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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.03.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000317010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900031701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900031701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-03
- Tag1900-03-17
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Reclamen unter dem Redactionsstrich (4ge- spalten) 50-^, vor den Familiennachrichten (6 gespalten) 40 ^- Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höheren: Tarif. Sptra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderung 60.—, m,t Postbesörderung ^l 7V.—. Fnnahmeschluß für Änzeigen: Abeud-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittag» 4Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eint halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 138. Sonnabend den 17. März 1900. 81. Jahrgang. Neues von der Deutschenhehe in Australien. Wir veröffentlichten vor wenigen Tagen «in« Correspondenz aus Adelaide über die Deutschenhehe in Australien. Ueber diese für uns Deutsche natürlich besonders wichtig« Angelegenheit bringt jetzt ein Bericht des ständigen Mitarbeiters der „Welt- Correspondenz" in S yd ne y 6. ä. 6. Februar -werthvolle neu« Milherlungen und Ergänzungen. Zunächst giebt der Bericht erstatter die folgende sehr interessante Darstellung des scan- La lösen Vorganges von Broken Hill: Kürzlich circülirte in Broken Hill (der Silberstadt in Neu- Süd-Wales) ein Gerücht, daß einige Mitglieder des dortigen deutschen Clubs sich über di« britischen Niederlagen in Süd afrika amiisirt und auf den Erfolg der Boeren angestoßen hätten. Dies verursachte eine lärmende Demonstration eines Sonntags Abends, als alle Leute über das pro und contra des Krieges disputirten, und nist jedem Glas Bi«r wurde die Dis putation heftiger. Eine Bande von Leuten, Mehrere von ihnen etwas sehr angesäuselt, beschloß, ihre Loyalität ganz und gar zweifellos zu beweisen, und als Jemand vorschlug, der deutsche Club sollte eigentlich ganz und gar „ausradirt" werden („ouxllt to b« rvipeck out"), wurde dieser Vorschlag enthusiastisch ausgenommen. Eine Bande von circa 200 Leuten formirte sich in Colonnen, allerdings di« Meisten in etwas schwankender und unflätiger Weise (des Bieres wegen), und marschirte, britisch - patriotische Lieder singend, die Straße zum deutschen Club hinauf. DasMst angekommen, machten sie Front und begannen wieder zu singen. Di« Mit glieder des Clubs, die ruhig drinnen ihr Lagerbier tranken und sich an importirten Delicatessen ihres Vaterlandes ergötzten, kamen heraus, um zu sehen, was eigentlich los war. Da schrie Einer von den Ruhestörern: „Nieder mit den deutschen !" (Das Wort, für das ich die Gedanken ¬ striche mache, ist nicht zu übersetzen, sogar die englischen Zeitungen machen Striche.) „Hurrach!" kam die Antwort, und mit einem gewaltigen Anstoß stürzten sich die Leute auf die Thür 'des Clubs, warfen «in dort stehendes Mitglied um und drängten in den Dorsaal hinein. Die erstaunten Deutschen (circa zwölf) schickten sich jetzt an, ^diesen frechen Angriff abzuwehnn und bewaffneten sich mit Stühlen oder ähnlichen Waffen. Ein mächtiger Kumpf schien bovorzustehen, als Polizeidiener Ward, ein Mann von beinahe herkulischer Kraft, erschien und in wenigen Augenblicken das Local säuberte. Ms jedoch einer der Angreifer schrie, man müsse sich nicht von Sinem Polizeijokel schlagen lassen, schaarten sie sich wieder zusammen und stürzten sich brüllend auf die Thür. Aber Ward stand fest und, seinen Revolver hervor ziehend, sagte er kühl und gelassen: „Ihr werdet etwas hieraus bekommen, wenn Ihr Euch nicht in Acht nehmt!" Trotzdem drängten Die, die sich weiter hinten befanden und den Revolver nicht sahen, vorwärts, und di« Geschichte fing an, einen sehr ernst haften Anschein anzunehmen. Da erschienen, zwei weitere Polizeidiener (per Telephon herbeigerufen) und die Menge wurde vernünftiger und rekirirte, rächte sich jodvch durch das Singen des hier jetzt sehr on voxus befindlichen Liedes: „Lons ok tdc ?en, alt Lr-itisü ko^s etc." — Noch zweimal sammelte sich die Menge vor dem Club an, doch kam es zu weiter nichts als zum Gesang beliebter englisch-patriotischer Lieder. — Soweit ich er fahren kann, ist Niemand arrrtirt worden, und stillschweigend scheint dieser Hausfriedensbruch übergangen zu wer den, welchen verschiedene Zeitungen unter dem Titel ^Loyale- tätinBrokenHill" rühmend anerkennen! Dieses Dorkommniß steht aber keineswegs Ver ein z e l t da. Ich erwähne vielmehr noch den folgenden Fall: P a st o r d e Haa S von der deutschen Kirche in Charters Towers (Queensland) las am Neujahrstage im „Charters Towers Miner" die Meldung, daß er (der Pastor) schon Charters Towers verlassen hätte, engagirt als Offtcier für die boerifche Armee, und daß er am vorhergehenden Sonn tage, noch Abhaltung der Abendkirche, sich von der Gemeinde ver abschiedet habe. Er erklärte darauf dem Redacteur, daß an dem betreffenden Sonntage gar kein« Abewdkirche stattfand, daß er sich von Niemandem veräbschwdet habe, daß er noch an Ort und Stelle sei, daß er weder als Officier, noch als irgend etwas Anderes von den Boeren engagirt worden ist, und daß er über haupt niemals etwas mit den Boeren oder deren Agenten zu thun gehabt hätte. Trotzdem erfuhr er, daß, als am 1. Januar Morgens 8 Uhr zwei Officier« des Queensländischen Con- tingents Charters Towers verließen, fämmtliche Coupßs nach ihm durchsucht worden wären, und daß die Leute schon den Theertopf und die Federn bereit hielten, um ihm die bekannte anglo-ameri konische Lynchstrafe „tar and ksntfisr" angedeihen zu lassen. Bis nach d«m Wharf in Townsville wurde er verfolgt und gesucht. Die» Verhalten gegen den Pastor muß als um so skandalöser bezeichnet werden, als de HaaS unt«r großen persönlichen Opfern die Föderationsangeleyenheit in Queensland gefördert hat und sein« Verdienste um diese Sache von dem damaligen Premierminister Dixon öffentlich anerkannt worden sind. UrberauS charakteristisch ist ferner, daß, als vor wenigen Tagen per Kabel gemeldet wurde, daß di« Floltenvorlage im deutschen Reichstage Aussicht auf Annahm« habe, diese Nachsicht am Placatenbrett einer hiesigen Tageszeitung mit unter dem Titel „Neueste Krteglnachrtchten au» dem Transvaal" gedruckt wurde. Ueberhaupt kennt di« Leidenschaft und Gehässigkeit der australischen Zeitungen gegen Deutschland kein« Grenzen. M» eine Probe ihrer Leistung«» mögen hier folgende Sätz« au» einem Leitartikel de» „Maitland Mercury" angeführt werden: „Wa» hat England Deutschland angethan, daß dieses allein von all«n europäischen Mächten seine besten Officiere abgesandt hat, um gegen die britischen Armeen in Südafrika zu kämpfen? Durch Englands moralisch« Hilfe wurde Deutschland in Stand gesetzt, Frankreich 1870/71 zu be siegen*), und unsere Freundschaft hat Deutschlands Erfolge in Kamerun, im Stillen Ocean und in China möglich gemacht. Mr haben den Deutschen unser« Häfen, Herzen, Familien uNd -Handelshäuser geöffnet. Sie haben freie Häfen, Schifffahrt und HandelSchancen in all' unseren colonialen Häfen, und diese Liebe, Offenherzigkeit, Güte und die glichen Handellrechte haben *) Diese Umkehrung de« historischen Gachverbalt«» verdient bemerkt zu werden. (A. d. R.) die Deutschen unverschämt, gierig, neidisch und feindlich gesinnt in Bezug auf England gemacht. Kann Undankbarkeit weiter getrieben wenden? Mr verwöhnen die Deutschen in diesen Colonien mit Güte." Der Krieg in Südafrika. -g. General Pretyman hat, wie un» telegraphisch gemeldet wird, al» Gouverneur von Bloemfontein eine Proclamation erlassen, in der alle Bürger innerhalb eine» Umkreises von 10 Meilen aufgefordert werden, bei Strafe der ConfiScatiou ihres Eigentbums die Waffen abzuliefern. In der holländische» Bevölkerung Bloemfonteins herrsche große Erregung. Jedenfalls keine freudige. Der Enthusiasmus, der dem einziehenden Sieger entgegengebracht wurde, scheint also nur bei der nicht- boeriscken weißen Einwohnerschaft bemerkbar gewesen zu sein, bat also für die Stimmung der Freistaatler nicht die geringste Bedeutung. Diese erblicken nach wie vor in den Eng ländern ihre geschworenen Feinde, und ihr Haß gegen den Eindringling wird sich jetzt, wo man seinen Fuß im Nacken schon zu spüren beginnt, nur noch mebr steigern. Zum Mindesten wird der Einzug Roberts' die Wirkung üben, die Böcke von den Schafen zu sondern, das Band um diejenigen Boeren, Oranjer wie TranSvaaler, die nach wie vor gesonnen sind, bewaffneten Widerstand zu leisten, fester als bisher zu knüpfen und so den Verband der boerischen Feldtruppen in seiner innern Festigkeit zu stärken. Das bedeutet für die Boeren einen Gewinn im Unglück, der, da sie wirklich zum Aenßersten entschlossen sind, nicht zu unterschätzen ist. Inzwischen giebt eine von der „Köln. Ztg." mitgetbeilt« Zuschrift an die „Times" Aufklärung über die Stimmung der Oranjer vor dem Kriege, die für die Beurtheilung gerade an dem gegenwärtigen Wendepuncte deS Feldzuges wertbvoll ist. Der Krieg gegen England, so wird darin auSgeführt, sei auch im Oranjrstaat durchaus volkS- thümlich gewesen, und es sei eine Fabel, daß Präsident Steijn seine Landsleute in den Feldzug hmeingehetzt habe. Denn England sei im Freistaat genau so verhaßt gewesen wie in Transvaal und bei den Capboeren, zudem sei, im Vertrauen auf das Mausergewehr, die beste Waffe der Welt, die Meinung allgemein gewesen, daß ein Krieg gegen England kaum größere Gefahren biete als etwa ein IaadauSslug, da man die britischen Sol daten wie die Böcke auf der Jagd aus sicherer Entfernung abzusckicßen gedachte. Aber auch wirthschaftliche Gründe seien hinzugekommen, denn daS Land zum Farmen sei knapp geworden. Vor zwanzig Jahren sei eine Farm von 4000 Hektaren gerade als ausreichend betrachtet worden, seitdem seien diese Farmen jedoch mehrfach getbeilt worden, und außerdem sei daS Land im Preise gestiegen. Der Krieg habe daher die Aussicht geboten, neue Landstriche hinzu zugewinnen. Die Stadt Bloemfontein. In seinem vor vier Jahren erschieoenen Werke: „Im- pressions ok Louth Afrika" (Eindrücke auS Süd-Afrika) bezeichnet Professor Bryce Bloemfontein als die einzige Ortschaft im Oranje-Freistaate, die Anspruch darauf er heben kann, eine Stadt zu sein. Sie ist Sitz der Re gierung und liegt an der großen Eisenbahnlinie von Capstadt nach Pretoria, 750 englische Meilen von der ersteren und 290 von der letzteren Stadt. In Europa würde man es ein „freundliches Städtchen" nennen, eine nette, frohmüthige Ortschaft mit 3700 weißen und 2500 schwarzen Einwohnern. Sie liegt unter einer felsigen Kopje eingemstet und sckaut nach Süden und Osten auf endlose Ebenen aus. Die Luft ist trocken und erfrischend und soll für Lungenleidende besonders gesund sein. Bloemfontein ist nicht nur eine der kleinsten, es ist auch eine der nettesten und in seiner bescheidenen Art eine der brsteingerichteten Haupt städte der Welt. Es hat ein ursprünglich von der britischen Negierung gebautes kleines Fort, ein Zeughaus, ein Gottes haus der EpiScopalkirche und eine römisch-katholische Kathe drale, sowie holländisch-reformirte Kirchen, öffentliche Anstalten aller Arten, einen geräumigen Marktplatz mit einem guten Club und guten Gasthof, breite, reinlich gehaltene Straßen, Gärten mit Bäumen bepflanzt, die jetzt so groß sind, daß der ganze Ort im Grünen zu liegen scheint. Auch besitzt Bloemfontein ein National-Museum, ein stattliches Gebäude für die gesetzgebende Versammlung, dessen Haupträumlichkeit gerade so geschmackvoll, hell und gut eingerichtet ist, wie in irgend einer britischen Colonie oder in einem amerikanischen Staat. „Der Ort ist außerordentlich ruhig," schrieb Pro fessor Bryce im Jahre 1896, „und die Bewohner leben sehr einfach, doch nicht billig, denn die Preise sind hoch, und Dienstboten so theuer und in so geringer Zahl, daß sie bei nahe unerschwinglich sind. Jedermann ist über Armuth er haben, aber noch weiter vom Reichtbum entfernt. Es ist daS irylliscbeste Gemeinwesen in Süd-Afrika und würdig, dir Hauptstadt dieses zufriedenen und glücklichen Staates zu sein. Keine großen Industrien haben sich in den Freistaat ein gedrängt und socialen Zwist angestiftet. Keine Capitalisten führen die Tugend der Gesetzgeber in Versuchung oder sind grnölhigt, die Angriffe von Raubgesellen durch Bestechung abzuwehren. Keine religiösen Streitigkeiten ent zweien die Christen, denn «S herrscht völlige Glaubensfrei heit. Keine Schwierigkeiten besteben wegen britischer Suze- ränität, denn die Republik ist völlig unabhängm. Es giebt keine Streitigkeiten mit Eingeborenen. Dem Ehrgeiz winkt kein Preis. Keine politischen Parteien haben sich gebildet. Die Steuern sind gering und eine Staatsschuld giebt eS nicht. DaS Staatswappen zeigt eiueu Löwe» und ein Lamm, die von einem Orangenbaum getrennt sind, mit der Inschrift: „Freiheit, Einwanderung, Geduld, Muth": obgleich der Löwe seit 1871 au« den Ebenen verschwunden rst, so beweist doch sein« friedliche Haltung neben dem Lamm di» Verbrüderung zwischen den britischen und holländisch«» Einwohnern und den Geist der Eintracht, den der verstorbene Präsident Brand dem öffentlichen Leben in der Republik eingcflößt hat. Im Oranje-Freistaate entdeckte ich", so schreibt Bryce, „im Jahre 1895 diejenige Art Gemeinwesen, welche die Ein bildung der Philosophen des letzten Jahrhunderts schuf. Es ist eia ideales Gemeinwesen, nicht sowohl auf Grund irgend einer besonderen Tugend seiner Einrichtungen, sondern weil man hier die wirtbschaftlichen und socialen Zustände nickt kennt, welche die Demokratie in den amerikanischen Staaten und in den größeren britischen Colonien, von den europäischen Völkerschaften der alten und der neuen Zeit nicht zu reden, um ihren Erfolg gebracht haben." Der un selige Krieg hat diese idyllischen Zustände allerdings gründ lich geändert. Wir lassen hier die bis gestern Abend eingetroffenen actuellen Mittheilungen folgen: * London, 16. März. (Telegramm.) Die Abendblätter berichten aus Banzyl vom 13. d. M.: Der Uebergang über den Oranjesluß wurde heute erfolgreich forcirt, vermuthlich durch General Clement». Die auf den Hügeln stehenden Boeren wurden überrascht und setzten dem Uebergange keinen Widerstand ent gegen. Gegenwärtig wird eine Pontonbrücke für die Hinüber schaffung der schweren Geschütze hergestellt. Eia kräftiger Vorstoß steht bevor. * Eapstadt, 16. März. (Telegramm.) Eine Abtheilung her Cap-Polizei unter dem Befehle des Capitän» Wooler hat Ba rkly East besetzt. * London, 16. März. (Telegramm.) Die „Times" berichten aus Capstadt unter dem 15. d. M.: Nach einem hier eingegangenen Privatbrief aus Johanesburg vom 2. d. M. befanden sich die Minen zur Zeit des Abganges des Briefes vollkommen in Ordnung; die meisten hätten sofort in Betrieb genommen werden können. * Neapel, 16. März. (Telegramm.) Der Hilsssekretär des Ministeriums des Innern der Bereinigten Staaten von Nordamerika, Davt», ist an Bord des Dampfer» „Kanzler" aus Pretoria hier eingetroffen. * New Bork, 16. März. (Telegramm.) In Cooper'» Union wurde gestern Abend eine Versammlung zu Gunsten der Boeren abgehalten. Unter den Rednern war auch der frühere Generalconsul in Transvaal Montague White. Der Vor sitzende der Versammlung äußerte in einer Ansprache, der Krieg sei nicht eher vorbei, ehe nicht die Boeren im Grabe lägen oder sich alle Engländer auf der Flucht befänden. Montague White wiederholte die Ausführungen einer gestrigen Zuschrift an die „World". Der Redner Wessels be schuldigte England unter Anderem, daß es den Eingeborenen Schießwaffen zum Kamps gegen die Boeren liefere. Montague White bemerkte nach der Versammlung in einem Interview, cs würde aus strategischen Gründen zu rechtfertigen sein, weun die Boeren Johannesburg in die Lust sprengten, und verwies auf den Brand von Moskau im Jahre 1812. Die Boeren hätten nie ernstlich Bloemfontein vertheidigen wollen, da es infolge seiner Lage zur Vertheidigung nicht geeignet sei. (Reutermeldung.) BoShof. Don Kimberley aus bat eine englische Truppen-Abtbeilung den vierzig englische Meilen nordöstlich gelegenen Ort BoShof besetzt. BoShof zählte im Jahre 1895 332 Einwohner und dürfte heute, obwohl eS der Mittelpunkt deS Handels der Umgebung ist, kaum mehr als 500 Einwohner haben. Die Lokalität ist an und für sich von geringem Werthe, hat aber insofern eine gewisse strategische Bedeutung, alS ein dort befindliches englisches Detachement in der Lage ist, die einzige Straßenverbindung des Marschalls Roberts von Modderriver-Station über IacobSdal, Emmaus und PetruSburg nach Bloemfontein gegen von Norden kommende feindliche Streifcorps zu decken und dadurch den geregelten Transportdienst zu sichern. Allerdings müßten die Engländer zu diesem Zwecke auch daS nördlich von Bloem fontein an der Eisenbahn gelegene Brandfort (Keerom) occupiren. Für den Fall, baß Marschall Roberts die Offen sive gegen Norden aufnehmen sollte, könnten endlich von BoShof auS die linke Flanke der Boeren bedrohende Operationen eingeleitet werden. Neber die Fehler der Boeren. Ueber Fehler der Boeren heißt eS in einem Berichte der „Franks. Ztg." auS Capstadt vom 21. Februar: Die Entsetzung Kimberleys bedeutet für die Boeren mehr als eine einfache Niederlage, denn mit Kimberley als Basis ist den Engländern der ganze Freistaat preisgegeben. Nichts hindert sie mehr, auf dieser 150 km langen, durch keinen Berg, keine Schluckt durchzogenen Ebene gegen Bloemfontein vorzurücken. DaS Schlimmste bei der ganzen Sache ist, daß die Engländer durch Besitzergreifung der Freistaater Bahnlinie einen Keil zwischen die östlichen und südwestlichen Heere der Boeren treiben und die letzteren obendrein von ihrer nördlichen Basis abschneiden können ;damit würden die südlich vom Oranje stehenden Boeren- heere gezwungen sein, sich entweder inS eigene Land zurück zu ziehen, falls dies ihnen überhaupt noch gelingt, oder als ab gesprengte HeereShaufen ihre Wahl zwischen TodeSkampf und Ergebung zu treffen. Und das sind dieselben Heere, die ooch vor zweieinhalb Monaten mit Leichtigkeit hätten gegen die capländisch« Hauptbahn vorstoßen und die Engländer bei De Aar und Victoria West vernichten können, womit den letzteren jede Möglichkeit benommen worden wäre, überhaupt Über die Grenzen des Karroo vorzudringen. Damals standen ungefähr 10 000 Engländer gegen die doppelte Urbermacht der Boeren, welch letzteren obendrein 2000 coloniale Boeren deS NichmondS-Districteü die Hand zu bieten bereit waren. So rächt sich ihre Zaghaftigkeit, ihre Furcht, anzugreifen, ihr Princip, den Feind stet» nur hinter Schanzgräben zu er warten, statt ihn aufzusuckru und vorzustoßen, wo sicherer Erfolg winkt. Um Opfer a» Menschenleben zu sparen, hat der Boer sich alle Trümpfe au« der Hand nehmen lassen, jetzt muß er doppelt hergeben, wa« er am unrechten Orte Hal sparen wollen. Glücklich, di« Engländer in Kimberley einschließen zu können, dachten die Boeren gar nicht daran, weiter südwärts zu gehen und die Colonie zu revol- tiren; Woche um Woche verrann; die englischen Verstärkungen trafen ein,und als die Boeren dieselben bei Magersfontein zurück schlugen, wurde ihr Zaudergeisl dadurch nur immer stärker, gleich als müsse sich an den Felsen ihrer Stellung jede nachfolgende Kriegswoge wie die vorangegangenen brechen. Wieder ver strichen fast ganze zwei Monate, während welcher das englische Entsatzbeer von ca. 10 000 Mann auf daS Dreifache stieg. Ein neuer Wind setzte ein und mit Schrecken erkannten die Boeren, daß die Brandung dieses Mal nicht mehr an ihre Felsenburg trieb, sondern daran vorbei, in einer Richtung, wo sie sich nickt mehr dagegen stemmen konnten. Dem möchten wir noch hinzusügen: ES scheint nicht recht begreiflich, daß in der langen Zeit, während welcher die Engländer in Natal sich die Köpfe einrannten, für die Ver theidigung der Westgrenze deS Oranjefreistaales auch nicht das Geringste gethan worden ist. Man mußte doch auf einen Vorstoß der Engländer gegen Bloemfontein gefaßt sein ^und wenn sich das Terrain in der westlichen Hälfte des Frei staates fick auch nickt besonders für Defensivstellungen, wie die Boeren sie lieben, eignet, so hätten die verschiedenen Boden erhebungen doch in wirksamerer Weise vorbereitet werden können, als es nachher beim Anmarsche Roberts' in aller Hast und Ueberslürtzung geschah. Ueber den Kampf bei Abrahamskraal liegt heute der officielle Bericht des Commandanten Delarey vor. Danach hat nicht einmal die Gesammtnachhut der Boeren unter De Wet im Feuer gestanden, sondern nur mehrere hundert Mann unter Delarey und Cellier. Der Bericht schätzt die diesen gegenüberstehenden englischen Truppen, gerade wie die englischen Berichte, auf 40 000 Mann, welche vom Westen und Südwesten gleichzeitig angriffen und die kleine Boerenschaar zu umgehen und abzuschneiven suchten. „Sie bombardirten zuerst, sagt Delarey, die von Commandant Cellier's Artillerie besetzten Stellungen und brachten dann ihre In fanterie nacheinander inS Feuer. Auf dieser Seite verloren wir nur 2 Verwundete. Als die Engländer sich überzeugt hatten, daß sie sich der Straße an dieser Stelle nicht be mächtigen und gegen Bloemfontein durchbrechen konnten, warfen sie ihre ganze Mackt unter gleichzeitiger Umgehung vom Süden her auf unsere äußerste linke Flanke, welche den Straßenkopf deckte. Ich stand dort selbst mit 300 Mann der Pretoria Schutzmannschaft auf einer Anzahl KopjeS, die wir erfolgreich und trotz immer wieder erneuter Angriffe starker und durch frische Truppen ersetzter Infanteriemassen bis zum Einbrüche der Nacht hielten. Der Kampf hatte hier um 9 Uhr Morgens begonnen. Drei Mal versuchte der Feind mit erdrückender Urbermacht unsere Stellungen zu stürmen, wurde aber stets geworfen. Unsere BurgherS fochten beldcn- müthig. Dann versuchten die Engländer einen letzten a ll- gemeinen Sturm mit ganz frischen Truppen, wobei ein Theil derselben sich bis aus 40 m heranwagte, auch dieser Angriff wurde, unter schweren Verlusten für die Briten, abgeschlagen. Unsere genauen Verluste konnte ich, da die Nacht inzwischen angebrochen, noch nicht feststellen." Die letzte officielle Verlustliste, welche daS KriegSamt gestern Abend ausgab, steigt plötzlich um über 2000 Mann gegen die Officialliste von Anfang der Woche. Sie zählt auf: Officiere todt, im Kampfe gefallen . . 194 - verwundet 601 « gefangen . 150 Mannschaften todt . . . 1847 - verwundet 8755 Gefangen 3372 Krankheiten erlegener Officiere und Leute 955 Summa 15 874. Die Militär-Attach«S Rußlands und Hollands sind, wie aus Capstart gemeldet wird, dorthin unterwegs, nachdem alle ihre Versuche, Lord Roberts zu ihrer bedingungs losen Freigabe, d. h. zu der Erlaubniß zu veranlassen, auf direktem Wege sich zu den Boeren zu begeben, ge- 'scheitert. Sie sollen angeblich (wir geben die Meldung unter aller Reserve wieder, da sie ganz unglaublich klingt) von einer britischen Cavallerieabtheilung auf offenem Felde gefunden, gefangen genommen und unter EScorte inS Lager gebracht sein. Die englischen Reiter fanden die beiden Officiere, deren Wägelchen ein Rar gebrochen hatte und sie deshalb nicht weiter konnten, auf offenem Veldt, hielten dieselben für fremde Officiere in Boerendieusten und machten sie deshalb feierlich zu Ge fangenen. Die Versicherung der Militärattaches, sie kämpften nicht für die Boeren, wurde nicht geglaubt. Lord Roberts verfügte allerdiag» dir „Freilassung" beider Herren, ver weigerte aber ihnen die Erlaubniß, ihren Weg fortzusetze», und bestand darauf, daß sie nach Capstadt zurückgingen uns sich eventuell von dort einschifften, wohin sie beliebten, oder aber al« seine Gäste bei ihm im Lager blieben. Der Appell an Pte Mächte. AuS London, 15. März, wird unS geschrieben: Die Boerenrepubliken haben sich entschlossen, direct an die Großmächte zu appelliren und gleichzeitig die öffentliche Meinung Europas in autoritativer Weise über die Vorgänge in Südafrika aufzuklären und zu diesem Ende die kürzlich in Lourentzo Marques eingetroffenen Mitglieder der beiderseitigen Regierungen Abram Fischer und A. D. W. WolmaranS als FriedenSabordnuug nach Europa gesandt, beide Herren sind am 13. Marz auf dem deutschen Dampfer „Kaiser" abgegangen. Präsident Krüger scheint nach den letzten Meldungen au» Pretoria von dem Erfolge dieser Abordnung so überzeugt (?), daß er bereit- dir baldigste Herstellung des Frieden- als zweifellos ankündiate, bi- dabin aber müsse die gesammte Holländernation in Südafrika, und zwar sowobl der beiden Republiken, als in der Capcolonie mit dem Mulle der vrrzweifelung und dem «nrrschütterlichen Gottvertrauen den Kampf forlführen.
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