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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.03.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190003253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000325
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000325
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-03
- Tag1900-03-25
- Monat1900-03
- Jahr1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.03.1900
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vtl«» i.o. I. o. ,. v. t. l>. t. o i.o. i.0. , . 0. i.0. 1.0. t. o. loLpM m.Lp-V i.0. i^o. I.o i.0. t. 0. u. I4I.-0 :-A l. o »UV». i»uv». ». Bezrtgs-Preis tu dir Hauptrxpedition oder den im Ttodr- bezirk und den Bororten errichteten Au?. Nabestellen abgehott: vierteljährlich ^t!4.c>0, i>ri »wrimaliger täglicher Zustellung ins Haus ü.LO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte täglich« ttrruzbandiendung in» Ausland: monatlich 7.L0. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag» um b Uhr. Redaktion und Expedition: IohaimiSgaffe 8. Di*Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geSffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: Alfred Hatz« vorm. v. klemm'» Sorttin. Universitätiskrahe 3 (^yaulinum), Loui» Lösche, Katharinmstr. 14, pari, und König-Platz 7. KiMcr. TaMatt Anzeiger. Amts Statt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Ruthes «nd Natizei-Ärntes der Stadt Leipzig. Auznigeu Preis die 6 gespaltene Petitzeile So Psg. Reklamen nuler dem Redactivn-strich säae- spalten) 50vor de» FamilirnnnchrichNa (6gespaU«u) 40,^. Äröbere Cchrislen laut unser«», PreiS- vrrzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. Irrt»«-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung -M 60.—, mit Posibeförderung .»l 70.—. Ännahmeschtuß für Anzeigen: Abend-AuSgabe: BormütagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Mir. § Bei den Filialen und Annahmestellen je «in» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expedition zu richten. Druck «nd B«rlag von L. Polz in Leipzig. 94. Jahrgang, s a- 153 Tonvtag den 25. März 1900. sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstrafre 35 Herr L. V. Llttol, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste L Herr Iseler, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 6. D. 8ellubei'1'8 XL6l»ko1§or, Colonialwaarenhandlung, Frankfrrrter Straste (Thomasiusstr -Ecke) Herr Otto Llautsedke,Colonialwaarenhandlung, «öhrstraste 15 Herr Llluarü lletrer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr U. L. ^Ibreellt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert Vreluer, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau Llselier, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert 4Luer, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodei-t Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr HLrert Lluüuer, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr kaul Luek, ^uuouevu-LxpeiUtlou, Eisenbaünftraße 1, Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das 2. Vierteljahr 1900 baldgeMrgst veranlassen. Der Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 50 mit Brrngerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 8 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannisgasse 8, die Filialen: Katharmenstratze 14, Königsplatz 7 und Universitätsstrahe 3, Ranftsche Gaffe 6 Herr Lileür. Ll8eker, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. Colonialwaarenhandlung, Schützenstraste 5 Herr «lut. 8ellnmloden, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr L. vlttrloll, Cigarrenhandlung, BortstraM 32 (Ecke Berliner Straße) Herr L. VV. Llvtr, Colonialwaarenhandlung, Zeiher Straste 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 6. OrütLwaiUl, Zschochersche Straße 7 a, - Reudnitz Herr IV. LuKmaiui, Marschallstraße 1, - - Herr 0. 8eüwiüt, Kohlgartenftraße 67, - - Herr Leruli. li eber, Mützengeschäft, Gabelsbergerftraße 11, - Thonberg Herr k. Lüutseü, Reitzenhainer Straße 58, - Volkmarsdorf Herr 6eor§ Xtemnnu, Conradstr. 55 (Ecke Elifabethftr.). I«rL7 — risvsos. m.r. M.S8S. »ttvu. li ^lsr'L 0- i.o. I o. I o. IQ. I 0 t b. i 0. I 0. i d I v. I o > o. I. l). ' v. l o. l t. o o. :Ir Ukl lx ' o. pp ss Aus der Woche. Da wir im Reiche und in den Bundcsftaatcu da» parla- mentariscke RegierungSsysteni nickt haben, so ist eS nickt üblich, auf einen Zeitpunkt, in dem das Parlament nicht aus noch ein weiß, daS Wort „Krisis" anzuwenden. Der Aus druck ist ministeriellen Schwierigkeiten Vorbehalte». Man könnte ihn dennoch und gerade deshalb für die gegenwärtige Lage gebrauchen, denu daS im Reichstage herrschend« Cyav» ist im Grunde nichts Anderes al» ein Spiegelbild der auf vollkommener System- uud Programmfreihett be ruhenden chronischen Zerfahrenheit im RcgicrungSlager. Schon daS, wofür aus den eisten Blick der Reichstag allein ver antwortlich gemacht werden könnte, der schleckte Besuch, ist eine Begleiterscheinung der gouvernementalen Zerfahrenheit. Descklußunfäbizkeit war auch unter dem alten Curse keine unbekannte Erscheinung, aber sie kam nicht bei wichtigen Entscheidungen zum Vorschein, und daS Gesckrei, das sich erhob, wenn einmal der letzte Reichstag des alten Regimes, der „Cartellreichstag", nickt in der sür Abstimmungen ver fassungsmäßig vvrgeschriebencn Anzahl versammelt war, be weist nur nachträglich, wie viel schlechter die Dinge geworden sind. Heute wird, wenn nickt gerade ein Parlamentüscandal zu bereden ist, über einen beinahe an daS Vacuum gehenden AbsentiSmuS kaum mehr ein Wort verloren, geschweige denn über die zur Deschlußunfähigkeit nothwenvige Abwesenheit von 198 Abgeordneten. Ursache: Wir haben keine Parteien mehr, mit denen die Regierung Fühlung hat. Man könnte das vielleicht besser mit den Worten ausdrücken, wir haben keine Regierung mehr, mit der die Parteien zusammcnarbeiten können, aber dem siebt entgegen, daß die Parteien, die für eine zielbewußte Reichspolitik überhaupt in Frage kommen könnten, vom herrschenden Regiments zermürbt worden sind. Man wollte — cs hieß „Versöhnungspolitik" — alle Parteien und alle Schichten für sich haben, und daS Endergebnis; ist, daß die alten Feinde geblieben sind, waS sie gewesen, und die Freunde irre gemacht, zerstreut, theilweise durch ein von oben geradezu provocirtes Hervortrcten einer bei der Socialdemo- kralie und dem Czntrum in die Sckule gegangenen Dema gogie auf Abwege geführt, jedenfalls geschwächt sind. ES giebt keinen Mittelpunkt mehr und wo ein solcher sich noch zeigt — die Flottenangelegenheit hätte einer werden tonnen — da wird der mögliche allgemein-nationale Effect verdorben durch einen auf die Dauer nicht zu ver heimlichenden Mangel an staatsmännischem Ernst, durch deu bösen Schein, als ob der angestrebte Zweck Selbstzweck sei, und nicht zum Wenigsten druck erregende gesetzgeberische Impromptus, deren mißverständlicher und eigensüchtiger Aus beutung mit spätdourbonischer Lässigkeit begegnet wird. Wie ist doch mit diesem Reichstage, der — wer will eS leugnen? — sehr erhebliche Opfer bringen soll und sie vor dem Lande rechtfertigen muß, verfahren worden? Man bat, um nur zwei Beispiele anzu führen, in der Commission sür daS Fleischbeschaugesetz eine — nach dem Anhänge der Eomm'sflonSmitglieder berechnet — sehr starke Mehrheit für Beschlüsse ent stehen lassen, die die Regierungen jetzt zu acceptiren sich außer Stande sehen. Man hat die Beschlüsse aber entstehen lassen; die „Warnungen" vor dem Flrischeinfuhrverbote, die ein „RegierungScommissar" ergehen ließ, können nach dem Commissionsberichte gar keinen sonderlichen Eindruck auf Abge ordnete gemacht haben, die, wir man auch daS Einfuhrverbot betrachten mag, zu einem guten Tbeile von an sich sehr verständigen Erwägungen sich haben leiten lassen. Wenn Beschlüsse solcher Art im Anzüge sind, und wenn man sie nicht annehmen zu können glaubt, dann ge hören nicht „RegierungScommissare", dann gehört der Reichskanzler oder gehören doch die Staatssekretäre des Acußern, deS Innern und der Finanzen io die Commission. Nickt ander» verhält e» sich mit der jetzt so zerllüftend wirkenden lex Heinz«. Zwar da» Centrum, für daS eS sich hier um ein Fanal handelt, wird nicht zu bekehren gewesen sein, aber bei den Eonservativru waren von Anbeginn hin sichtlich der Beibehaltung der jetzigen Strafbestimmungen über da» Wohnen der Dirnen und m Bezug auf den Theater- Paragraphen rutlov« äubitemäi vorhanden; r- haben sich auck, wie wir, eine frühere Auffassung berichtigend, nach tragen müssen, Mitglieder «nd Hospitanten der konservativen Fraktionen an» sachlichen Bedenken der Abstimmung dritter Lesung ferngebalten. Die Regierung hat sich aber von allen ernsten Anstrengungen, die Conservativen von einem Boden, den sie nicht betreten wollte, zurückgehallen. So ist man in eine Krisis bineingeratben, die geradezu giftig genannt werden kann. Bei der Gemächlichkeit deS neuen Curses, die durch feine Geschäftigkeit nicht aus geschlossen wird, ist eS nicht zu verwundern, daß man sich entschlossen hat, die Ausspannung der „gespannten inneren Politik bis nach Ostern zu vertagen". DaS sind gut vier Wocke.i, die, wenn man — daS Gegeutheil Ware ein Un-, glück - - die Flottenfrage noch in dieser Tagung im Guten oder Bösen lösen will, einen bedeutenden Zeitverlust be deuten. Es ist verdienstlich von der Budgetcommission, daß sie, um diesen Verlust einigermaßen auszugleichen, die Marine vorlage noch vor dem Feste in Angriff nehmen und wenigstens versuchen will, die sogen. Deckungsfrage zu klären. Ob daS gelingt, ist freilich noch ungewiß, da die Gegner der Flotten verstärkung der Klärung widerstreben. Wie wenig die Regierung sich auf die Oekonomie der Reickstagsgeschäfte und im Besonderen auf die Bedingung einer glücklichen Lösung der Flottenfrage versteht, zeigt die Thatsache, daß sie in dieser Woche noch mit einem anstrengenden und erregenden Entwurf einer neuen SeemannSordnnung an die Volks vertretung herangelreten ist. An eine Erledigung in diesem Frübjahr und Sommer ist nicht zu denken, man hat eS nur mit einer neuen Belastung zu tbun, und ein freisinniges Blatt hat nicht Unrecht, wenn eS meint, die Boriegung dieses delicaten Gesetzentwurfs in so vorgerückter Zeit hätte überhaupt nur einen Sinn, wenn man entschlossen wäre, den Reichstag abermals zu vertagen, anstatt zu schließen. Mit seinen gewöhnlichen Aufgaben wirb der Reichstag fertig, insbesondere -mit dem Etat, der, wie gesetzlich und wie es sich diesmal auch im preußischen Landtag ereignet, am 1. April fertig gestellt sein wird. Zur Zeit, nack der Emotion mit der I«r Heinze, schlägt der Puls des Reichs tages so schwach, wie eS selbst in der neuen Aera selten der Fall gewesen. Dabei dehnen sich die Debatten alltäglick ins Un endliche aus; 6l/z SitzungSstunden und mehr sind das Gewöhn liche. Mehl kommt auS der Mühle nickt zum Vorschein. Es bat doch gewiß nur ein historisches Interesse, wenn man sich über die Kosten brr Begleitung de« Grafeu von Bülow auf der Ierusalemreise deS Kaisers ausregt und die Position sogar in die Buvgetcommission zurückverweist. Der parlamentarische Zwischenfall kann höchstens daran erinnern, weicke ungeheure politische und wirthschaftliche Bedeutung gefällige Federn jener Reise beilegten und den Anlaß gaben, bei deutschen Exporteuren nach Kleinasien sich den Bescheid zu holen, daß der in Aussicht gestellte wirthschaftliche Effect ganz und gar ausgeblieben ist. Ueber politische Erfolge würde Gras v. Bülow, wenn befragt, natürlick Günstigeres zu melden baben. Fast so wichtig wie die Palästina-Erinnerung war die tiefgründige Erörterung LeS Bedürfnisses nach Prügeln durch die Conservativen. Di« „Köln. BolkSztg." giebt sich, wie auS einem Tele gramm im vorgestrigen Morgenblatte hervorgebt, den An schein, die Behauptungen und Anklagen der „Freis. Ztg." wegen angeblicher exorbitanter Gewinne der Firma Krupp an Lieferungen für Heer und Marine verdichten zu können. Sie rechtfertigt damit die Bermutbung, die uuS allein zur Mitthriluog der Angaben de- Richter'schen Blattes vrranlaffen konnte, daß nämlich die Sacke einiges Auf sehen erregen würde. Inzwischen hat der Abgeordnete Freiherr v. Stumm, wie gleichfalls schon berichtet, die sehr wesent- licke Behauptung, daß er von Krupp für die Unterlassung einer Concurrenz in Nickelstahl abgefuuden würde, einfach sür eine Lüge erklärt. Die anderen „Versicherungen" deS Gewährs mann«» de« Herrn Richter sind nickt so leickt zu würdigen, weil sie ohne Namensnennung erfolgt sind. Nun wird die Vermuthuug ausgesprochen, der Gewährsmann sei ein politisch dem Freisinn nahestehender Herr, der in der bekannten Proceßsache Baare gegen FuSangel, dem die elendesten Verleumdungen zu Grunde lagen, genannt wurde. In sachlicher Hinsicht wird versichert, daß die „gewordenen" Etablissements deS Herrn Krupp mit ihren Erfahrungen und moralisch wie technisch ausgezeichneten persönlichen Kräften durch noch so große Geldaufwrnbungen de» Reiche» in absehbarer Zeit ohne Schaden für da» zu Kriegs zwecken bereit zu hauende Material unmöglich ersetzt werden könnten. Politische Machtstellung und Kriegsmarine. ES bestätigt sich, daß die Budgetcommission in der nächsten Woche noch vor der Vertagung des Reichstags dieBerathung der Flottennovelle beginnen wird. Es ist deshalb angezeigt, an dieser Stelle noch einmal die Gründe zusammenzufaffen, die zur Ausarbeitung der Novelle geführt haben. BrlauntliL liegen diese Gründe in erster Lioie auf dem Gebiete der auswärtigen Politik, und eS war des halb keiu Zufall, daß seinerzeit bei Ankündigung der Novelle im Reichstage der Staatssekretär de» Auswär tigen Amtes direct nach dem Reichskanzler das Wort nahm, um alS erster der betheiligten NessortchefS die Volks vertretung über die Bedeutung der Floltenvorlage aufzuklären. DieNothwendigkeit einer Verstärkung derMarine, so etwa führte er aus, gehe hervor auS der gegenwärtigen Weltlage und auS den Verhältnissen der deutscken überseeischen Politik. Noch vor etwa zwei Jahren habe Niemand voraussehen können, in welcher Weise die Dinge der Welt in Fluß gerathen würden. Deutschland dürfe nicht unthätig bei Seite stehen, eS müsse sich darüber klar werden, in welcher Weise eS zu den Ereig nissen Stellung nehmen wolle. DaS erfordern schon unsere gesteigerten wirthschaftlichen Interessen in allen Theilen der Welt, die durch die Vermehrung der deutschen Bevölkerung, durch die Ausdehnung von Handel und Industrie entstanden, unö in die Wellpolitik hineingezogen haben. Wenn die Engländer von einem Lreuter LrttLiu, die Franzosen von einer ^ouvelle b'ruuco reden, so haben auch wir Anspruch auf ein größeres Deutschland, nicht im Sinne der Eroberung, sondern im Sinne der friedlichen Ausdehnung unseres Handels und seiner Stützpuncte. Um aber bei dieser Frage gegen alle Eventualitäten geschützt zu sein, muß eine Flotte geschaffen werden, die stark genug ist, jeden Angriff, woher er auch komme, auSzuschließen und nöthigen- fallS mit Erfolg abzuwehren. „Ohne eine wesentliche Er höhung des SvllbestandeS unserer Flotte können wir neben Frankreich und England, neben Rußland und Amerika unsere Stellung in der Welt nicht behaupten, und wir haben eine Stellung in der Welt zu behaupten. So wenig wir ohne eine angemessene Landmacht unsere europäiscke Position wahren können, so wenig können wir ohne eine erhebliche und beschleunigtere Verstärkung uuserer Seemacht unsere umfang reichen und immer umfangreicher werdenden überseeischen Interessen und unsere Weltstellung behaupten." Noch immer giebt es Völker in Europa, die ein ohnmächtiges Deutschland für sich bequemer und angenehmer finden; denen muß mit Nachdruck bewiesen werden, daß die Zeiten politischer und wirthschaftlicher Demuth in Deutschland sür immer vorüber sind. Aber ohne ein starkes Heer und eine starke Flotte können wir uns nicht aus der Höhe halten. „In dem kommenden Jahrhundert wird daS deutsche Volk Hammer oder AmboS sein." Zwingen uns somit politische und wirthschaftliche Inter essen, in die Weltpolitik thätig einzugreifen, so sprechen auch andererseits die Ehre und da- Ansehen deS Reiche» eia ge wichtige» Wort mit. Deutschland darf sich nicht, wie Graf Bülow in Stettin bemerkte, wie ein Statist im Hintergründe de» WelttheaterS hrrumdrücken, während vorn die großen Rollen agirt werden. „Da» Machtmittel der Welt- Politik ist aber", sagt Nauticu» iu seinem kürzlich er schienenen Buche „Beiträge zur Flottennovelle" mit Recht, „in erster Linie die Marine und zwar eine starke S ch l a ch t f l o t t e. Festlandspolitik kann man mit einem Heere allein treiben, Weltpolitik nicht." Unausgesetzt sind deshalb die europäischen Mächte, England, Rußland und Frankreich, und von außereuropäischen Mächten Japan und die Vereinigten Staaten bemüht, ihre Marinen zu ver stärken, und wenn auch Deutschland sich in der Flottennovelle anschickt, seine Flotte zu verdoppeln, „so geschieht die« nur nachMaßgabe unserer eigenen Deeintcressen, der politischen Verschiebungen und der wachsen den Seemacht der Gegner". Schon in einem Kriege mit Frankreich würde heute ter Marine eine ganz andere Rolle zufallen, wie 1870/7l. Aber noch ganz ander» würden dir Verhältnisse im Kampfe mit einer großen Seemacht liegen, bei dem wir unser« Armee nicht verwrrthen könnten. Unibätig würden «nserr Bataillone an der Küste stehen I müssen, während der Gegner nach Niederkämpsung unserer j kleinen Flotte unsere Küsten einer Blockade unterwirft und dadurch unserer Volköwirthschast die Lebensader unterbindet. An die Stelle der Festlandsprobleme, die noch vor Kurzem fast allein die europäischen Staatsmänner beschäftigten, sind Sorgen »mv Erwägungen getreten, die den Erdball um spannen. Für die deutsche Politik iu Europa bildeten der Dreibund und die guten Beziehungen zu Rußland die Grund lage, unsere Armee ließ uns als einen gesuchten Bundes genossen erscheinen. Heute erscheinen wir erst durch eine starke Flotte bündnißfähig. Der Gegensatz zwischen Rußland und England beherrscht die Gesammt constellation. Zwischen beiden Mächten steht Deutschland, bemüht, den Frieden zu erhalten und seine eignen Ziele mir Festigkeit zu verfolgen. Kommt eS aber dennoch zu einem Zusammenstoß der beiden Mächte, so hat Deutschland für Ruß land als Bundesgenosse nur Werth, wenn eS sich im Besitz einer starken Flotte befindet, während andererseits ein zur See ohnmächtiges Deutschland gegebenenfalls von England gezwungen werden könnte, sich ihm anzuschließen oder neutral zu bleiben, so daß nicht unser eigener Wille, sondern «in fremder uns die Marschroute bestimmen würde. Ein Zu sammengehen mit Nordamerika, mit Japan ist naturgemäß nur zur See möglich, eS bedarf keines Beweise-, daß wir ohne Flotte in den amerikanischen und den ostasiatischen Ge wässern keinerlei Geltung besitzen. Werden wir somit erst durch eine starke Flotte ein begehrcnSwerther Verbündeter, so müssen wir andererseits stark genug sein, um auch ohne Bündnisse drohenden Gefahren muthig ins Ange sehen zu können. Kein Geringerer als Fürst Bismarck hat immer wieder darauf hingrwtesen, daß kein Staat seine Existenz auf dem Altar der Bündnißtreue opfere, sondern nur so weit gebe, wie es seinen Interessen entspreche. Er wußte genau, daß alle Kunst der Diplomatie vergeblich ist, wenn nicht die Macht hinter ihr steht. Freimüthig hat er au- gesprochen, daß er seine Erfolge nur erringen konnte, weil Jedermann sich hütete, niit unseren wohlgeschulten und wohl- gefübrten Bajonetten anzubinden. Wie die starke deutsche Armee Europa seit einem Menschen alter vor dem Kriege bewahrt hat, so wird auch die starke deutsche Flotte eine neue Garantie deS europäischen und de« Weltfrieden- sein. Nicht um auf Raub auszuziehen und phantastische» EroberuugSpläuen nachzujageu, will Deutsch land zur See stark sein, sondern um seine wirthschaftlicke Entwickelung sicherer zu stellen. „Für da- heutige deutsche Reich" — sagt die Begründung der Flotten novelle—„ist dieSicherung seiner wirthschaftlichen Entwickelung, imBesouderen seine« Welthandel«, eine Lebensfrage. Zu diesem Zwecke braucht da deutsche Reich nicht nur Frieden auf dem Lande, sondern auch Frieden zur See, nicht aber Frieden um jeden Preis, sondern einen Frieden in Ehren, der seinen berechtigten Bedürfnissen Rechnung trägt." Der Krieg in Südafrika. p. Die Aufmerksamkeit wird jetzt in erhöhtem Maße auf die zersprengten voereurommantz»«, namentlich in, Süden von Bloemfontein, gelenkt. Sie sind durch vaS rasche Eindringen der RobertS'schen Armee in den Oranjefreistaat in eine sehr schlimme Lage gekommen, da sie nicht rechtzeitig von der Grenze der Capcolooie, von Eolesberg und Stormberg in nördlicher Richtung Anschluß an di« Hauptmacht der Boeren in der Nähe von Bloemfontein finden konnten und nun Gefahr laufen, abaeschvitten und gefangen genommen zu werden. Diese Gefahr ist um so drohender, je leichter e« Robert-, der eine Offensiv« der Boeren bei Bloemfontein nickt zu fürchten hat, im Augen blicke falle» muß, überlegene Truppenabtheiluugrn gegen sie auSzuschickcn. Man berichtet un« m dieser Hinsicht: * Maseru, 23. März. („Reuter'« Bunan.") Während »er letzten 48 Stunden hielten Beamte der Regierung dir britischen Truppen, dir LO Meilen von hier rutferut stehen, durch einen Heliographen in steter Krnntuiß über dir Brwrgungru drr mrhrrre Hundrrt Mann zählrndrn Abthrlluagra drr B»«r«n, welch« in rin« ikntfrrnung vva ttwa «ehnMrilra lang« drr <»»««»» dr» Bafntolande« nach Norden ziehen. Lin L»s»«»»nst»tz
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