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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.04.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010417011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901041701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901041701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-17
- Monat1901-04
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. 193. Mittwoch den 17. April 1901. Anzeigen «Preis die 6gespaltene Petitzelle 25 Z- Reclamen unter dem RedacuonSstrich (4 gespaltea) 75 vor den Familiennach» richten («gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 35 H (excl. Porto). Ertra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbesürderung ,/L 60.—, mit Postbesürderung ./l 70.—. Aunahmeschluß für Anzeige«: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Erpedition zu richte». Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck >!ud Verlag von E. Polz in Leipzig. 93. Jahrgang. Äalieu und der internationale Klerikalisrnus. — Einen drastischen Beweis für die Jntrrnationalitüt des Kleritalismus und seinen daraus hervorgehenden Mangel an Vaterlandsliebe liefern die Betrachtungen, welche die klerikale Presse der beiden Länder, wie an dem Besuche der italienischen Flotte in Toulon besonderes Interesse nehmen, nämlich Deutsch lands und Frankreichs, anstellen. In ihrer „Wochen-Rundschau" erklärt die „Köln. Volksztg." zu dem Besuche in Toulon u. A.: „Von Nizza ging die Fahrt deS Präsidenten Loubet zu Schiff« nach dem Kriegsyafen Tou lon, wo die- Italiener jetzt ihr „Kronstadt" suchen, die stärkere Annäherung an Frankreich, wie dieses vor Jahren durch den Floitenbefuch in Kron stadt an Rußland heranrückte." ES wird damit also «ine Parallele gezogen zwischen den Ab sichten, welche die Franzosen im Jahre 1891 verfolgten, mit oenen, welche die Italiener angeblich xetzt verfolgen, d. h. es wird den Italienern unterstellt, daß, ebenso wie Frankreich damals daS russische Bündniß als der werbende Theil anstrebte, Italien jetzt ein Bündniß mit Frankreich vorzubereiten such«. Da ein derartiger Grad der Annäherung zweifellos eine Verletzung der Bundestrcue Italiens gegen Deutschland bedeuten würde, so wird damit zugleich Italien ein« Beleidigung zugefügt. Zur Sache sei nur bemerkt, daß der Vergleich mit Kronstadt so falsch und ungeschickt wie nur möglich ist, denn Frankreich war damals allerdings der werbenlve Theil, weil es den ersten Schritt that, während Italien eine ihm vor zwei Jahren erwiesene Aufmerk samkeit erwiderte, was denn doch den Flottenbesuch in ein ganz anderes Licht rückt. Während nun das führende deutsche klerikale Organ Italien geradezu an Frankreich heranzudrängen sucht, erleben wir eS, daß die französische klerikal« Prrsse jeden Gedanken der Annähe rung Italiens perhvrrescirt. So erklärt der „Soleil": „Wir haben leider viele Gründe, auf die italienischen Kundgebungen, die häufig eigennützig sind, nicht viel zu geben . . . Die Italiener sind sehr gewandte und praktische Leute, sie geben Annunciaten- orden, aber sie bevölkern Tunesien und überschwemmen Mar seille . . . Wir wollen Nicht, daß Frankreichs Interessen für Umarmungen geopfert imrdui, sie mehr lärmen', als nützlich sind." Und der „Gaulois" erklärt die Touloner Zusammenkunft für einen Annäherungsversuch von französi scher Seite, der aber nicht recht geglückt sei und «inen diplomatischen Fehlschlag bedeute. Auf den ersten Blick wird es scheinen, als ob das klerikale deutsch« Blatt und die französischen ultramontan«» Blätter sich in einem Gegensatz« zu einander befinden, denn das deutsche Blatt betrachtet ja den Annäherungsversuch als von Italien aus gehend und glaubt anscheinend an einen gewissen Erfolg dieses Versuch«s, während die erwähnten französischen klerikalen Blätter von dieser Annäherung nichts wissen wollen uNd den Versuch dazu Frankreich in die Schuhe schieben. Dieser Gegensatz der Auffassungen ist aber nur ein äußer licher, das Motiv dazu ist dasselbe. Der Kleri- kaliSmus, mag er nun in Deutschland oder in Frankreich oder in Oesterreich sein Lager aufgeschlagen haben, ist der geborene Tod feind der „räuberischen" italienischen Dynastie, die dem Papste den Kirchenstaat genommen hat. Deshalb wünscht der deutsche KlerikaliSmuS, daß Deutschland nichts mit Italien zu thun habe, weil man ja, so lang« Italien mit Deutschland verbündet ist, doch nicht wohl mit solchem Eifer gegen den „Räuber" zu Felde ziehen kann, als man es gern möchte. Aus demselben Grund« wünscht auch der französische KlerikaliSmuS kein intime- Band zwischen Frankreich und Italien, denn dann wäre ihm die Mög lichkeit genommen, über Italien herzuziehen, in noch höherem Maß« als der deutschen klerikalen Presse, denn daS französische Volk versteht bei derartigen Vaterlandslosigkeiten keinen Spaß, und deshalb dürft«, wenn erst Italien der Bundesgenosse Frank reichs wäre, kein französisches Blatt es wagen, den Verbündeten so brutal zu verletzen, wie es beispielsweise die „Germania" wiederholt gethan hat. So erleben wir das eigenartig« und in gewisser Weise humo ristische Schauspiel, daß der deutsche KlerikaliSmuS Italien den Franzosen zuschiebeu möchte, der französische KlerikaliSmuS aber nichts dagegen hat, daß Alles beim Alten bleibt. Glücklicher Weise entscheidet der KlerikaliSmuS noch nicht über «di« Politik Italiens, sonst würde sich dieser Land sicherlich zwischen zwei Stühle setzen. Der Krieg in Südafrika. Nach den letzten Nachrichten zu rechnen, hat eS nicht den Anschein, als wenn die Engländer sich in dem soeben occupirten PieterSburg länger festsetzen wollten, und als ob Lord Kitchener seine Position daselbst für stark genug hält, um dieselbe dauernd be haupten zu können. Es verlautet nämlich, daß Oberst Plumer mit seiner Brigade in dem genannten Orte ganz vandalenmäßig wirthschaftet und nicht nur alle vorgefundenen, für ihn nicht verwendbaren MunitionSvorräthe in die Luft sprengt, sondern auch große Mengen von Lebensmitteln, die doch mit der Bahn bequem südwärts geschafft werden könnten, ein halbes Dutzend Mühlen, verschiedene von den Boeren besonders errichtete Stapelhäuser für jede Art von Kriegsmaterial und sonstiges „öffentliches Eigenthum" vollständig zerstören läßt, was doch selbstverständlich nicht nothwendig wäre, wenn die Engländer, wie bisher z. B. in Pretoria und Johannesburg, dauernd Herren der Situation blieben resp. bleiben könnten. ES verlautet ferner, daß die Nachbarschaft von PieterSburg durchaus noch nicht frei von Boeren ist, sondern daß die englische Besatzung mehr, als ihr lieb sein kann, unter scharfer Beobachtung ihrer Feinde steht, welche letzteren außerdem ihr Bestes thun, um durch das Weg schießen englischer Vorposten und Patrouillen unaufhörlich in Alarm zu halten. UeberdieS steht Commandant Beyers mit einem starken Eommando bei HaenertSburg nur ungefähr 20 englische Meilen von PieterSburg entfernt, und zwar, wie es scheint, in besonders sicherer Stellung, die eine vorzügliche Basis für etwaige kleinere Operationen gegen die Engländer und gegen die Bahnlinie bildet. Außerdem hat er einige Geschütze und darunter einen du von den Engländern mit Recht so gefürchteten „Long Toms" zur Verfügung, während natürlich einige weitere Commandos hinter ihm zwischen HaenertSburg und Leydsdorp sich befinden. Daß Christian De Wet vollständig verrückt und verzweifelt ist, wissen wir, Dank Reuter, ja bereits seit längerer Zeit; aber daß Präsident Steijn, der sich augenblicklich in Tabacts- berg befinden soll, ebenfalls seine Gesundheit unv besonders sein Nervensystem gänzlich ruinirt hat und in melancholischer Resig nation jetzt „alle Boeren, die noch auf Eommando sind, auf fordert, sich sofort zu ergeben", — diese ebenso fette, wie unver schämte Ente tischt uns eben derselbe Reuter erst heute als würdiges Gegenstück zu dem De Wet'schen Wahnsinn auf. Sogar eine ganze Anzahl von Londoner Morgenblättern aenirt sich, eine derartige freche Erfindung wiederzugeben, und bringt das Reuter'sche Telegramm nur so weit, als es von dem jetzigen Aufenthalte des Präsidenten Steijn und seiner vielleicht er schütterten Gesundheit spricht, ohne sich entschließen zu können, dem Londoner Publicum auch daS Ammenmärchen auf die Nase zu binden, daß der unversöhnliche Steijn jetzt seine Burghers auffordert, sich schleunigst zu übergeben. Es kann also ange nommen werden, daß in dem anständigeren Theile der englischen Presse für die Auswüchse der Reuter'schen Phantasie resp. für die absichtlichen Entstellungen und gewollten Unwahrheiten — die ja thatsächlich nur all zu häufig an die schönsten Blüthen der Kriegsberichterstattung des Herrn Wippchen erinnern könnten, wenn sie nur nicht gar zu brutal und real wären — sich allmäh lich nicht mehr immer der früher so bereitwillig hergegebenc Raum findet. Der Krug geht eben so lange zum Wasser, bis er bricht, und man kann auch, selbst für die englische Presse, im Ausschneiden und Schwindeln schließlich einmal zu viel des Guten thun. Die englischen Civil- und Militärbehörden in Capstadt thun ihr Möglichstes, um die Ausdehnung der Prft-Spidcmie zu verheimlichen und die Größe der dadurch bedingten Gefahr zu verschleiern. Der Procentsatz der an der Seuche erkrankten und gestorbenen Europäer wächst mit jedem Tage an, und be reits wiederholt war die tägliche Rate an weißen Patienten und Todten größer, als diesenigen de» schwär?«».-, Außerdem füll-» sich die tnttttäriiqen Hospitäler, soweic ge ¬ halten werden können, immer mehr mit pestkranken Soldaten, angesichts welcher Thatsache die Censur geradezu Unglaubliches in der Unterdrückung und Beschneidung von telegraphischen Nachrichten leistet. Wenn daher heute der officielle Draht die Gesammtzahl der bisherigen Erkrankungen mit 392 und die der Todesfälle mit 157 angiebt (also doch fast 50 Procent tödtlicher Ausgang), so kann man mit Bestimmtheit annehmen, daß diese Zahlen viel zu niedrig gegriffen sind und keinesfalls die Pest fälle unter den britischen Truppen umfassen, welche bis vor einigen Tagen noch regelmäßig separat aufgeführt wurden. Wie wenig ausreichend übrigens die sanitären Vorkehrungen in Cap stadt sind, geht am besten daraus hervor, daß jeden Tag ein halbes Dutzend oder mehr Leichen von an der Pest gestorbenen schwarzen und weißen Personen in den Straßen, den Haus fluren u. s. w. gefunden werden, und meistens nur mit vieler Mühe identificirt werden können. Die Zustände in den Eingc borenen-Niederlassungen müssen jeder Beschreibung spotten. * Land»«, 16. April. (Telegramm.) AuS Pretoria wird dem „Standard" gedrahtet, kleine Banden seien allenthalben fortgesetzt in Thätigkeit, deren Unterdrückung beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Es seien indessen Bor- berritungen im Gange, um die verschiedenen Dege gründlicher zu säubern, als dies bislang möglich gewesen sei. Der Krieg sei daher in sein letztes (?) Stadium getreten, sein Ende Wird von der MunitionSmeoge der Boeren abhängen. Jedenfalls beabsichtigen die Boeren bi« zum Aeußersten zu kämpfen. Nach einer Brüsseler Drahtmeldung de« „Standard" würde, wenn die Boeren gezwungen fein sollten, die Waffen niederzulegen, weder Krüger noch andere Boerenführer einen Vertrag unterzeichnen, um der künftigen Generation Gelegenheit zu geben, sich gegen England zu erheben, ohne ein schriftliches Abkommen zu ver letzen. (Boss.Ztg.) Die Kriegführung «er SnglänSer. erfährt in einem der „Magdb. Ztg." zur Verfügung gestellten Briefe aus Pretoria vom 31- Januar eive scharfe Beleuchtung. Der Schreiber ist ein im Dienst der Berliner Mission I stehender Missionar. Es heißt in dem Brief u. A.: Ihr werdet Euch wundern, daß ich als Missionar Kriegsgefangener bin. Das ist sonst in der Welt nicht Mode, das Geistliche zu Kriegsgefangenen gemacht werden. Ja, aber hier leben wir halb außerhalb der civilisirten Welt. Hier thun die Herren Engländer, was sie wollen. Die führen nicht nur Krieg mit den Bürgern bes Landes, die im Felde gegen sie kämpfen, sondern auch mit Frauen und Kindern und Greisen, die irgend welchen Einfluß haben, so auch mit Missionaren und Pastoren, denn diese Leute sind Zeugen ihrer grausamen Ungerechtigkeiten. Gegen die Bürger im Felde zu kämpfen, sind sie zu feige, deshalb nehmen sie Frauen und Kinder gefangen und führen sie in Gefangenschaft, wo sie kärglich mit Kost versehen werden, und in Gefängnisse, das sind verschiedene Häuser, in die sie vertheilt worden sind, Andere auch nur in eime Zelte, wo sie auf der Erde, in Decken gehüllt, cam- piren müssen. Lebensmittel werden wöchentlich ausgetheilt für dieselbe Zeit, d. h. Montags giebt es Mehl für eine Woche, Dienstags Fleisch, Mittwochs Thee oder Kaffee, auch Zucker, wenn solcher da ist. Daß dies ein elendes Leben ist, könnt Ihr Euch wohl denken. Durch dies Elend, das Frauen, Kinder und Greise erdulden müssen, wollen die Engländer auf die noch kämpfenden Bürger drücken und sie zur Uebergab« bewegen. Auck> meine Frau und die sechs jüngsten Kinder wurden am 6. Januar durch militärische EScorte gefangen genommen und in daS Dorf und Stadt Lydenburg und in die Kaffernkirche gebracht. Dort müssen sie für sich selbst sorgen, d. h. sich selbst beköstigen, und stehen unter polizeilicher Aufsicht Andere Familien aus und um Lydenburg. die sich nicht selbst be lästigen können, wurden nach Belfast in einen Militärkamp a« bracht. Prediger der Bauern sind früher schon fortgeschi'ckt in Gefangenschaft nach Lapstadt und St. Helena. Andere nach Ceylon. Dir Engländer Hausen hier ganz ähnlich wie die Generale Napoleon's in Deutschland 1806/07, und wie lange dies noch andauern wird, wissen wir nicht, denn keine der krieg führenden Parteien will nachgeben. Leider erfahrt Ihr dort nicht Alles, was hier geschieht, denn die Engländer controliren alle Postsachen, und was ihnen nicht gefällt, lassen sie nicht durch. Den alten Missionar Keiser von der Hermannsburger Mission, 74 Jahre alt, und seine drei Söhne haben sic ebenfalls gefangen genommen und nach Capstadt gebracht, weil diese für die Boeren sympathisiren. In Pretoria, Johannesburg und einigen anderen Städten von Transvaal sollen nun provisorische Civilgerichte an Stelle der Militärgerichte treten. Die Verhandlungen finden in englischer Sprache statt. Die Gerichte in Pretoria, Pot- schefstroom, Johannesburg, Krügersdorp und Bocksburg können Strafen bis zu 3 Monaten Gefängniß, 10 Lrstl. Geldstrafe und für Eingeborene 12 Hiebe verhängen; was darüber geht, muß von Solomon, dem juristischen Rathgeber der Regierung, be stätigt werden. Für Pretoria und Johannesburg werden be sondere Criminalgerichte eingesetzt, die aus drei Mit gliedern bestehen und ohne Geschworene urtheilcn. aber Strafen über 12 Monate Gefängniß oder 100 Lrstl. oder 25 Hiebe be dürfen der Bestätigung durch Solomon. Obgleich militärische Vergehen nicht zur Competenz dieser Gerichte gehören, werden doch in Pretoria und Johannesburg die Militärgerichte aufge hoben. Die Wirren in China. Der Mörder des Hauptmanns Bartsch * Berlin, 16. April. (Telegramm.) Der kaiserliche Gesandte in Peking vi. Muni m v. Sch Warzenstein meldet, daß der chinesische MörderdeS Haupt mannS Bartsch festgenommen worden und der That geständig ist. * Köln, 16. April. (Telegramm.) Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Peking vom 15. r. M.: Der Mörder reS Hauptmanns Bartsch ist heute Morgen durch den Dolmetscher deS Hauptquartiers BooS ermittelt worden. Er ist ein Pekinger Arbeiter von etwa 20 Jahren. Der Mc-d, geschah nach einem, unbedeutenden Wortwechsel, und zwar mn einem 'Revolver veralteter Eonstruction. — Der Gesandte v. Mumm ,st heute Nachmittag hierher zurück gekehrt. Die „Times" schlagen bei der Besprechung der Entschädigungs-Forderungen der Mächte einen auffallend feindseligen Ton gegen Deutsch land an. Das Blatt schreibt : ES wäre von grobem Jllterrsse zu wisse», wie Deutschland zu der Summe von 70 Millionen Dollars gekommen ist. Im Orga- nisiren überseeischer Expeditionen sei Deutschland zwar «in Neu ling und hätte deshalb Lehrgeld bezahlen müssen, auch habe Deutsch lands Landtransport zuerst versagt und die Kosten, ihn in Gang zu bringen, mögen erheblich geweseu sein. Doch angesichts der gerühmten Sparsamkeit des militärischen Symstems und der außerordentlichen Erleichterungen bei Versorgung der Schiffe mit Kohlen und Wasser, die Deutschland in Folge der sreundlichen Beziehungen zu England zu Theil wurden, würde eS überraschen, wen» Deutschlands militärische Unkosten einen erheblichen Theil dieser gewaltigen Geldsumme bildeten. „Wenn es der Fall ist, so scheint der Schluß unabweisbar, daß Deutschland unter keinen Umständen eine Unternehmung wie den TranSvaalkrieg ohne die drohende Gefahr eines nationale» Bankrotts hätte beginnen können. Vielleicht wird sich aber zeigen, daß China auch für Ketteler's Er mordung schwer pekuniär gerupft werden soll. DaS ist eine Form der Strafe, welche Deutschland aufzuerlegen LaS Recht hat, wenn es will, doch würden wir es bedauern, wenn unser eigenes Land für ein ähnliches Verbrechen pekuniäre Entschädigung annehmen oder anzunehmen scheinen würdr." Die „Times", eine Lanze für den internationalen Anstand brechend! Wahrhaftig, die Pose ist grandios! Deutsches Reich. Berlin, 16. April. (KlerikaliSmuS, SocialiS- mu« und Antisemitismus.) Wir batten bereit« neulich darauf hingewiesen, daß der den Socialisten so günstige AuS- gang der Gewerbegerichtswahlen in Köln, einer Hochburg deS KlerikaliSmuS, dem Centrum höchst fatal ist, weil er beweist, daß der Damm, den der KlerikaliSmuS angeblich dem Bor dringen der Socialdemokralie entgegensetzt, doch schon recht brüchig wird. Jetzt wird dieser Eindruck noch verschärft durch daS offene Zugeständniß der „Köln. BolkSztg.", daß die katholische Kirche den Kampf gegen die Socialvemokratie uicht — oder wenigstens nicht allein — erfolgreich führen könne. DaS Blatt bekennt zunächst offen, daß die stattliche Stimmenzahl, die die Socialdemokraten nicht nur in der Stadr Köln selbst, sondern auch in dem Landkreise — wo der Einfluß der Geistlichkeit doch noch größer ist al« in der großen Stadt — erhalten, „sehr unangenehm überrascht" bat. Diese Tbatsache verdiene ernste Berücksichtigung. Die Quintessenz dieser ernsten Berücksichtigung ist in folgender, von dem ultramontanen Blatte angestellten Erwägung zu finden: „Ebenso wenig läßt sich die» inämlich eine erfolgversprechend« Agitation gegeu die Socialdemokratie) durch Pflege de« kirch lichen Lebens oder in Hinsicht aus di« social« Frage besonders zugeschoittene Konzrlv ort rüge allein errrichen — ganz abgesehen davon, daß all« hierbei in Betracht kommenden Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die weniger interessirten Kirchrnbejucher schlecht oder au« sonstigen Gründen überhaupt auf drr Kanzel sich nicht behandeln lassen. Die« läßt sich in einer «rfolgver- svrrchenden Weise nur bei zweckmäßig eingerichteten und geleiteten Verein«» erreichen. Hier kann und muß den Arbeitern Aufklärung über die wirthschaftlichen und di« sonstigen ihr« Juteressru berührend«» Frage» g«g«b«u, hier können ihre Zweifel gehoben werden,' üb«r die sie Aufklärung wünschen und der sie dringend bedürfen . . . Freilich sind wir der Meinung, daß bei Bekämpfung der Socialdemokratie nicht nur die negative, sondern die positive Seite der Frage zu berücksichtigen ist." Wir stimmen diesen trefflichen Ausführungen Wort für Wort bei, aber was bat dann die katholische Kirche gegenüber den protestantischen Gegenden noch voraus? Auch in den letzteren gelten positive sociale Maßnahmen in Verbindung mit Vereinen zur Bekämpfung der socialistischen Jrrthümer als die besten Mittel zur Bekämpfung der Socialdemokratie. Wenn die klerikale Presse selbst die wunderthätige Wirkung der katholischen Kirche im Kampfe gegen die Socialdemokratie ausscheidet, so giebt sie da mit zu, daß die Bedingungen für diesen Kampf ohne Rücksicht auf die consessionellen Verhältnisse die gleichen sind. Um so verwunderlicher ist es, daß in demselben Momente, wo die Fiction von der besonderen Heilkraft deS KatholiciSmus gegen das Eindringen des socialistischen Giftes fallen gelassen wird, drr KlerikaliSmuS als Schutz damm gegen den Antisemitismus angepriesen wird. In der Polemik gegen ein demokratisches Blatt weist nämlich die „Köln. BolkSztg." mit Genugtbnung darauf hin, daß die sämmtlichen antisemitischen Reichstagsabgeordneten in ganz überwiegend protestantischen Wahlkreisen gewählt worden seien. Dieses Argument ist aber nur ein „Blender". Oder will die „Kölnische Volkszeitung" bestreiten, daß in den Reihen der CentrumSpartei eine ganze Anzahl von Abgeordneten sitzt, deren Gesinnung gegen die Juden sich von der der antisemitischen Abgeordneten nicht im Mindesten unterscheidet? Wenn Strömungen wie der SocialismuS oder der Antisemitismus in katholischen Be zirken äußerlich weniger hervortreten als in protestantischen, so liegt dies nicht etwa an der besonderen Art der katholischen Kirche, sondern einzig und allein an der straffen und be wunderungswürdigen Organisation dieser Kirche, die auch die Schaffung einer großen Partei ermöglicht hat, in der Schutz zöllner, Agrarier und Freihändler, Antisemiten und Philo- lemiten, Reaktionäre und Demokraten neben einander Hausen. Ter Protestantismus läßt seinen Anhängern viel freieres Spiel schon in der religiösen Betätigung, vollends aber in politischer nnd socialer Hinsicht. Was auf die Dauer für den Staat segensreicher ist: die militärische Organisation des KatholiciSmus oder die bürgerlich-freie des Protestantismus, darüber wird sich wobl Jever klar sein, der die Zustand« in den überwiegend katholischen Ländern mit denen in den über wiegend protestantischen Ländern vergleicht. * Berlin, 16. April. Eine für die Arbeiterver- s i ch e r u n g w i ch t i g e E n t s ch e i d u n g hat auf Beschwerve des Magistrats von Königsberg i. Pr. das Reichsoersiche rungsamt getroffen. Nach Z 70 des Unfallversicherungs gesetzes ist der Magistrat verpflichtet, auf Antrag eines durch Unfall Verletzten dessen Acußerung zu Protokoll zu nehmen, wenn ihm die Berufsgenossenschaft von der beabsichtigten Ablehnung der Entschädigung oder von der Höhe der in Aussicht genommenen Entschädigung Mittheilung macht. Auf diese Pflicht, die Aeuße- rung des Verletzten zu Protokoll zu nehmen, ist nach langen Ver handlungen im Reichstage die Mitwirkung der unterren Verwal tungsbehörde bei der ersten Entscheidung über Rentenansprüche beschränkt worden, während die Entscheidung selbst nach wie vor den ausschließlich aus Arbeitgebern bestehenden Vorständen der Berufsgenossenschaften obliegt. Einige Berufsgcnoffenschasten waren nun nach der „Hart. Ztg." bemüht, dem Königsberger Magistrat die Erfüllung dieser Pflicht thunlichst zu erschweren. Wenn nämlich ein Arbeiter mit dem Bescheide: „Der Anspruch wird abgelehnt, weil nach den Ermittelungen kein Betriebsunfall vorliegt" oder „weil nach ärztlichem Gutachten die Folgen des Unfalls beseitigt sind" zum Bureau des Magistrats kam, so war es gar nicht möglich, ohne Kenntniß jener von der Berufsgenossen schaft angcstellten Ermittelungen eine sachgemäße Erklärung des Verletzten, Anträge auf weitere Beweiserhebung u. s. w. zu Protokoll zu nehmen. Der Magistrat ersucht daher in solchen Fällen die Berufsgenossenschaften um Uebersendung der Acten, verschiedene Berufsgenossenschaftcn aber lehnten dies Ersuchen einfach a b. Ein Vorstand wollte sogar in der Thätigkeit des Magistrats lediglich das Bestreben sehen, di« Armenlast der Stadtgemeinden auf Kosten der Berufsgenossenschaften zu ver ringern. Der Magistrat hat sich nun beschwerNführend an das Reichsversicherungsamt gewandt und dieses hat durch Bescheid vom 11. April die Berufsgenossenschaften angewiesen, dem Er suchen des Magistrats zu entsprechen. In der Motivirung heißt eS: „Es entspricht nicht der Stellung der Be - rufsgenossenschäften im öffentlichen Leben, die Verfolgung der Ansprüche der Unfallver letzten irgendwie zu erschweren oder auch nur denSchein zu erwecken, als ob eine Beschrän kung der Rechtsverfolgunst im Interesse der Berufsgenossenschaftcn läge." * Berlin, 1k. April. Ueber die Einführung der Leichenschau in Preußen haben die Minister der Medi- cinalangelegenheiten nnd deS Innern an die Regierungs präsidenten einen Erlaß gerichtet, Warin es heißt: „Die Einführung der allgemeinen obligatorischen Leichenschau im Wege der Gesetzgebung ist in naher Zeit voraussichtlich nicht zu erwarten. Dagegen emvfiehlt es sich, die im öffentlichen In teresse wünschenSwerthe Leichenschau im Wege der Polizei- Verordnung überall da einzuführen, wo sie nach den gejammten örtlichen Verhältnissen durchführbar erscheint und erwartet werden kann, daß die mit ihr verfolgten Zwecke erreicht werden können. Als Leichinschauer werden im Allgemeinen außer den approbirten Aerzten auch andere geeignete Person«», die ihr« Befähigung durch eine Prüfung vor dem zuständig«» Medicinalbramten nach- gewiesen haben, zu bestellen sein. Die Beschränkung auf appro- bitte Arrzte wird nur da in Frage kommen können, wo Aerzte ohne Schwierigkeit zu erlange» und auch vom Standpuncte der wirthschaftlichen Interessen Bedenken hiergegen nicht zu erheben sind. Im Interesse der leichteren Durchführung der Leichenschau legen wir ferner Werth auf eine Bestimmung, wonach jeder approbirte Arzt an Stelle der amtlich bestellten Leichenschaucr zur Vornahme der Leichenschau berechtigt und eine Schau durch die amtlich bestellten Personen dann nicht mehr erforderlich is, wenn von dem Arzte, welcher den Verstorbenen in der letzten Krank-
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