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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.03.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000330028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900033002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900033002
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- LDP: Zeitungen
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Dirrcle tägliche Kreuzbandienduug ins Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Re-action und Expedition: LsbamttSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Alfred Hahn vorm. v. Klemm'- Sorttm. Universitätsstraße 3 (Paulinum,, Louis Lösche, ttuthenckmikr. 14. Part, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. MMer TaMatt Anzeiger. Amts Klatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Mottzei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4ge« spalten) 50^, vor den Familiennachrichtea (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Taris. —»<r«vo«— t-xtra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung 70.—. .'Annahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ei» halbe Stunde früher. Anleihen sind stets an die Expeditio» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig 163. Freitag den 30. März 1900. A. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 30. März. Der Reichstag hat für volle vier Wochen Feierabend ge macht, ohne seine großen Arbeiten beendigt zu haben. Die Zuchthausvorlage ist erledigt und die Post- und Tele graphen geseye sind sertig geworden. Außerdem, wie er mußte, der Etat. Die Spuren, die die Thätigkeit des Parlaments diesem Gesetze eingedrückt, haben wir schon bezeichnet; sie sind weder breit noch tief, was kein Vorwurf wäre, wenn die Beratbungen nicht so viel Zeit in Anspruch genommen hätten. Die Aufzählung der sonst erledigten und nicht erledigten Gegenstände mag dem Ausweise überlassen bleiben, den das Reichstagsburean zu geben pflegt. Die politischen Aufgaben sind „Restanten" geblieben: die lex Heinze, das Fleischbeschaugesetz, das contra, natiiram Mi Mneris zu einer politischen Angelegenheit gemacht wurde, und die Flottrnvorlagc. Die Budget commission, die die zuletzt genannte großeSchickfalsfrage, nachdem man sie zwei Monate hindurch sozusagen diplomatisch batte behandeln lassen, am letzten Dienstag endlich in Angriff ge nommen, hat das Plenum uni ganze 24 Stunden überlebt; sie hat gestern die Verhandlungen bis nach Ostern ver tagt. In diesen drei Tagen sind wir aber trotz der gestern und vorgestern mitgetheilten optimistischen Auf fassung der „Nat.-Lib. Corr." auch nur — von der geheim gehaltenen Eröffnung der Sitzung muß natürlich ab gesehen werden — mit Diplomatie bedient worden. Man ist so klug als wie vorher, nachdem die Centrums- abgeordneten Müller-Fulda und Gröber erklärt, sic gäben nur ihre persönlichen Anschauungen zum Besten. Wozu dann überhaupt Commissionsverhandlungen? So viel Klärung und Förderung haben schließlich die in der Sache und im Ton vielfach nicht übereinstimmenden Offenbarungen der „Köln. Volrsztg." und der „Germania" auch gebracht. Das Ergebniß der bisherigen Commissioiis- berqtbling ist ein rein negatives: das Centrnm spielt den Cunctator weiter. Vermuthungen und Verheißungen lassen sich an diese Taktik nicht knüpfen. Wenn man auf Herrn R o errn etwas zu Heben bat, so wird die Prophezeiung zu lauten haben : die Klerikalen bewilligen überhaupt nichts und aus den vorgestrigen „persönlichen Anschauungen" der Äbgg. Müller und Gröber müßte gefolgert werden, daß die beiden Herren ihre Fraetioii im Sinne einer radicalen Ablehnung von Auslandsschiffcn und vielleicht der Genehmigung der Schlacht- stotte in der geforderten Stärke beeinflussen würden. Von allein von klerikaler Seite Bemerkten ist nichts greifbar, als die gegenüber der besinnungslosen Opposition mit nicht unbemerktem Nachdruck vorgctragene Ancrkennnng, daß die Vorlage zum Unter schiede vom geltenden Flottengesetz eine Bindung des Reichstags nicht enthält. Mit dem „unentwegten" Element scheint sich daS Ccntrum in der Commission überhaupt verhältnißmäßig schlecht vertragen zu haben. Wenigstens findet die von Ohren zeugen bediente „Germania" die Darlegung des Herrn Bebel „mehr als auffallend". Uns fällt es nicht auf, daß der Socialdemokrat England den Fingerzeig gab, es könnte durch eine umfassende Schutzzollpolitik dem deutschen Wettbewerb — mit der „trockenen Guillotine" — den GaranS machen. Herr Bebel spielte sich, einem Berichte des „Vorwärts" zu folge, wie ein englischer Geschäftsträger ans, der, wie vor dreißig Jahren der soeben verstorbene Benedetti, den Auftrag bat, eine entwürdigende Unterwerfung herbeizuführen oder einen Kriegsfall zu creiren. Für ihn wie anscheinend auch für Herrn Richter, dessen verbrauchteste Finten das socialdemokratische I Commissionsmitglied in Anwendung krackte, ist die Flotten-1 Vorlage nichts weiter als ein gegen England gerichteter I Act arglistiger FriedenSbedrohunz. „Es ist gut", so ruft er im „Vorwärts" aus, „daß das Ziel der Fahrt klar enthüllt ist". Nämlich an die Kreideküste. Nun hatte aber, wie bemerkt, Herr Bebel neben dem Kriegs such den Friedensknoten in seiner Toga. Er mahnte, die rechte wie die linke Wange herzuhalten, da die Situation Deutschlands eine äußerst gefährdete sei. An diesem Puncte nun verräth der socialdemokratische Führer, wie schwer es seiner Partei ist, die Anhänger in der Flottenfeindschaft zu erhalten. Herr Bebel giebt alle Gründe preis, die von der Socialdemokratie Jahrzehnte lang geHen eine Verstärkung des deutschen Landheeres ins Feld geführt wurden. Er behauptet sogar, weil es sich nun einmal um eine Verstärkung der Seewehr bandelt, mit lauter Stimme, daß „wir auf dem europäischen Continent inmitten mächtiger, gegen uns verbündeter Nachbarn eingekeilt stecken". „Trotz dem", so heißt eS weiter, „treiben wir nun in den ständigen Confliet mit dem mächtigen Jnselreich, dessen wohl wollende Neutralität bisher in continentalen Schwierigkeiten als von größter Bedeutung galt. Alle Welt ist nun glücklich unser Feind." Stände eine Militärvorlage in Frage, so wäre Rußland nicht „mächtig", sondern der bekannte Koloß auf thönernen Füßen und Frankreich schon als Republik ein absolut friedliebendes Land, zumal heute, wo der Genosse Millerand mit in der Regierung sitzt. Gegen das „wohl wollende England" — man glaubt die „Times" zu lesen — würde freilich auch in diesem Falle nichts gesagt werden. Jetzt wird, droht der „Vorwärts", die von Bebel in der Commission gethane Aeußerung popularisirend, schon mit dem heraujbeschworenenZorn Albions: „Es ist klar, daß die Beziehun gen zu England durch die Verhandlung der Budgetcommission nicht verbessert werden können. Das Echo aus London wird alsbald beweisen, wie gut wir es verstehen, Spannungen und Conflicte zwischen nahestehenden Nationen zu schärfen". Die Sache ist in der Thai bedrohlich, aber einer Abbitte können wir doch nicht das Mort reden, denn die Behaup tung, daß die Vorlegung des Flottengesetzes ein Act der Unfreundlichkeit gegen England sei, ist nichts weiter als eine, in der Commission nur von Herrn Richter nicht zurückgewiesene Unterstellung Bebels, und das „Londoner Echo", wenn es, wie Wohl möglich, erschallt, wäre lediglich der Widerhall einer von der deutschen Socialdemokratie gegen das eigene Vaterland in Großbritannien angebrachten falschen Demonstration. Es hätte der Versicherung des Grafen v. Bülow, daß mit der Flottenvorlage nur defensive Zwecke und zwar gegenüber allen Mächten, verfolgt würden, gar nicht bedurft, um das zur Abwechslung an das Ausland adressirte Product socialdemokratiscker Verleumdungssucht als das erkennen zu lassen, waS es ist. Allerdings wird der Staats sekretär des Auswärtigen, als er bemerkte, unsere Schwäche zur See reize zu Angriffen, kaum die Schweiz oder die Republik San Marino im Auge gehabt haben. Aber Herr Bebel selbst weiß auf die unumstößliche Wahrheit mit nichts zu erwidern, als mit der albernen Frage: „Warum hat Eng land, wenn es unsere Schwäche ausznnützen lauert, nicht schon längst eine günstige Gelegenheit ergriffen?" Vielleicht, I weil ihm die deutschen Patrioten von der äußersten Linken I bisher noch keine günstige Gelegenheit zu verrathen I wußten. Die Antwort wäre jedenfalls noch etwas klüger als die Frage. Dem Auftreten Bebel's liegt offenbar die Absicht der Socialdemokraten zu Grunde, im Falle einer Reichstagsauflösnng wegen der Flotte es mit der Lüge zu versuchen, die Vermehrung der Kriegsschiffe sei gleichbedeutend mit einem nabe bevorstehenden, von Deutschland verschuldeten Kriege gegen England. Damit dürfte man aber höchstens bei dem „rückständigen" Element des der Freisinnigen Volkspartei verbliebenen Restes kleinbürgerlicher Anhängerschaft einiges Glück haben. Im preußischen Abgeordn eten banse hat sich gestern herauSgestellt, daß die so dringend nöthige gesetzliche Neu regelung der Schulunterhaltungöpfttcht noch in weiter Ferne liegt. Seitdem der letzte Schullasten-Gesetzentwnrs gescheitert ist, sind viele Jahre ins Land gegangen, und die Mißstände, die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten auf dem Gebiete der Volköschulunterhaltung haben sich seitdem nicht verringert, sondern nur noch gesteigert. Dermaßen gesteigert, daß im Gegensätze zu ehedem jetzt sogar schon Conservative und Centrumsmitglieder ein Einsehen haben und zu gestehen, daß bei der Aussichtslosigkeit eines allgemeinen Gesetzes über das Volksschulwesen die Sache stiick- weis in Angriff genommen werden muß, weil eine Regelung der Schulunterhaltungspflicht gar nicht mehr hinaus geschoben werden kann. Trotzdem erklärte gestern der Cultus- minister Studt kühl und kalt, erst sei noch eine Statistik notbwendig, eine umfassende Erhebung nicht blos über die communalcn Schullasten, sondern sogar über die Communal- lasten überhaupt, ehe es möglich sein werde, die Schul- lasten-Frage gesetzlich zu regeln. Man kann sich nicht darüber Wundern, daß das ganze Haus, keine Partei ausgenommen, durch diese Erklärung sich überrascht fühlte und daß auch der Gedanke Ausdruck fand, die ministerielle Erklärung laufe auf nicht mehr und nicht weniger hinaus als auf eine Vertagung ack Xrrlcuckas 8racca8. Wer die lange Geschickte der Volksschullastcnsrage in Preußen kennt und weiß, wie sich dort bisher die Conservativen dagegen gesträubt haben, die Regelung der Schulunterhaltnngspflicht von der allgemeinen Regelung des VolkSschulwesens loszulösen, für den mußte es gestern ganz besonders interessant sein, mit anzuhören, wie gerade die beiden conservativen Abgeordneten v. Heyde- brand und Graf Kanitz sich über den Gedanken er neuter Erhebungen und statistischer Vorarbeiten ausließe». Die Belastung der Communen auf allen Gebieten sei mittlerweile eine so ungeheure geworden, Laß es darüber einer Statistik nicht mehr bedürfe, um so weniger, als die Mißstände weitaus mehr in der ungerechten Vertheilung der Lasten gipfelten, als in den Lasten an sich. So Herr von Heydebrand. Und Graf Kanitz sprach unter speciellcr Bezugnahme aus die unhaltbaren Zustände in Schlesien und in Ostpreußen gelassen das Wort aus, er sei sogar, wenn Anderes nicht zu erreichen sei, für eine provinzielle Regelung zu haben; denn so wie es sei, dürfe eS nicht bleiben. Solchen unumwundenen Ein- und Zugeständnissen ist nm so mehr Gewicht beizumessen, als gleich dem Centruin selbstverständlich auch die Conser vativen keineswegs daran denken, etwa auf ihre sonstigen Forderungen bezüglich der Regelung des Volksschulwesens zu verzichten. Ginge es nach ihnen, so hätte in der Schule lediglich die Kirche zu bestimmen und zu befehlen. Der Staat soll zwar, so meinte gestern Herr v. Heydebrand, „die oberste Hand über die Schule behalten", aber man weiß, was das zu bedeuten hat. In Wirklichkeit soll der Staat lediglich dafür sorgen, daß Gemeinde und Lehrer in der Schule nur thun dürfen, WaS die Kirche von ihnen erwartet und verlangt. Um so schwerer fällt es in die Wagschaale, daß selbst so streng conservative Leute allmählich auf den Gedanken kommen, das Verlangen nach einem allgemeinen Volksschulgesetz zurück- treten zu lassen hinter daS Verlangen nach einem Volks- schnllasten-Gesetze. Daß von nationalliberaler Seite erst recht auf dieser Forderung bestanden wurde, versteht sich von selbst. Und wenn Herr vr. Friedberg den Verdacht äußerte, hinter der angeblich nothwendigen neuen Statistik stecke wohl wieder einmal der Herr Finanzminister, so wird man ihm das nicht verübeln können. Tie Führer der sranzöfische» Socialdeinokratie haben das Signal zur vorläufigen Einstellung der Streikhetzpropa- ganda ans der ganzen Linie gegeben. Dem aufmerksamen Beobachter der französischen Vorgänge kommt dieser Schach zug der Umstürzler so wenig überraschend, daß er sich höchstens über dessen verspäteten Eintritt wundert. Denn angesichts der dem Minister-Genossen Millerand hei Eröffnung der Pariser Jahrhundert-Ausstellung zu gedachten Haupt- und StaatSaction, die bekanntlich in eine Verherrlichung der Rolle der internationalen, völker befreienden, revolutionären Socialdemokratie auslaufen soll, muß natürlich bei Zeiten dafür Sorge getragen werden, daß über allen Gipfeln die nöthige Ruhe herrsche, damit der Appell des Minister-Genossen nicht nur in Ohr und Herz aller zielbewnßten Cumpane des In- und Auslandes dringe, sondern möglichst unbeeinträchtigt auch an allen den Stellen vernommen werde, auf die er als Menetekel des „kämpfenden Proletariats" zu wirken berechnet ist. Die gewünschte Wirkung könnte aber nicht, oder doch nur in sehr geringem Maße eintreten, wenn die Interessen und Leidenschaften Lei französischen Socialdemokratic, welche letztere doch wie ein Mann um und hinter den Bürger Millerand sich schaaren und so dem als Ausstellungsgast geladenen Universum impo- niren soll, in der Zersplitterung auf örtliche Streiks und Verfolgungen Arbeitswilliger von der Millerand'schen Apotheose des socialrcvolutionLren Gedankens abzelenki würden und der „große Moment" der Verkündigung der proletarischen Menschenrechte ein „kleines Geschlecht" von Genossen fände. Demgemäß wird denn auch aus den ver schiedenen Streikgegenden, selbst aus Carmaux, Montceau-les MincS, Saint-Etienne und anderen Haupttummelplätzen der Agitation, ein Nachlassen der Hetze signalisirt. Die -Lee der Leidenschaften geht zwar noch hoch, aber wird nicht mehr von absichtlich erregten Stürmen gepeitscht. Ob sie bis zum 15. k. M. sich völlig beruhigt haben wird, ist trotzdem noch ungewiß, denn die gernfenen Geister wird man nicht sobald wieder los. Der Schiedsspruch in dem Telagoastreit ist nunmehr nach zehnjähriger Verhandlung von dem Berner Schieds gerichte gesprochen und veröffentlicht worden. Wenn es sich in dieser Frage auch nur nm Civilansprnche seitens Privater an die portugiesische Regierung handelt, so hat doch der ganze Schiedsspruch gerade im gegenwärtigen Augenblicke hohes politisches Interesse. Der Streit dreht sich, wie in Erinnerung gebracht sei, um die auf sechs Millionen Dollars bezifferten Ansprüche, welche die an dem Bau der I Bahn von Lonren^o Marques nach Pretoria betheiligten ! Unternehmergescllschaften gegen die portugiesische Regierung l geltend machen. Hinter den Unternehmergesellschasten steht Feurllston» 4j Drei Theilhaber. Roman von Bret Harte. Nachdruck »erboten. „Behalte den Plan nur einstweilen im Kopf, alter Junge", sagte Demorest, „denck hier kommen die P-ackpferbe mit den Treibern." Das genügte vollkommen, nm die Aufmerksamkeit des lebhaften jungen Mannes von dem Gegenstand abzulenken; rasch beendete er seinen Anzug und hals dann, den Goldschatz in die ungeheuren Satteltaschen des Maulthieres zu verpacken, was ihnen nur mit vereinten Kräften gelang. Schon färbten oie ersten Strahlen der Sonne den Berggipfel. Stacy lehnte an der Thür, schützte sich mit der Hand die geblendeten Augen und reichte Demorest seine beiden Flinten. Dieser zögerte einen Moment. „Willst Du nicht lieber eine behalten?" fragte er und ah seinem Theilhaber zum ersten Male mit einem gewissen An lug von Neugier ins Gesicht. Das Sonnenlicht war wohl chuld, daß Stacy so komisch blinzeln mußte. „O nein", ver eiste er, „und hier, nimm auch meinen Revolver mit. Es ist mir chon etwas wbhler zu Mukhe", fuhr er mit einem Blick auf die gefüllten Sattcltascheu fort; „aber ein Schießgewehr darf man mir noch nicht anvertrauen. Sobald Vas zweite M-aülthier be packt ist, komme ich Euch nachgeritten." Etwas beruhigter, obgleich noch immer voller Zweifel und Verwunderung, schulterte Demorest Äie Flinte und folgte mit Barker, der die andere trug, dem Treiber nach, welcher hinter seinem Päckpferd den Pfad bergab ging. Eigentlich schämte er sich, an einem so ungewöhnlichen Aufzug betheiligt zu sein; zwei bewaffnete Männer, die bei Hellem Tageslicht ein beladenes Maulthier geleiten, das sah recht lächerlich aus. Zum Glück gingen die Bergleute zu dieser frühen Morgenstunde noch nicht an ihr Tagewerk; die Tunnelarbeitrr saßen gerade beim Früh stück, und Niemand kam ihnen auf dem Bergpfad entgegen. An der Stelle jedoch, wo der Pfad die Hauptstraße kreuzte, sah Demorest plötzlich, wie Steptoe und Whisky Dick, offenbar in eifrigem Gespräch, aus dem Gebüsch auftauchken. Sein alter Argwohn und Widerwille gegen die beiden Menschen kehrte zurück; er wollte sich zwar vor Barker nichts davon merken lassen, doch durfte sein junger Freund auch nicht ganz unvorbereitet bleiben, falls ihnen Gefahr drohte. So rief er denn Barker zu, er solle ihm folgen und eilte rasch an dem beladenen Maulthier vorüber. Alt er sich nach dem Gefährten umblickte, sah er, zu seiner nicht geringen Befriedigung, daß dieser die Flinte in Bereitschaft hielt, als sei er darauf gefaßt, sich Vertheidigen zu muffen. Im nächsten Augenblick wurden Steptoe und Whisky Dick ihrer ansichtig und zeigten sich augenscheinlich überrascht; es «lag daher «wohl kein Grund vor, Feindseligkeiten von ihnen zu erwarten. Steptoe flüsterte Dick ein paar Worte zu, worauf Beide plötzlich eine Strecke vor ihnen auf dem Pfade stehen blieben und Mit poffenhafter Geberde die Hände in die Höhe streckten, was für ein Zeichen völliger Hilflosigkeit gilt. „Zum Henker!" rief Steptoe und brach in rohes Gelächter aus, „wir dachten -wahrhaftig, Ihr wäret Straßenränder. Aber jetzt sehe ich, daß Ihr nur Euern Goldschatz bewacht. Eine sehr vornehme Manier, die bis jetzt, so viel ich weiß, aus dem Kiefer berg noch nicht Brauch war. Die Dinge müssen schon recht schlimm stehen dort oben, wenn Ihr so mit der Flinte einher gegangen kommt." Demorest sah nur die vier Hände an, welche offenbar so deut lich zur Schau gestellt wurden, um 'ihm die Hinfälligkeit seines Argwohns zu beweisen. Daß sie nicht die geringste Spur einer Wunde oder Verstümmelung zeigten, machte ihm einen viel größeren Eindruck, -als die beleidigenden Worte. „Mich freut's, daß Hr keine Waffen bei Euch habt und doch nicht außer Stande seid, sie zu handhaben", sagte er in ge lassenem Ton, während er an ihnen vorbeischritt und wieder hinter dem Maulthier zurückblieb. Barker hatte den ganzen Vor fall sehr komisch gefunden; er wollte sich ausschütten vor Lachen über Whisky Dick. „Daß Steptoe sich einen solchen 'Spaß aus denken könnte, hätte 'ich ihm gar nicht zugetraut", sagte er. „Es muß ja auch ganz gefährlich ausgesehen haben, wie wir Velde mit den Flinten vor dem Maulthier Herkiefen. Aber als Du mir zuriefst, glaubte ich wirklich, es sei etwas los und wir sollten unS unserer Haut wehren. Whisky Dick hat übrigens seine Rolle vortrefflich gespielt. Während er die Hände in die Höhe hielt, schlotterten ihm die Knie, als packte ihn sine wahre Todesangst." Demorest hatte die gleiche Beobachtung gemacht, doch äußerte er nichts darüber. Die Frage, ob der erbärmliche Trunkenbold sich gezwungen oder aus freien Stücken zum Mitschuloigen des nächtlichen Rau-banfalles gemacht habe, wurde ihm noch wider wärtiger, nun er im Begriff stand, den Schauplatz der That auf immer zu verlassen. Sein Traum der letzten Nacht war ihm dadurch entheiligt worden, und seine Freude über die glück verheißende Wenoung, die er zum Schluß noch genommen, hatte sich in Bitterkeit verwandelt. Barker, der neben ihm ging, sah, wie ein Schatten von Schwermuth sich auf da- schöne Antlitz seine? Gefährten lagerte. DaS geschah häufig, und doch hatten die Kameraden nie versucht, die Ursache dieser immer wieder« kehrenden düsteren Stimmung zu ergründen. Aber sie erregte Barker's innigstes Mitgefühl und dämpfte auch jetzt seinen jugendlichen Frohsinn. So empfanden es denn Beide wie eine Erleichterung, als in ihrem Rücken Hirfschkag ertönte; sie hatten den Thalgrund erreicht und Stacy kam 'ihnen nachgeritten. „Ich bin dem zweiten Maulthier, das unsere übrigen Habselig keiten trägt, vorausgeeilt", sagte er. „An denen wird sich schwer lich Jemand vergreifen, und ich hielt es für besser, rasch zu Euch zu stoßen." „Du hast also die Sache ins Reine gebracht?" fragte Demorest, ihm fest ins Auge.» schauend. „Versteht sich. Sich nur hin!" Er wandte sich im Sattel um und deutete nach dem Gipfel des Berges, von dem sic eben herabgestiegen kamen. Höher als die Kie-fcrn, die den unteren Abhang bestanden, höher als die Felsschichten und kahlen Klippen stieg eine dichte, schwarze Rauchsäule kerzengerade in die windstille Lüft empor. „Das ist unsere alte Hütte, die vom Feuer verzehrt wird", sagte Stacy mit wohlgefälligem 'Lächeln. „Bis wir nach Boom- Ville kommen, wird schwerlich noch viel davon übrig sein." Demorest -und Barker starrten ihn in -maßloser Verwunderung an. „Hast Du sie angesteckt?" fragte Barier, der vor Erregung zitterte. „Ja", erklärte Stacy, „der Gedanke, daß das alte Nest dem Steppenwolf und der Wildkatze als Zuflucht dienen sollte, tvar mir unerträglich. Da habe ich sie beim Abschied in Rauch aufgehen lassen." „Aber —" wandte Barker ein. „Es ist kein Aber dabei", meinte Stach gelassen. „He, wie war'S denn mit Deinem neuen Plane — Mit der Kameraden- Ruhe, die Du zu bauen denkst? Wolltest Du denn Beides haben — auch noch die Hütte daneben?" „Und Du hast das gethan, damit nicht Fremde in unserer lieben alten Bude Haufen sollen?" rief Barker mit leuchtenden Augen. „Wahrhaftig, Stacy, solche romantische Idee hätte ich Dir nicht zugetraut." „In mir steckt noch Manches, WaS Du nicht weißt, alter Junge; vielleicht mehr, als ich selber so recht verstehe." „Nur hätten wir Alle beisammen sein müssen", fuhr Barker voll Eifer fort. „Es hätte mit einer gewissen Feierlichkeit ge schehen sollen, weißt Du, wie eine Spende, die den Göttern dargebracht wird, bei der -man so eine Art Trankopfer auf den Boden gießt." „Etwas Petroleum habe ich wenigstens darüber gesprengt, damit die Geschichte rascher von Statten gehen sollte. Wenn Du daS Feuerwerk sehen willst, Barker, brauchst Du übrigens nur bis zur letzten Ecke des RothivaldeZ auf der Straße zurückzu laufen. Dort ist die Stelle, wo man Vie beste Aussicht hat." Barker ließ sich das nicht zwei Mal sagen, und soba-lo er verschwunden war, sahen sich die beiden Männer verständnißvoll an. „Was hat denn das Alles zu bedeuten?" fragte Demorest mit großem Ernste. „Ich will Dir's sagen, lieber Freund", lautete Stacy's Ant wort: „Hätten wir nicht unverschämtes Glück gehabt — einen ebenso blinden Glückszufall wie bei dem Goldfunde, -so wären wir Beide, sammt unserem Barker dort drüben, vor etwa zwei Stunden in jener Rauchwolke gen Himmel gewirbelt. — Denke Dir, Philipp", fuhr er leise, aber mit Nachdruck fort, „als ich heute Morgen draußen war, um Wasser zu holen, fiel mir ein sonderbarer Geruch auf. Ich ging um die Hütte herum und ent deckte an der Hinterseite ein unter dem Fußboden gegrabenes Loch; an oem Eckbalken aber war trockenes Reisig aufgehäufl uns eine Kanne voll Petroleum stand daneben. Das Reisig war sogar schon mit Petroleum begossen, es brauchte nur noch ange- zündet zu werden. Nur daß ich ein Stunde früher herauskam, als sie dachten, hat die Teufel fortgescheucht. Ihr Plan war, Feuer an die Hütte zu legen, das Petroleum in das Loch zu gießen, uns im Rauch zu ersticken und sich des Schatzes zu be mächtigen. Es -mar Alles vorher genau abgekartet." „Keineswegs", sagte Demorest ruhig. „Was!" rief Stach. „Ich habe ja die ganze Bescheerung mit eigenen Augen gesehen und habe das Petroleum weggenommen und versteckt. Aks Ihr fort wäret, benutzte ich es, um die Hütte anzuzünden, weil ich glaubte, die Leute, welche ich in Verdacht habe, würden kommen, um ihr Werk zu betrachten." „Ihr erster Plan war ganz anders", versicherte Demorest: „sie sind anfänglich nur auf Raub auSgegangen. Hör' -mir zu." Mit kurzen Worten erzählte er nun dem überraschten Stacy seine Erlebnisse in der vergangenen Nacht. „Nein, die Hütte in Brand zu stecken, ist Ihnen erst später eingefallen; — daS war ein Racheact", setzte er finster hinzu. „Wenn der Räuber eine Wunde an der Hand davongetragen hat, wie Du sagst, s-> wird er sich daran ohne Schwierigkeit wiedererkennen kaffen", äußerte Stacy. „Was ich verwundet habe, war nur eine Hand", erwiderte Demorest; „der Plan ist jedoch einem Kopf entsprungen, von dem ich nichts zu sehen bekam." Hierauf theilte er dem Freunde seinen Argwohn mit, dessen Grundlosigkeit jedoch durch die Be gegnung mit Steptoe und Whi-kh-Dick anscheinend erwiesen wor^ den sei. „Also deshalb haben sie sich nicht bei der Brandstätte einze- funden!" rief Stacy lebhaft
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