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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010420019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901042001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901042001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-20
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Kaum sind die Betrachtungen über die Flotienzusammen- tunst in Toulon verklungen, so beschäftigt sich die rege Phantasie der Augenblickspolitiker schon wieder mit allerlei angeblichen An zeichen für eine Veränderung der europäischen Konstellation. Diese Anzeichen sollen alle darauf Hinweisen, Saß bei den Gegnern Deutschland» die Absicht bestehe, Deutschland politisch zu iso- liren. Aus diesem Grunde reise Herr Delcass« nach Peters burg, Herr Waldeck-Rousseau nach Verona und aus demselben Grunde verdächtige die russische und die französische Presse Deutschland bei England, weil Di« harmlosen englischen Staatsmänner in der Mandschureifrage von dem Durchtriebenen Grafen Bülow hinter das Licht geführt worden seien; aus diesem Grunde aber sei auch Rußland gegen den Grafen Bülow er bittert, weil er das Zustandekommen des Mandschureiabtommens verhindert habe. Um das Letzte vorwegzunehmen, so ist doch Wohl nur Eins möglich: entweder hat Deutschland die Mandschurei als Hetuba behandelt — dann mögen vielleicht die Engländer verstimmt sein, aber dann hat Rußland allen Grund zur Zufriedenheit; oder Deutschland hat in der Mandschuretfrage gegen Rußland Partei ergriffen — dann könnte ja doch England -durchaus zu frieden sein und jeder Versuch, Deutschland bei England zu ver dächtigen, müßte scheitern. Thatsächlich aber ist Deutschland weder nach der einen, noch nach der anderen Seite besonders hervorgetretcn, sondern Japan hat in erster Reihe durch eine energische Erklärung den diplomatischen Rückzug Rußlands ver anlaßt. Man kann aber sicher sein, daß hinter den Japanern England gestanden hat, das ja seit dem April 1895, wo Ruß land, Deutschland und Frankreich den japanisch-chinesischen Präliminarfrieden zu Ungunsten Japans revidirten, stets auf der Seite Japans zu finden ist. Schon aus dieser einen Thatsach« ergiebt es sich, daß, wenn die russischen und die französischen Blätter jetzt England um werben, dies nichts als eitel Spiegelfechterei sein kann. Durch Druckerschwärze auf Papier sind noch niemals Interessengegen sätze beseitigt worden. Der Gegensätze aber zwischen England einerseits und Frankreich und Rußland andererseits sind so viele, daß es eines Herkules bedürfen würde, um den Weg einer freundschaftlichen Verständigung Englands mit dem Zweibunde sreizumachen. Ebensowenig kann es Herrn Delcassö gelingen, durch seine Reise nach Petersburg die Reibungen zu beseitigen, die trotz des Bündnisses zwischen den beiden Staaten schon wegen ihrer verschiedenen Regierungsform immer wieder hervor treten und die Intimität abschwächen. Noch weniger kann es Herrn Waldeck-Rousseau gelingen, durch eine Reise nach Verona und bei einer etwaigen Begegnung mit Zanardelli die zwischen Italien und Frankreich vorhandenen Gegensätze aus der Welt zu schaffen. Oder bringt etwa Herr Waldeck-Rousseau in seinem Koffer einen Verzicht Frankreichs auf den Doppeltarif, die Zu sage eines Condominats von Tunis, beruhigende Versicherungen bez. der Absichten Frankreichs im Hinterlande von Tripolis und in Marokko mit? Dann freilich wäre es etwas Anderes, aber es ist im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß das Reisegepäck des französischen Ministerpräsidenten so schöne Sächelchen enthalte. Nicht Ministerreisen und Preßtreibereien entscheiden über die europäische-Eonstellation, sondern die Inter essengemeinschaften, bezw. die Interessengegensätze. Freilich können auch die Interessen mit der Zeit sich verändern, aber diese Verschiebung vollzieht sich unmerklich und in Jahrzehnten und sie wird weder beeinflußt noch gar hervorgerufcn durch die Vor gange der TagespckUtik. Wäre cs anders, so gäbe es ja überhaupt keine Stabilität in der Politik und die Völker Europas müßten jeden Tag vor dem Weltkriege zittern. Man darf die Politik doch nicht mit dem Börsengeschäfte in Transvaalbahn-Actien oder sonstigen wilden Speculationspapieren vergleichen! Die europäischen Staatsmänner — von Herrn Chamberlain ab gesehen — sind doch keine Börsenjobber, sondern auf das Wohl ihrer Völker bedacht; und für jedes europäische Volk ohne Aus nahme ist eins das Wichtigste: di« Erhaltung des Friedens. Für den Frieden aber ist die Vorbedingung die Wahrung des Gleichgewichtes. Wir wollen mit unseren Ausführungen nicht sagen, daß der leitende deutsche Staatsmann die etwaigen Symptome einer Veränderung der Constellationcn nicht beachten sollte; eine solche Beachtung ist seine Pflicht und er hat bisher noch keinen Anlaß zur Anzweiflung seiner Befähigung zur Erfüllung dieser Pflicht gegeben. Was wir sag«n wollen und immer wieder wiederholcn müssen, ist, daß diePresse darauf verzichten sollte, aus einzelnen politischen Vorgängen die weitestgehenden Schlüffe zu ziehen. Damit wird die öffentliche Meinung nur beunruhigt, ohne daß irgendwelcher Nutzen geschaffen wird. Wir erinnern unS, daß einmal ein kleiner Knabe, der durch seine Wißbegier seinen Vater ermüdet hatte, an dessen Bruder sich mit der Frage wendete: „Du, Onkel, wenn Amerika und Asien gegen Europa, ülsrika und Australien Zusammengehen, was wird dann?" Wenn ähnliche Fragen auf Bierbänken, auf den«n solche Leute sich zu sammenfinden, die Morgens beim Kaffee ihre Zeitung von hinten zu lesen anfangen und nur ab und zu «inmal bis zur ersten Seit« Vordringen, nicht nur aufgeworfen, sondern auch ernstlich oder gar leidenschaftlich erörtert werden, so ist das be greiflich und — „was man begreift, kann man nicht tadeln". Aber wenn Zeitungen, die ernst genommen sein und als Führer der öffentlichen Meinung gelten wollen, Fragen, die lebhaft an die jenes Knaben erinnern, zum Gegenstand« phantastischer Er örterungen machen, so sollten vernünftige Eltern Sorge dafür tragen, daß derartige Blätter nicht einmal zum Einwickeln des Frühstücks neugieriger Kinder verwendet wurden. Äus Australien. Aus Melbourne, 10. März, wird uns geschrieben: Die in wenigen Wochen sich vollstreckenden Wahlen zum ersten DundeSparlainenl haben im Großen und Ganzen daS Publicum kalt gelassen. Der Grund ist zum Theil in einer politischen Er müdung, zum Theil in dem Alles absorbirenden Interesse an dem bevorstehenden vrinzlichrn Besuche zu finden. Der Kampf der politischen Parteien beschränkt sich auf dir Frage der Gestaltung de» Zolltarife!». Wenn auch da» Ministerium, bei dessen Bildung die Empfindlichkeit jeder einzelnen Colonie berück" stchtigt werden mußte, ausschließlich aus Schutzzöllnern besteht, so entnehmen wir doch den öffentlichen Kundgebungen der Herren, daß die Hoffnungen der namentlich in L.ltoria^ maßgebenden protektionistischen Richtung wenig Aussicht auf Erfolg besitzen. Die Bundesregierung ist in ihren Einnahmen auf die I m P o r t- zölle allein angewiesen, und da der Verfassung gemäß drei Viertel der Zollerträge als guick pro grro der verloren gegangenen eigenen Einnahmequelle an die Einzclstaaten pro raiu deren Quoten zu retourniren sind, und ferner in Folge der Aufhebung intercolonialer Zollgrenzen ein wesentlicher Ausfall gegenüber früheren Einnahmen entstehen muß, so kann bei der Gestaltung des Tarifes nur der Grundsatz vorwalten, eine möglichst hohe Revenue zu erzielen. Die Anforderung wird auf 170 Millio- nenMarkpro Jahr, also auf durchschnittlich 40 pro Ein wohner geschätzt. Man verspricht sich durch die Accise auf Tabak und alkoholische Getränke ungefähr die Hälfte jenes Gesammt- betrages zu decken, und das Bestreben der fiscal gemäßigten Partei geht dahin, nach Ausscheidung einer Reihe von Artikeln, deren Besteuerung den Landesintereffen schädlich wäre, einen uni formen Zollsatz von ungefähr 15 Procent einzuführen. Damit freilich ist den extremen Schutzzöllnern nicht gedient, und da diese ziemlich stark im Parlament vertreten sein werden, dürfte die Entscheidung erst nach recht hitzigen und langhingezogenen De batten erfolgen. Ja, es wird in maßgebenden Kreisen hier und da bereits davon gesprochen, die ganze Sache zu verschieben, bis die Situation sich mehr geklärt, und bis dahin auf Grund der bisherigen Einzeltarifc, die bereits jetzt in die Bundescasse fließen, zu arbeiten. Wie bereits erwähnt, richtet sich das Interesse des Publikums fast ausschließlich auf die Vorbereitungen zum würdigen Em pfang des Thronfolgers und dessen Gemahlin; die lprichwörtliche Eifersucht Melbournes auf Sydney und der Wunsch, den Pomp und Aufwand der letzteren Stadt gelegentlich der Inaugurations- Feierlichkeiten toenn möglich zu übertrumpfen, charakterrsiren die Situation. Hat in Sydney jeder Triumphbogen 10000 cA ge kostet, so müssen wir die doppelte Anzahl zum dopelten Preise haben. N. s. w. Dem lebhaften Wunsche, fremde Staaten an den Feierlichkeiten tbeilnehmen zu sehen, ist bislang nur von der russischen Regierung entsprochen; dieselbe schickt den erstklassigen Kreuzer „Gromoboi" von 12 000 Tonnen und 14 500 Pferde kraft. Die deut , chc K rsi e g s f 1 o t t« ist in auslrauscyrn Gewässern nur durch den kleinen Kreuzer „Corxnoran" vertreten, doch liegt keine officielle Mittheilung über die Absicht einer Visite in Melbourne vor. Auch über die Form einer 'Demonstration der deutschen Bewohner dieser Stadt herrscht noch Dunkel. Unsere landsmännischen Vereine haben sich zwar kürzlich in einer Delegirten-Versammlung Uber den Gegenstanv unterhalten und als Resultat der Besprechung bei den konsularischen Vertretern ber anderen Mächte die Idee angeregt, einen gemeinsamen Pavillon errichten zu lassen, doch fand die Proposition keine rechte Gegenliebe. Inzwischen ist von der Regierung der Wunsch aus gesprochen, die fremdländischen Bewohner möchten eine Flazgen- cntfaltung vornehmen, und man wäre erbötig, ihnen hierfür eine Theilstrecke der Via triurnpiialis zu überlassen. Voraussichtlich wird diese Form der Ehrung acceptirt werden. Uebrigens steht es dringend zu hoffen, daß die Beulenpest, welche leider ein erneutes und gleichzeitiges Erscheinen in Perth, Adelaide und Brisbane gemacht hat, keine ernsten Dimensionen annimmt, und den prinzlichen Besuch in Frage stellt. Der Bundes-Premier, Mr. Barton, Portefeuille-Inhaber der auswärtigen Angelegenheiten, nahm kürzlich Gelegenheit, sich recht unumwunden über Sen wachsenden französischen Einfluß in der Inselgruppe der Neuen Hebriden auszu sprechen, und sich mit dringender Bitte um Abwehr an das eng lische Cabinet zu wenden. Der fremde Jnselbesitz in australischen Gewässern ist den Leuten hier ein Dorn im Auge, und geht schon seit Jahren der Wunsch dahin, die französische Mitl^errschaft auf oen Hebriden los zu werden. Doch das Gegentheil ist eingetreten und in Folge des ausgedehnten Lanoerwerbes der Franzosen sie englische Theilhabersckwft stetig zurllckgedrängt worden. Darob aroßes Geschrei bei den Missionaren und Politikern. Jetzt soll Chamberlain helfen. Die Wirren in Ehina. Ter Tod Tchwarzhoff s. * Die „Times" schreib«»: „Durch den Tod des Generals v. Sckwarzboff bat ein schwerer Schlag die deutsche Armee und ihren obersten Kriegsherrn getroffen. Sein Herrscher und seine Kameraden haben den tragischen Tod eines tapferen Soldaten zu betrauern, dessen Tbaten und Ruf überall als eine sichere Grundlage für eine ausgezeichnete Laufbahn angesehen wurden. Er starb den Tod eines preußischen OsficierS; in der Erfüllung seiner Pflicht kehrte er in daS Gebäude zurück, um Schriftstücke zu retten. Der Mntb, der einen Mann leitet, eine solche Tdat mit wahrhaft kaltem Blute zu vollfübren, ist von selten schönerer Art, als der, der ibn antreibt, eine Batterie zu stürmen." Da» Blatt nimmt sodann Bezug auf eine Rede de« Verstorbenen auf der Haager Conferenz und sagt, er habe gezeigt, daß er die Gabe eines RevnerS und eine» Diplomaten in nicht gewöbnlichem Maße besaß. Das Blatt schließt: „Aufrichtig und herzlich beglück wünschen wir den Grafen Waldersee zu seiner Errettung und den Kaiser zur Erhaltung eine» so hingehenden und befähigten Dieners. Der Tod de» Grafen Waldersee würde ein Schlag für die Verbündeten und für die Sache drr CiviliscUivn in China gewesen sein." „Standard" spricht sich ähnlich aus. Russische Mahnungen. ?. Petersburg, IS. April. (Privottelegramm.) Di« „Peters- burgskija Wj-domosti" halten dir Lage der Verbündeten in Edina für frhr gefährlich, namentlich in Folg« der Brand stiftung im kaiserlichen Palais und de« Wied,erscheinen« neuer chinesischer Truppenkörpar in der Provinz Petichili. Da« Blatt befürchtet rin» Wiederholung der Greuelthaten und neue Wirren, so daß Rußland vielleicht zu einer neuen Truvvenmobill- sotion gezwungen sei; denn auch Edina könnt», wie Rußland, sein >812 hoben. De-wrgen räth da« Organ de« Fürsten Uchloinsky zur Verhütung neuen Uebel« und Elend«, Peking baldigst dem Pobdychau zu überlassen und Pet schilt »» »Limen, um be gangen« Fehler z» verbessern. Tic Hauptschuldige»; (rrpcdition nach Tinganfu. London, 19. April. (Telegramm.) Der „Standard" bv- richtet aus Shanghai vom 18. April: Prinz Tuan und General Tunfuhsiang befinden sich in Kansu, wo sie mit den russischen Beamten von Transbaikalien in Verbindung stehen. — Der „Standard" meldet aus Tientsin vom 18. April: Eine militärische Expedition nach Tinganfu sei geplant. In« zwischen nehmen die Chinesen starke Aushebungen vor in der Ab sicht, diesem Vormarsch entgegenzutrcten. Lcsterreichische Niederlassung. * Wien, 19. April. (Telegramm.) Abgeordnetenhaus. Nach Verlesung des Einlaufes und anderen Formalien beantwortet der Ministerpräsident mehrere Interpellationen, darunter eine solche, betr. die Erwerbung eines Geländes in Tientsin zur Gründung einer österrcichssch-ungarüchen Niederlassung. Der Minister sührt hierbei aus: Die stetig zunehmende Bedeutung Chinas in kommerzieller Hinsicht machte es dem Minister des Auswärtigen zur Pflicht, die Gründung neuer Consulate ins Auge zu fassen, zumal da Oesterreich-Ungarn in China nur durch ein Consulat in Shanghai vertreten war. Die kommerziell hervorragende Bedeutung von Tientsin ließ Liese Stadt sür diesen Zweck besonders geeignet er scheinen. Da aber die Errichtung eines Consulats in einem chinesischen Bertragshafen zumeist auch eine local begrenzte Nieder lassung zur Folge hat, die Len betreffenden Staatsangehörigen als Domicil dient, so ermächtigte der Minister des Auswärtigen Len Gesandten in Peking, wegen Auswahl und Erwerbung eines für eine solche Ansiedlung in den Settlements geeigneten Grundstückes das Nöthige vorzusorgeu. Die endgiltige Regelung der Ablösung«- und Eutichädigungssrage bleibt einem Einvernehmen mit der chinesischen Regierung gelegentlich der Liquidirung der von China an Oester reich-Ungarn zu leistenden Entschädigung Vorbehalten. Tas gewählte Grundstück, Las an Las von Italien erworbene Territorium grenzt, ist am 11. Januar 1901 in Besitz genommen worden. Es handelt sich somit hier nur um dir Sicherstellung eines künftigen Bauplatzes iiir d>e gevlart? Errichtung eines EonsulateS, sowie um einen Platz zu Wohnhäusern sür etwa in Tientsin sich niederlassende öper- rcichisch-ungarische Staatsangehörige oder Handelsfirmen. Japan und China. Die „Birschewija Wjedomosti" veröffentlichen, wie schon kurz erwähnt, eine politische Unterredung, die der Pariser Corrcsponident dieses Blattes mit dem ersten Sekretär der japanischen Gesandtschaft in Paris gehabt haben will: Der japanische Diplomat hat an geblich sein Bedauern darüber geäußert, daß Rußland, das in seiner Eigenschaft als Nachbarstaat mit China separate Ver träge abzuschlicßen suche, freundnachbarlichen Vereinbarungen mit Japan aus dem Wege gehe, die so leicht zu Stande gebracht werden könnten. Wenn in dec europäischen Presse von einer kriegerischen Stimmung 'der Japaner gesprochen werde, so lasse sich diese Stimmung durch die Enttäuschungen, welche dir friedlich« Politik Japans in letzter Zeit erfahren habe, vollkommen ver stehen. Der japanisch-chinesische Krieg habe Japan nur den Besitz von Formosa eingetragen, während es ein Recht darauf hatte, sich auch in Liatong und auf Korea festzusetzen. Japan mußte es mit ansehen, daß die Territorien, aus denen es selbst „entfrrnt wurde", unter dem Vorwande der Nothwendrgkeit, die Integrität des chinesischen Reiches aufrecht zu erhalten, von England, Ruß land und Deutschland besetzt wurden. Als es dann zu der lieber- zeugu-ng kam, China sei nock nicht reif zum „Erwachen", da habe es sich entschlossen, unter Vertagung seiner panmongolffchen Ideen auf spätere Zeit, praktisch zu werden und gemeinsam mit den europäischen Mächten schnelle ökonomische und politische Vortheil« in China zu erstreben. Das Project Lord Beresford's, wonach England, Deutschland, die Vereinigten Staaten von Amerika und Japan gemeinschaftlich in China vorgehen sollten, habe in Japan allgemeine Zustimmung gefunden. Als dann aber bekannt wurde, daß im Mai 1899 England eine separate Verständigung mit Rußland bezüglich Chinas eingegangen war, habe dies auf Japan eineu verblüffenden Eindruck gemacht und e» bestimmt, alle Vündnißgedanken aufzugcbcn und einfach eine mit den übrigen Mächten gleichberechtigte Stellung zu fordern. Rußland benutze die gegenwärtige Lage dazu, um seinen Einfluß in China noch mehr auszudehnen und zu festigen, während Japan sich an der Dankbarkeit der Mächte für seinen 'während der Wirren geleisteten Beistand genügen lassen solle. Dies müsse natürlich in Japan Aufregung und Äerger verursachen. „Wir haben", fuhr der Diplomat fort, „Korea und die der Insel Formosa gegenüberliegende Provinz Fukien nöthig. Dies widerstreitet auch nicht den Inter essen Rußlands, falls es nur di« Möglichkeit behält, sich nach allen Seiten ungehindert auszudehnen." Wenn demnach Ruß land seine Anspriick-e auf Korea fallen lasse, was unbedingt dazu führen würde, den bis jetzt wenig beliebten Namen Rußlands in Japan populär zu machen, so werde Japan darauf ver zichten, Rußland in der Mandschurei hinder lich zu sein. * London, 19. April. (Telegramm.) „Daily Mail" meldet auS Pokohama: Rußland wandte sieb an Japan mit einem neuen ins Einzelne gebenden Vorschlag, betreffend ein gegenseitiges Einvernehmen im fernen Offen. Blättermeldungen zufolge zeigte Rußland den Mächten seine Bereitwilligkeit an, feine Ent- schädigungssorderung an China auf zehn Millionen Pfund Sterling zu ermäßigen, fall» Ehina den kürzlich abgelehnten Mandschureivertrag annehme und noch einige mit der trans- sibirischen Bahn zusammenhängende Concessionrn gewähre. * Potsdam«, 18. Avril. (Reuter'« Bureau.) Da drr Finanz minister »S oblehnt, für die Hinausschiebung der Eisenbahn- und anderer staatlicher Unternehmungen persönlich die Verantwortung zu übernehmen und darauf besteht, daß da« Cabinet gemeinsam die Verantwortuvg für seine (de« Finanzminister«) Handlungsweise trage, wird der Rücktritt de« gesaunnten Ministerium« erwartet. Di« meisten Minister mit Ausnahme de« FinanzministerS würden ia da« ruur Cabinet wieder »intreten. Der Krieg in Südafrika. Präsident Krüger üter die Lage. Holländischen Blättern entnehmen wir: Herr C. van Bo«schoten, Geschäftsträger der Südafrikanischen Republik in Hilversum, theilt uns mit, daß sich Präsident Krüger am 12. April aus der Veranlassung, daß ihm die Herren P. A. Nierstrasz aus 'sGravenhage und A n t. Hoffmann au-7 Stuttgart ein Exemplar des von ihnen gemeinschaftlich herausgegebenen Boerenbuchs: „Siegen oder Sterben" (dasselbe wurde auch im „Lechz. Tgbl." gebührend gewürdigt. D. Reo.» überreichten, gegen die genannten Herren sehr scharf ausgesprochen hat über die fortwährende ungenaue und absichtlich falsche Be richterstattung von englischer Seite über Alles, was die Boeren- sache betrifft, was nur bezwecke, diese in den Augen der civilisirtm Nationen herunterzusetzen; und obwohl der Präsident das Buch noch nicht gelesen hat, zollte er den Bestrebungen der Herren warme Anerkennung, die durch den ihm mitgelheilt«n Inhalt ihres Buches zuverlässige Anschauungen über den wahren Cha rakter und den gottesfürchtigen Sinn der Boeren (womit die ihnen zur Last gelegten Greuelthaten im Kriege ganz und gar im Widerspruch stehen), auch über die Staatseinrichtungen (Gesetz gebung, Schul- und Verkehrswesen u. s. w.) der'Boerenrepubliken, die hohe Stufe ihrer Civilisation und Bildung verbreiten wollen. „England", fuhr der Präsident fort, „hat den Boerencharakter nie verstanden und oersteht -ihn heut« noch nicht, und so wird auch jetzt wieder englischerseits das Abbrcch«n der Friedensoerhand lungen -von Seiten Botha's ganz falschen Beweggründen zu geschrieben. Daß Botha, wie dem „Berliner Tageblatt" in seiner Nummer vom 6. d. Mts. aus London tel«graphirt wird, die Friedensverhandlungen scheitern ließ, nur weil er die Verant wortlichkeit für die seiner eignen Uebergabe zweifellos folgende Uebergabe des Oranjefreistaates nicht übernehmen wollte, ist un wahr und beruht auf einer völligen Verkennung Ser Vaterlands liebe und des Freiheitsdranges, die unser Volk beseelen: jenen Milizen Triebfedern, die es von jeher im Streite aufrecht erhielten und aufrecht erhalten werden. Ohne Unabhängigkeit — so kann Botha nur gesagt haben — kein Frieden!" Der Präsident verwies noch auf das im „Matin" vom 5. d. Mts. abgcdrucktc Interview, das sein Urkheil über die gegenwärtige Lage der Dinge in Südafrika genau wieoergebe. „Auch dieses Interview wild — wieder fälschlich — in einzelnen Theilen von den „Times" angezweifelt. Verkündige nSie derW « lt ", so schloß der Präsident, daßwirBoerennur mitehrlichenMittelnfürunseregerechteSach- kämpfen. Unsere Kraft ruht in dem Allmäch tigen, der uns noch nie verlassen hat!" Legenden. Ein englischer „Frieoensvermittler", der selbst nach officiever Meldung von Lord Kitchener seiner Zeit von den Boeren „grau sam ermordet" wurde, jetzt aber wieder frisch und lebendig auf taucht, ist das Neueste, was vom Kriegsschauplatz« berichtet wird. Es handelt sich hierbei um das Mitglied des Friedenscomitös in Pretoria, Andries Wessels, welcher laut „Reuter"-Meldung vom 30. Januar auf specielle Ordre von De Wet erst geprügelt uno dann erschossen worden sein sollte. Jetzt muß derfelbe „Reuter" melden, daß Andries Wessels sich wohl und munter in Heilbronn aufhält und natürlich ganz und gar nicht „ermordet" worden ist. Mit einem wahren Wuthgeheul stürzte sich seiner Zeit die eng lische Presse über diesen Fall von „eklatantester Brutalität der Boeren" her und versuchte, ihn nach jeder Richtung hin auszu nutzen, um an Hand dieser „Thatsache" das englisch« Volk von Neuem gegen die Boeren aufzuhetzrn und zu empören. — Jetzt finden die meisten Blätter nicht einmal ein Wort der Rich tigstellung, geschweige denn der Entschuldigung, und beschränken sich durchweg darauf, einfach zu constatiren, daß der ermordete Friedensbote doch noch am Leben ist. * London, 19. April. (Telegramm.) Lord Kitch«n«r meldet aus Pretoria vom 18. April. Eine Abtheilung deö 9. LancerS-Regimrnts gerieth in einen Hinterhalt. Ein Leutnant nnd 3 Mann fielen, 5 Mana wurden verwundet. Deutsches Reich. Leipzig, 19. Avril. (Socialdemokratische Frei heits liebe.) „Genossin" Rosa Luxemburg, von der einmal ein socialistischer Fübrer aus einem Parteitage gesagt hatte, sie könne, wie die Gänse deS Capitols, das Schnattern nicht lassen, batte vor einigen Tagen ein große- Geschnatter gegen die badischen socialistiscken LandtagSabgeordneten, die dem Budget zugestimmt hatten, erhoben. Dafür fuhr ihr dasKarlsruber socialistiscke Organ gehörig über den Mund und hielt ihr vor, daß eine polnisch- „Genossin" sich lieber nickt in da« mischen sollte, was die badischen Socialdemokratrn thateu; im klebrigen wäre es an der Zeit, daß von oben her, d. h. also von der Parteileitung aus, den Stänkereiev dieser Dame entgegen gewirkt würde. UnS interessirte bei dieser Abwehr am meisten der Ausfall gegen die polnische „Genossin". Die Socialdemokratie markirt bekanntlich — und die Partei in Deutsckland ist darin den „Genossen" aller andern Länder voraus — den vollständigen Internationalis mus, und wenn einmal Angehörige anderer Parteien einem Gegner seine nichtdeutscke Nationalität vorwerfen, so wird dies von der Socialdemokratie regelmäßig al» Zeichen verächtlicher Rückständigkeit gebrandmarkt. Hier sieht man, wie auch die wackeren Socialdemokraten, wenn sie zornig werden — und im Zorne ist man am auf richtigsten —, der Polin ihr« nichtdeutscke Nationalität vor halten. Diese Tbatsacke war, wie «rwädut, für uns am interessantesten bei dem Ausfälle. Kür die „Sächsische Arbeiterzeitung" aber, dir sich ritterlich ibrrr früheren Redakteurin annimmt, ist der Schlußsatz der Auslassung de» Karlsruher Parteiorgan-, daß nämlich den Stänkereien der Dame von obenber entgegengewirkt werden sollte, am betrüb lichsten. DaS Blatt schreibt nämlich: „Der letzte Satz de» CitalS, der geradezu die Censur fordert, ist da» Un geheuerlichste, was uns seit Jahren in der Parteipresse begegnet ist." Diese Auffassung ebrt mehr den freiheit lichen Sinn drr „Sacks. Arb.-Ztg.", al« ihr gute« Gedächtniß. Erinnert fick da» Blatt denn nickt an da« Wort de« nack seincm Tote von ber Partei heilig gesprochenen alten Lieb knecht'« „Wer nicht parirt, dir fliegt hinaus"?
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