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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010330028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901033002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901033002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-03
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Ter Kleinkrieg nimmt auf dem ganzen Kriegsschauplatz seinen ungestörten Fortgang, und wenn die englischen Berichte immer noch den Sieg de» General Babington über De laRey nach allen Richtungen ausschlachten und ihn t'uuts äs mioux zu einer der glorreichsten britischen Waffenthaten des ganzen Krieges aufbauschcn, so beweist das eben, wie schreiend bereits da- Bedürfniß nach schmetternder Janitscharenmusik in dem trübseligen KriegSconcert auf englischer Seite geworden ist. Dazu kommt noch, baß der „Sieg" den Engländern anscheinend theuer zu sieben gekommen ist. Wir erhalten folgende Meldung: * Johannesburg, 28. März. (Meldung des „Reuter'schen Bureau»".) Die Imperial Light Horses haben in dein am 22. März stattgehabten Gefechte mit De la Reh bei Harte» beestfontein schwer gelitten. Die Boercn, welche gleichfalls große Verluste hatten, zogen sich beim Eintreffen der englischen Verstärkungen zurück. Die englischen Verluste waren: 2 Osficiere und 5 Mann todt, 3 Osficiere und 13 Mann verwundet. Hartebeestfontein liegt südöstlich von VentcrSdorp. Das war die OrtSbezeicbnung, wo De la Ney so vernichtend geschlagen worden sein sollte. Der Kampf bei Hartebeestfontein wurde an« 24., Babington'S „Sieg" unterm 25. gemeldet, ohne daß angegeben wurde, an welchem Tage er errungen worden. Man geht wobl mit der Annahme nicht fehl, daß De la Reh nnd Babington den Zusammenstoß bei Hartebeestfontein gehabt haben. Dann war aber die Angabe Kitchener'S resp. die Eorrectur deS KrieaSamteS, „unser Verlust ist gering" — ge flunkert ui>d die Angabe von der wilden Flucht der Boeren höchst übertrieben. Fast bei allen englischen Siegen pflegt ja der hinkende Bote hintennach zu kommen. In gleicher Weise wie BabingtonS kleiner Erfolg muß seit 14 Tagen der Raub- und Plünderungszug herhalten, welchen der General French im östlichen Transvaal aus geführt hat, und immer aufs Neue werden, wie beute einmal wieder durch Reuter, die ungezählten Schafe, Kühe und Pferde (es sollen bis zur Stunde schon im Ganzen über 226,000 Stück Bich resp. Vierfüßler geworden sein) aufgezählt, die von den French'schen Truppen mit vieler Noth und Mühe nach Middelburg und Pretoria getrieben werden, und zum Theil auch schon in Vryheid ein getroffen sind. Das Köstlichste hierbei ist, daß natürlich ganze Compagnien und Schwadronen, die anderweitig besser ver wendet werden könnten theils als Vichtreiber und theils als seitliche Bedeckungen für diese riesigen Herden angestellt werden müssen, weil, wie eine Privatmeldung wahr haben will, die Boeren diese englischen ViektranSportcolonnen auf dem Marsche noch fortwähreud belästigen und ihnen noch manchen fetten Hammel, noch manches Noß und Rind wieder fortuehmen. * Capstadt, 28. März. (Meldung des „Reuter'schen VurcauS".) Der Oraujrfluß hat wieder Hochwasser. Ein Boeren» Commaodo bat sich in den Zuurbergen festgesetzt. * Landon, 30. März. (Telegramm.) Die „Times" berichten auS Balm oral unter dem 29. März: Die Boeren führten gestern die Entgleisung eines Zuges zwischen Balmoral und Wilge River herbei. Die Locomotive, 4 Güterwagen und ein Personen» wagen stürzten um. Es ist kein Verlust an Menschen zu beklagen. Die Wirren in China. Die Mandschurei-Lonventio». Aus Shanghai hat, wie schon kurz angedeutet, unterm 26. März das Kabel gemeldet: „Aus verschiedenen wohlverbürgten Quellen verlautet heute, daß der kaiserliche Hof in Singanfu den Prinzen Ching und Li- Hung-Tschang telegraphisch instruirt hat, die Vertreter der ver bündeten Großmächte in Peking dahin zu informiren, daß die chinesische Regierung sich endgiltig weigert, die von Rußland vor geschlagene Convention zu unterzeichnen, obgleich die Regierung des Zaren im letzten Augenblicke noch mit der Modification her vortrat, daß. der Paragraph 6 des Vertrages, wonach China nicht das Recht haben soll, in den nördlichen Provinzen ausländische Jnstructoren für seine See- und Landstreitkräfte zu engagiren, fallen gelassen wird. — Der Vicekönig von Nangking hat in einem Telegramm nach Shanghai bestätigt, daß der Kaiser und die Kaiserin-Wittwe fest entschlossen sind, hem Drängen Ruß lands unter keinen Umständen nachzugeben, und daß sämmtliche Vicekönioe von dieser Entscheidung unterrichtet worden sind. Eine officielle Bestätigung steht bis zur Stunde noch aus, und von Peking ist von den fremden Gesandtschaften ebenfalls noch nichts hierher gemeldet worden, doch kann Uber den Entschluß des kaiser lichen Hofes in Singanfu kaum noch ein Zweifel herrschen. Der Letztere soll sich zum Ueberfluß gleichzeitig ernsthaft mit der Frage beschäftigen, das Hoflager ein für alle Male nicht wieder nach Peking zurück zu verlegen und eine andere Hauptstadt zu erwählen, wodurch natürlich die ganzen Verhandlungen in ein neues Stadium treten und dis bisher erzielten Resultate mehr als fragwürdig werden würden. * London, 30. März. (Telegramm.) Den „Times" wird aus Shanghai unter dem gestrigen Tage berichtet, die Bice- könige, mit Ausnahme Li-Hung-Tl'chang's und Les Vicekönigs von Schenkan (die Provinzen Scheust und Kansa umfassend), hätten gegen die Unterzeichnung des Mandschurti-AbkommcnS entschiedenen Einspruch erhoben. Politische Tagesschau. * Leipzig, 30. März. Der Wortlaut der Ansprache, die der Kaiser vorgestern an das Alexander-Regiment gehalten hat, liegt auch heute noch nicht vor. Man darf daraus wobl schließe», daß er auch nicht mitgetheilt werden soll. Der Reichstag wird also schwerlich in die Lage kommen, die Kundgebung zu er örtern und Aufklärung über ihren Zweck vom Reichskanzler oder dem Kriegsminister v. Goßler zu erbitten. Das ist um so beklagenSwerther, je tiefer der Eindruck der kaiserlichen Worte besonders in der NeichShauptstadt ist. Vielleicht soll ein Berliner Telegramm der „Köln. Ztg.", daö ossiciösen Ursprunges zu sein scheint, die erregten Gemüther beruhigen. Es lautet: „Die Ansprache, die der Kaiser an daS Alexander» Regiment gehalten hat, wird in der Presse vielfach erörtert und zwar besonders diejenige Stelle, die sich mit der Mög» lichkeit einer Revolution in Berlin beschäftigt. Gegen die Auffassung, daß eine Wiederholung der Ereignisse von 1848 über haupt möglich sei, legen viele Blätter Verwahrung ein und weisen darauf hin, daß man Berlin schweres Unrecht onthue, wenn mau ihm revolutionäre Absichten zutrauc. Solche Befürchtungen seien jetzt ganz auSzuscheiden und wenn in früheren Jahrzehnten, als I sich die Socialdemokratie noch in der ersten Entwicklung befand, in I den Kreisen dieser Partei wohl oft an Barricaden und anderes revolutionäres Rüstzeug gedacht worden sei, so sei das heute wohl ein überwundener Standpunkt, überwunden schon aus der ruhigen Ueberlegung heraus, daß bei einer gewaltsamen Auflehnung schließlich Niemand mehr Schaden nehmen würde, als die Socialdemokratie. Mit Hasselmann und Most sei eben die blutrüstige Periode der Socialdemokratie über den Lcean ge» gangen. Im allgemeinen wird man dieser Auffassung zustimmen können. Daß eS heute Stellen giebt, die aus besonderen Interessen die Lage ander» und als unmittelbar be drohlich darstellen möchten, ist allerdings leider nicht zu bestreiten, doch werden diese Leute gegen eine ruhige Auffassung des Kaiser» kaum auskommen können." Dieser Beschwichtigungsversuch wird aber schwerlich von Erfolg sein, weil man selbst aus der mildesten Version der kaiserlichen Worte schließen zu müssen glaubt, der Monarch befinde sich — vielleicht in Folge seiner Erlebnisse in Breslau und Bremen — in einer Stimmung, die ihm eine ruhige «Auffassung der Lage erschwere und jenen Leuten, die diese Lage als unmittelbar bedrohlich darstellen möchten, günstig sei. Die „Köln. Zrg." ist augenscheinlich selbst nicht be ruhigt, denn sie schließt einen Redactionsartikel, den sie „Kaiserworte" überschreibt, folgendermaßen: „Man kann sich nicht laut genug dagegen verwahren, daß sie (die kaiserlichen Worte) in unberechtigter Auslegung etwa zu rcactionären Maßnahmen mißbraucht werden, die znehr als Alles, was bisher geschehe», die Autorität der Krone unter graben und ihr gerade diejenigen treuen Anhänger entfremden würde, die es bisher verstanden haben, ihr auf Förderung deS Gemeinwohl» gerichtetes Vaterlandsgefüh' von überwuchernden Sonderinteressen frei zu halten. Im Volke selbst muß dank der Erkenntniß, daß sein Geschick eng mit dem der Monarchie verknüpft ist, die Pflicht wurzeln, den Monarchen zu schützen, und im Lande der allgemeinen Wehrpflicht ist ein Appell des Monarchen an das Heer, ihm Schirin und Schutz zu sein, auch rin Appell an das Volk, den» nur, wenn sich der freie Wille des Volks als ein lebendiger Wall um die Person de» Monarchen legt, kann und wird ein solcher Appell an das Heer nachwirken für die Zeiten, wo Diejenigen, an die er gerichtet war, längst den Rock des Königs mit dem Kleide des Bürgers vertauscht haben. Noch nie aber hat ein Fürst den schönen Preis, sein Haupt in den Schooß des Bürgers betten zu dürfen, durch Zwang und Knute errungen, sondern nur durch offne Verständigung vom Mann zum Mann, vom Menschen zum Menschen; nur der wird eine dem Herzen entspringende Achtung vor der Autorität der Krone erwirken, der auch Achtung vor den Rechten des Volkes bekundet. Noch bringt das deutsche Volk dem Kaiser diese Achtung willig entgegen, und da einmal vom Jahre 1848 die Rede ist. so sei daran erinnert, daß auch Friedrich Wilhelm IV. in jenen Märztagen cine Ansprache an seine Garde hielt, in der er sagte: „Ich bin niemals freier und sicherer gewesen, als unter dem Schutze meiner Bürger". Klangen damals diese Worte wie lein Hohn aus die Zeit und ihre Ereignisse, so würden heute ähn» I liche Worte im Munde Wilhelms II. wie eine Erlösung von dem schweren Drucke wirken, daß die Verständigung zwischen Fürst und Volk verloren zu gehen drohe, und da» Echo würde de» Dank einer stolzen und freien Nation zurückhalleu." Eine solche Erlösung ist bei der Stimmung, die de» Kaiser leider zu beherrschen scheint, von ihm selbst schwerlich zu erwarten; man kann sich also nur mit der Hoffnung trösten, daß Herr v. Goßler seinen Vorgänger Bro ns art v. Schellendorf, der in einem ähnlichen Falle, auf den wir zurückkommen werden, eine socialdemokratische Anspielung dazu benutzte, die durch ein Kaiserwort hervorgerufeae Be unruhigung zu verscheuchen, zum Muster nehme» werde. Interessant und lehrreich ist eS, zu sehe», wie die polnische Presse daS Kaiserwort von der Demoralisiruug der Jugend für ihre Zwecke auszunutzen sucht. In eiuem längeren Artikel, „Kaisermorte" überschrieben, schreibt der „Dziennik Poznanski" u. A. Folgendes: „Der Inhalt der kaiserlichen Worte von der Demoralssirmrg der Jugend hat bei uns vollsten Widerhall gefunden. Naureat- lich der Passus, daß alle Stände gleiche Schuld au der Demorali- sirung tragen, auch Diejenigen, welch« die höchst« Macht in Händen haben, findet bei uns volle» Bre st ändn iß. Wir haben stets warnend gesagt, daß, wer Wind säet, in dieser oder jener Weise Sturm ernte» wird. Wenn irgend wo, so hat die Demoralisirnag bei uns die größten Fortschritte gemacht. DaS Schwinde« der Achtung vor der Autorität wächst mit jedem Tage. An der Heran wachsenden Jugend können wir eine grenzenlose Selbst Überschätzung beobachten, welche in Größenwahn aoSartet. Wer der Trost bleibt uns, daß dieser traurige Zustand nicht die ge meinsame Schuld aller Stände sei, wie bei den Deutsche», sondern die Schuld äußerer Verhältnisse, welche sich ver schworen haben, un» zu demoralisirrn und na» auf den Weg des Umstürze» zu stoßen. Nur dem sanfte» slawischen Temperament (I) ist es zuzuschreibeo, daß da» Uebermaß der Verfolgungen unsere Massen »och nicht auf schlimmere Wege gebracht hat. Dank diesem Tempera ment und Tank dem im Volke festgewurzelten Glauben ist bei unS die Bertheidigung der nationalen Heiltgthümer immer noch auf legalem Wege geblieben. Anläßlich der kaiser lichen Worte wenden wir uns an unsere Landsleute mit der Bitte, der Demoralisirung zu steuern, andererseits aber auch a» unser« Verfolger, daß sie das nichtswürdige Spiel mit un» auf geben, welches unS trotz des slawischen Temperament» schließlich doch noch zu einer VerzweiflungSthat treiben könnte." AebnlicheS kann man in anderen polnischen Blättern lesen. Im Grunde kommt dieses Geschreibsel auf dasselbe hinaus, waS die klerikale Presse als Mittel gegen die Demorali- sirunz empfiehlt: absolute Freiheit „der Kirche" und ihrer Organe. Die Polen wollen diese Freiheit nur beschränkt wissen auf diejenigen Organe der römischen Kirche, die neben der päpstlichen Autorität auch die der polnischen Führer zu befestigen und nicht nur den römisch-kirchlichen Heiliaihümer», sondern auch Len nationalpolnijchen schrankenlose Verehrung zu sichern trachten. Wie die preußische SiaatSautoritäl da bei fahren würde, wenn dieses Recept in Anwendung käme, braucht nicht gesagt zu werben. ES wäre daher überflüssig, auf die polnischen Auslassungen, die durch ihre Abenteuer des Capttans Kettle. Non C. HYnr,. Ra-driKk verboten. (Schluß.) Dies« würdig« Schiffsführer gab ihm völlig Recht. „Jeden falls daS Beste, was Sie thun können, Herr Carnforth", sagte er. „Es würd« mir furchtbar unangenehm gewesen fein, wenn ich in die Nothwendigkeit versetzt worven wäre. Sie niederjchießen zu müssen. Sie waren so liebenswürdig, Gefallen an meinen Gedichten zu finden, und außerdem habe ich entdeckt, daß Sie ein Gentleman sind." An demselben Vormittage, an dem diese Unterredung statt fand, kam an der südlichen Küste von Cuba «ine versteckte Bucht in Sicht, in welcher verabredetermaßen die Kriegs-Contrebande gelandet werd«» sollte. Kettle's Ortsbestimmungen stimmten auf das Genaueste. Nachdem er die Meridianhöhe genommen hatte, ldrehte er den Dampfer auf ein paar Stunden bei, und stieg hinunter, um sein« Maschinisten bei einer gründlichen Unter suchung aller wichtigen Maschrnentheile selbst zu beaufsichtigen. Sobald er sich von der Leistungsfähigkeit der Maschine über zeugt hatte, ließ «r wieder Dampf aufmachen. Bier Stunden nach Sonnenuntergang hatte «r die Einfahrt der Bucht erreicht. Di« Nacht war ziemlich dunkel, und die Küste zuerst nur als tiefschwarze Linie sichtbar. Allmählich stieg da» Land höher empor; als man näher kam, sah man, daß sich auf beiden Seiten der Bucht ein Höhenzug entlang zog. Oben auf dem Kamm standen vereinzelt« Bäume; unten, unmittelbar über dem Wasser spiegel, lagerte ein weißer Dunst, aus dem heraus das schwache Geräusch der Brandung «rtönte. Ein od«r zwei Mal ließ Tapitän Kettle lothen. Dann hatte er die Landmarken, wonach er sich bei der Einfahrt richten sollt«, entdeckt. Er.stellte den Telegraplien auf „volle Kraft vorwärts" und dampfte zuversichtlich in die Bucht hin«in. Die Seitenlaternen hatte er wegnehmen lassen. Hoch oben am Fockmast Hirnen drei rothe Laternen, dir drei Ecken ein«» gleichseitigen Dreiecks markirenS. Er war angenehm überrascht, wie glatt sich das Alles, völlig programmmäßig, ent wickelt«. Schon befand sich der Dampfer mitten in der Bucht. Alle Gläser auf der Brücke waren auf das Land gerichtet, um die antwortenden Lichter zu erspähen. Da zuckte plötzlich von hinten her ein weißer Lichtschein über das Schiff hinweg und verschwand ebenso plötzlich. Von der strahlenden Helligkeit war Jedermann an Bord des Dampfer» für einen Augenblick völlig geblendet. Es war «in langer Lichttegel. Weit hinten in der Mündung der Bucht leuchtet« ein glühender Punct, das Centrum, von dem sich die blendenden Strahlen fächerartig ausbreiteten. Hin und her glitt der scharf begrenzte Schein über die dunkle Wasserfläche. Endlich blieb er auf dem Dampfer ruhen und beleuchtete ihn, sammt dem Stück Wasser, worauf er schwamm, so hell, wie eine Laterna magica das an die Wand gezauberte Bild eines Schiffes erscheinen laßt. Carnforth fing an zu fluchen, und Capitän Kettle steckte sich eine neue Cigarre an. Diejenigen von der Mischlingsmannschaft, die sich an Deck befanden, gingen in das Logis und packten ihre Sachen. „Na, Herr Carnforth", begann Kettle ganz heiter, „so weit wären wir also. Dort hinten haben wir 'n spanisches Kanonen boot, sogar mit 'nem elektrischen Scheinwerfer, ganz den An forderungen der Neuzeit entsprechend." Er kniff die Augen zu sammen und spähte nachdenklich achteraus. „In der Fahrt ist uns die Bestie auch über, wie mir scheint, um wenigstens fünf Knoten. Sehen Sie mal, wie die Flammen aus dem Schorn stein schlagen. Die pfeffern ordentlich im Heizraum, was? Gleich werden sie anfangen, zu schießen, und die andern Ca naillen an Land haben uns offenbar ganz und gar vergessen. Nirgends ist ein Licht zu sehen." „Was denken Sie zu thun?" fragte Carnforth. „Herrn Gedge's Instructionen gemäß unser« Ladung zu landen. Ob der alte „Sultan" bei der Gelegenheit auch gleich hier bleibt, wird sich ja bald Herausstellen." „Wenn Sie diesen Curs beibehalten, hat das Kanonenboot Ihnen in einer Viertelstunde den Weg abgeschnitten." „Die können mit ihren fünf Extrakosten mit uns doch machen, was sie wollen. Ich werde also meinen Curs nicht ändern. Das wurde nur verdächtig aussehrn." „Gerechter Himmel!" rief Carnforth, „als ob es nicht schon verdächtig genug aussieht, daß wir überhaupt hier sind!" Aber Kettle antwortete nicht. Er bearbeitete, um seinen eigenen Ausdruck zu gebrauchen, die Feuer unter seinem Gehirn-- kessel. Da hatte er keine Zeit zu müßigem Geschwätz. Daß noch immer das Antwortssignal am Lande nicht erscheinen wollt«! Wenn er das gesehen hätte, würde rr schon gewußt haben, was zu thun sei! Inzwischen rückte ihm daS spanische Kriegsschiff immer näher auf die Hacken. Irgend ein Entschluß mußte gefaßt werden« Eine traurige Wahl! Wenn er sich ergab, wurde das Schiff durchsucht und 'die Flinten, Maschinengewehre und Pa tronen gefunden. Dann war e» durchaus nicht unwahrscheinlich, daß er sofort aufgeknüpft wurde. Die Rebellen waren nicht als „kriegführende Macht" an erkannt; rr würde also als ein überführter Flibustier zu betrachten sein. Nach dem Kriegirecht aber braucht man sich nicht damit aufzühalten, derartige Gefangene einzusperren und zu füttern. Die Spanier würden also völlig dazu berechtigt sein, mit Capitän Kettle kurzen Proceß zu machen. Andererseits, wenn er sich weigerte, beizudrehen, würde sich ein ebenso einfaches Resultat ergeben. In Zeit von zehn Minuten würde ihn das Kriegsschiff mit seinen Kanonen in Grund und Boden geschossen haben. Selbst ein so verwegener Teufels kerl, wie Kettle, mußte einsrhen, daß es in diesem Falle für den „Sultan von Borneo" keinen Ausweg gab. Mit einer anderen Mannschaft hätte er vielleicht der V«r- suchung nicht widerstanden, seinen alten Dampfer dem Kanonen boot längsseits zu legen und zu entern. Dann hätte er einen Versuch gemacht, das feindliche Schiff im Kampfe, Mann gegen Mann, zu nehmen. Aber von seiner jetzigen Mannschaft wußte er sehr wohl, daß sie nichts sehnlicher wünschte, als sein Ver derben. Mit Ausnahme des Mannes am Ruder und der Wache im Heizraum waren alle Leute im Logis und packten ihre Hab seligkeiten in Bündeln und Säcken zusammen. Carnforth war neutral. Verlassen konnte sich Kettle auf Niemanden, außer den beiden Steuerleuten und den drei Maschinisten. Während er den Rauch seiner Cigarre in dicken Wolken in die Luft blies, kam er zu der Ucberzeuzung, daß er sich in einer recht üblen Lage befand. An der dunklen Küste flammte noch immer kein Feuer auf. Von hinten kam der Spanier herangestürmt, illuminirt und klar zum Gefecht, Mannschaften auf Stationen, Kanonen geladen und ausgerannt. Jede Secunde kam das Boot ein paar Faden näher. Schon konnte Kettle das Stöhnen der Ma schine hören. Er zerbiß den Cigarrenstummel zwischen den Zähnen und ballte die Fäuste aus Wuth über seine eigene Ohn macht dem Feinde gegenüber, der ihn zu Tode hetzte. Der Kriegsdampfer rückte längsseits und verlangsamte sein« Fahrt bis auf etwa vierzig Umdrehungen, um nicht vorauszu schießen. Der auf der Plattform über dem Kartenhause stehende Officier rief nun den Frachtdampfer in spanischer Spracht an. „Kanonenboot ahoy!" blökte Kettle zurück. „Sie müssen englisch sprechen, wenn ich Ihnen 'ne höfliche Antwort gaben soll." „Wie heißt Ihr Schiff?" „„Sultan von Borneo"; Kettle, Führer. Komme von Shields!" „Wohin geht die Reise?" „Nach Havanna." Sofort kam die Frage: „Was machen Sie denn hier?" Carnforth flüsterte dem kleinen Capitän eine Ausrede zu: „Trinkwasservrrath zu Ende. Alle Mann trank an Dysenterie vom Condensatorwasser. Hi«r eingelaufen, um Tanks aufzu füllen." „Dante Ihnen, Herr Carnforth", flüstert« Kettle. „Ich ver stehe mich nicht besoirsers aufs Lügen, sonst hätte ich früher daran gedacht." Und mit lauter Stimm« rief er di« Entschuldigung dem Sprecher auf dem Kartenhaus« zu. Zu Kettle's Ueberraschung schien es, als ob der spanische Officier sic als stichhaltig anerkannte. Eine kurz« Derathschlagung fand an Bord des Kriegsschiffes statt, während der die beiden Dampfer in parallelen Curslinien über das glatt«, schwarz« Wasser der Bücht dahinglittrn. „Haben Si« Dysenterie sehr böse an Bord?" lautete di« nächste Frage. Wieder soufflirte Carnforth, und nochmal» wiederholte Kettle seine Worte: „Sehen sie nur mein Deck an. Die ganz« Mann schaft ist zur Koje. Ich habe kaum einen Mann übrig zu meiner Unterstützung." Noch einmal kam eine Berathschlagung der Officier« des Kanonenbootes und dann kam die verhängnißvoll« Frag«: „WaS ist Ihre Ladung, Capitän?" „Hm, Kohlen", antwortet Kettle resignirt. „Was? Sie bringen Newcastk-Kohlen nach Havanna?" „Ja, blos Kohlen", erwiderte Capitän Kettl« und lacht« bitter. Sofort änderte der Spanier seinen Ton. „Drohen Sie augenblicklich bei!" befahl er. „Ich werde ein Boot an Bord schicken zur Untersuchung Ihrer Ladung. Verweigern Sie, Folge zu leiskn, so lasse ich Ihr Schiff zusammenschießen, daß keine Spur davon übrig bleibt!" Auf der Commandobrücke des „Sultan von Borneo" gab Carnforth sich alle erdenkliche Mühe, den hartnäckigen, klein«» Schiffer zur Vernunft zu bringen. „Herr d«S Himmels, Mann", -beschwor er ihn, „sehen Si« denn nicht, daß daS Spiel zu Ende ist? Einen Ausweg giebt's nicht. Sie werden doch kein Narr sein und das Schiff und uns Alle miteinander nutzlo» opfern? Kommen Sie, Kettle, klingeln Sie Ihre Maschine ab, oder der Kerl schießt! Mensch, ich sage Ihnen doch, das Spiel Ist au»!" „Bei James!" rief Kettle, „ist es aus? Sehen Sie dort" — und mit ausgestrecktem Arm wies er auf die Hügel de» vor ihnen liegenden Landes. „Drei Feuer", schrie er. „Zwei oben, «ns unten in Dreieckform. Die Kerls dort drüben warten auf unk, Herr Carnforth — und das ist ihr Willkommen! Glauben Sie, daß ich mir meine Ladung wegnehmen lassen werd«, nachdem ich so weit gekommen bin?" Er wandte sich zu dem am Ruder fkhenden dSnischen Matrosen. „Steuerbord!" brüllte er dem Mann in's Ohr. „Hart Steuerbord, Du glotzäugiges Schafsgesicht! 'rum mit dem Rad, so weit es geht!" Di« Rudermaschin« klappert« und der Kopf deß
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