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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.04.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000412011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900041201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900041201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Zisfernia- nach höherem Taris. Extra-Ueilagrn (gesalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbesörderuog 60.—, unt Postbeförderung 70.—. Funahmeschluß für Fnzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen. Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle» je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. P olz in Leipzig. 186. Donnerstag den 12. April 1900. 91. Jahrgang. Anerbauliches aus der Neichshauptftadt. Man schreibt uns aus Berlin: In den Straßen Berlins blüht seit dein Ausbruch deS BoerenkricgeS eine überaus widerwärtige Industrie, die der Reichshauptstadt aus mehr als einem Grunde zur Unehre gereicht. Der E x t r a b l a t t - S ch w i n d e l gedeiht gelegentlich wohl überall einmal oder wird doch überall gelegentlich ver- sncht. In Berlin aber wird das Geschäft seit nahezu einem halben Jahre mit einem Erfolge getrieben, der angesichts der Plumpheit, die bei der Beschwindelung des PublicumS zu Tage tritt, unglaublich erscheint und dennoch nachweisbar ist. Man schreit auf de» Straßen und Plätzen Extrablätter auS, deren Inhalt regelmäßig in zwei Theile zerfällt. Der eine bringt eine oder mehrere Nachrichten, die oft schon zwölf Stunden vorher in den Tagesblättern zu lesen waren, der andere bringt in einem Deutsch, daS von den gröbsten Sprachfehlern wimmelt, und mit einer Orthographie, wie sie sich höchstens in den Arbeiten von Schülern der unteren VolkS- schulclafsen sehen lassen könnte, den vollendetsten militärischen und, wenn sich diesen „Publicisten" die Gelegenheit dazu bietet, den ungeheuerlichsten politischen Blödsinn vor. Aber dieses auS den schmutzigsten Fingern gesogene Zeug wird gekauft, viel gekauft, und nicht nur, wie wir dem in diesem Falle glaubwürdigen „Vorwärts" ent nommen haben, in Berlin X. und 0., nein, auch — und davon haben wir uns ein Dutzendmal persönlich überzeugt — im „feinen" Westen, wo nach der Ver sicherung von Localpatrioten die Bildung in einem Grade grassiren soll, wie sonst in keinem Winkel deS erforschten Erdkreises. Die Einträglichkeit dieses Unfugs ist in der That eine Schande für Berlin, er fordert ein sehr schroffes Urtheil der als Gäste in der Stadt weilenden Reichsangehörigcn, der von manchen der hauptstädtischen Preßorgane gerne mit herablassendem Wohlwollen behandelten „Provinzler", heraus, und er bringt unü in Verlegenheit den Engländern gegenüber, die durch den starken Absatz dieser elenden fliegenden Blätter in der Einbildung bestärkt werden, die Boeren-Shmpathien Deutschlands seien ein Symptom culturellen Rückganges. Die Berliner Extrablätter erfinden nämlich ausschließlich Boerensiege und zwar gewöhnlich ent scheidende und — unmögliche. Die Polizei that und thut nichts, obwohl sie die Handhabe zum Einschreiten besitzt. Die Ausschreier dieser „Preßerzeugnisse" brüllen, wie eS kein anderer Straßenverkäufer wagen würde, sie übertönen auf den belebtesten Plätzen das Geräusch des Verkehrs und in den stilleren Gassen bilden sie eine Plage für die Menschen am Reißbrett und am Schreibtisch. Der „Grobe Unfugspara- graph" könnte nicht leicht eine gerechtfertigtere Anwendung finden, als diesem Treiben gegenüber; die Brüller bleiben aber unbehelligt. Diese Counivenz entspricht übrigens einer älteren Praxis der Berliner Polizei, die, beiläufig, aber doch nicht unzeitgemäß bemerkt, dazu beiträgt, daß em liberales Blatt wie die „Nationalztg." dem tz 184 a der lex Heinze daS Wort redet. Dem von Allen ohne Aus nahme als skandalös Verurtheilten bezeigt die Berliner Polizei gern eine gewisse Milde, vielleicht von der allerdings noblen Regung LeS Eato beherrscht: vietrix causa cliis placuit, soll victa Oatoui. Es wurden seil Jahren in Berliner Schaufenstern Photographien geduldet, die mit der Kunst nicht daS Mindeste zu thun haben, deren Anblick an solcher Stelle Jedermann ärgert, am meisten die Ellern Heranwachsender Kinder, und deren Entfernung die Polizei — ohne neues Gesetz — jeden Augenblick anordnen könnte. Uns ist ein besonders bezeichnendes Beispiel allgemein über raschender polizeilicher Nachsicht in Erinnerung. Vor einigen Jahren wandte sich ein ihrem fürstlichen Gemahl mit einem Zigeuner davongelaufeueS Weibsbild auS Belgien nach Berlin, um dort aus irgend welchen Brettern au- ihrer Schande Capital zu schlagen. DaS Auftreten der „Dame" verhinderte die Polizei, aber mehr als ein Dutzend ihrer Photographien konnte in den Schaufenstern aus gehängt werben. Dabei verletzten diese Bilder daS Schamgefühl gröblich. Sie zeigten die Schöne in den verschiedensten, nicht auf Dccenz ausgeklügelten Stel lungen ausschließlich im Tricot und der vorausgegangene Skandal verlieh dieser Schaustellung an der Straße an sich den Charakter des Unsittlichen. Alle Welt nahm Anstoß, nur die Polizei anscheinend nicht; acht Tage wenigsten« blieben die Bilder für Jedermann sichtbar; ob später eine Ent fernung verfügt wurde, ist uns nicht erinnerlich. Diese etwas weitschweifige ReminiScenz mag ihre Ent schuldigung in der beunruhigenden Tagessrage der gegen die Kunst gerichteten lex finden. Wa« den Extrablatt - Schwindel angeht, so war man von Anfang überzeugt, daß die Staatsanwaltschaft diesem Geschäfte, da« ohne Zweifel materiell ein betrügerische« ist, entgegentreten würde, wenn sich ihr eine Handhabe bot«. Diese Annahme wird jetzt gerechtfertigt. DaS Schöffengericht hat einen Händler mit Extrablättern, der wegen Betrugs an geklagt war, freigesprocheo, von der Staatsanwaltschaft ist jedoch Berufung eingelegt worden, obwohl die Sach« für sie gerade in dem ersten ihr faßbaren Falle formell so ungünstig wie möglich liegt. E- war nämlich eia Redak teur, also eia Über die Natur dieser Productioaen unter richteter Herr, der'«in „Vollständige Vernichtung der eng lischen Armee" überschrieben«« uud auch mit diesen Worten auSgeschrieeneS Extrablatt erstanden, „um zu sehen, welcher Schwindel wieder dabei obwalte." Er sand, wie die Berliner Blätter berichten, außer der sensationellen Überschrift nur noch «ine Depesche, welche einem Morgenblatt entnommen war, und eine angebliche Depesche au- Pretoria, wonach über zwanzig Bahnzüg« ab gesandt werden mußte», um alle Verwundeten und Gefangenen aufzun«hm«n. Gegen den „Redakteur" diese« Extrablattes, Handelsmann G. Reiche, wurde daraufhin di, Anklage wegen Betrug»« erhoben, er wurde aber vom Schöffen gericht« freiaetprochen. Da« Schöffengericht ging dabei von folgenden GefichtSpunctea au«r Der aagebuch gischädig«» Redakteur, der daS Blatt gekauft, sei nicht geschädigt worden, den» er habe eS in der Erwartung erstanden, daß darin ein Schwindel enthalten sei. Die sensationelle Ueberschrift sei eine Schlußfolgerung, die der Angeklagte auS der Depesche aus Pretoria gezogen, und stelle eine Ueber- treibung dar, „wie sie in der heutigen Presse gang und gäbe sei." Der Staatsanwalt legte Berufung ein und führte darin auS, daß die an erster Stelle im Extrablatt abgedruckte angebliche Depesche aus Pretoria überhaupt nicht vorgelegen babe und auch in keiner Tageszeitung abgedruckl worden sei, so daß die auf Sensation berechneteUeberschrift ohne jede materielle Unterlage hergestellt und nur gewählt sei, um das Publicum bineinzulegen. Der Angeklagte behauptete, er habe mit einem Ausläufer des Wolff'schen Telegraphenbureaus in Verbindung gestanden, der es ihm ermöglicht habe, die Depeschen — unter denen sich auch die aus Pretoria befunden habe — abzu schreiben. Obgleich der Vorsitzende der fünften Strafkammer, Landgerichtsrath Rinne, wiederholt betonte, daß auch eine solche Depesche den Angeklagten keineswegs berechtigt hätte, die Vernichtung der ganzen englischen Armee in die Welt auSzupvsaunen, beschloß der Gerichtshof doch, die Sache zu vertagen, um dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, den angeblichen Ausläufer des Wolff'schen Bureau« namhaft zu machen, damit er als Zeuge vernommen werden könne. Soweit der Bericht. Mit dem Berliner Schöffengericht und seiner Meinung über daS, was in der Presse gang und gäbe ist, rechten wir nicht. Die Mitglieder, auS denen er zusammengesetzt war, lesen vermuthlich keine Zeitung oder nur die aller-sensationellsten. Dem Staatsanwalt aber wünschen wir eine Strafkammer, die über den Zwirnsfaden der Tbatsache, daß der sich geschädigt fühlende Käufer ein Preßfachmann ist, nicht stolpert, sondern entsprechend dem öffentlichen Rechtsbewußtsein anerkennt, daß die Hersteller und Verkäufer solcher Extrablätter sich unter der falschen Vorspiegelung, dem Publicum eine Neuigkeit zu bieten, rechts widrig einen Vermögensvortheil verschaffen. persische Mißstände. AuS Teheran, 10. März, wird der „Welt-Corr." ge schrieben: Eitel Lust und Freude herrscht im Volke, in der Armee und dem Beamtenthum über die Aussicht, daß endlich die mehrjährigen Rückstände bezahlt werden sollen. So glatt geht jedoch die Auszahlung nicht von Statten, denn eS mangelt der Regierung an persischem Gelbe und wenn sie Rubel in großem Maße verausgaben wollte, würde der CurS derselben bald so gedrückt werden, daß sie große Verluste erleiden würde. Zudem halten die Banken ihre Vorräthe an Gold und Silber zurück, um die Rubel möglichst billig einzukaufen. Es ist merkwürdig, wie die jahrein, jahraus geprägten Millionen von Silbergeld, die in die Provinzen gehen, einfach vom Erdboden verschwinden, fast nichts fließt in die Hauptstadt zurück. Früher cursirte der persische Kran in ganz Türkistan und Afghanistan, das hat jedoch seit Ein führung der Mrtallwährung und de« Verbote- der Silber einfuhr in Rußland aufgehört, und trotzdem hat der Mangel an Münze nicht abgenvmmen. Es läßt sich nur annehmen, daß die Bewohner der Grenzprovinzen, welche Ausfuhrhandel treiben, ihr Geld verstecken und vergraben, um eS dem Auge der Behörden zu entziehen. ES wird unter diesen Umständen der Regierung nichts Anderes übrig bleiben, als Münzmetall im Auslande anzukaufen und «S hier auszuprägen. Die Anleihe Hal in persischen aufgeklärten Kreisen daS schon lange bestehende Gefühl der Trostlosigkeit nur noch ver stärkt. Niemand glaubt an die Uneigennützigkeit Rußland«, und man ist darauf gefaßt, daß bei rintretender Stockung in der Zinszahlung, die jeden Augenblick zu gewärtigen ist, «in bedeutsames politisches oder wirthschaftlicheS Recht nach dem andern an die Russen vergebe» werden muß. Man ist der Meinung, daß für diese sechzig Millionen Franc« Persien auf Gnade und Ungnade an Rußland auSgeliefert ist und findet — den Preis zu billig. Gegen einen etwaigen Schach zug von englischer Seite bat sich Rußland übrigen« durch zehnjährige Unkündbarkeit der Anleihe gesichert. Da« Ansehen England« ist auf seinem tiefsten Standpunkt angelangt, und e« wird besonderer An strengungen bedürfen, um e« einigermaßen wiederherzustellen. Die englische Regierung scheint übrigens die mißliche Lage in Persien ziemlich leicht zu nehmen, da ihr Gesandter schon in einigen Tagen auf Urlaub geht, nachdem er dem Schah eine Einladung zum Besuch, England« durch die Königin übermittelt bat. Die Schahreise beherrscht augenblicklich alle Verhältnisse, sehr zum Nachtbeil für daö StaatSwohl, denn um daS Land in Ruhe und Frieden zuückzulassen, wird keine einzig« der so nothwendigen Reformen in Angriff genommen, und wenn nach sechs oder sieben Monaten der «chah zurückkehrt — bleibt Alle- beim Alten. Nach den bi« jetzt verlautbarten Fest setzungen verläßt der Schah am 5. April Teheran und wird von einem Bataillon Infanterie, zwei EScadronS Kosaken und einigen Gebirgsgeschüyen bis zur Grenze begleitet sein. Innerhalb Persiens gebt die Reise sehr langsam vor sich, denn von hier bi« TabriS (SSO Km) werden zweiundzwanzig Tag« gerechnet. Seine Stellvertretung ist in der Weise ge ordnet, daß die eigentlichen RegirrungSgeschäfte durch einen Ministerrath vorgenommen werden unter dem Vorsitz de« Kriegsministers. Der Repräsentant der Negierung wird der wirite Sohn de« Schah, Malek Manßur Mirsa» Scboah r« Saltaneb, sein, der im vorigen Jahre länger« Zeit in Europa reist«. Der Schah brgiebt sich auf dem directestrn Wege nach Eontrexsville, um sich einer mehrwöchigen Cur zu unterwerfe» und hervorragende Arrzt» verschiedener Länder zu consultiren; erst dann beginnt er seine Besuche an den europäischen Höfen, deren Reihenfolge noch nicht feststeht. Im Anschluß hieran findet eine wahre Auswanderung von Diplomaten statt: der russische, englische, französisch« Gesandte und der türkisch« Botschafter reisen nach Europa, um den Schah dort »u erwarten. Di» Gerücht« über -roß« russische Truppenansammlungen an der afghanischen Grenze stellen sich mehr und mehr als Uebertreibungen heraus, wenn es sich auch nicht genau be- urtbeilen läßt, inwieweit Rußland seine dortigen Garnisonen verstärkt hat. Der Krieg in Südafrika. —DaS Londoner Kriegsamt will eS noch nicht Wort haben, daß zwei Boerencrfolge in den KriegSannalen zu regcstriren sind. Wie un« aus London, 11. April, 12*/. Uhr Nachmittag« telegrapbirt wird, hatte daS Amt bi« dahin keine Bestätigung der gestern früh gemeldeten Niederlage der Engländer bei Merkats- fontein erhalten. Die Meldung kam bekanntlich über Lourenc.» Marques, amtlich aus Pretoria und nichtamtlich vom Londoner Correspondcnten. Daraus ist zu schließen, daß der Telegraph von Bloemfontein nach Capstadt, East London und Port-Elizabeth thatsächlicv von den Bveren außer Function gesetzi ist. Weiter wird aus Aliwel North vom „Reuter'schen Bureau" telegraphirt, der vorgestrige Verlust der Engländer bei Wepeuer betrage 11 Todte und 41 Verwundete. Der Kampf sei gestern wieder ausgenommen worden und die Eng länder behaupteten ihre Stellungen gut. Diese Meldung dementirt das Telegramm unseres Londoner Gewährsmannes nicht, nach welchem Brabant bei seinem Entsatzversuch zurück geschlagen worden ist, wohl aber die englische Nachricht, die Boeren seien von Brabant geschlagen worden, denn von diesem ist gar nicht mehr die Rede; es wird nur gesagt, daß die Engländer Wepener noch halten. 3ur Lage wird uns aus London, 10. April, noch geschrieben: Vom Kriegsschauplätze fehlen, soweit General Roberts und sein Hauptquartier in Frage kommt, auch heute alle officiellen Nachrichten und man nimmt allgemein an, daß auch die Trlegraphenverbindung mit Bloemfontein be reits abgeschnitten ist. Von der Eisenbahnverbindung wird diese Thatsacbe auch aus East London bestätigt mit dem Bemerken, jeder Verkehr wäre unterbrochen und die Militärbehörden dort gestatten nicht einmal den Abgang von Proviant-Sendungen nach dem Oranjcfluß. Auch aus Maseru wird unterm 7. April bestätigt, daß „der Feind überall die Verbindungen der britischen Streitkräfte ab schneide". Die letzte Nachricht aus Bloemfontein ist ein gestern Abend vertraulich in hohen Militärkreisen bekannt gewordener Bericht Roberts, der außerordentlich depri- mirend gewirkt bat. Der englische Oberbefehlshaber soll darin die ganze Hilflosigkeit seiner Lage schildern und er klären, „er könne att keinerlei Action denken, so lange man ihm nicht allerwenigstens Winteruniformen und warnte« Unterzeugs sowie neues Schuhwerk und Zelte für seine sämmtlcchen Truppen sende und mindestens seine Artillerie und den Train mit kräftigen Pferden versehe. Der Gesundheitszustand der Truppen habe infolge der bitteren Nachtkälte und de« Mangel« an warmer Kleidung und Zelten Massrnerkrankungen an einer Art schweren Influenza bervorgerufe», welche schnell und plötzlich die Lungen ergreife. Von Gatacre, Tucker und Lord Metbuen fehlen nach wie vor alle Nachrichten. Um General Brabant'- Stellungen ist man sehr besorgt aus Meldungen hin, nach denen sich zwei Boerencommandos zwischen Alinal North und Wepener geschoben und seine Nackbut von dem nach Aliwal Nortb zurückgegangenen Hauptcorps getrennt haben. Ob dieses den abgeschnittrnen Truppen zu Hilfe geeilt, ist unbekannt. AuS Capstadt wird daS Auftreten der ersten TyphuS- fäll« in Simons Town gemeldet, auch an Bord eine- der Kriegsschiffe, der „Tore«" ist ei» solcher Fall vor gekommen. In Ladysmith Wilthen Unterleibskrankheiten weiter und der Specialcorrespondent des „Standard" meldet unter», 8. April, „eine große Anzahl Leute muß täglich ins HoSpital zugelaffen werden." In Natal scheinen die Boeren die Offensive gerade so zu ergreifen, wie im Freistaate. Am L. traf in Ladysmith ein Friedensrichter ein mit der Meldung, mehrere Boeren commandos stiegen mit ihren Wagenzügen und Zelten von den Pässen herab. Auch aus Durban wird berichtet, Boeren- commandoS rückten wieder gegen den Tuzela, offenbar in der Absicht, daS Land südlich desselben zu plündern. DaS man den Boeren dort solche Absichten überhaupt zutrauen kann, läßt keinen vortbeilhaften Schluß auf die Aktionsfähig keit de« Buller'schen Heeres zu. Uebrr dieCapitulation beiRedderSburg wird jetzt gemeldet, daß die Truppen, genau wie in früheren Fällen, 24Stund«n vollstäudig obneNahrung und Wasser gewesen seien und größtentheil« deshalb den KKmpf als hoff nungslos aufgezeben hätten; der sie begleitende Train habe sich weit hinter ihnen befunden und sei zuerst den Boeren in di« Hände gefallen. Die Zahl der gefangenen Engländer ist weit größer als ofsiciell zugegeben wird. Ganz wie bei früheren Anlässen werden jetzt nachträglich und ganz nebenbei die 2. Northumberland-Fujileer« und 2 Schwadronen Husaren als fehlend gemeldet. Sonst ist noch Folgendes mitzutheilenr * Bloemfontein, 11. April. (Telegramm.) tSrnrral Bataer« kehrt nach England zurück; an seiner Stell« ist der cheneral Polecarew zum Lominandrur der 11. Division ernannt worden. Vorau-sichtlich werden auch in den CommandoS der Brigaden Veränderungen rintreten. (Katarre hat also endlich ab« gewtrthschastet. Di« Meldung ist wohl erst in London au« Bloem- fonteta datirt, um den Anschein zu erwecken, al- sei di« telegraphische Verbindung von dort noch iatact. D. Red.) * Re» V«rk, 11. April. (Telegramm.) Dem „Journal" zusolg« schloß di« englische Regierung einen Vertrag über de« «nkanf van SOOOO bi- 85 000 amerikanischen Pferden für Elldafrika ab. (Benn sie für Lord Rader»«' «ar nicht zu spLt ein treffen I D. Red.) Die Lage in Mafeking Lady Sarah Wilson schreibt aus der belagerten Stadt unterm 28. März: „Obwohl die Weiße Bevölkerung hier eine sehr eingeschränkte Diät befolgen muß, sind doch allo Maßregeln getroffen, um die Notb zu erleichtern und die zahlreiche» Suppenküchen sind im Stande, allen dringenden Bedürfnissen zu entsprechen. Kein Eingcboruer braucht um- znkommen, wenn er nur wenige Schritte bis zur nächsten Suppenküche in seinem Bezirke gehen will." Die Stellung der Boeren hier ist so stark wie immer, obwohl sie langsam von der Stadt zurückgeben, je näher die Colonne Colonel Plumer'S kommt. Seitdem die Nackricht von der Entsetzung anderer Städte hierher gelangt ist, fühlen wir unsere Isolation umso schwerer. Colonel Plumer ist fast in Schußweite von uns, aber es ist Wohl möglich, daß er mit seiner geringen Streitmacht und seiner langen Comuiunica- tionSlinie nicht im Stande ist, den Eintritt in die Stadt zu erzwingen, und selbst wenn eS ihm gelingt, so würde Mafeking damit noch nickt nothwendiger Weise entsetzt sein, da die Boeren noch Vie Eisenbahn halten und die Schwäche unserer Garnison eS unS unmöglich macht, seine Annäherung zu unterstützen. Ueber die von Süden kommende HilfScolonne hören wir nur durch den Mund der Eingeborenen und ihre Nachrichten haben sich sehr oft als trügerisch erwiesen. Am 23. März brachte Colonel Baden - Powell das HotchkiS- Gesckütz auf die Verschanzungen an den Ziegelfeldern und eröffnete aus verborgener Stelle plötzlich ein scharfes Feuer auf den Feind. Ein enormes Maxim- und Gcwehrfeuer war die Antwort, aber auf unserer Seite fiel Niemand, da die Mannschaften mit stählernen Schutzwehren, durch die sie feuern, ausgerüstet sind. Am selben Abend verließeu die Boeren in Eile ihre Verschanzungen an den Ziegelseldern und ließen allerlei Kleinigkeiten zurück, darunter mehrere Londoner illustrirte Blätter vom Januar. Colonel Baden-Powell ließ nach dem Abgang der Boeren sofort Vas Gelände auf Minen untersuchen und fand 250 Pfund Nitro- Glycerin, die sofort unschädlich gemacht wurden. Die Civilbevölkerung darf jetzt diese Befestigungen besuchen, die so viele Monate hindurch heiß umstritten und stark vcr- tbeidigt waren. Sie bestehen auS einem vollständigen Laby- riuth tiefer Schanzgräbeu, die meist in den harten Lehm boden auSgchaurn sind. Für die Osficiere waren regel rechte Ziegelhäuser erbaut, aber so, daß sie von Weitem vollständig unsichtbar waren. Die Schanzen sind jetzt nach den Namen der bekanntesten Londoner Straßen benannt worden, aber die Aoeren-Gräben wurden „Houndsditch" (Huiideloch) getauft. Am Sonntag war, wie immer, Waffen stillstand und ein Bazar wurde adgebalten, der guten Erfolg hatte. Heute Morgen wurde wieder rin schwere« Bombardement eröffnet; auf unserer Seite fiel Niemand. AuS einem früheren Bericht der Lady Sarah Wilson, datirt Mafeking, 23. März, den die „Daily Mail" gleich zeitig »lit dem obigen veröffentlicht, sind folgende Stellen interessant: „Am 29. März werden sechs Monate verflossen sein, seitdem die Stadt eingeschlossen und unausgesetzt Tag für Tag bombardirt wurde. Die Leute in der Stadt müssen zu sehen, wie ihre Häuser und ihr Besitzthum zerstört wird, ihre Obren werden jeden Morgen vom Geknatter der Mauser gewehre, dem tiefen Ton der Martini'- und dem scharfen Gehämmer der Maxim'S des Feinde« geweckt. Dann am Tage folgen sich in kurzen Intervallen die unheilvollen Explosionen der INOpfündigen Granaten, das Getöse der Fünf plünder der Boeren und daS warnende Geläute der Alarm glocken. In den letzten zehn Tagen haben das schnellseuernde Kruppqesckütz und zwei andere Kanonen Colonel Plumer einen Besuch abgestaltet, aber die Aktivität der Boeren ist dadurch nicht vermindert worden. Schweres Gewehrfeucr der Boeren wird von. Morgen bis zum Sinken der Nacht auf imaginäre Angreifer gerichtet; und wenn wir nicht unser vorzügliches System von Schanzgräben und bombensicheren Verließen hätten, würde der Verlust an Leben sicherlich sehr schwer sein. Thatsächlich fühlt die Civilbevölkerung die Schwere der Situation recht hart und blickt besorgt nach Hilfe auS; sie ist aber trotzdem entschlossen, bei allen Strapazen und kurzen Rationen au«zuhalten." Lady Sarah Wilson führt dann als Argument gegen die von den beiden Präsidenten erhobene Anklage, daß die eng lischen Soldaten Privateigenthum geplündert haben, an, daß ein Haus, da« einem Mr. Fincham aus Mafeking gehört und in Ramathlabama liegt, von den Boeren g: plündert und zerstört sei, ebenso ein Landsitz Nannis „GaklandS", sowie eine Anzahl Hütten von Minenarbeiter», Eingeborener-KraalS, Fingobütten, die alle in Sehweite vrn Mafeking lagen und deren Zerstörung nach dem fach männischen Urtheil der Lady Sarah Wilson für militärische Zwecke nicht nothwendig war. Lßerft vlleß-i». L6. Bloemfontein, 7. April. Oberst Villeboi« ist am 6. April gemeinsam mit dcu gefallenen englischen Ossicieren und mit gleichen Ehren in Boshof beigesetzt worden. Sein Sarg ward in eine fran zösische Tricolore gehüllt und wurde mit vollen militärischen Ehren in die Gruft gesenkt, Über welche «in Detachement der Garden dem gefallenen Feinde die letzte Salve nachsandte. Der hier erscheinende, von englischen Corrrspondenten und Rudyard Kipling redigirte „Freund de« Freistaat«" widmct dem im Kampfe gefallenen Gegner folgende Worte: „UnS Engländers, denen Alle-, was männlich und sport- baft ist, besonder« familiär ist, erscheint die Figur de- Coloncl Billebois in hobem Grade sympathisch. Wir übersehen sein: etwa- unlogische Vertbridigung dessen, wa« un« al« die groß: Ungerechtigkeit Transvaal« gegen England erscheint, wir srbcu nur den tapferen Franzosen, der für einen Fall, den er zu dem seinen gemacht hat, sein Leben mit all der Wärme seiner aroßmüthigen Natur in di« Schanz« schlägt. S« ist etwas Rührende- in einem Ausspruch, der sich in einem seiner Brief« au« Südafrika findet: „Al« sch hierher kam, war mir,
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