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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190104077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010407
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010407
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-07
- Monat1901-04
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1901
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Slnzetge«.Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclamen unter dem Redactionöstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach. richten (6 gespalten) KO H. Tabellarischer und Ztffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme Lü H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgru-AuSaabe, ohne Postbrsörderung X ttO.—, mit Postbrsörderung 70.—. ^nnahmrschluß fLr Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgrn-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. 177. Sonntag den 7. April 1901. Aus der Woche. Da- Osterfest, daS Fest der Palme», hat der Welt die FriedeoSpalme nicht gereicht. Noch ringt iu Südafrika der brutale Goliath mit dem tapferen Kleinen, ohne seiner Herr werden zu können, und die deutschen Söhne, die nach China auSzogen, werden mit der Notbwendigkeit wie zur Weih nachtszeit in dem ungastlichen Reiche der gelben Menschen zu kämpfen, nicht völlig verschont. Diesen Wackeren, die heute nicht nur Palmen, auch das liebe deutsche Weidenkätzchen missen, gilt vor Allen unser Festwunsch. Sie sind nicht zu großen KriegSlhaten auSersehen gewesen, aber sie haben ihrem Vaterland« Ehre gemacht und werden den deutschen Schild blank zurückbringeo. Die Kunden der Lüge, die mehrere Krieger der Grausamkeit und Zuchtlosigkeit beschuldigten, weichen mehr und mehr flammenden Protesten der Ver leumdeten. Die „Hunnenbriefe" stellen sich als da« heraus, wofür wir sie von Anfang an gehalten, als „Tuckerbriefe", als Producte einer von Vaterlandsfeindlichkeit befruchteten Phantasie. Von der Aufforderung an die deutschen Soldaten, die Erinnerung an den deutschen Namen zu einem für ewig schrecklichen zu machen, ist nichts übrig geblieben, als eben die Aufforderung. Unsere Krieger, Befehlshaber, Officiere und Mannschaften sehnen sich nach der Heimath. Ob aber der Wunsch bald in Erfüllung gehen kann, liegt heute noch im Dunkeln. Einst weilen, so scheint es, hat ein unter den Verbündeten schwebender Zwist die Schlichtung des mit China schwebenden Streites sogar in den Hintergrund gedrängt. Indessen ist jene Frage, die daS Mandschurei-Abkommen betrifft, eine solche, von der man sich ohne allzu viel Kühnheit versprechen darf, daß sie bald zu den vielen Angelegenheiten zählen wird, die diplomatisch versumpft und. China ha», den anderen Mächten entgegenkommend, den Vertrag noch nicht unterzeichnet und unterschreibt ihn vielleicht niemals. Das aber wird nicht hindern, daß Rußland in der Mandschurei alles daS besitzen und genießen wird, was zu erlangen seine Absicht bei seinem Verlangen nach Abschlüsse des Abkommens gewesen. Ein diplomatischer Schlag inS Wasser mehr, das wird daS thatsächliche Ende dieser Verwahrung gegen den „Gemein schuldner" sein. Deutschland, und das ist das Beste an der Affäre.kann sich bei diesem Ausgange beruhigen,und geschieht die-, so wird England ein Gleiches thun, denn dieses Reich vermag trotz seiner Macht ohne die wenigstens moralische Unterstützung Deutschlands nichts zu unternehmen, was eS in einen Con- flict mit einer Großmacht hineinführen könnte. Die officielle deutsche Politik läßt dieses zwischen den beiden „stammver wandten" Nationen zur Zeit thatsächlich bestehende Ver« HLltniß allerdings als das umgekehrte erscheinen. ES ist aber weder in der Geschichte, noch im privaten Leben etwas Seltenes, daß der Benöthigte von dem Benölhigendrn gelenkt wird. Es kommt nur darauf an, wer von Beiden der bessere politische Musikant ist. Graf Bülow spielt nach seiner eigenen Versicherung die Flöte. Im Dreibund aber, dessen unverminderte Festigkeit der Reichskanzler kürzlich im Parlamente- hervorgehoben, darf er von einem Erfolg sprechen. Er hat, als er zur Er holung nach Italien fuhr, sicher nicht daran gedacht, die Reise irgendwie politisch zu verwerthen. Minister Zanardelli seinerseits aber hat Grund zu haben geglaubt, mit dem ersten Minister des mächtigen Verbündeten eine Aussprache herbeizuführen. Der Dreibund hätte da» vielleicht nicht nöthig gehabt, aber Herrn Zanardelli kann sein Erscheinen auf dem Bahnhofe zu Verona nur zum Vor theile gereichen. UebrigenS auch den deutschen Freihändlern, die in ihrem einzigartigen Patriotismus kleine politische Ver stimmungen im Dreibunde nicht gerade ungern sehen, weil sie glauben, eine vorübergehende Erkaltung — eine dauernde wünschen auch sie nicht — könnte die Bereitwilligkeit Deutsch land- erhöhe«, den Verbündeten übermäßig weitgehende handelspolitische Zugeständnisse zu machen. Zanardelli'- Schritt läßt die Herren um eine Illusion ärmer werden und die» ist für Politiker immer ein Gewinn. Auch waS in Toulon vorgeht und nicht vorgeht, berührt den Dreibund nicht, auch wen» die Gastgeber böse Hintergedanken baden. Die Italiener erwidern dort eine frarnösische Höflichkeit und überdies ist eS von jeher von Deutschland als ein Vortbeil betrachtet worden, wenn die im mitteleuropäischen Bunde vereinigten Staaten mit anderen Mächten gute Beziehungen unterhalten. Diese Auffassung entspricht denz Charakter de» Dreibundes als dem einer die Erhaltung des europäischen Frieden- und nicht- Anderes bezweckenden Gruppirung. Die Entfernung der russischen Kriegsschiffe aus Toulon, aus welchem Grunde immer sie erfolgt sein mag, benachtheiligt diesen Zweck ohne Zweifel nicht. Vielleicht ist eS richtig, daß man da und dort in Rußland auf Deutschland zur Zeit etwa- ärgerlich ist. Aber das Petersburger Auswärtige Amt macht keine Stimmung-Politik, am allerwenigsten ist eß seine Art, «inen B zu verletzen, nur um einen diesem befreundeten A ein wenig unangenehm zu kommen. Die Erinnerung an gewisse Berliner Kundgebungen der verflossenen Woche schenkt man sich besser an einem hoben Feste. Ob eS nicht nöthig sein wird, später auf sie zurückzukommen, ist eine andere Frage. Ernste Zweifel an der Echtheit der ge meldeten Aussprüche regen sich gerade bei denen nicht, die sich getroffen fühlen, und sind die Willenskundgebungen authentisch, so berühren sie die Politik der nächsten Zukunft an deren beiden Hauptfragen, der Zolltarifangelegrnheit und der Canalvorlage. Wir wollen heute nur hervorheben, daß der nationalliberale Führer im Reichstag, und zwar in der Form einer Rüge gegen rin durch andere Meinung sich isolirendeS Fractionsmitglied, di« Partei in aller Form und bindend auf die Nichtanerkennung eine- Zusammenhanges zwischen Zolltarif und Canal festgelegt hat. DaS Auvharren auf diesem Standpunkte wünschen auch wir in Sachsen, obwohl sich iu unserem Lande da- Interesse an der preußischen Canal- angrlegeoheit in jüngster Zeit unverkennbar gesteigert hat. Die Wirren in China. Patriotische Märtyrer. Der „Ostasiatisch« Lloyd" veröffentlicht in seiner Nummer vom 1. März den Wortlaut der Denkschriften, die Hsütsching- tscheng, der frühere Gesandte in Berlin, und Auantschang, der Ministerialdirector, Beides liberale Mitglieder des Tsung-li- Namens, beim Beginn der Boxerunruhen in Peking dem Throne unterbreiteten und die der Anlaß zu ihrer Hinrichtung wurden. Die Denkschriften sind wichtig« Aktenstücke zur Geschichte der Juli-Tage. Zeigen sie einerseits, daß es in Peking damals Männer gegeben hat, die die Lage vollständig übersahen und sich auch über die Folgen des Vorgehens der Regierung keinen Zweifeln Hingaben, so muß andererseits angesichts dieser Akten stück« die Verantwortung der leitenden Staatsmänner, die alle Warnungen in den Wind schlagen zu dürf«n glaubten, doppelt groß erscheinen. Wir können die Denkschriften ihres Umfanges wegen nicht in ihrem vollen Wortlaut mittheilen, wir begnügen uns mit der Wievergabe einiger der interessantesten Stellen. In ver Denkschrift Hsütschingtscheng's heißt es: „Während der Zeit des Friedens hatte man durch Gerede von Zauberkünsten die Massen verführt und mit einer Kunst ge prahlt, die kugelfest mache. Wo ist diese Kunst jetzt geblieben? Nachdem bei oem Angriff von Myriaden von Boxern auf die von wenig über 400 fremden Soldaten vertheidigten Gesandtschaften diese nach mehr als zwanzig Tagen noch nicht genommen werden konnten, läßt sich wohl ein Schluß auf jene feinen Künste ziehen. Und auf Kraft und Muth solcher Leute soll man sich verlassen können, wenn eS gilt, äußere Feinde abzuwehren? Man sagt wohl auch, die wahren Boxer konnten erfolgreich für das Reich ihre Kräfte einsetzen, die bei den Unruhen verbrannten und ge- tödteten aber seien alles falsche Boxer, die nur so dazwischen ge raden seien. Wenn man aber in ein und derselben Kategorie so einen Unterschied zwischen wahren und falschen macht, dann ist das schon an sich der Gipfelpunkt der Verwirrung, und wenn man dann überhaupt' geduldet hat, daß falsche «indringen, die .vor keiner Schlechtigkeit zurück schrecken, so kann man darauf schließen, daß die richtigen auch keine gute Sorte sind. Schließlich sind aber auch wiederholt strenge Edikte erlassen worden, in denen verboten wurde, mit bewaffneter Hand gegen Andere seine Feindschaft auszutragen, zu brennen und zu plündern, und in denen besohlen wir, sich zu zerstreuen und die Stadt zu verlassen. Wenn o:e Banditen dies ungehört verhallen lassen und in alter Weise weites wüthen, dann ist dies mit dürren Worten eine Mißachtung der Gesetze, mag es sich nun um wahre oder falsche Boxer handeln. Dieses thörichte und unvernünftig« Unterfangen verdient Strafe ohne Gnade.... Die Zahl der fremden Soldaten in der Haupt stadt ist nur beschränkt, grenzenlos aber die Zahl derer, die nach kommen würden. Wenn sich dann das eine Reich allen diesen Ländern als Feinden gegenübersieht, dann steht, wie wir die Dinge auffassen, nicht nur Sieg und Niederlage, sondern viel mehr thatsächlich Bestand und Untergang auf dem Spiele . . . . Wir sind uns wohl bewußt, daß ein Heu schreckenschwarm den ganzen Himmel verdunkelt. Unseren Worten kann das Unglück auf dem Fuße folgen. Wir nehmen nur Rück sicht auf die kritischen Umstände, wo es sich um Bestehen und Untergang des Reiches handelt. Wir sind gleich Insekten, die im Staube kriechen; es kam im Grunde nichts darauf an, ob wir redeten oder nicht. Wir haben es gethan und sollte es selbst unser Tod sein." Die Denkschrift Duantschang'S geht ausführlich auf die Vor geschichte der Boxerbewegung ein und hebt dabei ebenso die ener gischen Bemühungen Auanschikai'S, des Gouverneurs von Schantung, zur Unterdrückung der Bewegung, wie die lässige Haltung Mlu's, des Generalgouverneurs von Tschili, hervor, der „das Geschwür pflegte, bis das Unglück fertig war". Es heißt dann: „Worauf es jetzt zunächst ankommt, ist, die innere Stadt von den Banditen zu reinigen, um die Gemüther des Volkes zu beruhigen und die Fremden zu trösten. . . . Alle leerstehenden Tempel und aufgegebenen EultuShallen müssen gründlich ge säubert-werden; das Polizeipräsidium und das Justizministerium müssen Befehl bekommen, tüchtige und erfahrene Beamte in größerer Zahl zu bestimmen, die -verschiedenen Polizeistationen und Wachtlocale besetzen, die eingelieferten Banditen kurz ver hören und darüber an den Oberbefehlshaber berichten, der dann zur Abschreckung die sofortige Hinrichtung verfügen wird. Alles übrige Gesindel muß auseinander getrieben, aus der äußeren Stadt hinausgejagt und in die Heimath zurückbefördert werden. Nach Wiederherstellung der Ordnung werden die Verzeichnisse über die Hingerichteten Banditen «ingesandt werden. Sollte Je mand eimvenden, daß man di« Banditen wegen ihrer großen An zahl nicht ausrotten könne, so bedenkt er dabei nicht, daß nur die Danditenhäuptlinge den Aufruhr verursacht haben, alles Andere aber dumme Dorfleute sind, Minderjährige und Erwachsene durcheinander.... Die Banditen liegen Tags über auf der Lauer, des Nachts rühren sie sich und flehen zu den Geistern. Es handelt sich hierbei um Beschwörungen, Geistescitationen und ähnliche Hexenkünste, die aber sichtbaren und tönenden Gegen ständen der physischen Wirklichkeit, wie Gewehr- undGe- schühkugeln, gegenüber nicht Stand halten, vielmehr wirken letztere auch hier sofort tödtlich. Auf daS Gerede von der Kugelfestigkeit der Banditen hin braucht man nur auf ihren Angriff gegen die Gesandtschaften in der Gesandtschafts straße am 16. und 17. Hinzuweisen, wo ihrer viele durch die Schüsse der fremden Soldaten todt niedergrstreckt wurden. Am Schluffe der Denkschrift heißt et: „Läßt man die fremden Soldaten sich in die Sache mischen und an unserer Stelle das Ausrottungswerk vornehmen, dann würde eS nothwendig zum Kampf zwischen den Boxern und den fremden Truppen kommen, die Hauptstadt würde in Blut fließen, die Unterscheidung zwischen Guten und Schlechten würde auf hören und zahllose brave Bürger würden mit hingeschlachtet werden, das Staatsgefüge würde derart zerrüttet werden, daß keine Abhilfe mehr möglich wäre. Statt dessen wäre es doch besser, wenn wir selbst die Ausrottung besorgten, wir könnten damit imponlrend auftreten, jenen Kerlen (gemeint sind die Fremden) da» Maul stopfen und Alles wieder in die rechte Ordnung bringen." Eines Commentars bedürfen diese Denkschriften nicht. Sie svrechen, wie der „Ostas. Lloyd" richtig bemerkt, ebenso durch ihre klare Logik für sich, wie sie durch ihre einfache, oft geradezu rührende Darstellung dem Leser eine hohe Meinung von den beiden Beamten abnöthigen, die als Märtyrer der wahren Inter essen Chinas ihr Leben haben opfern müssen. * Köln, 6. April. Die „Kölnische Zeitung" berichtet aus Petersburg unter dem 5. April: In der südlichen Mand schurei kam eS, wie heute bekannt wird, zwischen deu Städten Kobantsy und Sinmiuting zu einem größeren Gefecht zwischen Abtheilnngen des 2. und 3. ostsibirischen Schützen-Negiments und mehreren tausend Mann chinesischer Truppen. Aus russischer Seite sind ein Hauptmann und mehrere Soldaten getödtet, ein Oberst leutnant schwer, sowie mehrere Leutnants und viele Soldaten leicht verwundet worden. Die Chinesen, die große Verluste hatten, flohen nach dem Norden, von russischen Truppen verfolgt. * Peking, 4. April. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus".) Consularberichten aus Amoy zufolge willigten die dortigen Local behörden ein, daß die Insel Ku längs» im Hafen von Amoyeine auswärtige Niederlassung werde. Hierzu war jedoch die ein stimmige Meinungsäußerung seitens der fremden Gesandten zu Gunsten einer solchen Niederlassung erforderlich. Die Gesandten traten daher zusammen, um die Angelegenheit zu bc- rathen. Eine Einwendung wurde nur von japanischer Seite er hoben, welches die Insel zu anderen Zwecken wünschte. Der japanische Gesandte gab jedoch schließlich nach. Die Gesandten kamen überein, an China ein eiustimmigeS Gesuch um Ab- tretung der Insel zu einer fremden Niederlassung zu stellen. Der Besitz wird den Ausländern zu großem Nutzen sein. * Washington, 5. April. (Meldung des „Reuter'schen Bu reaus".) Staatssekretär Hay erhielt gestern von dem russischen Bot- schaster Grafen Cassini eine Mittheilung, in welcher dieser die festen Versicherungen uneigennütziger Absichten Rußlands in allen Verhandlungen mit China bezüglich der Mandschurei giebt. Die Mittheilung erklärt ferner, die Politik Rußlands habe niemals ge- wechselt hinsichtlich Les Entschlusses, die Mandschurei als einen integrirenden Theil Chinas bestehen zu lassen und die Truppen daraus zurückzuziehen, sobald die Lage der Dinge es gestatte. Russische Prctzttimmen. * Petersburg, 6. April. (Telegramm.) Ein Theil der hiestqeu Zeitungen bespricht die gestrig« Mittheilung der Regierung. „Birsh^vija Wjedomosti" glauben nicht, daß man auch vor dem Erscheinen dieser Mtttheilnog der Regierung in Europa nur einen vernünftig denkenden Diplomaten oder Politiker habe finden können, der Rußland beigestimmt hätte, wenn es seine Truppen aus der Mandschurei zurückgezogen hätte, ohne ein« sichere Gewähr dafür erhalten zu haben, daß sich die vorjährigen bedauer lichen Ereignisse nicht wiederholen. Das Blatt sieht in der Mittheilung einen neuen unumstößlichen Beweis, daß, wie der fernere Gang der Ereignisse in Ostasien auch sein werde, Rußland sich nicht in der Lage eines Benachtheiligten befinden werde, in der eS sich vor 23 Jahren im nahen Oriente befunden habe. Die mandschurische Frage sei jetzt osficiell eine rein russische Frage geworden. — Die „Nowoje Wremja" giebt kurz den Inhalt der RegierungS- mittheilung wieder und bemerkt zum Schluffe, die Möglichkeit, daß Rußland den weiteren Gong der Ereignisse ruhig abwarten könne, weise auf die besondere Stellung hin, die Rußland in China einnehme, und die von derjenigen anderer Mächte verschieden sei. Wenn die ausländische Presse diesen Unter schied begriffen hätte, hätte sie in einem ganz anderen Tone von dem russisch-chinesischem Abkommen gesprochen, als die» in der letzten Zeit geschehen sei. — „Rossija" sagt, Rußland bedauere, daß die Mächte den Kernpunkt der Bertragsangelegenheit nicht begriffen habe. Rußland habe auch in dieser sehr wichtigen Frage nach- gegeben und den Abschluß der Convention auf unbestimmte Zeit vertagt. Rußland sei nun gruöthigt, in der Rolle eines Landes zu bleiben, das di« Mandschurei occupirt. Die Occupation der Mandschurei verhindere die Ausführung des beabsichtigten Plane», diese Gebiete allmählich zu räumen und China zu übergeben. Eine derartige Sachlage entspreche nicht dem aufrichtigen Wunsch Ruß land», China wieder eigener Herr auf einem ihm gehörigen Gebiete sein zu lassen. Diesem Wunsche hab« sich ab«r fast ganz Europa widersetzt. Die ausländische Presse möge jetzt gewissenhaft die Frage beantworten, wer die Occupation der Mandschurei veranlass«: Ruß- land oder die verbündeten Mächte, die überall von russischen Ab- sichten träumten, chinesische- Territorium zu annrcttren. Der Krieg in Südafrika. Neber Sie Stimmung iu Südafrika schreibt man der „Rhein.-Westf. Ztg." aus Capstadt: Ich muß sagen, daß durch alle, auch die britischen Kreise an gesichts der trostlosen geschäftlichen Zustände ein tiefes Friedens- bedürfniß geht, daß man die Sendung Milner's ihrer wahren Natur nach als eine elende Comödie durchschaut und sich darauf vorbereitet, daß ein Schiedsgericht dem Schrecken ein Endt macht und den Republiken ihre Unabhängigkeit sichert, ohne welche dauernder Friede in Südafrika schlechterdings nicht mehr möglich ist. Die letzten Kämpfe haben di« Unfähigkeit und Un willigkeit der mit großem Getöse ins Leben gerufenen und sich kläglich bewährenden „Stadtgarden" und sonstigen „Landesver- theidigungs"-Corps erwiesen, so daß sich selbst die amtlichen Berichte über deren „schwächliche Activität" (neuester Name für Feigheit!) beklagten, und es ist andererseits kein Geheimniß, daß die Währung unter den Capafrikandern stetig zunimmt und die Zurückziehung auch nur «ine- Thciles der hier gegenwärtig stehenden britischen Armee das Zeichen zur Erhebung geben wird, wenn England jetzt nicht rinlenkt. Ich muß auf Grund meiner Kenntniß deS AfrikanderthumS immer wieder gegen jene Stimmen in der deutschen Press« Widerspruch erheben, die mit De Wet's Rückzug auS der Capcolonie die Flinte ms Korn werfen. De Wet'S Zug — wenn er überhaupt, was keines wegs zweifellos ist, persönlich in der Capcolonie war! — hat dann nur den Zweck gehabt, Herhog'S Kommando, das bedroht war, hcrauszuhauen und die reichen Vorrälhe und Remonten, di« es besonders im Distrikt Calvinia gesammelt hatte, in Sicher heit zu bringen. E» muß immer «wieder betont werden, daß man von Südafrika nicht in einem Jahre das erwarten darf, wofür Amerika sechs Jahre zu kämpfen hatte. Englische Telbfterkenntnitz. Die „St. James' Gazette" beschäftigt sich eingehend mit der südafrikanischen Frage. „Der südafrikanische Krieg", so führt sie aus, „ist heute in «ine neue Phase getreten. Wenn uns Jemand vor einem Jahre weiß zu machen versucht hätte, zu einer Zeit, da wir von der Kampfeswrise und der Beharrlichkeit unseres Feindes so gut wie gar nichts wußten, daß wir heut« zu den selben Bedingungen, als sie uns während der letzten Wochen ge meldet wurden, den Kampf weiter führen müßten, wäre es da nicht mehr als wahrscheinlich gewesen, daß nicht ein Zuhörer unter fünfzig dem Vortragenden auch nur für zwek Minuten ge lauscht hätte? Es war nicht nur die Regierung allein, die der Ansicht zuneigte, daß der Krieg mit dem October vorigen Jahres vorüber sein werde; und ebenso sicher ist, daß die Regierung nicht allein zu jener Zeit, als Lord Roberts von Paardeberg nach Pre toria die Bahn reinfegte, glaubte, daß damit der entscheidende Schlag gegen den Feind geführt werden würde. Jedermann theilte diese Ansicht. Doch wir sehen auch heute noch unsere ungeheure Armee in Südafrika mit der Aufgabe betraut, die langen Communicationslinien zu schützen, und wir sehen keinen Weg, diejenigen Truppen, die nun schon seit 18 Monaten im Felde stehen, zurückzubeordern." Das Blatt zählt dann eine Reihe neuer Ereignisse auf und stellt dem Gerüchte, Botha habe seine Officiere um möglichste Einschränkung der Feindselig keiten ersucht, die Ansicht entgegen, daß Botha vielmchr seine Leute anhalte, das Spiel von De Wet und Kritzinger nachzu ahmen, das England Zeit und Geld koste, während die Boeren Geld nicht besäßen und Zeit im Ueberfluß. Die Friedens unterhandlungen Botha's erscheinen dem Blatte heute nur als Kriegslist, um Zeit zu gewinnen. „Wenn wir uns alle diese Thatsachen vor Augen halten und bedenken, daß wir vor der Aufgabe stehen, bis zum unerbittlichen Ende weiter zu kämpfen, so haben wir uns auch zu überlegen, was unter diesen Umständen am besten zu thun ist. Wie uns scheint, vornehmlich ein Ding: Wir haben uns zu vergegenwärtigen, daß über ein Gebiet, das in seiner Ausdehnung Frankreich bei Weitem übertrifft, zersprengte und zerstreute Banden unter Führern, wie De Wet und Kritzinger, ihr Wesen treiben, weniger mit der Absicht, es auf einen Kampf antommen zu lassen, als um uns in Schach zu halten. Was hier zu thun ist, was wir immer und immer wieder gesagt haben, ist, mehr be rittene Truppen nach Südafrika zu entsenden, da di« dort weilenden nicht ausreichen. Laßt uns diese Truppen zusammen bringen, laßt uns den Boeren klar machen, daß wir entschlossen sind, weitere Verstärkungen nach dem Kriegsschauplatz« zu werfen, bis der Krieg vorüber ist. Es ist von keinem Nutzen, darüber zu grübeln, daß kein civilisirtes Volk der Erde den Krieg in einer solchen Weise fortführen würde, wie es gerade die Boeren thun. Wir haben uns damit abzufinden, daß die Boeren weder civili- sirt, noch intelligent genug sind, um verstehen zu können, was diese Art von Kriegsführung für England bedeutet, un!d was es überhaupt für einen Mann bedeutet, eine Schlacht entweder zu gewinnen oder zu verlieren. (?) Wir können den Charakter unseres Feindes nicht ändern, wohl aber steht es in unserer Macht, einen Druck auf seine Intelligenz auszuüben." Diese Schlußbemerkungen zeichnen die in England verbreitete naive Auffassung vortrefflich: man schimpft auf die Boeren, weil sie den Krieg nicht so führen «wollen, wie es den Engländern paffen würde, und wirft ihnen deshalb Mangel an Cultur und Intelligenz vor. Ein unbefangener Beurtheiler wird freilich mit der „Köln. Ztg." finden, daß es gerade ein Zeichen von Intelli genz ist, wenn die Boeren den Krieg, wenn sie ihn denn einmal fortsetzen wollen, so führen, wie er dem Gegner am unange nehmsten ist. Der Krieg ist doch keine musikalische Abendunter- haltung, wo man sich das Leben gegenseitig angenehm machen will. Von Cultur und Civilisation aber bei der Kriegsführung zu sprechen, ist wenig angebracht: jeder Krieg bedeutet einen Rückfall in Unkultur, einen Ausgleich von Gegensätzen durch rohe Gewalt. * Utrecht, 6. April. (Telegramm.) Präsident Krüger hat Utrecht verlassen, um sich nach Hilversum zu begeben. Er wurde unter lauten Kundgebungen einer zahlreichen Menge vom Bürgermeister nach dem Bahnhofe geleitet. Deutsches Reich. /?. Leipzig, 6. April. (Kriegervereine und Social demokratie.) Unter der Ueberschrist „König!. Sächsischer MilitärvereinS-TerroriSmuS" veröffentlicht die „Sächs. Arbeiterztg." eine Mittheilung, nach welcher der Militär verein Rabenstein eine Anzabl von Mitgliedern excludiren will, die bei der letzten GemeinderatbSwahl für einen social demokratischen Candidaten gestimmt haben. Das socialistische Blatt bemerkt dazu: „Man kann ja den Wurm der Militär - vereinS-Fanatiker begreifen, wenn sie erfahren muffen, daß die meisten Vereinsmitglieder, die lediglich wegen der eventuellen finanziellen Schädigung den Hurrah- Vereinen nicht den Rücken kebren, waschechte Rothe sind." Wir haben uns immer dagegen erklärt, wenn, wie e» beipiels- weise in Reußisch - Thüringen geschehen ist, der Ver such gemacht wurde, freisinnige Mitglieder au» Krieger vereinen zu eliminiren. Die Kriegervereine sind durch aus nicht als Stütze conservativer Bestrebungen ge dacht und das freisinnige Programm enthält nicht«, was sich nicht auch mit dem Programme aller Krieger vereine vereinigen ließe. Pflege patriotischer Gesinnung, Anhänglichkeit an den obersten Lande-Herrn, kameradschaft licher Sinn u. s. w., all diese Erfordernisse lassen sich auch mit der Bethätigung freisinniger Gesinnung vereinigen. Ganz etwa» Andere» aber ist e» bei der Zugehörigkeit zur Socialdemokratie. Alles, WaS die natürliche Voraus setzung der Kriegervereine ist, wird von der Socialdemokratie negirt. Die patriotische Gesinnung wird Tag für Tag in der socialistischrn Presse al- etwa» Antiguirte-, de- modern cmpsiudcnden Menschen nicht Würdige» bezeichnet; der oberste Landesherr, der ja zugleich der oberste Kriegsherr ist, wird nicht etwa nur al- ein ncthwendiges Urbel, sondern al« ein Urbel
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