Suche löschen...
Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.12.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-189412207
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-18941220
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-18941220
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-12
- Tag1894-12-20
- Monat1894-12
- Jahr1894
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 20.12.1894
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Uiesaer G Tageblatt und Anzeiger (Elbetlatt Md Lyeigtt). Ttlegramm-Ubrrssi „r»>«t!»tt', »tri«. Amtsötatt 8«»sp«chfttM M. » der König!. Amtshanptmannschast Großenhain, des König!. Amtsgerichts «nd des Stadtraths z« Mesa. O SSL. Donnerstag, 20 Dezember 1894, AvendS. 47. Jahre. Das Messer Tageblatt erscheint jeden Tag Abends mt, Ausnahme der Sonn- und Festtage. Vierteljährlicher vez»,»preis bei Abholung in den Expeditionen in Mesa und Strehla, den Uns^hOMM^ sowie am Schalter der laijerl. Postanstaltrn 1 Mart 25 Ps., durch di« Träger frei in» Hau» 1 Mark 50 Ps., durch den Briefträger frei ins Hau» 1 Mart SS Pf. Anzeigen Annah», P, tzt, Mm»» de» Ausgabetages bi» Bormittag S Uhr ohne Gewähr. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Beichästsitelle: Kaktanieustrab« SV. — Für dir Redaetiou »erautworUich: Schmidt i» Stal«. Im Hotel zum „Kronprinz" sollen Sonnabend, den 22. Dezember 1894, Vor«. 1v Uhr, 2 braune Pferde gegen sofortige Bezahlung meistbietend versteigert werden. Riesa, 18. Dezember 1894 Der Ger.-Vollz. des Kgl. Amtsger. Sekr. Eidam. Taqcsgeschichte. In einem langen Berichte, den die „Köln. Ztz." aus Konstantinopel erhält, werden, wie schon gestern mitgetheilt, die Behauptungen über die türkischen Greuel in Armenien trotz der von uns seiner Zeit wiederzegebenen amtlichen Widerrufung in ihrer ganzen Tragweite aufrecht erhalten und sogar durch neue Einzelheiten verstärkt. ES unterliegt ja keinem Zweifel, heißt es in dem erwähnten Schreiben, daß der größte Theit der von den Blättern erzählten Misse- tharen der türkischen Soldateska tatsächlich begangen worden ist. In Konstantinopel werden haarsträubende Geschichten von Leuten erzählt, die jeder politischen Erwägung fernstehen und auch sonst vermöge ihrer ganzen Stellung allen Glauben verdienen. Und die türkische Regierung thut alles Mögliche, um den Verdacht zu kräftigen. Sie gestattet nicht, daß in jene Gegenden ein Telegramm geschickt wird ; zwei arme die nende Leute, die seit Monaten ohne Nachrichten von ihrer Familie sind, die in zwei verschiedenen Orten des Vilajcts Bittis wohnen, wollten in ihre Heimat!) telegraphiren, um zu erfahren, ob ihre Angehörigen noch leben oder gestorben sind. Da wurde die Annahme des Telegramms abgelehnt mit dem Bemerken, das brauchen sie nicht zu wissen, und als ihr Herr im Namen seines Kutschers und Dieners tele- graphirte, wurde das Telegramm zwar angenommen, weil man bei der Stellung des Mannes den Skandal fürchtete — aber eine Antwort ist nicht erfolgt! Ebenso ist es wahr, daß man aus jenen Gegenden keinen Menschen abreisen läßt. Itder Widerspruch von türkischer Seite gegen die Richtigkeit dieser Meldung ist unwahr. Ein aus Erzerum angekomme- uer Mann erzä.lte, er hätte aus seinem erbärmlichen Ver mögen ein Pfund aufwenden müssen, um ein paar türkische Soldaten zu bestechen, welche ihn passiren ließen. Vorher hatte man ihn aber dennoch von Kopf bis zu Fuß ausge zogen, um zu untersuchen, ob er irgend etwas Gefährliches, besonders Schriftstücke, bei sich habe. Trotzdem hatte er einige Briefe verborgen, di; an etliche hier in europäischen Häusern dienende Armenier gerichtet waren. Sie waren schon geg-n drei Monate alt. Was von ihrem Inhalt be kannt wurde, ist geradezu schreckenerregend. In einem wird, wie schon gestern berichtet, erzählt, daß in eme Kirche zum Heiligen Johannes, etwa eine Vierte.ftunde von Sassun, die Einwohner, Männer, Frauen und Kinder sich geflüchtet hätten im Vertrauen auf ihre Unverletzlichkeit. Aber die Thür wurde erbrochen und alles erbarmungslos niedergemacht, so daß das Blut auf die Straße floß! Und solche Geschichten hört man zu Dutzenden. Man würde viel mehr hören, wenn die armen Leute zu sprechen wagten, jedoch bei dem entwickelten Spionensystem sind die Armenier derart vor sichtig geworden, daß sie selbst Menschen gegenüber, die sonst ihr ganzes Vertrauen haben, furchtsam werden. Kein ein ziger der nach Armenien gerichteten Briefe ist angekommen, was sich daraus mit ganzer Sicherheit erkennen läßt, daß ungeachtet der Monate, die verflossen sind, keinerlei Antwort hier eingetroffen ist. Alle diese Einzelheiten deuten für den Unbefangenen unzweifelhaft darauf hin, daß die Vorgänge, welche sich nach den türkischen Angaben nicht zugetragen hab^n sollen, sich nicht nur ereignet haben, sondern wahrscheinlich «och in viel schlimmerer Form, als es bis zur Stunde be kannt geworden ist. Aus Konstantinopel erfährt die „K. Z." weiter, daß einem dort weilenden spanischen Forschungsrei senden, welcher den blutigen Greuelthaten im Bilajete BitliS als Augenzeuge beiwohnte, von der türkischen Regierung eine große Summe angeboten wurde, um ihn zu einer die arme nischen Vorgänge in Abrede stellenden Erklärung in englischen Zeitungen zu bewegen und ihn zu veranlassen, auf Kosten der türkischen Regierung gegen hohe Entschädigung in Eng land Vorträge über die „glückliche Lage" Armeniens zu hal ben; mit dieser Bestechung wurde der Polizeiminister Nasim Pascha betraut; er hatte jedoch kein Glück damit, der For- schungsreisende wies das türkische Ansinnen kurzer Hand zu rück. Nun wird wohl wieder die türkische Regierung mit der Dementirspritze daher gefahren kommen! Deutsches Reich. Nach der „Bad. Korr." wurde Ende voriger Woche im badischen Ministerium des Innern eine verlrauliche Konferenz von Regierungsvertretern und landwirthschaftlichkn Sachverständigen über die Abänderung der Tabalstcuergesetzzebung abgehalten. Es wohnten ihr Vertreter des Landwirthschaftsralhs und der Präsident des ultramontanen Bauernvereins bei. Die Ansichten der Sach verständigen gingen dahin, daß der Zoll auf ausländische Tabake wesentlich höher werden müsse, als er im Entwurf festgestellt sei, daß ferner die Steuersätze für Rauchtabak er mäßigt und die Kontrolvorschriften gemildert würden. Es ist bekanntlich noch zweifelhaft, wie sich das Zentrum zur Umsturzvorlage stellen wird. Aus Vaden kommt nun eine Nachricht, welche Folgendes wissen will: Das Zentrum habe entgegen anderweitigen Meldungen einstimmig beschlos sen, die Umsturzvorlage nicht un edingt abzulehnen, dagegen eine bestimmtere Fasiung der Einzelbestimmungen zu ver langen. Dre Paragraphen 130 und 131 seien in der jetzi gen Form unannehmbar. Gegen diese Paragraphen richtet sich em so allgemeiner Widerspruch, daß ihre unveränderte Annahme von vornherein ausgeschlossen erscheint. Ob aber nach Beseitigung dieser Bedenken das Zentrum wirklich für das Gesetz zu haben sein wird, möchten wir doch lieber noch abwarte.!. Auf das von den Theilnehmern der Generalversamm- lung des landwirthschaftlichkn Provinzialvereins in Posen an den Kaiser gesandte Telegramm ist, wie das „Pos. Tagebl." meldet, folgende telegraphische Antwort aus dem Kabinet des Kaisers eingegangen: „Der Kaiser und König haben aller höchst sich gesrcuk, auch von dem landwinhschaftlichen Pro- vinzialverem das Gelöbniß treuer Theilnahme an dem Kampfe für Religion, Sitte und Ordnung entgegenzunehmen, und lassen für diese Kundgebung bestens danken." Bezüglich des Entwurfes eines Börsenreformgesetzes verlautet, nach den „Berliner Neuesten Nachrichten", daß nicht eine allgemeine deutsche Börsen-Ordnung erlassen, sondern lediglich der Erlaß von Börsen-Ordnungen an sich nur obli gatorisch erklärt und die Bestimmung derjenigen Punkte ge troffen werden soll, deren Regelung den Börsen-Ordnungen zufällt. Dagegen soll die Fortsetzung des materiellen In halts dieser Börsen-Ordnungen den Landesregierungen über lassen bleiben, wobei allerdings dem Bundesrath das gesetz liche Recht eingeräumt werden soll, allgemeine Anordnungen für das ganze Reichsgebiet über einzelne besonders wichnge und von lokalen Verhältnissen unabhängige Kragen zu treffen. Hierzu würbe namentlich die Bestimmung über die Geschäfts zweige, welche zum Gegenstände :eS Börsenhandels gemacht werden dürfen, sowie über die Zulassung zum Börscnbesuch gehören. Demnach würden besonders etwaige Bestimmungen über die Aussicht der Börse, die Börsenleitung und die Kurs feststellung den Landesregierungen überlassen bleiben. Da- gegen soll dem Bundesralhe die weitere Befugnis beigelegt werden, in einheitlicher Form für das ganze deutsche Reich Anordnungen bezüglich der Zulassung von Werthpapwren zum Börsenhandel und zur Kursnoliz zu erlassen, die Vor- schriften über die Zu,ammensetzung und die Stellung der Prüsungsbehörde (EmissionSbchörde) sowie die Grundsätze, nach denen bei der Zulassung in- und ausländischer Werth papiere zu verfahren ist, auszustellen. Der Entwurf ist zu- nächst der preußischen Regierung unterbreitet worden, die ihn ihrerseits zur Begutachtung dem Justiz-, dem Handels- und dem Finanz-Ministerium überwiesen hat. Aus Grund dieser Gutachten wird sie dann binnen Kurzem Stellung zu dem Entwurf nehmen, der noch in dieser Tagung dem Rerchs- tage zugehrn soll. Zur Entlassung des Fürsten Bismarck bringen die „Hamb. Nachr." einen längeren Artikel, der sowohl an sich wre in Rücksicht aus Verhandlungen in einer der letzten Sitzungen de» Reichstages von Interesse ist. Wir entnehmen dem Artikel Folgendes: „In der neuesten „Zukunft" wird gesagt, „die Entlassung Bismarcks hat Caprivi gegengezeichnet.'; auch das war bekannt." Dieselbe Angabe hat Minister von Bötticher im Reichstage gemacht. Wir können damit eine Erinnerung an ein Gespräch nicht in Uebereinstimmung bringen, welches wir einige Wochen nach der Entlassung des ersten Kanzlers, etwa im April oder Mai 1890, in Friedrichs- ruh mit angehört haben. Bei dieser Gelegenheit sprach der Fürst sich in zweifelloser Weise dahin aus, daß seine Ent lassung überhaupt nicht kontrasignirt sei. Nach dem, was bisher über den Hergang am 20. März 1890 bekannt wurde, ist diese Ueberzeugung des Fürsten damals vielleicht die richtige gewesen, und man darf wenigstens aus ihr schließen, daß er selbst-eine Kontrasignatur seiner Entlastung nicht gesehen hat. Die Mittheilungen, welche ihm über die kaiserliche Ent schließung am 20. März zugingen, wurden ihm bekanntlich durch die beiden Chefs des Zivil- und MilirärkabinetS in versiegelter Ordreform überbracht, die eine die Entlastung aus den Zivilämtern, die andere die Beförderung zum Generalobersten enthaltend. Es ist kaum anzunehmen, daß die beiden KabinetSchess auf dem Wege vom Schlosse zum Kanzlerpalai- einen Minister oder den defignirten Nachfolger des Kanzlers ausgesucht hätten, um vor der Insinuation der Dokumente die Koutrasignatur herbeizuführen. Unserer An sicht nach entspricht in solchen Fällen der Logik konstitutionelle» StaatsrechtS die Gegenzeichnung sowohl der Entlassung wie der Neuernennung durch den Minister, der entlasten wird, und der damit den letzten Akt seiner ministeriellen Thätigkeit auSzuüben hat. Sein Nachfolger kann ohne eine in dieser Art noch von dem Vorgänger geleistete Kontrasignatur ver fassungsmäßig (Artikel 17) nicht giltig ernannt werden, da er, bevor er selbst giltig ernannt ist, weder die Entlastung des Vorgängers noch seine eigene Ernennung mit rechtlicher Wirkung gegenzeichnen kann ; er muß zuvor selbst, unter amt- licher Kontrasignatur eines noch fungirenden Ministers, er- nannt worden sein. Nur der Kanzler ist, ungeachtet des Stellvertrelungsgesetzes, bei Ernennung seines Nachfolgers zur Kontrasignatur befähigt ; wir halten es für einen staats- rechtlichen Jrrlhum, wenn Herr v. Bötticher für den „allge- meinen" Stellvertreter des Kanzlers eine selbständige Kon- trasignaturbesugniß in Anspruch nimmt, ohne daß er durch die Fortdauer der Autorität des Kanzlers gedeckt wäre, zu dessen „Vertreter" er gleich den übrigen Staatssekretären „in Fällen der Behinderung des Kanzlers" ernannt ist; sein Auftrag erlischt mit dem Erlöschen der amtlichen Befugniß des von ihm Vertretenen. Dem entsprach stets die Firma, unter der die Stellvertreter für den Kanzler zeichneten. Wenn die Ernennung des Grafen Caprivi nur von dem Staatsselretär des Innern in Vertretung eines entlassenen Kanzlers komrasignul ist, so fehlt ihr die nach Artikel 17 der Reichsversassung nölhige Vorbedingung zur verfassungs mäßigen Giltigkeit. Nur wenn Herr v. Bötticher die Er nennung Caprivis schon vor der Entlassung des Fürsten Bismarck gegengezeichnet hätte, also zu einer Zeit, wo er noch als Vertreter des letzteren rechtskräftig fungirte, würde er diesen Akt mit der verfassungsmäßigen Wirksamkeit eines Vertreters des noch nicht entlassenen Kanzlers haben leist: n können. Dann aber ließe sich annehmen, daß er den von ihm vertretenen Vorgesetzten von diesem Vorgänge in Kenntniß gesetzt haben würde; dies ist indeß nach allen, wie bisher be kannt geworden ist, nicht geschehen." Nach den von dem „L. T." einzezogenen Erkundigungen bestätigt sich die von Berlin aus verbreitete Nachricht des Dcpeschenbureaus Herold, daß die Berufung des Staatsan walts m der Disciplinar-Proceßsache Leist beim Reichsgericht eingezangen ist. Die Acten trafen gestern dort ein. Rian nimmt an, daß die Verhandlung Ende Januar nächsten Jahres stattstnden wird. Die „Berliner Neuesten Nachrichten" schreiben, Fürst Bismarck werde ans der demnächst staltfindenden Uebcrsievlung nach Füedrichsruh die Berlirer Bahnhöfe nicht berühren.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite