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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190003045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000304
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000304
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-03
- Tag1900-03-04
- Monat1900-03
- Jahr1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.03.1900
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BezugS'PreiS dl der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich ^>4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus ö.b0. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: viertel,ährlich 6.—. Directe tägliche Krcuzbandiendung inS Ausland: monatlich ^ll 7.b0. Dir Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- um b Uhr. Ne-aclion und Expedition: JohanniSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: Alfred Hahn vorm. v. «lennn'S Lortt». Universität-straße 8 (Paultnum), Laut» Lösche, katharinenstt. 14, Part, und König-Platz 7. Wp)M" Tageblatt Anzeiger. Juffsölaff des Königliche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Äintes der Stadt Leipzig. Anzeigett'Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg.' Reclamea unter dem Redaction-strich (4as- spalten) bOA, vor den Familiennachrichtri, (6 gespalten) 40-H. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichnib- Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. Extra-Bei la »en (gefalzt), nur mtt der Morgea-Au-gabe, ohne Postbeförderung Ä.—, mit Postbeförderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabr: Vormittag- 10 Uhr. Morgen- Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeige» sind stet» an die Erpe-ittan zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. Z 115. Sonntag den 4. März 1900. S-t. Jahrgang. Aus -er Woche. Die Wendung der Dinge in Südafrika hat in der gesainmten nicht englischen Welt Trauer hervorgerufen. Bei uns in Deutschland bringt sie gleichzeitig neue politische Sorge mit sich. Die Politik hat mit Sympathien und Antipathien nichts zu thun, darf nicht- damit zu tbun haben, und wenn die besten Wünsche fast Gesammtdeutschlanv« mit den Boeren waren, so sind vom Beginnt de» englisch afrikanischen Krieges die Ansichten darüber, welcher AuSgang Deutschland am besten frommen möchte, nicht un- getheilt gewesen. Vielleicht, daß di« Mehrzahl, so lange sie den Verstand zu Rathe zog, zu der Hoffnung neigte, der militärische Zusammenstoß in einem der hellsten Theile deS dunklen Erdtheil- möge unentschieden bleiben und ungefähr den 8tatu8 quo ante Herstellen bi» zu einer Zeit, wo ein wirth- schastlich aufstrebendes Volk wie das deutsche auch politisch, insbesondere gouvernemental, befähigt sein werde, Nutzen aus einer endgiltigen Austragung des Streites zwischen dem polypenarmigen Großbritannien und dem nicht gerade fremdcnfreunvlichen und bis zum Ausbruche dieses Krieges namentlich nicht deutschfreundlich gewesenen Boerenvolke zu ziehen. Die Ereignisse der vergangenen Woche haben nach der Meinung einsichtiger und keineswegs von Vorliebe für die Engländer in ihrem Urtheile beeinflußter Militärs daS Spiel für England und damit — so wenig, wie gesagt, ein vollkommener Sieg der Boeren bei der heutigen Lage der Dinge und bei der besonderen Natur unserer Negierung uns praktisch nützlich hätte werden können — gegen Deutschland so gut wie entschieden. Herr Cecil Rhodes, der Freund einflußreicher Berliner, aber nicht des deutschen Volkes und seiner Interessen, kommt oben ans, das Wort „Englisch von Kairo bis zum Cap" ist keine Phantasterei mehr, die Gefahr, daß Afrika ein britischer Welttbeil werde, droht unmittelbar, die alte Wunde von Zanzibar, die Deutschland in einem ihm gehörigen Gebiete praktisch so gut wie ausgeschaltet bat, brennt heißer als je und daS britisch-berlinische Abkommen, daS die Delagoabai für ein Butterbrot) auf den deutschen Tisch England zur guten Stunde ausliefern wird, erschüttert die Erwartungen der bei aller Colonialfreundlichkeit nüchternen Beurtbeilcr so sehr, daß mancher von ihnen sehr ernsthaft überlegt, ob er sich nicht auf die Seite Richter'- schlagen soll, der die Ansicht vertritt, der afrikanische Besitz Deutschlands sei ein weltpolitisches Schaugericht, auf dessen Schutz gegen MoSquitoS und Engländer verständiger Weise kein Pfennig mehr verwendet werden dürfe. DaS klang ehemals paradox, aber jetzt scheint die Zeit eS bestätigen zu wollen. Zu machen ist gegen die Politik, die, nachdem sie daS in unserem Besitze gewesene Thor zum ostafrikanischen Besitze Deutschlands dem gefährlichsten Nebenbuhler ausgeliefert und in der Delagoabai die Thür zu Gebieten, die wir hätten erwerben oder doch nach der wirtbschaftlichen Leistungsfähigkeit unserer Industrie und unseres Handels ent sprechend hätten ausnützen können — nichts. Man kann auf den Vorwurf sentimentaler Auffassung deS englisch-boerischen Kriege» mit einer „Retourkutsche" antworten uno die Frage aufwerfen, was rcalpolitischer gewesen wäre, die moralische Unterstützung eines für eine fruchtbare Freundschaft mit Denischland vielleicht zu gewinnenden kleinen Volkes oder die über daS Moralische ausschwärmendeUnlerslützung einer übermächtigen,den deutschen Weltwettbewerb hassenden und obne Zweifel auch zu dessen umfassender handelspolitischer Bekämpfung entschlossenen Nation. Auf solche Fragen wartet ein Narr auf Antwort. Das deutsche Volk muß sich einrichten und namentlich den durch die Abtretung Zanzibars, die durch das britisch-berlinische Abkommen sich nachträglich als der Beginn eines Systems er weist, und durch das Sonstige im schwarzen Erdtheil er zeugten afrikanischen Pessimismus nicht zu einem Welt- pessimiSmus auswachsen lassen. Mit Reden und Depeschen, wenn sie auch das gerade Gegentheil von solchem Pessimismus aussprcchen, ist aber nicht» gethan. Eö gilt zu bandeln; die Industrie und der Handel thun ihre Schuldigkeit, die gesammte Nation aber muß st« thun, indem sie den glücklichen und beinahe erstaunlichen Zufall einer Uebereinstimmung mit den Regierenden ausbeutet und die Voraussetzung eine» weiteren Ge deihens der Nationalwirthsckaft, eine stärkere Flotte, so rasch und so umfassend als möglich schafft. Hierin stimmen wir mit ProfessorDelbrück überein, der nach einer von nicht gerade tiefem völkerpsychologischen Einblicke zeugenden Abkanzelung der deutschen öffentlichen Meinung über den südafrikanischen Krieg schreibt: . . . Wer will alle die unendlichen Möglichkeiten, die sich hier eröffnen, heute schon erwägen? Irgend ein Zwischenfall kann für Südafrika ein: ganz neue Loge schaffen. Rußland dringt mächtig vor in Asien und bringt jetzt Persien unter seine Bormundscvafl. Was da Alle» im Hintergrund schlummert und plötzlich hervor- brechen kann, weiß Niemand. Aber das ein« predigt on» jeder Tag: Deutschland rüste dichl Herr Professor Delbrück liebt e«, Lcctionen über politische Klugheit zu ertheilen, und bat sich insbesondere schon ost über richtige und unrichtige Leitung und Benutzung der Volk»- stimmung zu staatlichen Zwecken vernehmen lassen. Ob er sich al- Taktiker lrgitimirk, indem er die, wie ein Blinder wahrnebmen muß, der Marineverstärkung zuträglichen Ge fühle für die Boeren und gegen die Engländer schlecht macht, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls fährt der Flotten- verein fort, Fehler zu machen. Wenn wir nicht selten darauf Hinweisen, aeschirht e» wahrlich nicht au» Vergnügen, sondern in der reiflich erwogenen Meinung, eine unabweis bare Pflicht zu erfüllen. Ein Beweis, daß Unüberlegt heiten deS Verein- Schaden anrichten, ist un» eben wieder auf den Tisch geflogen, allerdings nickt aus Sachsen, sondern aus Berlin, das aber der Sitz des Vorstandes ist. Man wirbt dort — höchstwahrscheinlich geschieht dasselbe auf dieselbe Weise anderwärt« — eifrig neue Mitglieder, was gewiß sehr dankenSwertb ist. Der Aufforderung zum Beitritt liegt aber al- wichtigstes Aettnstück — «S soll den Zweck de- Vereins erläutern — daS Protokoll der constituirten Versammlung vom April 1898 bei, in dem nicht- steht, was für die Werbung nicht entbehrlich wäre, das aber — auf 5 Seiten Text — den Namen Schweinburg nicht weniger als 6 Mal enthält, meist durchschossen oder fett gedruckt. Nachdem der Flottenverein sich von diesem Herrn, mit dem wir weder „Freund noch Feind" sind und dessen fleißiges Bemühen um die Entstehung deS Vereins wir gern anerkannt haben, formell getrennt hat, wäre nicht die geringste Veranlassung vor- banden, sich kritisch verlauten zu lassen, wenn nicht erweisbar die erwähnte Drucksache deu Grund böte, dem Vereine nicht beizutreten und, waS sehr viel mehr ins Gewicht fällt, sich über dir Flottenbewegung unwirsch zu äußern. DaS hätte aber der Vorstand deS FlottenvereinS nach Allem, WaS er erfahren und dem er Rechnung getragen, voraussehen müssen. Die auf schmale Hetzkost gesetzte und durch mißglückte oder nicht glückende von ihr angezettelte Streiks — der Berliner Tischlerausstand verläuft auch nicht nach Wunsch — unliebsamen Vorhaltungen von Seiten der eigenen Leute aus gesetzte Socialdemokratie glaubte etwas gefunden zu haben, womit man eine Weile die Getreuen agitatorisch ernähren oder wenigstens zerstreuen könnte. Der „Vorwärts" holte die Noten deS Lärme», den er über die „Fälschung" der Emser Depesche geschlagen, aus der Rumpelkammer und er setzte den älteren Text durch einen Erlaß, den der jetzige preußische Minister deS Innern, Frbr. v. Rbeinbaben, als Regierungspräsident von Düsseldorf vor anderthalb Iabren an die Landwirthe und Oberbürgermeister seines damaligen Regierungsbezirkes bat ergehen lassen und der in dem Auf trage gipfelte, gegenüberden amerikanischen Consuln von allen zur Beeinträchtigung deutscher („diesseitiger") Interessen geeigneten Mittheilungen abzuseben. Dieser Erlaß sollte das Zeichen einer gouvernemental- agrarischen Verschwörung gegen die Bereinigten Staaten einerseits und gegen die Versorgung des deutschen Volkes mit gesunden inländischen Nahrungsmitteln andererseits sein! Für jeden Unbefangenen ist eS klar, daß die behördliche Verfügung veranlaßt war durch den Mißbrauch, den amerikanische Consuln nut ihren Wahrnehmungen und Erkundigungen zum Schaden der deutschen Ausfuhr trieben, einen Mißbrauch, den fast jeder nach! den Vereinigten Staate» exportirende Geschäftsmann kennen gelernt hat, der vom Frbr. v. Heyl wiederholt im Reichstag gegeißelt worden ist und der dort selbst einen so ruhigen Herrn, wie der Abg. Münch-Ferber ist, Worte lodernder Erregung eingegeben hat. Es ist charakteristisch für die Führer der „Arbeiterpartei", daß sie obne Besinnen die Partei fremder Persönlichkeiten nehmen, die ihre Hauptaufgabe in der Cbicanirung der über seeischen Verwerthung der Erzeugnisse deutscher Arbeit gefunden haben. Die Sache ist Venn auch selbst Herrn Richter nickt populär genug. Er läßt die socialvemo- kratischen Volksfreunde ausnahmsweise allein wüthen und nimmt von der „Enthüllung" nur nebenher und ohne ein Wort abfälliger Beurtheilung Notiz. Völkerrechtlich anerkannte Grundsätze über Blockade. Mr sind in der Lage, auS einem demnächst erscheinenden Buche von Ncnrticus, „Beiträge zur Flottennovelle", den Ab schnitt „Völkerrechtlich anerkannte Grundsätze über Blockade" zu veröffentlichen. Dieser Abschnitt ist deshalb besonders wichtig, weil er zeigt, daß das bestehende Völkerrecht es ermöglicht, die Blockade in ihrerganzenSchwereohnejedeEinschränkung gegen uns zu gebrauchen. Den Nachweis hierfür lisfert NauticuS tn folgenden Ausführungen: Das Recht kriegführender Mächte, «inen Hafen oder Küsten strich für blockirt zu erklären, ist, im Gegensatz zu dem von Hugo Grotius 1609 ausgestellten Grundsatz voni „mars liberum", stets geübt und als nothwendiges Mittel im Kriege, erachtet worden, weil eS zur wirksamen Schädigung des Gegners und damit zur Beendigung deS Krieges betragt. In früheren Zeiten begnügt« man sich häufig mit der einfachen Er klärung, daß «ine Küste blockirt sei, um einen Rechtsgrund zu haben, allen und jeden Seeverkehr durch Wegnahme von Handelsschiffen auszuschließen. Der auf Anregung Katharina'» H.. von Rußland geschlossene „Bund der be waffneten Neutralität" versuchte 1780 vergebens, diesem Zustande «tn Ende zu machen, indem der Grundsatz aufgestellt wurde, daß für die Wirksamkeit einer Blockade dir Anwesenheit einer genügenden Anzahl blockirender Kriegsschiffe Bedingung sei. Dieses Erfovderniß fand «rst 1856 in derPariser Seerechtsdeclaration Anerkennung; die Bereinigten Staaten von Amerika gehören zu denjenigen Ländern, die sie nicht unterzeichnet haben. Der auf die Blockade bezügliche Sah d«r Pariser Declaration lautet: „Blockaden müss«n, um rechts verbindlich zu sein, wirklich bestehen, d. h. durch eine hinreichende Macht ausgeübt werden, um den Zugang zum feindlichen Küsten gebiet thMächlich zu verhindern." Di« Wirkungen dieser Convention traten 1861 bis 1865 im novdamerikanischen GecessionSkri«g in die Erscheinung. Nachdem di« Nordstaaten die sudstaatlichen Küsten für blockirt erklärt chatt«,, «rkannten England und Frankreich die Güdstaaten alt kriegführende Macht an und fügten sich gleichzeitig, obwohl widerwillig, den nunmehr gütigen Blockadegesetzen. Im All gemein«, haben sich die Seemächte auch sonst an diesen Vertrag gehalten. ES wird Dänemark vorgeworfen, 1864 davon ab gewichen zu fein, al» eS einen Theil der preußischen Ostseehäfen für blockirt erklärte, zu diesem Zweck acker nur ein Geschwader von vier Schiffen nach Rügen schickte. Der Protest der preu ßischen Regierung wurde von Frankreich mit der zweideutigen Bemerkung beantwortet, daß Dänemark, falls die Blockade nicht wirksam sei, sich völkerrechtlichen? Entschädigungsansprüchen auS- setz«. Ohne Zpeifel 'handelte die Türkei gegen den obigen Grundsatz, al» sie 1877 alle russischen Häfen tm Schwarzen Meer« al» blockirt behandelt«, ohne auch nur «in Kriegsschiff davor aufzustellen. Zweifel können auch heut« noch darüber be- stehen, wann «in Hafen effektiv blockirt ist. Der zur Ge« «illrlrre wird - tm.nrr tn der Hand haben, Me Auslegung zu finden, die ihm am passendsten erscheint. DaS preußisch« P r>if« n re g lem e n t sagt rm 8 20: „Ein Hafen gilt als blockirt, wenn «r durch ein oder mehrere KrregS- schiffe dergestalt gesperrt ist, daß ein Handelsschiff ohne augen scheinliche Gefahr der Aufbringung in den Hafen weder «n- noch auslaufen kann." Hiernach würde sich Deutschland nicht weigern können, dieWefer-undElbemündungalSblockirt anzu sehen, wenn nach der Vernichtung der deutschen Schlachtflotte auch nur wenige feindliche Schiffe dauernd in der deutschen Bucht der Nordset kreuzten. Als völkerrechtlicher Grundsatz gilt, daß zu Anfang des Krieges Schiffe, die sich der blockirten Küste nähern, g«warnt werden, ehe sie genommen werden können, und ebenso, dah man den in blockirten Hafen eingeschloffenen Schiffen eine gewisse Frist zum Auslaufen ge währt. 1870 bewilligten di« Franzosen den Schiffen der Neu- tralen «ine Auslaufefrist von zehn Tagen. JederBerkehr von S<« aus nach den blockirten Häfen hort aber sofort bei Ausbruch des Krieges auf, nachdem die Blockadeerklärung erlassen ist. Es ist kaum zu bezweifeln, daß neutralen Handelsschiffen auch in Zukunft eine gewisse AuSlaufefrist bewilligt werden wird. Es stellt dies eine gewiss« Rücksichtnahme gegen die Neutralen dar, deren Rechte man achten und deren Freundschaft man zu er halten trachten wird. In Seenoth bffindliche Schiffe können die Blockade einlauftnd brechen, ohne als Prise aufgebracht zu werdon. Alle anderen, bei diesem Versuch betroffenen Handels schiffe,-auch die neutralen, werden mit der Ladung die Beute des Feindes; die Ladung nur dann nicht, wenn der Eigen- thümer glaubhaft nachweisen kann, daß di« Blockadeverletzung gegen seinen Willen versucht ist. Interessant und den Auslegungen des immer sehr dehnbaren Seerecktes überlassen ist auch die Frage, wielangeundwo em Schiff, z. B. ein Schnelldampfer, der die Blockade gebrochen hat, noch mit Recht beschlagnahmt werden darf. Der bekannte Nechtslchrer v. Martenshat die Ansicht ausgesprochen, daß die Verfolgung aufs hohe Meer ausgedehnt werden dürfe und erst aufhören müsse, sobald der Blockadebrecher einen neutral«» Hafen anyelaufrn habe. Bluntschli sagt im Gegensatz hierzu: „Die Blockade ist ihrer Natur nach an eine bestimmte Oertlichkeit gebunden und darf daher auch nur dort gehandhabt werden." Die englische und die nordamerikanische Praxis hat die Wegnahme eines durchgeschlüpften Schiffes auch noch auf der Rückreise für zulässig erachtet. Englische Prisen gericht« sind so weit gegangen, die Wegnahme jedes Schiffes auf hoher See für zulässig zu er klären, das die Absicht hat, die Blockade zu brechen. (Bluntschli.) Es ist völkerrechtlich anerkannt, daß jede Küste ganz oder theilweise blockirt werden kann. Der Suez- Canal darf jedoch nach dem Vertrage von Konstantinopel (1882) niemals als blockirt erklärt werden. Eine Blockade dauert nicht länger, als sie wirksam ist. Ein plötzlicher Sturm, welcher die blockirenden Schiffe momentan zerstreut, hebt die Blockade nicht auf. Wohl aber wind dieselbe durch eine feindliche Streitmacht ausgehoben, wenn die blockirenden Schiffe sich von dieser dauernd zurückziehen müssen. (Bluntschli.) Aus Obigem geht hervor, daß die Blockade (als Mittel im Kriege) jederzeit gegen uns Anwendung finden kann. Das zur Zeit be- stehendeVölkerrechtermöglichteS.diesMittel in feiner ganzen Schwere ohne jede Ein schränkung gegen unS zu gebrauchen. Der Krieg in Südafrika. Don einer Entscheidung irgendwo auf dem weiten Ge' lände des Kriegsschauplatzes ist nickls zu vernehmen. Die einzige Nachricht, die vorliegt, erzählt auS RenSbnrg vom 2. d. M., daß die englische Vorbnt in der letzten Nackt Achtertang besetzte und daß die Boeren sich bei NorvalS- pont verschanzen. Ein weitere- Telegramm meldet: * RenSbnrg, L. März. (Reuter'» Bureau.) Heute ging ein Zug nach ColeSberg-Junction ab. Zahlreiche Mannschaften arbeiten an der Wiederherstellung der Eisenbahnlinie ans Narwals- Pont zu. Der Telegraph nach Eolesberg ist offen. Die Boeren sind sämmtlich nach dem Oranje-Freistaat zurückqekehrt. Die englichen Zeitungen lassen die Boeren sich nach Frieden sehnen. Es meldet die zweite Ausgabe der „Times" auS Lourentzo MdrqueS vom 2. d. M.: „Nach richten auS Transvaal zufolge hat Präsident Krüger Pretoria verlassen, wie man annimmt, um sich mit Präsident Steijn zu beratben. Wohin er sich hegeben bat, ist unbekannt. Diejenigen, die die gegen wärtige Stimmung der Boeren kennen, nehmen eS als wahrscheinlich an, daß der Schritt, der amtlich nicht be stätigt ist, den Vorläufer einer Einleitung von Friedens- Verhandlungen bilde." Ob Krüger diesen Schritt tbatsächlich gethan hat, ist vielleicht nock zweifelhaft, daß sich aber, da die Boeren sich anscheinend doch einem großen, ibnen an Zahl weit über- legene» Heere gegenüber befinden, bei ihnen auch eine gewisse Müdigkeit einstellt, kann wobl angenommen werden. D,e Engländer benutzen einstweilen die Rübe, nm idyllische Bilder aus den Lazarethen zu schildern. So lautet ein Telegramm: * LouSo», 3. März. Da- Krirg»amt «rhielt folgend« Depesche de» Frldmorschall« Robert- au» OSfon- tetn unter dem 2. d. M.: „Ich komme soeben von einem ganz eiligen Besuch« Kimberley« zurück. Ich war über dl« unter der dortigen Bevölkerung herrschende Begeisterung sehr erfreut. WaS unser« Kranken und Verwundeten angrht, so sind alle öffentlichen Gebäude in Epitäler umgewandelt worden, und da« Möglichste für die Behaglichkeit der Leute ist geschehen. Die freundliche Art, wi« verwundet« Boeren und Briten zusammen über ihre «rieglersahrungen plauderten, macht« Ein- druck auf mich. Mit Freud« sah ich auch, wie unsere Soldaten vor dem Abmärsche noch dem Modder-Rivrr ihr« Zwieback-Rationen mit den gefangenen Boeren thrilten; einige der armen Burschen waren im Lager halb verhungert." Die Berichte unparteiischer Berichterstatter melden, daß die Boeren sich in allen Lagen ihren Feinden gegenüber menschenfreundlich gezeigt haben. Eine hervorragende Thal vermögen wir in der Theilung der Zwiebackrationen nicht zu erkennen. Eronje. * Die Londoner „St. James Gazette" schreibt: „Tronje bat sich nun endlich nach einem so langen und ent- schlosscuen Widerstande und gegen »ine so überlegene Strritmacht ergeben, daß wir im Augenblick keine Parallele dazu in der Geschichte finden. Wik haben keine persönliche Zuneigung zu Cronje, denn wir Haden die Tag« von Bronkrr» Ipruit und P o t ch e sS stro o m nicht vergessen, aber dennoch verdient dieser Man» unsere wärmste Bewunderung für die beispiellose Energie in der Führung, di« «r in diesen Tagen entfallet hat. Sein Verholten wäre schon lobenswerth, wenn er discivlinirte Truppen befehligt hätte, aber die Fähigkeit, rin« so buntscheckige Truppenmacht zujammcnzuhalten, beweist einen Herrscher geist, wie er bisher wohl nur Weiiigr ausgezeichnet hat. Die Gabe der Führerschaft ist weit verschieden von persönlichem Muth» und zweifellos viel seltener. Wir wollen hoffen, daß der Jahrestag von Majuba uns auch noch die lang ersehnte Nachricht deS Entsatzes von Ladysmith bringen wird." Im Verlauf ihrer Schilderung vergleicht die „St. James Gazette" dann den Verzweiflungs kampf Cronje's mit dem Kampf am Cpionskop und sagt, wenn sich die Truppen bis zur Dunkelheit dort gehalten und die Nacht zn Schanzarbeiten benutzt hätten, wäre der Rückziia nicht nöthig gewesen — dort hätte der rechte Befehlshaber gefehlt. Darüber seien alle Kriegscorrcsponbenlen einer Ansicht gewesen. Aus jenem Kampfe könne man die Lehre ziehen: Ordre, Contreordre, Tösordre. Die „St. James Gazette" sagt am Schlüsse dieses Vergleiche wörtlich: Es ist kein Vergnügen, solche Vergleiche anzustellen, aber die politische Lage ist augenblicklich so ernst, Laß cs unbedingt no!h- wendig ist, dem Publicum die Wahrheit zu sagen, wenn sie auch bitter ist. Im Baerenlager bei Paarvcbcrg. * London, 1. März. Ueber einen Besuch im Lagerder Boeren kurznachderUebergabe weiß der Reuter'sche, natürlich etwas englisch, färbende Berichterstatter, der erste, der sicy dort umgesehen, manches Interessante zu erzählen. Man wundert sich am meisten, schreibt er, wie die Boeren es unter dem furchtbaren Aüsgeruch aushalten konnten. Alle zehn Schritte lagen tobte Pferde, Maulthiere und Ochsen und verpesteten dit Luft in entsetzliche Weise. Der Fluß hat gegenwärtig hohes Wasser und an jeder seichten Stelle sammeln sich aufgetriebene Thierleichen. Die Verfassung des ganzen Lagers und der Schützengräben spotten einfach jeder Beschreibung. Als ich mich auf dem nördlichen Ufer dem Lager näherte, querte ich erst unsere Laufgräben, di« vortrefflich angelegt sind. Es war bei uns die Regel, jede Nacht 50 oder 100 Schritt vorzustoßen und dann rasch einen Schützengraben auszuwerfen, der unS in Stand setzte, tagsüber ein lebhaftes Feuer zu unterhalten. Die letzten drei Nächte hatten uns fast in Pistolenschußweite von den Schützengräben der Boeren gebracht, und dann war ein kurzer nächtlicher Kampf in der Nähe gefolgt, und als eS Morgen wurde, hatte sich Cronje genöthigt gesehen, die Waffen zu strecken. DaS ganze Flußufer auf beiden Seiten war mit Reihen von feindlichen Gräben durchzogen, aber mit Gräben, wie man sie nie vorher ge sehen hat. Es sind thatsächlich unterirdische Wohnungen und ganz bombcnfest, wenn das Geschoß nicht grade in daS Ein gangsloch einschlägt. Geschoss« mit annähernd flacher Flugbahn konnten daher gar keine Wirkung thun. Ich war der erste Be- >, richterstatter, der das Lager besuchte, ehe die Wache eintraf, um die Gefangenen abzuholen. Die Leute, mit denen wir bisher so heiße Kämpfe gehabt, lagen oder saßen in Gruppen umher. Ihre Züge waren hager und verwittert. Fast alle riefen nach einem Tropfen Schnaps. Das Lager war thatsächlich zerstört. An allen Ecken fand man die ausgebrannten Feuer, auf denen die Boeren den Morgenkaffee gekocht hatten. Die Freude Uber das Ende dieser greulichen Belagerung leuchtete aus allen Gesichtern und zeigte sich in jeder Bewegung. Die Leute lachten und scherzten auf allen Seiten und hofften, sie würden bald einen Trunk Whisky erhalten. Die Oranjer sprachen fast alle englisch. Sie machten sich vor der Hand keinen Kummer über den Aus gang des Krieges oder über den Verlust der Freiheit. Alles wurde über der Freude der augenblicklichen Erlösung vergessen. Es waren unter den Belagerten auch einige Frauen und Kinder. Glücklicher Weise war unter ihnen, mit Ausnahme eines Mäd chens, das an e-ner Fingerspitze verletzt war, Niemand, der unter der Beschießung zu Schaden gekommen war. Ich war beim Ab^ schied zwischen verschiedenen Männern und ihren Frauen oder Schwestern zugegen. ES war herzerreißend. Frauen, wie Männer weinten bitterlich. Unter den Boeren waren auch ganz junge Burschen zwischen 16 und 18 Jahren. Die meisten waren TranSvaaler, denen ihre trotzige, unternehmende Haltung ganz abhanden gekommen war (?). Die Vollständigkeit des heutigen Fanges ist im Hinblick auf den entschlossenen Charakter des Feindes bemerkenswert-. Man hatte zum Wenigsten gedacht, sie würden Geschütze, Gewehre und Munition vor der Uebergabe zerstört haben, allein di« einzigen zerstörten Waffen waren die Vickers-Maximgewehre, die von unseren Granaten getroffen waren. Drei britische Offfcieve und neun Soldaten waren als Gefangene im Lager. Nach ihrer Erklärung wäre daS Bom bardement geradezu fürchterlich gewesen. Man hatte auch ihnen in tiefen Srdlöchcrn Obdach und Schutz gegeben und sie über haupt in jeder Hinsicht freundlich behandelt. Einzelne von den gefangenen Doerrn fragten mich sorgenvoll, ob Bloemfontein von uns besedt sei. Cronje'S Führung wurde von ihnen mit kriti scher Schärfe erörtert. Er sei, meinten sie, «in ganz guter Kopje- vertheidiger, aber im offenen Felde kein Heerführer. Al» der Be fehl zum Aufbruch km und e» hieß, den Fluß zu überschreiten und nach unserem Lager zu ziehen, bot sich ein ganz seltsames Bikd. Jeder Mann packte auf, was er tragen konnte, Kessel, Pfannen, Decken und sonstige- Geräth, und warf sein Gewehr auf einen von zwei Haufen, die bald ganz gewaltig anwuchsen. Die Furt war bedeutend angeschwolkn und die Gefangenen mußten die Beinkleider ausziehen, um durchzuwaten. Da» ganze Schauspiel machte mehr den Eindruck von Scherz und MuthwiNen, als daß cs einen tragischen Act im harten KrtegSdrama zur An schauung gebracht hätte. Die Leute lachten und bespritzten ein ander mit Wasser, schienen überhaupt den ganzen Vorgang al- ungeheuer spaßhaft aufzufassen. Nur Wenige waren unter
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