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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010411019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901041101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901041101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-11
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Donnerstag den 11. April 1901. Anzeige«-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklame» unter dem Redacston-strich (»gespalten) 7V H, vor deu Familtrnnach» richten («gespalten) 80 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Extra - Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Pvstbesördrrung ^l 70.—. Aunahmeschluß für Anzeigen: Ab end »Ausgabe: LormittagS 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei den Filialen uud Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- au die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz iu Leipzig. 95. Jahrgang. Ein neues socialpolitisches Experiment? Die Vorschläge, mit denen die Commission de- Reichstags für die Reform des GewerbegerichtSgesetzes an «pas Plenum zurückkehrt, haben in parlamentarischen Kreisen so weitgehende Zustimmung gefunden, daß bisher nur der Widerstand der Socialdemokraten in Betracht gezogen werden mußte. Die entscheidenden Abstimmungen der Commission, namentlich diejenige über die Ausgestaltung des Einigungsamtes, sind ja mit allen gegen die socialdemokratischen beschlossen worden. Auch ist man darüber unterrichtet, daß der Reichskanzler geneigt ist, dieser EnrmUthigkeit der bürgerlichen Parteien praktisch gerecht zu wer» den und die Annahme der Beschlüsse im Bundesrath« zu befür worten. Dars man hiernach erwarten, daß die gegenwärtige Session de» Reichstages nicht AU Ende geht, ohne daß in dieser organisa torischen Beziehung em Schritt auf dem Weg« socialpolmscher Reformen zu Stande kommt, und steht es schon heut« fest, daß je länger, desto mehr di« bürgerlichen Parteien über den weiteren Gang der Reformen, über Inhalt und Tempo derselben, sich in ein erfreuliches Einvernehmen hineinleben, so will doch die pa triarchalische Richtung noch nicht gänzlich als überwundener Standpunkt betrachtet sein. Vielmehr hat sie in einem Herrn vr. Oscar Martens eine neue publicistische Kraft ge wonnen, die wöchentlich einmal in der „Deutschen Jndustrie-Ztg." den Fortschritt auf socialpolitischem Gebiete zu hemmen sucht. Herr vr. Martens widmet seine jüngsten Artikel in der genannten Zeitung den Beschlüssen der Gewerbegerichtscommission. Er drückt ihnen einen falschen Stempel auf, indem er die Ueberschrift wählt: „Zwangseinigungsamt, ein neues socialpolitisches Ex periment." Und er geht dann in der Betrachtung der Com missionsbeschlüsse überall von falschen Voraussetzungen aus, sieht auch geflissentlich über die wesentlichste Neuheit in den Beschlüssen der Commission hinweg. Auf solche Weise ist es natürlich nicht schwer, den Beifall der jenigen zu finden, in deren Auftrag die „Deutsche Jndustrie-Ztg." herausgegeben wird. Wir bedauern nur, daß dieses beauftragte Wochenblatt durch seine tendenziös-einseitige Behandlung aller socialpolitischen Dinge und durch seine geflissentliche Mißachtung von Thatsachen den wissenschaftlichen Ruf de» Herausgebers in Mitleidenschaft zieht, der ein Jahrzehnt und länger, so lange er die „Industrie-Zeitung" selbstständig redigiren konnte, zu immer größerer Bedeutung gelangt war. Ob Herr Stein mann-Bucher die Entartung seines Blattes noch lange mit ansieht, lassen wir dahingestellt sein. Den Artikel des Herrn vr. MartenS zu vertreten, dürfte er so wenig geneigt sein, wie irgend einer derjenigen Socialpolitiker, die ihren veralteten Standpunkt wenigstens nvch mit sachlichen Gründen zu ver« theidigen suchen. Herr vr. MartenS spricht von einem Zwangs einigungsamte. Auch das wäre noch kein neues socialpolitisches Experiment, denn in einigen Cantonen der Schweiz kennt man bereits den Einigungszwang. Die Com mission des Reichstages will aber lediglich dl« in Streit über den Arbeitsdertrag gerathenen Parteien zwingen, vor dem Einigungsamte zu erscheinen, dort mit einander zu verhandeln und, wenn sie sich nicht schon hier durch einigen können, wenigsten» den Vermittelungsvorschlag des Einigungsamtes «ntgegrnzunehmen. Ob sie den Vor schlag dann annehmen oder ab lehnen, bleibt den Be theiligten über lassen. Sie können auch den Streit weiter führen, wenn st« dies für zweckmäßiger halten. Don einer Zwangseinigung ist also keine Rede. Nun sagt Herr vr. MartenS freilich, daß schon der Eini- gungSzwang dem Arbeitgeber zum Schaden gereiche. Die Ge werbegerichte als Einigungsämter hätten überall und immer nur den Arbeitgebern übel mitgespielt. Wann immer der Arbeitgeber die Einigung ablehne: jedenfalls sei er dann der Geschädigt«. DaS sind so viel« falsche Voraussetzung«» al» Worte. Wir haben erst vor Kurzem dargelegt, welch« außerordentlich« Wohlthat das Ber liner EinigungSamt für Arbeiter und Arbeitgeber bedeutet; wie «S in mustergiltiger Weise bei seinen Vorschlägen hervortreten läßt, wer im Grunde genommen sich im Unrecht« befunden hat, — gleichviel ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer; wi« es dann aber nicht nur den Frieden zu vereinbaren wußte, sondern auch einen Berufszweig nach dem anderen b«i Gelegenheit eines solchen Friedensschlusses für Monate und Jahre hinaus gegen die Wieder kehr von Streik imd Schädigung durch den Streik versicherte. Geschädigt ist nur derjenige Arbeitgeber in seinem Ansehen gegen über der Arbeiterschaft und gegenüber der öffentlichen Meinung, der «»grundsätzlich ablehnt, mit seinen Arbeitern sich aus zusprechen und einen Vergleichsvorschlag von dritter Seit« anzu hören. Das ist allerdings auch di« Absicht der Commissions- beschlüss«, insoweit dem socialen Frieden zu dienen, daß man Diejenigen als die Feinde socialer Friedensarbeit kennzeichnet, die grundsätzlich jeden Gedanken an gemeinsame Interessen in der Arbeit und an die Möglichkeit ersprießlichen Verhandelns mit einander ablehnen. Herr vr. MartenS erkennt aber die Hauptursach« der für den Arbeitgeber «»wachsenden Schädigung darin, daß „weder die Beisitzer noch der Vorsitzende des Ge werbegerichts" genaue, sprcielle Kenntniß der betreffenden Branche, der Marktlage, der Conjunctur, sowie der Existenz bedingungen der in Frage kommenden Arbeit«! und Arbeitgeber besitzen. Meisten» ständen sie dem Streitfall« al» Gewerbs- fremde gegenüber und so wäre es erklärlich, daß die Arbeitgeber sich dem Einigunglamte aegenüber ablehnend verhielt«». Herr vr. Marten» hat sich nicht Vie Mühe genommen, die Commissions beschlüsse vorher durchzulesen, sonst würde er gefunden haben, daß gerade diese von ihm erhobene Beschwerde gegenstandslos geworden ist. Das Einigung-verfahren soll in Zukunft darau beruhen, daß beide streitenden Theil« aus der Reihe ihrer Ver trauensmänner die Beisitzer des Einigungsamtes wählen und benenn«». Insbesondere hat dann der Arbeitgeber die Gewähr, daß sein« Interessen nicht durch Gewerbsfremde behandelt werden, ünd auch jede streitend« Arbeiterschaft wird auf die Vertrauens männer ihres Berufes zurückgreifen, was ja schon durch die ge werkschaftlich« Organisation gegeben erscheint. Also da», wa» Herr vr. Marten» so sehr perhorreScirt, ist in den Commissions beschlüssen nicht nur nicht enthalten, sondern gerade dieser von Herrn vr. Marten» befürchtete Mangel an Sachkunde im Eini- gunatamte ist durch di« Commiffiontbeschlüsse aufgehoben. Ja, man kann wohl sagen, daß auch dir Commission den Er- fcheimmgßzwang und VerhandlnngSzwang nur unter per Vor ¬ aussetzung auSreichendrr Sachkunde im EinigungSamte beschlossen ehen will. Damit erledigt sich aber auch der ganze empfehlende Hinweis des Herrn vr. Marten» auf das Schreds- un!v Einigungs verfahren in England. Wir möchten der „Industrie-Zeitung" nur das Eine noch nahelegen, daß sie — wie immer sie in der Zukunft ihr hinsterbendeS patriarchalisches System zu vertheidi- gen denkt — doch endlich aufhören möge, die Arbeitgeber in der Weise zu unterscheiden, wir eS in dem neuesten Artikel geschieht. Da hören wir wieder, daß die gesammte Arbeitgeberschaft in «ltcner Einmllthigkeit gegen die Fortschritte auf dem social reformatorischen Gebiete sich verwahr« und daß auf der anderen Seite nur wenige Ausnahmen stehen, bei L«n«n aber die wirth- chaftspolitische Richtung m«hr durch Parteipolitik und Popu- aritätssehnsucht beeinflußt werde. Mit anderen Worten also: Die Männer der Praxis und die parteipolitischen Streber sind eS, die sich in der Arbeitgeberschaft unterscheiden. Wenn man nun bedenkt, daß in der Commission des Reichstags die Be- chlüsse mit allen gegen die socialdemokratischen Stimmen gefaßt ind, daß auch im Reichstag« selbst nur Herr von Kardorff, Herr vr. Arendt und einige andere freiconservative Agrarier, die aber nicht einmal bei ker Besetzung der Commission zur Geltung kommen, -dem maßvoll abgrsteckten DorwärtSgeben auf social- wlitischem Gebiete widerstreben; daß ander-rstiks hinter der er drückenden Mehrheit der ReichStagsparteren doch nicht lediglich Beamt« und Gelehrte, sondern in der Hauptsache sogar Männer des praktischen Erwerbslebens stehen: dann ist eS doch «ine lächer liche Anmaßung, diese Gesammtheit der Parteien im Parlament und im Lande in so schroffen Gegensatz zur Gesammtheit der Arbeitgeberschaft im Reiche zu stellen und die erstere als politisches Streberthum, die wenigen Hintermänner der „In dustrie-Zeitung" aber al» die am Webstuhl« der Arbeit schaffen den und aus der Praxis schöpfenden Männer der That zu be zeichnen. Im Gegentheil möchten wir der „Industrie-Zeitung" em pfehlen, aus ihrem eigenen verstiegenen Gebühren heraus den Grund dafür zu finden, daß sie so schrecklich vereinsamt ist. Die Wirren in China. Belgisch-deutscher Zwischenfall. Ueber einen Zwischenfall in Peking berichtet der „Localanz.": Infolge deS Umstand-, daß die Passage durch da- Hatamen-Thor ungewöhnlich eng ist und daher sehr viel benutzt wird, bat die deutsche Thorwache den Befehl, darauf zu achten, daß die Fußgänger beim Eintritt und Austritt au- dem Thor sich rechts bezw. link- halten. Vorgestern passirte der belgische Legationssekretär Mergeling da- Thor und ging auf der falschen Seite. Der Posten ersuchte ihn, auf die andere Seite hinüber zu gehen, worauf ihm der LegationSsekretärerwiverte, er habe ihm keineBefehle zuertheilen, und hinzufügte, die Deutschen thäten überhaupt besser daran, zu Hause zu bleiben. Hier chika- nirten sie die Leute bloß. Der Posten arretirte natürlich den belgischen Diplomaten. Der die Wache com- manvirende Unterofficirr ließ den Legationssekretär nach der deutschen Präfectur führen, wo er nach Feststellung der Identität freigelafsen wurde. Mandschuretfragr Der „Time»" wird au- Shanghai von gestern telegraphirt: Da Rußland seine gegenwärtigen Forderungen hinsichtlich der Mandschurei aufgegeben habe, scheine die Gelegenheit günstig für da- Bestreben, die Anerkennung der Mandschurei als eines wesentlichen TheilS von China und die Einschließung der Mandschureifrage in die allgemeine Lösung der chinesischen Frage zu sichern. Aus Tokio wird dem „Daily Mail" vom 9. April depeschirt: Enttäuscht durch Japan« Opposition hinsichtlich der Mandschurei habe Rußland jetzt seine Taktik geändert und mache verzweifelte Anstrengungen, um nicht bloS die Neutralität Japans für seine Pläne im fernen Osten, sondern sich auch dessen wohlwollenden Beistand zu sichern. Die große Masse der Japaner seh« indessen rin, daß kein Verlaß auf Rußland sei, daß seine FreundschaftSbetheuerungen zu eigennützig seien, um echt zu sein. So lange Rußland die Mandschurei besetzt halte und Korea bedrohe, wa« e« täglich mehr und mehr thue, werde eS Japan kein Vertrauen einflößen. Tchadenersatzforderungen * New Kork, 9. April. Die Regierung der Vereinigten Staaten ist bereit, die eigene Schadeuersatzforderuug gegen China auf 12'/, Millionen zu reducireu, sofern Li« anderen Rationen ein gleiche» Entgegenkommen »eigen. Maa wünscht «in« sofortige Er ledigung, da sonst weitere Complicatiouea zu befürchten seien. (Fkf. Z.) RiiuberLauAe«. * Berlin, 10. April. (Telegramm.) Graf Dalderse, meldet au» Peking vom 8. d. M.: Di« Räuberbande, die am 2. April Tangshao, 25 Icm nördlich von Peking überfallen bat, wurde durch Hauptmann Meister vom 2. ostasiatischen Infanterie- Regiment von Tschangptngtschou, 30 lcw nördlich von Peking, au- verfolgt «nd versprengt, wobei 20Räuber getödtrt wurden. Russisch« verwalt»,,«letftungen * Aus Tientsin, Ende Februar, wird uns geschrieben: Ein hier au» Niutschuang eingetroffrner englischer Kaufmann hat sich in recht bitterer Weis« über die Zustande, die dort herrschen sollen, ausgelassen. Nach s«in«r Darstellung sind seit dem Beginn der russischen Verwaltung bi» zum Januar dieses Jahres im Hafen von Niutschuang auf nicht weniger als 50 Privathäuser und 74 Geschäft-gebäude — etwa den fürsiten Theil der überhaupt dort bestehenden — räuberische An griffe gemacht und mehrer« Leute dabei getödtet worden. Die Kaufleute in Niutschuang sollen einen allgemeinen Einbruch von Räubern befürchten, mehrere Firmen bereits geschloffen haben und rin« allgemeine Schließung der Geschäfte in Erwägung ge zogen sein. Während die übrigen unter russischer Verwaltung stehenden Städte sich eines verhältnißmäßig friedlichen und sicheren Zustande» zu erfreuen scheinen, soll die chinesische Polizei in Niutschuang gänzlich unfähig und die russisch sprechenden chinesischen Dolmetscher bestechlich sein und gelegentlich mit den Liehen im Vuntze Kehrn, Dies« Zustitph« Hajen -freit» zur Entsendung zweier russischer Officiere von Port Arthur nach Niutschuang geführt, um die Verschiedenheit der amtlichen und nichtamtlichen Berichte, über die dortigen Verhältnisse aufzu klären; auf ihre Veranlassung soll ein Dolmetscher arretirt sein und die gesammte Polizei, Russen sowohl wie Chinesen, vor der Entlassung stehen. Auch hat das Consularcorps in Niutschuang beschlossen, eine entsprechende Vorstellung und Vorschläge für eine Besserung der Verhältnisse an den russischen Civilavmini- strator und an den Admiral Alcxeiew zu richten. Der Krieg in Südafrika. Englische Werbungen in Argentinien. Man schreibt au» Buenos Aires unterm 14. März: „DaS britische Heer in Südafrika braucht Verstärkung und man hält e» daher für gerathen, auch außerhalb der englischen Colo nien wieder einmal die Werbetrommel rühren zu lassen. Jetzt seh«n wir auch hierzulande bereits derartig« Werbungen im vollen Betriebe, wenn auch zunächst der Appell nur an junge Eng länder gerichtet wird, an denen es ja hier nicht mangelt; aber daß England sich überhaupt hierher wenden muß, um Mannschaften aufzutreiben, ist ein Beweis dafür, wie erbärmlich es mit dem Truppenersatz im britischen Heere bestellt sein muß. In den hie sig«» englischen Blättern war gestern rin von Capstadt aus hier her gesandter Aufruf zu lesen, in welchem auf die günstige Ge legenheit hing«wiesen wird, die sich jungen Engländern augen blicklich in Südafrika bietet, und die verlockendsten Bedingungen, 5—15 Schilling pro Tag u.s.w., geschildert werden. Außerdem heißt es, daß das Klima entzückend sei, ähnlich dem hiesigen, nur etwas trockener, daß nach Verlauf der 2 Jahre, auf die man sich zum Beispiel für di« Polizeitruppe des famosen Generals Baden- Powell verpflichten muß, die Ruhe im Lande wieder hergestellt sein dürfte, und daß sich dann vorzügliche Arbeitsgelegenheit biete, denn, wie cs weiter geradezu triumphir-nd in dem Aufrufe heißt, die Boeven im Transvaal un!d im Freistaat sind völlig ruinirt, ihre Häuser und ArbeitSgeräthe verbrannt, ihre Heerden weggetrteben und die Einzäunungen niedcrgrrissen. Das Land würde also billig zu kaufen sein. Welch' herrliche Errungen schaften diese» glorreichen Kriege»! Wir «S im hiesigen Standard" heißt, 'st d'cscr Aukens be sonder» an solche jungen Leute gerichtet, die nichts Anderes zu thun haben, als „öffentliche Gebäude zu besichtigen", — also an Bummler und Trampe, die jedoch schwerlich ihr beschauliches Leben gegen die Vorzüge «irres Baden-Powcll'schen Regimentes vertauschen werden. — Das Ganze ist, wie gesagt, recht bezeich nend für die Fortschritte der britischen Kriegsführung in Süd afrika." * London, 10. April. (Telegramm.) Oberst Thorneycrost hat durch eine rasche Bewegung einige Borrenabtheilungen unweit Brandfort überrumpelt und 21 Gefangene ge- macht. (Voss. Ztg.) Deutsch-s ReilL» * Berlin, 10. April. UeberdenErfolgdrr Lon doner Verhandlungen des Colonial directors vr. Stübel berichten die „Verl. N. N.": „Der Colonialdirector vr. Stübel ist vor den Feiertagen wieder hier eingetroffen; ob er nochmals nach London zurücktehrt, ist noch nicht sicher. Seine Verhandlungen mit den britischen Staatsmännern haben, wie verlautet, einen sehr freundlichen Charakter gehabt. Eine weitgehende Uebereinstimmung hinsichtlich der Behandlung der Entschädigungen von Seiten Chinas hat sich er geben; in Folge dessen ist auch eine volle Verständigung beider Regierungen darüber sehr wahrscheinlich. Was die Entschädigungen für Privatderluste anlangt, für deren An meldung deutscherseits jetzt ein bestimmter letzter Termin aus geschrieben ist, so könnte wohl jede Macht eine Pauschsumme ver langen und dann selbst die Auszahlung an die egenen Ge schädigten vollziehen. Auf diese Weise könnt« die Berechtigung der Forderungen am besten geprüft werden und die Abwickelung des Ganzen würde sich rascher erledigen lassen, wenn sie von einer allgemeinen Centralstelle ausgeht. Zu China zeigen die Unter händler das größte Vertrauen. China wird danach nicht nur dte Entschädigungen anerkenn«», sondern auch unbedingt zahlen, zumal es dazu vollkommen im Stande ist. — Zur Frage der Entschädigung der auS Transvaal ver triebenen Deutschen scheint die britische Regierung sich grundsätzlich zustimmend zu verhalten, wenigstens ist in London schon eine Commission eingesetzt worden, die sich mit ver Fest stellung dieser Angelegenheit beschäftigen soll. Dem Vernehmen nach sind auch viele anfechtbare Forderungen eingegangen, man wird daher erst die Spreu vom Weizen sondern muffen, ehe an eine bestimmte Festsetzung gegangen werden kann. Hinsichtlich der Togoabgrenznng haben sich die Engländer offenbar geirrt über die Wirkung der Bestimmung, wonach der Schnitt punkt des 9 Grad nördlicher Breite mit dem Dakaflusse die Grenz« vom Salaaagebiet bilden soll. Zugleich bekommt man immer mehr den Eindruck, daß man in London ge glaubt hat, sehr leicht Deutschland zu einer Aendrrung nach britischen Wünschen bringen zu können. Auch jetzt wieder ist kein Zweifel darüber ge lassen worden, daß deutscherseits kein Titelchen unserer Rechte aufgegeben werden wird." Das klingt sehr stolz! * Berlin, 10. April. Der Bericht der RcichStagS- commission über die auS dem Hause beantragten Blenderungen der Justizgesetze, des GerichtSver- fassung-gesetzeS, der Strasproceßordnung, der Eivilproceßordnung und des Strafgesetzbuch», darunter der Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen, ist kurz vor den Feiertagen veröffentlicht worden. Die umfangreiche Arbeit der Commission wird aber, wie e« scheint, vergeblich bleiben, wie e- nament lich mit den Bemühungen um Wiedereinführung der Berufung in Strafsachen schon wiederholt geschehen ist. Die „Berliner Politischen Nachrichten" schreiben darüber: „Diese Bemühungen datiren bereits aus der Session 1883. Die damals von einigen Abgeordneten ein gebrachten Anträge kamen wegen Schluffe» der Session nicht zur Verhandlung. Im Jabre 1881 wurden die Anträge wiederholt und erweitert, auch sie kamen nicht zur Er ledigung. In der Session 1885/86.gelang e« nach ein gehender CommissionSberathung eine Mehrheit im Plenum zu finden, der Bundesrath versagte jedoch dem gefaßten Beschlüsse seine Zustimmung. Im November 1892 wurden die Anträge auf Einführung der Berufung wiederholt, sie blieben jedoch wegen Auflösung des Reichstags unerledigt. In der Session 1894/95 brachten die verbündeten Re gierungen eine dahin zielende Vorlage ein. Dieselbe wurde in einer Commission berathen, vor Abschluß der Bc- rathunzen wurde aber der Reichstag geschlossen. Jin folgenden Jahre brachten die verbündeten Regierungen abermals eine Vorlage ein, diese wurde in einer Commission durchberathen. Ihr Bericht gelangte an das Plenum, eS kam auch zur dritten Berathung. In dieser wurde jedoch die Beibehaltung der Besetzung der Strafkammern mit fünf Richtern beschlossen, obschon der Staatssekretär deS Reichsjustizamts erklärt hatte, daß die Beibehaltung für die verbündeten Regierungen unannehmbar sei. Nachdem dieser Beschluß angenommen war, erklärte der Staatssekretär, daß die verbündeten »Re gierungen auf die Weiterberathung des Gesetzes keinen Werth legten. Es wurde dann noch ein Compromiß- antrag im Reichstage ringebracht, dieser gelangte aber nicht mehr zur Verhandlung im Plenum. In der Session 1897/98 wurden wieder verschiedene Anträge auS dem Hause eingebracht, sie blieben aber unerledigt, dagegen wurde eine Resolution angenommen, in welcher die verbündeten Regie rungen ersucht wurden, dem Reichstage in der nächsten Session alsbald nach dessen Zusammrnlreten den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Berufung in Strafsachen, welche vor den bürgerlichen Gerichten verhandelt werden, vorzu legen. In der Session 1898/99 wurde ein Antrag aus dem Hause, sowie ein Gesetzentwurf der verbündeten Regierungen eingebracht. Darüber fanden CommisstonSver- handlungen statt, der Commissionsbericht gelangte jedoch trotz der im Sommer 1899 eintretenden Vertagung deS Reichstags auch im folgenden Jahre im Plenum nicht mehr zur Be rathung. Jetzt haben Anträge vorgelegen, welche sich größten- theilS an die in der Session 1898/99 von der Commission gefaßten Beschlüsse anlehnen. Man ist in der jetzigen Commission, wie der vorliegende Bericht ergiebt, zu einem Compromiß wegen der Besetzung der Strafkammern gelangt. Es wird sich jedoch erst zeigen müssen, ob das Pl-nu-i n. demselben einverstanden ist. Ob die verbündeten Regierungen, nachdem ihre Actionen auf diesem Gebiete erfolglos geblieben sind, in nächster Zeit sich zur Aufnahme derselben verstehen werden, bleibt auch abzuwarten." * Berlin, 10. April. (Waarenhaussteuersorgen.) Die „Nat.-Ztg." ulkt sehr unterhaltend und sehr boshaft: Un gleich vertheilt, wie des Lebens Güter, sind die Sorgen unter die Räthe des Handelsministeriums. Zu den Urhebern schwerer Sorgen gehören für sie die — Kinderbade wannen. Gleichviel, ob Familienvater oder nicht, müssen sie Straß' auf, Straß' ab eilen uns Umschau halten nach Kinderbadewannen. Hier und dort prüfen sie ein Geschäft für Kinderausstattungen, finden die rei zendsten Sächelchen, die niedlichste Babywäsche, „süße" Trag kleider — aber keine Kinderbadcwanne. Und so er scheint denn flugs im Ministerial-Blatt der Handels- und Ge werbeverwaltung ein amtlicher Erlaß zur Ausführung des Ge setzes über die Waarenhaussteucr, wonach Kinderbadewannen nicht in Kinderausstattungsgeschäfte gehören. Doch die Ent scheidung war voreilig. In Schaaren eilen die geängstigten Inter essenten Herbri und bitten im Namen von tausend unmündigen, unerwachsenen, hilflosen Kindern, ihnen die Badewanne dort zu belassen, wo die sorgenden Mütter sie früher fanden. Neue Sorgen. Noch einmal wird das Ministerium alarmirt, noch ein mal eine Prüfung der einschlägigen Geschäfte oorgenommen, „Herkommen und Gebrauch" ergründet — und abermals wird der ministerielle V«rordnungsapparat in Thätiakeit gesetzt, um der gespannt lauschenden Welt zu verkünden: „Nach mehrmaliger Er wägung ist für festgestellt erachtet, daß sich in Berlin der Handel mit Kinderausstattungen (Waaren der Gruppe L des 8 6) auf Kinderbadewannen erstreckt." — Solche und ähnliche Sorgen machen die Kindcrbadewannen. Nun sollte man meinen, daß es Gegenstände von immerhin noch größerer Bedeutung giebt, die einem hohen Rath im Handelsministerium noch viel ärgeren Kummer bereiten — jene fatalen Artikel, die in keiner der bc rühmten „vier Kategorien" d«s Waarenhausgesetzes ein Unter kommen finden. Wohin mit ihnen? Welch' ein ängstlickrc- Sinn«n und Grübeln, um ihnen einen Platz zu schassen! Dock' weit gefehlt. Was man nicht eingruppiren kann, sieht man als nicht bestehend an. Alle diejenigen Waaren, die sich in keine der vier Gruppen des Waarenhauses eingliedern lassen — und v. Zahl ist nicht gering —, bleiben eben einstweilen in ver Schwebe, mit ihnen müht sich das Handelsministerium nicht ab, sonder: schiebt sie mit freundlichem Wink dem Finanzministerium zu. Mag sich doch die Steuerverwaltung mit ihnen abfinden! Eine der neuesten Entscheidungen des Handelsministeriums besag: nämlich: Die Frage ob der Erlös für gruppenfreie Waaren bei der Feststellung des steuerpflichtigen Jahresumsatzes außer tracht bleiben kann, gehört nicht zu den Gegenständen, über di? nach js 6 Absatz 5 zu befinden ist, sondern ist im Ltcuer - Der. anlagungsverfahren zum Austrag zu dringen. Im Handelsministerium athmete man erleichtert auf. Durch das Kastanienwäldchen aber ging ein leises Seufzen. M.: Kinderbadewannen hat man dort nichts mehr zu thun, aber mit — Reisekörben und mancherlei anderen unbequemen Dingen, die man im Handelsministerium nicht zu definiren vermochte' Sorge über Sorge! Die Geschäfte aber, in denen di« vom Gesetzgeber vergessenen Waaren geführt werden, bleiben noch einige Wochen oder Monate im Zweifel, ob sie der Waarenhaussteuer verfallen oder nicht. Sie werden dem Gesetzgeber ob dieses Zustandes kein überschäumendes Maß von Dankbarkeit zollen. (-) Berlin, 10. April. (Telegramm.) Der Kaiser nahm gelegentlich deS gestern Abend im königlichen Schlosse stattgehabten Diner» zu Ehren der großbritannischen Special mission die Meldungen deS Vick-OberceremonienmeisterS Graf v. Kanih, Direktor» im HauSniinisterium, und de» Gesandten Erbzraf zu Kastell-Rüdenhausen entgegen. — Heute Morgen unternahm der Kaiser einen Spaziergang im Tbiergarten, empfing um 9 Uhr den Rector der Universität Bonn, Geb. Mekicinal-Ratb Prof. Freiherr v. La Valctte-St. George und hörte von 9>Ubr an den Vortrag de» Chef» de» Civilcabinet» v. Luca nu». Um 10'/, Uhr hatte der Kaiser die Herr«
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