zweinaundorfer Straße 6, - Connewitz Frau ti8vner, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Rodert Altner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Rodert Altuer, Buchhandlung, Lindenthaler Straße S, - Lindeuau Herr Aldert 1.1uüner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, . Neustadt Herr Raul Lnek, Annoneen-Rxpedltlon, Eisenbabnstraße 1, in Oetzsch-Gautzsch Herr Rlodard ^en8tMt, Buchhandlung in Oetzsch. DerinnerpolMsche Einfluß -esReichskanzlers und die Reichstagödiaten. Während die Commission deS Reichstages, wie nicht ander» zu erwarten war, den Antrag auf Gewährung von Tage geldern und freier Eisenbahnfahrt für Vie Reichstagsabgeordneten angenommen hat, soll die Annahme des Antrages durch den Bundesrath wieder höchst zweifelhaft geworden sein, weil der Kaiser ein Gegner des Antrags sein, bezw. seine Zustimmung von „Compensationen" abhängig machen soll. Ergrimmt über diesen angeblichen Widerstand der höchsten Stelle, schreibt die „Freisinnige Ztq.": „Der ganze Verlauf der Sach« bestätigt uns nur, daß Graf Bülow noch weniger Einfluß besitzt nach oben hin, als irgend einer seiner Vorgänger." Betrachtet man die innerpolitischen Vorgänge seit dem Amts antritte des neuen Kanzlers, so wird man freilich zugeben müssen, daß ein starker Einfluß deS Grafen Bülow in Thaten noch nicht bemerkbar geworden ist. Der neue Reichskanzler trat seine Stellung mit einem gewissen autokratischen Selbstgefühl an, daS als Gegensatz zu der völligen Passivität seines Vorgängers selbst die Gegner jedes autokratischen System» sympathisch berührte. So war alle Welt erfreut, als Graf Bülow die 12 OOO-cSk-Affäre frank und frei als einen Mißgriff erklärte, dessen Wiederholung er Vorbeugen würde. Damit stimmt« es dann freilich nicht ganz überein, daß kurz darauf Graf Posadowsky erklärte, er halte die Angelegenheit für eine Frg^_ der Opportunität; was man für opportun hält, kann man ja in künftigen Fällen wiederholen. Auch in der preußischen Verwaltung de» Jnnnerrn hat «» nicht an mancherlei Mißgriffen gefehlt, die im Mgeordnetenhause zum Gegenstände berechtigter Erörterungen gemacht wurden, ohne daß der neue Ministerpräsident irgendwie herdorgetreten wäre uns dem Lande Klarheit über seine Auffassungen verschafft hätte. In der in nationaler Hinsicht so wichtigen Polen frage hat die von jedem objektiven Beurtheiler als «ine Nachgiebigkeit em pfunden« Einrichtung von U«brrs«tzungsstellen durch den Staatssekretär des ReichSpostamt» Verstimmung erzeugt. Auch bei dieser Gelegenheit betont« die „Nordd. Allg. Zig." aus Anlaß mannigfacher Angriffe in einem officiösen CommumguS, daß Graf Bülow in dieser Frage entscheide und daß er die Polen unter Umständen seine harte Hand fühlen lassen würde; er folgt ist seitdem nichts. Was endlich die beiden wichtigsten Fragen anbelangt, dir Canalfrag« und die Zollfrage, so weiß man nicht recht: schiebt Gras Bülow, oder wird «r geschoben? Daß die sehr wortreiche, aber nicht energische Thätigkeit der Re- gierungsvertreter in der Canalcommission nicht den Eindruck macht, al» ob die Regierung im Fall« der abermaligen Ab lehnung der Canalvorlagr sich zu einer energischeren Action auf raffen würde, als vor zwei Jahren, darf man wohl sagen. Läßt sich also die Auffassung der „Freis. Ztg.", 'oaß Graf Bülow auf die innere Politik weniger Einfluß auSübe. als einer seiner Vorgänger, zur Zeit auch nicht widerlegen, so erfordert doch die Gerechtigkeit, an einig« Thatsachen zu erinnern, die e» dem jetzigen Leiter der Reichs- unk der preußischen Politik wesentlich erschweren, seinem Willen Geltung zu verschaffen. In England, in Frankreich und noch mehr in den Ver einigten Staaten ist es beim Antritt eine» neuen Mi nisterpräsidenten anders als bei unk Dort werden gleichzeitig alle wichtigeren Aemter neu besetzt, und so kann der neue Besen gut fegen, weil alle die Reiser, aus denen er zusammengesetzt ist. nach einem Strich« gehen. Im Reiche und in Preußen muß sich der Reichskanzler bezw. der Ministerpräsi dent mit den alten Mitarbeitern «inrichkeir und kann Harum nicht so ohne Weitere» seinen Willen durchsetzen. Darum können sich wesentliche Veränderungen binnen so kurzer Frist kaum zeigen. Abgesehen davon aber übt in jenen Ländern daS Staatsoberhaupt einen ungleich geringeren Einfluß aus, al» in Deutschland und in Preußen. Go ist auch in der Frag« der R e i ch S t ag S d i L t e n der Wille de» Kaisers schließlich entscheidend, denn gegen di» von ihm als König von Preußen dirigirten preußischen Stimmen im Bundetrath« kann der rin« Verfassungsänderung enthaltend« Antrag nicht durchgesetzt werden. Kann und soll aber gerade wegen dieser Forderung der Reichskanzler die CabinetSfrag« stellen? So wichtig die Durchbringung de» Antrags auch für chn ist — denn ein durch die Bewilligung von Tagegeldern be förderte» prompte» Arbeiten de» Parlament» ist auch für di« Regierung von Ledeutuna —, so handelt es sich hier doch sicherlich in erster Reihe um eine Angelegenheit deS Reichstage« selbst. Und deshalb kann uckd muß der Reichskanzler hier zum Reichrtag» sagen: Tu» re« »kfftur, also steh Du zu, liste Du durch Energie erzwingst, waS Du haben willst, und mache mir keine Vor würfe, daß i ch es nicht erzwingen kann und will. Ueberhaupt sei bei dieser Gelegenheit einmal gesagt, daß der Reichstag, statt dem Kanzler Vorwürfe zu machen, weil er nicht Einfluß genug nach oben habe, erst einmal dafür sorgen sollte, selbst durch Mannhaftigkeit sein eigenes Ansehen zu stärken. Ein Respect genießender Reichstag wird den Einfluß des Reichskanzlers wesentlich stärken könnrn. Denn wenn der Reichskanzler die Wünsche d«S Reichstage» der höchsten Persönlichkeit im Sioat- zu: Annahme empfiehlt, so wird der Erfolg am sichersten dum/ eintreten, wenn die höchste Persönlichkeit den Eindruck hat, daß diese Wünsche von einem großen Theile der Volksvertreter und ihrer Wähler ausgehen. Wenn also der Anspruch auf Tagegelder an der Abneigung xs Trägers der Krone scheitert, so wird man, wie die Dinge fegen, dem Reichskanzler keinen Vorwurf daraus machen dürfen. Nur Eins wird man ihm rathen müssen: sich nicht dazu herzu geben, dem Reichstage mit „Compensationen" zu kommen. Auf welchem Gebiet« diese Compensationen voraussichtlich liegen wür den, ergiebt sich aus dem eigenthümlichrn Zusammentreffen, daß zur selben Zeit, in der von dem Wunsche des Kaiser» nach der artigen Compensationen verlautet, die „Kreuzzeitung" sich in heftigen Ausfällen gegen da» allgemein« Reichstags timmrecht ergeht. So wenig wir sonst mit der „Freis. Ztg." übereinstimmen, so müssen wir ihr zugeben, daß es ein caudinischrs Joch für den Reichstag bedeuten würde, w«nn man von ihm verlangte, für seine persönlichen Interessen — denn darum bandelt es sich ja bei den Tagegeldern — politische Rechte xs Volkes preiszugeben. Ein« derartige Vorlage würde im Reichstage mit gewaltiger Mehrheit abgelehnt werden und der Effect wäre nur eine ungeheure Verbitterung der diese Mehrheit bildenden Abgeordneten gegen den Reichskanzler, der eine derartige Vorlage rinbringcn und befürworten würde. Wir wiederholen deshalb, daß im Falle der Ablehnung der Forderung der großen Mehrheit des Reichstages durch den Kaiser, »lia-, durch die ircutzischcn Stimmen im Bundesrathe, der Reichskanzler seiner seits nichts And-reS thun kann, alS die Sache fallen zu lassen. Herr Lopsch als Wanderlehrer an der Pleiße. Man schreibt un» au» Berlin: „Die „Boss. Ztg." hat dem B«rlin«r Freisinn, der bekanntlich auch da» Oberhaupt de» Freisinn» im ganzen Reiche bildet, einen schlechten Dienst erwiesen, indem sie in einem Bericht über die kürzlich in Leipzig vom dortigen Verein der Freisinnigen Bolkspartei ver anstalte „öffentliche Versammlung" erwähnte, der Herr Rector Kopsch au» Berlin habe beklagt, daß der Vertreter der Stadt Leipzig im Reichstage „die Interessen der Stadt nicht gebörig wabrnrhme". Dieser Vorwurf, einem auswärtigen Reichstagsabgeordneten von einem in Berlin und »war al» Beamter der Stadtgemeinde lebenden Mitglieds de» preußischen Abgeordnetinbause« ge macht, geht selbst den Getreuesten und Geduldigsten „über die Hutschnur". Ist e» doch «ine ständige Klage de« Ber liner Publicum«, daß die freisinnigen Vertreter der Stadt im Abgeordnetenbause grwohnlich abwesend sind oder e« doch an dem „Gehörigen" fehlen lassen oder schweigen, wenn e» Interessen der Stadt Berlin wahrzunebmen gilt. Und dabei ist «S hier eine legitime Vertretung localer Interessen, die vermißt wird, «ine Vertretung, die vereinbar ist mit der verfassungsmäßigen Vorschrift, daß der Abgeordnete sich al« Vertreter des ganzen Volkes betrachtet habe, während rin Reich«tag«abgeordaetrr, der die Getreidezöllr al« notdwendig für vaS Gesammtwohl erachtet, die übernommene Pflicht verletzen würde, wenn er, nur weil «r einen nichtländlichen Wahlkreis vertritt, grgen solche Zölle stimme« würde. Die letztere Rücksicht verurfacht allerdings dem Berliner Fortschritts philister keine Kopfschmerzen, aber er ärger» sich, baß von der Seite der gewohnheitsmäßigen Vernachlässig«! berechtigter Berliner Interessen im Adgeordnetenhause einem fremden Abgeordneten der Text wegen angeblicher lvealer Un zulänglichkeit gemacht wird. Der klügere Herr Richter da» dir« vorauSgesehen und in dem Bericht« seiner Zeitung über die große Leipziger Veranstaltung den Tadel „ungehöriger" Wadrnrdmung Leipziger Intrressru durch den ReickS- tag-abgevrdneten l)r. Hasse wohlweislich unterdrückt, wie er auch, zum Unterschied« von der „Voss Ztg.", von der Frequenz der „öffentlichen Versammlung" nicht« sagt. Der richtige „reichshauptstävtische" Freisinnige eriunert sich zwar grgrn- über HeereSvorlagen niemals, daß Deutschland zwischen drei Großstaaten, worunter Frankreich, eingekeilt ist; er weiß auch nichts von dem Umfange der deutschen Landwirthschast und der Rolle, die sie als Abnehmerin der deutschen Industrie spielt; aber so viel versteht er von Geographie und Statistik doch, um ermessen zu können, daß in einer so großen Handels- und Industriestadt wie Leipzig eine „öffentliche" Versammlung von 100 Mann nicht gerade „imposant" und da» Gewicht der von ihr beschlossenen „Resolution" und zwei „Petitionen" nicht eben nieverziekend genannt werden kann. Man empfindet vielmehr, daß Herr Kopsch al» Wanderlehrer an der Pleiße nickt den Eindruck eines ernsthaft zu nehmende« Politiker» hinterlassen hat. Darüber wundert man sich freilich nicht, denn auch hier ist der Herr Rector selbst für die Partei- genossen kein Gegenstand der Bewunderung und man dort auf daS Verbaltniß zwischen ihm und Eugen Richter gerade von politisch befreundeter Seite das Wort anwenden, da« ein boSbafler Poet eine« vor sieben Iabren gedichteten Dialog» der Herren Richter und Rickert den Gewaltigen zu dem damals noch als FractionSgenvsse Geduldeten sagen ließ: Ich kann dick brauchen, weil du nichts verstehst Und über Alles doch zu reden weißt. Die Lcction über da», was zu der „gehörigen" Ver tretung einer Stadt gehört, ist also Herrn Kopsch hier und im eigenen Lager ertbcill worden. Jene Behauptung, daß nu^ die „Junker" oder im Ganzen 25 000 Landwinde an Ge treidezöllen interessirt seien, erkält soeben eine Zurechtweisung von dem — Socialdemokraten Kautzky. Dieser Schriftsteller bezeichnet, wie schon mitgrtheilt, 300 000 Betriebe alS an den Agrarzöllen interessirt und er fügt hinzu, diese Minderheit umfasse beinahe die g e s a m m t e deutsche Landwirthschast, denn die ihr gegenüberstehende Mehrheit bestehe „auS Zwergwirtbsckaften, die für die Lebensmittelversorgung deS Volkes nicht in Be tracht kommen." Herrn Kautzky „fällt c» auch gar nicht ein, die Nothlage der Landwirthschast zu leugnen". Gelreidezölle bekämpft er nur deSbalb, weil «r sich von ihnen nur einen sehr vorübergehenden Nutzen für die Landwirthschast verspricht. Die Notbwendigkeit eines staatlichen Eingriffes erkennt er aber so rückhaltlos an, Laß er nicht« dagegen zu haben erklärt, „wenn jährlich 500 Millionen Mark vom Staate zur Hebung der Landwirthschast auSgegebcn würden". Wir tbeilen jene« Uriheil über die Wirkung der Gelreidezölle nicht und halten diesen Gedanken für ganz undurchführbar — wie sollte, von Anderem abgesehen, das Geld beschafft werden? —, aber was der mit dem Agrar wesen vertraute Socialdemokrat sagt, klingt denn dock ganz ander«, al« die Hetzreden über Brodwucker und junkerliche Anmaßung, die der Berliner Herr Schnlrector in Leipzig nachbetrn zu sollen geglaubt hat." Die Wirre» in China. Der engltsche Ansirnmtniftrr Lord Lansdowne schloß seine gestrige Oberbauöred«: „Wir hätten die dieMandschurei betreffenden Vereinbarungen zwischen Rußland und China durchaus nicht in miß billigendem Sinne zu kritisiren, wenn solch« Verabredungen auf einen mockus vlvvucki binauSlaufrn. Andererseit« würde, wenn die zu unserer Kenntnift gekommenen Versionen über da« Abkommen richtig sind, daS Abkommen Bestimmungen zu entbaltrn scheinen, die sich nicht auf di« Mandschurei be schränken und nicht provisorischer Art sind, und von Lenen einige anscheinend unsere VertragSrrchte beein trächtigen. E« ist darauf hingewirsrn worden, diese Versionen könnten von rin nuv vemselben ehrgeizigen Localbramten loSgelassene Versuchsballons oder Erfindungen Übel gesinnter Personen sein, die Uneinigkeit zwischen den Mächten säen wollen. An diesen Andeutungen könnte etwa« sein, und nicht« würde d«r Regierung größere« Vergnügen bereiten, al« zur Enthüllung solcher unwürdiger Kunstgriffe bei- tragen zu können. Wenn Rußland durch Kenntaißgabe de« wirklichen Wortlauts de«. Abkommen» die Regirrung nur in den Stand setzen wollte, den falschen Auffassungen ei» Ende zu bereiten, so würde die Regierung sich freuen, mit Rußland gemeinsam auf diese» Ziel hiuzuwirkcu. Was solcher Hoff nung aber entgegensteht, ist da« Geheim« iß, in welche« die Verhandlungen gehüllt sind. Nenn da« Slbkvmmrn Len vom Grafen LamSdorff unserem Botschafter in Petersburg gegebenen Erklärungen entspräche, würden wir sicherlich keine Einwendungen gegen dasselbe erbeben. Tie Regierung würde erfreut sein, wenn sie fände, daß kein Grund zu Be fürchtungen vorhanden ist; bis die Ungewißheit aber beseitigt ist, muß die Regierung an der der chinesischen Regierung bereit« zum Ausdruck gebrachten Ansicht festbalten, daß e« nicht wünschenSwerth ist. Laß China, wenn es mit der Gesammtheit der Mächte verhandelt, gleichzeitig sich auf besonder« Abkommen einläßt, welche finanzielle und territoriale Abmachungen mit einzelnen Mächten einschließen. DaS ist die von der englischen Regierung zur Anwendung gebrockte Sprache, und ich freue mich, sagen zu können, daß sie auch genau so von der deutschen Regierung an gewandt worden ist. Die deutsche Regierung hat der chinesischen empfohlen, alle ihre Vorschläge der diplomatischen Conferenz in Peking zu unterbreiten, und der Rath der eng lischen Regierung war in genau demselben Geiste abgefaßt. Tie Negierung erkennt voll die in China ihr gegenüber- stehenden Schwierigkeiten und will alle Bemühungen an wenden, die Verhandlungen zu Ende zu bringen und der sicherlich mit Verlegenheiten, wenn nickt mit Gefahren für alle Betbeiligten angesiillten Lage ein Ende zu bereiten." * London, 29. März. (Telegramm.) LanStowne'S Erklärungen werden von den „Times" und anderen der Regierung nahestehenden Blättern beifällig besprochen. Weniger optimistisch äußert sich die „Morning Post", die sagt, wenn Rußland nickt die Mandschurei und die Mongolei haben soll, muß Jemand, der stärker alS Rußland ist, Hände weg! rufen. Das ist daS erste und letzte Wort der Lage im fernen Osten und in Europa. Lord LanSkowne's Rede mache es ganz klar, daß die britische Regierung keinen Finger in der Sache rühren werde. „Daily Mait" dringt aus entschlossenes Vorgehen Englands in Gemeinschaft mit den Machten, deren Intcrrsscn in China identisch mit denen Englands sind. Wenn England sich fortgesetzt passiv verhalte, werde die Tbeilung deS übrigen Chinas folgen, aus der England mit leeren Händen bervorgeben dürfte. (Voss. Ztg.) Officiöse russische Erklärung. * AuS Petersburg erhält die „Polit. Corresp." folgende „von competenter Stelle inspirirte" Miltheilung: Die vom brutscht» Reichskanzler Grasen Bülow kürzlich im deutschen Reichstag« abgegebenen Erklärungen über das Mandschurei - Uebercinkommeii haben in den maßgebenden russischen Kreisen den besten Eindruck hervorgerufen. Man erkennt insbesondere an, daß der Staatsmann, in dessen Händen jetzt die Leitung der deutschen Politik ruht, die Frage von einem höheren Gesichl-punct aufgrsaßt und große Klugheit an den Tag gelegt hat. Außer der Thätigkeit, die Rußland al» »in Glied in der Gemeinsamkeit der Mächte in der chinesischen Angelegenheit auSübt, versolgt eS kein anderes Ziel, al« den Bau und den Betrieb der mandschurischen Eisenbahn zu sichern, die übrigens dazu bestimmt ist, drm allgemeinen Besten zu dienen. Nachdem durch daS vor drei Jahren getroffene englich-russische Neberrinkommen, durch welches die Interessensphären Englands und Rußlands in Begehung auf di« Eisenbahnen in China festgestellt wurden, dieMandschureialSzurJnteressensphSreRuß- landS gehörend anerkannt worden ist, ist die russische Regierung auch berechtigt, über diese Rußland besonders betreffende Frage mit der chinesischen Regierung zu verhandeln. Es ist aber durchaus nicht die Absicht Rußlands, in irgend welcher Form «la politisches Protektorat in der Mandschurei «inzuricht«», und der beste Beweis hirrsür ist, daß Rußland selbst bemüht ist, dir Frist abzukürzen, innerhalb welcher die russischen Truppen zurück gezogen werden sollen. Es kann dieö nur staffrlweisr ge« schehea, nach Maßgabe de« Fortschritte« im Bau der Eisen bahn und j« nach der Gewähr, die Shiaa bietet, daß keine vrnen Störungen sich in der Mand'churet ereignen. Auf dieser Grnndlage bewege» sich auch di« Verhandlungen, die zwischen der russischen und der chinesischen Regierung ge pflogen werden und die ausschließlich di« obbezeichnrten Goroatien, sowie die Art der Trupprnzurückziehung au« der Mandschurei zum Gegenstände haben. Weder dir Mongolei, noch andere chinesisch« Provinzen stehcn iu Frage, aber von dem Augenblicke a», in welchem die chinesische Lstdahngesellschaft unter russisch*«,
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