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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.03.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000307019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900030701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900030701
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Diese Besorg- nist ist naturgemäß noch gesteigert worden durch das gewalt- Ihätige Borgehen Englands gegen die beiden südafrikanischen Re publiken, und wenn man Zur diese letzteren in den Niederlanden die lebhaftesten Sympathien hegt, so sind diese Empfindungen nicht nur aus die StammeSvevwandtschaft zurückzufühcen, son dern auch auf daS unbehagliche "Gefühl: „men res Abitur". Denn es liegt aus der Hand, daß ein Erfolg der Engländer in Südafrika die Neigung, früher oder später auch die niederländi schen Colonien zu annectiren, steigern muß. Und da nun nach den letzten Ereignissen der endgiltige Erfolg der Engländer als wahrscheinlich anzusehen ist, so ist die Besorgniß der Nieder länder auf das Höchste gestiegen. Diese Besorgniß ist auch keineswegs ungerechtfertigt. Cham berlain, den man den eigentlichen König von England nennen könnt«, hat etwas von dem Ehrgeize und dem Eroberungssinne Ludwig's XIV. an sich. Und vielleicht wird er dem Beispiele jenes Monarchen, den Eroberungen einen Schein von Recht zu geben, folgen. Ludwig XIV. richtete bekanntlich 1679 die be rüchtigten Röunionskammern ein, die zu untersuchen hatten, welche Länder einmal irgendwie mit den im Westfälischen Frieden und im Nimweger Frieden Frankreich zugcsprochenen Territorien in Verbindung gestanden hätten. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, könnte England einen gewissen „historischen Anspruch" auf Theile des holländischen Colonialbesitzes machen. England hat Thecke von Holländisch-Guayana bereits 1665 in Besitz ge nommen, 1781 hat es sogar ganz Holländisch-Guayana erobert und 1796 sich abermals m den Besitz von Surinam gesetzt. Ebenso haben die Engländer von 1811 bis 1814 Java in Besitz gehabt. Einen Borwand, sich des Sunda->Archipels, so weit er nieder ländisch ist, zu bemächtigen, können die Engländer leicht finden, wenn sie dem Beispiele ihrer angelsächsischen Vettern jenseits des OceanS folgen. Wie die Amerikaner erst die Eubaner aufgehetzt haben, um dann „im Namen der Menschlichkeit" einschreiten und sich der herrlichen Insel bemächtigen zu können, so könnten auch die Engländer ohne allzu viele Mühe Unruhen der Eingeborenen in Holländifch-Jdien Hervorrufen und sich' dann auch im Namen der Humanität — Humanität ist bekanntlich eine angelsächsische Specialität — rinmischen. Die Kämpfe mit den Atchinesen sind erst vor wenigen Monaten zur Ruhe gekommen, und es dürfte den Engländern nicht allzu schwer werden, die kriegerischen Ein geborenen zu erneuten Unruhen zu bewegen. Es soll natürlich nicht gesagt werden, daß die Gefahr einer englisch-niederländischen Verwickelung heute oder morgen ein treten müsse, aber die Holländer sind im Rechte, wenn sie diese Gefahr als vorhanden ansrhen. Sich aus eigenen Kräften gegen einen englischen Raubzug zu wehren, ist Holland selbstverständ lich nicht sm Stande. Die Engländer würden mit der kleinen niederländischen Flotte noch sehr viel schneller fertig werden, als mit den beiden südafrikanischen Republiken. Da die Niederländer nun ihrer Ohnmacht sich bewußt sind, so denkt man an Deutschland als Retter in der Noth. Daran muß man denken, wenn man die niederländischen Freundschafts betheuerungen und die in angesehenen holländischen Blättern zum Ausdruck gebrachten Wünsche eines engeren Anschlusses an Deutschland würdigen will. Daß die Niederländer trotz der Stammesverwandtschaft an sich übergroße Sympathien für Deutschland hätten, kann man nicht behaupten. Der Niederländer ist viel zu hochmüthig, um den Deutschen, den er als einen Parvenü ansieht, innerlich als gleich berechtigt anzusehen. Er fühlt sich als Träger einer älteren und feineren Cultur, er ist durchschnittlich reicher als der Deutsche — der Geldbeutel spielt bei dem Niederländer eine große Rolle —. und er besaß eine ruhmvolle Geschichte zu einer Zeit, in der Deutschland dank feiner jammervollen Zerrissenhüt auf dem Tiefpunkte stand. Wenn man also jetzt in den Niederlanden sich gern an Deutschland attachire» möchte, so sprechen dabei nicht löbliche Sentiments mit, sondern die bloße Ängst. Deshalb ist es wohl gestattet, auch deutscher seits ohne jede Sentimentalität an die Frage heranzutreten. Wenn Deutschland als Schiedsrichter aufgerufen würde, ob die gegenwärtigen niederländischen Colonien den Niederlanden ver bleiben oder an England gelangen sollten, so wäre die Antwort von vornherein gegeben. Die Niederlande haben ihre Colonien nicht nur mit großer Thatkraft erworben und fcstgehalten, son dern sie auch mit Fleiß und Ausdauer zu größter wirthschaftltcher Blüthe gebracht. Sie habe» also nicht nur ein historisches, son dern auch ein moralisches Recht, ihre Besitzungen weiterhin zu behalten, ganz anders als Spanien, das durch Habsucht und Liederlichkeit seine Colonien von der Blüthe zum Verfall gebracht hotte. Nun würde aber England, wenn es sich in drn Besitz der niederländischen Colonien bringen wollte, nicht Deutschland um einen Schiedsspruch angehen, sondern die Sache allein mit den Niederländern austragen wollen. Und da ist es denn die Frage, ob e» Deutschlands Aufgabe wäre, den Niederlanden in einem Kriegsfälle zur Seite zu stehen. Diese Frage stellen, heißt sie verneinen. Gewiß wäre ein Bündniß mit den Niederlanden für die Letzteren von größtem Werth«, aber wohin würde e» Deutsch land führen? Selbst wenn seine Flotte schon so stark wäre, wie sie nach der Flottennovelle in einer Reihe von Jahren werden soll, würde sie sammt der niederländischen der englischen kaum gewachsen fein. Jedenfalls würde Deutschland bei der In feriorität seiner maritimen Machtmittel sich und seinen Handel der schwersten Gefahr aussetzen, wenn es in einen solchen KritL sich stürzte, und ginge es, wie »orauszusehen wäre, geschmückt au» ihm hervor und müßt» dann, noch bevor eS sich erholt, mit seinem westlichen, auf «ne günstige Gelegenheit zur Zurück- forderung der Reichslande beständig harrenden Nachbar einen neuen Kampf auf Leben und Tod bestehen, so würde Englands Rache unausbleiblich sein. Läge «her infolge einer solchen Rache Deutschland am Boden, so würden die Niederlande ihres Colonialbesitzes doch verlustig gehen. Nur einen Aufschub dieses Verlust,» klnnk» also Deutschland mit seinem Eintreten siir die Niederlande und mit den schwersten eigenen Einbußen herbei führen. Und dazu, sich zu opfern, nur um Andere eine Weile vor einer Gefahr zu behüten, ist das mit so schweren Opfern wieder aufgerichtete deutsche Reich denn doch zu gut. Es hat Lasten genug zu tragen, um sich selbst schützen zu können; als Hüter des Rechts in der Welt dazustehen, kann nicht seine Auf gabe sein. Dies hat -Deutschlands größter Staatsmann immer mit der größten Entschiedenheit zuriickgewiesen. Der Kriea in Südafrika. —p. Drahtmeldungeu englischer Blätter vom Kriegsschauplatz im Oraujcsreistaat berichten, die Stellung der Boeren ziehe sich vom Nordnfer nach dem Südufer de» Modderstusses und decke hier achtzehn Meilen. General French habe am Sonnabend ein erfolg reiches Scharmützel mit dem Feinde gehabt und zwar habe er die Stellungen der Boeren nördlich vom Flusse mit Artillerie beschlossen. Eine größere Bedeutung ist diesen Bor kämpfen nicht beizulegen. Bon» Ceutralkricgsschauplatz im Norden der Capcolonie wird gemeldet: * Loudon, 6. März. (Telegramm.) Vom Krieg-schau- plape sind dein „Reuter'schen Bureau" folgende Nachrichten zugegaugen: Sterkstroom, 5. Mürz. Die Boeren haben gestern Stormberg geräumt. — Dordrecht, ü. März. General Brabant hat über die Boeren einen vollkommenen Sieg errungen; diese befinden sich mit Geschützen und Wagen in vollem Rückzüge. Die Verfolgung wurde ausgenommen. (Wdhlt.) * Sterkstroom, b. März. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus".) General Gatacre rückte heute in Storm- berg «in, ohne auf Widerstand zu stoßen. Die Boeren haben die Einfahrten zur Eisenbahn zerstört, die Station selbst aber un beschädigt gelassen. * Loudon, 6. März. (Telegramm.) Ueber den Sieg des General» Brabant berichtet eine Nachricht des „Reuter'schen Bureaus" au- Dordrecht unier dem 5. d. M. Ausführlichere-: Die Engländer verloren fünf oder sechs Mann, eroberten eine Befestigung des Feindes und verbesserten die Stellung wesentlich. Die Boeren fochten hartnäckig und machten den Engländern jeden Zoll des Bodens streitig Schließlich wurde der Feind überwältigt und zog sich zurück, indem er di« Kanonen undWage» mitnahm. Die Verluste der Engländer an den beiden Togen beziffern sich auf 30 Mann, davon 12 oder 13 Todte. Die Verluste aus feindlicher Seite sind unbekannt und wahrscheinlich schwerer als die der Engländer. General Brabant's Sieg ist wieder einer von denjenigen, welche, bei Licht besehen, auf eine Schlappe der Engländer hinauskommen. Wir haben es in allen jetzt aus dem Norden der Capcolonie kommenden Meldungen lediglich mit Rück zugsgefechten der Boeren zu thun. Sie haben Ordre, sich nordwärts, über den Oranjefluß, zu ziehe» und decken diese Bewegungen vorzüglich, indem sie ihren Train in Sicher heit bringen und dabei dem Feinde noch empfindliche Berluste beibringen. In Natal beschäftigen die Boeren Buller'S Truppen noch in kleinen Gefechten ebenfalls nur, «m den Rückzug zu decken. So wird gemeldet: * Latztzsmith, 3. März. Ein Theil der Besatzung machte heut« einen Erkundigungsmarsch nach dem Norden und stieß hint«r dem Pepworth-Hügel auf Boeren. Es folgte ein Gefecht, doch wurde der Angriff nicht durchgrführt, und die Truppen kehrten mit nur leichten Verlusten hierher zurück. Vom Umbulwana- Berge führen die Boeren alle Geschütze ab. (Wdhlt.) Eine Ladysmither Drahtmeldung des „Standard" besagt: „Die Boeren führten ihren Rückzug höchst meisterhaft durch, sie zogen sich aus der Nachbarschaft von Ladysmith zurück, ohne einen Wagen oder Ochsen zurück zulassen, nur einige kleine Lager fielen den Briten in die Hände. Der Versuch eines Theile» der Besatzung, die Boeren zu verfolgen, scheiterte, weil Mannschaften und Pferde nach den schweren Entbehrungen zn schwach waren, um rasch vor- »ustoßen. Die Boeren bildeten ein großes Depot in Dundee. Es wird jedoch bezweifelt, ob sie südlich von den Drakensbergen Stand halten werden." Jur augenblickliche» Kriegslage schreibt ein «deutscher Offerier in der „Londoner Finanz- Chronik": Nach monatelangem Ringen und vielfachen Rückschlägen haben die englischen Waffen endlich entscheidende Siege zu ver zeichnen. Ladysmith ist entsetzt, und General Cronje hat seinen fruchtlosen Kampf aufgegeben und sich bedingungslos ergeben. Der zähe Widerstand, den dieser tapfere Führer mit einem nur ungefähr 4000 Mann und wenigen Geschützen starken Eominando der englischen Uebermacht, die ihn für eine Woche eingeschloffen hielt, entgegengesetzt hat, ist m der That be- wunderungswürdig, doch verdunkelt er keineswegs den Glanz der britischen Operationen. Am entscheidenden Orte mit Uebermacht auftreten zu können, um den taktischen Erfolg zu sichern, ist eben die Kunst des Stra- tegen, und was Lord Roberts in dieser Beziehung geleistet hat, dürften die folgenden Angaben einigermaßen deutlich machen. Die Entfernung von Modder River-Station nach Paardeberg »st dreißig enalifche Meilen; die Verkehrsstraßen sind einfache, nicht aufgeschitttete Landwege, über welche der ganze Transport nach der Front geführt werden mußte. Nach der Verlustliste zu urtheilen, muß Lord Roberts wenigstens 35 000 Mann oder ein ArmeecorpS zur Verfügung gehabt haben. Die MunitionS- cokonnen eine» solchen Truppenkörpers beanspruchen allein eine Wrgekänge von drei engNschen Meilen, da aber in Südafrika lediglich Ochsen al» Zugthiere benutzt werden, so muß man die Länge auf da» Doppelte, also auf sechs englische Meilen an nehmen. Die gesammte, in diesen Colonnen vorhandene Jnfanterie- und Artillerie-Munition kann aber, wenn ein Kampf von früh bis Abends währt, in einem Tage verschossen werden, und dann muß für Nachschub gesorgt werden. Die Länge des übrigen Transportes eines Armeecorps be läuft sich auf ungefähr acht englische Meilen und muh bei Ochsenbespannung abermals verdoppelt werden. Während des Kampfes bei Paardeberg muß also eine endlose Kette von Wagen nach Modder River-Station zurückgegangen sein. Wer sich diese Transportschwierigkeiten vergegenwärtigt, der wird verstehen, was es hieß, als Lord Roberts nach der Ent deckung, daß Commandant Cronje sich von Magerssontein ins Innere zurückzog, seine Truppen nach rechts schwenken ließ, um in Gewaltmärschen die Fühlung mit dem enteilenden Gegner wieder aufzusuchen. Die Zahl der zu Gefangenen gemachten Boeren ist zu gering, um auf den weiteren Fortgang des Feldzuges irgend welchen wesentlichen Einfluß auszuüben; dagegen dürfte der Verlust eines Führers, wie es der General Cronje ist, von den Boeren schmerzlich empfunden werden. Jedenfalls werden die mate riellen Folgen des englischen Sieges bei Paardeberg von den moralischen bedeutend übertroffen. (?) Die Siegeszuversicht der Boeren muß stark erschütert sein, (?) während die der britischen Truppen in gleichem Maße gestiegen sein muß; der Hauptvortheil jedoch liegt darin, daß vie aufrührerischen Elemente der Cap- Colonie sich jetzt ruhig verhalten werden, (?) was wiederum die Folge hat, daß ein großer Theil der zur Deckung der rückwärtigen Verbindungen zurückgelassencn Truppen für den Dienst in der Front verwendbar wird. Es fragt sich jetzt, was Lord Roberts thun wird. Nach Bloemfontein vorzurllcken, um von dort den Marsch nach Norden anzutreten, ist unmöglich, so lange die 6 bis 7000 Mann starten Commandos des Gegners noch südlich des Oranje- Flusses stehen. Bloemfontein selbst ist zwar zu erreichen, ob gleich die Transportschwierigkeiten ganz bedeutende sein müssen, da die Entfernung von Modder River-Station — der augenblick lichen Basis für Lord Roberts' Truppen — nach der Hauptstadt des Freistaates nahezu 100 englische Meilen beträgt; jedoch kann Bloemfontein erst dann zur Basis für rin weiteres Vordringen be nutzt werden, wenn die diesen Ort mit der Cap-Colonie ver bindende E i s e n b a h n in die Hände der britischen Truppen ge kommen ist. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß die Stellung der Boeren auf dem Südufer des Oranje-Flusses eine äußerst gefährdete werden muß, sobald Lord Roberts versuchen sollte, ihnen in den Rücken zu kommen; und da nicht anzunehmen ist, daß der britische General sich die ihm dargebotene Gelegenheit entschlüpfen lassen wird, so dürften die weiteren Operationen etwa fol gende Züge tragen: Das Gros der englischen Truppen bleibt zwischen Paarde berg und dem zehn englische Meilen südöstlich gelegenen Petrus- berg stehen, und sichert sich gegen etwaige von Natal eintreffende Commandos durch eine nach Nordosten vorgeschobene linke Seitendeckung, der wenigstens zwei Cavallerie-Regimenter bei zugeben sind. Eine Avantgarde wird gegen Bloemfontein vor geschoben, während ein rechtes Seiteudetachement gegen von Süden kommende Commandos sichert. Die übrige Ca- vallerie des Generals French geht in breiter Front nach Süden vor, unterbricht die Bahn unterhalb Bloemfonteins und nimmt Verbin dung mit der in den Herschel-Di st rict einge drungene nCavalleriedes Ober st Brabantauf. In dieser Weise kann Lord Roberts den feindlichen Truppen im Süden dasselbe Schicksal bereiten, das General Cronje bei Paarde berg getroffen hat. E» ist Wohl anzunehmen, daß die aus Natal zurückgehenden Boeren energische Versuche machen werden, ibren Waffengenossen Hilfe zu bringen, doch dazu gehört Offensivkraft, welche Eigenschaft den sonst so braveniKriegern der Republiken abgeht. (Demgegenüber möchten wir folgende Stelle eines Artikels des bekannten russischen Staatsraths Bloch in der „Neuen Freien Presse" citiren: „Obwohl das Terrain im Oranje-Freistaate ebener und die Ueberwachung der Wege dem gemäß leichter ist, so würden dennoch zahlreiche Tbuppen er forderlich sein. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, daß die Boeren als vorzügliche Reiter die englischen Truppen im Rücken beunruhigen, welch' letztere große Raumflächen occupiren müssen, um Futter für die zahlreichen Pferde und Ochsen beschaffen zu können. Der schwere Wachtpostendienst und die Möglichkeit häufiger Verluste könnten auch den Geist der Truppen ungünstig beeinflussen. Der Muth der Officiere würde darunter wohl nicht leiden, von den Soldaten aber, die den Tag unter der afrikanischen Sonne, welche die Energie tödtet, und die Nacht in der Angst, von heranschleichenden Boeren getödtet zu werden, verbringen müßten, kann man dasselbe nicht er warten.") Mit diesen Operationen dürfte Lord Roberts auch ein politi sches Ziel verbinden, nämlich den Freistaat zu zwingen, das Bundesverhältniß zum Transvaal zu lösen und die Waffen niedergulegen. Damit wäre der erste Hauptact des Krieges ge schlossen, und der zweite, nämlich die Besiegung der Transvaal- Republik, würde beginnen. Es ist nicht zu leugnen, daß dieses zweite Object weit größere Schwierigkeiten wie das erstere bietet. Erstens einmal sind die Bürger des nördlichen Staates besser zum Kriege geeignet, wie die des südlichen, dann aber bietet auch das Gelände zwischen Winburg und Pretoria eine Reihe sehr guter Defensiv st ellungen, während für die englischen Truppen jeder nach vorwärts ge machte Schritt die Transportschwierigkeiten vermehrt. Man muß bedenken, daß die Distanz von Port Elizabeth nach Pretoria 900 englische Meilen beträgt, also ungefähr dieselbe Entfernung wie zwischen Berlin und St. Petersburg. Dazu kommt, daß die einzig verfügbare Bahnlinie eingleisig ist, und daß die vorhandenen Ausweichgleise für militärische Zwecke durch aus ungenügend sind. Dergleichen Gleise, welche eine Länge von wenigstens 500 Metern haben sollen, müssen erst von Etappe zu Etappe gelegt werden, wie es auf der Strecke von Tape Town nach Modder River-Station bereits geschehen ist. Aus der letzteren Haltestelle ist in der That ein ausgedehnter Bahnhof ge worden. Unter diesen Umständen ist es kein Pessimismus, zu be haupten, daß, wenn Präsident Krüger entschlossen ist, den Kampf bi» auf» Messer zu führen, den englischen Truppen di» Ha u p t s ch w i e r i g k e i t e n noch bevor stehen. Es ist aber auch kein Optimismus, der Ueberzeugung Ausdruck zu geben, daß die britischen Heere die Schwierigkeiten überwinden werden. Arminius. SiegeSfrruVe tu Euglisch-rützafrika. Die Nachrichten von der Uebergabe Cronje's und der Entsetzung von Ladysmitb haben unter den Uit- länbern in Südafrika natürlich ungeheuren Jubel er zeugt. In Kapstadt war man vor Freude ganz außer sich, und es wäre beinahe zu ernsten Zwistigkeiten zwischen den Eapbolländern, die trotz oder vielleicht wegen der Nieder lagen sich fester denn je an daS Brudervolk geknüpft fühlen, und den Uitländern gekommen. Aus Pietermaritzburg und Durban werden ähnliche Borfälle gemeldet, und besonder- in letzterer Stadt scheinen die Wogen besonders hoch ge gangen zu sein. Die im Hafen liegenden englischen Kriegsschiffe hatten zuerst Kenntniß von der Entsetzung Ladysmith- und begrüßten die Botschaft mit donnernden Salutschüssen, die zuerst die Stadt nicht schlecht alarmirten. Dann erfuhren die Bürger, um was cS sich handelte und in einem Nu waren alle Läden geschlossen, rin großes Meeting wurde arrangirt und da es nun einmal in der Natur de- Eng ¬ länders, und vielleicht nicht in seiner allein, liegt, der Freude so laut wie nur irgend möglich Ausdruck zu geben, fing schon wenige Minuten später ein wahrer Höllenlärm an, die Wände der sonst so stillen Stadt zu erschüttern. Sämmtliche Schiffe im Hafen und die Fabriken ließen ihre Dampfpfeifen ununterbrochen heulen, Böllerschüsse und Feuerwerk thaten ihr Bestes, um sich in dem Hurrah und Hallob des begeisterten Bolkes bemerkbar zu machen, und die Glocken der Kirchen lieferten den Baß zu dem mehr gewaltigen als harmonischen Eoncert. Transvaal-Flüchtlinge, die schon längere Zeit in Durban weilten, wurden auf einmal der Mittelpunct all gemeiner Herzlichkeit, Blessirte vom Kriegsschauplatz«, die die Stadt in langen Transporte» passirten, wurden von der begeisterten Menge fast aus den Wagen gerissen, um sich die Hände drücken zu lassen, und in der ersten Folge wurden sogar die armen Sünder aus dem Polizeigesänguiß geholt und sehr zu ihrer Ueberrasckung staute pecke amncstirt. Eine große Anzabl Familien in Durban Hal Verwandte in der Stadt Ladysmith wohnen, uvd es läßt sich begreifen, mit welcher Freude sie erfuhren, daß nun für diese daS Ende ihrer Leiden und Entbehrungen, die wirklich bitter gewesen sein müssen, gekommen sei. Nachmittags versammelte sich dann Alt und Jung vor den: Rathbause, wo der Bürgermeister an die nach einigen Tausenden zählende Menscbenmeuge eine zündende Ansprache hielt, uud die Absendung von Dank- und Begrüßungs telegrammen an Buller und Sir George White vorschlug. Die Depeschen wurde» dann abgesantt und auch an den Bürgermeister vonLadysmith gingen Glückwunschtelegramme ab. Die in Durban augenblicklich ziemlich stark vertretenen Ausländer uud Afrikander waren natürlich wenig erbaut von den SiegeSiiachrichten, aber e» kam nicht zu größeren Reibereien. Schiedsgericht; Vermittelung. Die Nelv Yorker „World" veröffentlicht ciue Mittheilunz des Or. LeydS, in welcher cS heißt: „Ich habe niemals den geriogste» Zweifel gehabt an Präsident Krügers Wunsche, alle Differenzen in ehrenhafter Weise beizulegen. Sei» so oft ausgesprochener dringender Wunsch nach einer schiedsgerichtlichen Entscheidung beweist auf das Klarste, daß er bereit war, eine chreubafte und unparteiische Lösung anzunehmen, und es ist ganz außer allem Zweifel, daß irgend ein Juterveutionsvorschlag, um den Krieg auf solch einer versöhnlichen Grundlage zu beenden, ibn bereit finden würde, trotz der von den Republiken er rungenen Vortheile. Präsident Krüger hat niemals den Krieg gewünscht und wünscht ihn auch jetzt nicht; sein eigenster Wunsch ist Frieden; aber er würde die Unabhängigkeit der Republik weder jetzt »och ehemals jemals opfern. Die moralische Rückwirkung von General Cronje's Uebergabe kann nicht bedeutend sei», wcun man im Auge behält, daß unser Volk mit uugeschwächter Entschlossenheit für seine Rechte und seine Freiheit kämpst uad je mehr es bedrängt wird, um so entschlösse»»! und einstimmiger sich dem Feinde entzezenstellen wird. Ich bin überzeugt, daß die Truppen des Freistaats genau so denken. Sie fühlen, daß ihre Eristeuz als freies Volk an dem Tage aufhören wird, wo die südafrikanische» Republiken unterliegen. Eine schiedsrichterliche Entscheidung war stet- unser Leitmotiv. Ich glaube, die Republiken würden deshalb auch jetzt diesem Gruudsatze entsprechen. Sollte England indeß sich »»versöhnlich erweisen, so werden die Republiken nur noch entschlossener kämpfen und jede Muskel zur Bertheidiguug ihrer Unabhängigkeit anspannen. Zn diesem Falle werde» auch die Sympathien der Holländer in Südafrika allmählich mehr und mehr zu uosereu Gunsten erwachen." Tie übriger. Moraenblätter erörtern, zum Theil eingehend, die Aussichten eines Schiedsgericht», und die meiste» betonen nicht nur, daß Präsident McKinley bereit sei, seine Dienste in dieser Richtung aozubieten, sondern daß er unter der Hand sowohl in London, wie in Pretoria diese Bereitwillig keit habe durchblickrn lasse». Die südafrikanische» Republiken hätten darauf sofort erklärt, sie seien stets bereit gewesen und auch jetzt geneigt, sich einem Schiedsgerichte in ihrem Streite mit England zu unterwerfen. Andererseits deutet nichts darauf hin, daß man in London ähnliche Weg« einzu schlagen geneigt sei. Die englische Presse enthält sich beute im Ganzen noch jedes EommentarS über diese inbirecten Kühler. Wo davon Notiz genommen wird, geschieht es im Tone kalter, hockmüthizer, fast beleidigter Abweisung und e» wird immer wieder in beinah« drohenden Wort«» bctont, daß England keinerlei Intervention dulden werde. Aber offenbar fürchten die ZinaoS doch die Einwirkung fried' liebender Rathschläg« auf die Regierung und kündigen dr-halb
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