Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.04.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010430010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901043001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901043001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-04
- Tag1901-04-30
- Monat1901-04
- Jahr1901
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs.Preis der Hauptexpeditton oder den im Stadt- buirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgrholt: vierteljährlich 4 50, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland n. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schwer, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäische» Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expevition diese- Blatte» möglich. Dir Morgen-Ausgabe erscheint um >/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag» um 5 Uhr. Le-artio» und Lrveditio«: IohanniSgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sortim. Uuwersitätsstraße 3 (Paulinum), LouiS Lösche, Katharinenstr. 14, pvrt. uud KönigSplatz 7. 217. Morgen-Ausgabe. WpMcr TaMatt Anzeiger. Ämtsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Aathes und Votizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Dienstag den 30. April 1901. Anzeigen.Preis die Sgespaltene Petitzellt LS Reklamen unter dem Redacnon-strich (4 gespalten) 75 vor den Familienaach- richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen and Offertenannahme 25 H (exrl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Postbefürderung .M V0.—, mit Postbefürderung 70.—. Annahmrschluß für Äazeigeu: Ab end-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Margen-Au»gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen uud Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet» a» die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abeud» 7 Uhr. Druck uud Verlag vo» E. Potz tu Leidig. 95. Jahrgang. die Filiale«: Katharinen sowie nachfolgende Ausgabestellen: Ranftsche Gasse 6 Herr k^leär. k^eker, Colonialwaarenhandlung, Ranftädter Steinweg L Herr 0. Luxelmavn, Colonialwaarenhandlung, Schützenftrahe 5 Herr 6ul. 86kün»1( Ken, Colonialwaarenhandlung, Westplaö 3» Herr U. vittrlod, Cigarrenhandlung, ^orkstrahe 32 (Ecke Berliner Straße- Herr k'. VV. Llvtr, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Strafe 35 Herr V. Lüster, Cigarrenhandlung, in Plagwitz Herr 6. Vrüt^mnün, Zschochersche Straße 7», - Reudnitz Herr W. bu^wanu, Marschallstraße 1, - - Herr 0. 8ekwiüt, Kohlgartenstraße 67, « « Herr Lervk. Weber, Mützengeschäft, Gabelsbergerstraße II, - Thonberg Herr L. üüvtsok, Reitzenhainer Straße 58, , . ' Voltmarsdors Herr 6eorK Xlewnun, Conradstr. 55 (Ecke Elisabethstr.), in"Oetzsch-Gautzsch Herr Lieüarü Xeu8taüt, Buchhandlung in Oetzsch. Für und kann das Leipziger Tageblatt durch alle Postanstalten des deutschen Reiches und Oesterreich-Ungarns zum Preise von 4 bezogen werden. In Leipzig abonnirt man für 3 mit Bringerlohn 3 75 und nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitungsspediteure, die Hauptexpedition: Johannisgasse 8, tharinenstratze 14, Königsplatz 7 und Univerfttätsstratze 3, Arndtstrahe 35 Herr L. 0. Littol, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstrasze 1 Herr ^keoü. 1*eter, Colonialwaarenhandlung, Brühls 53 O. L. 8okukvkt'8 Xuokfolxer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straße (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Llautsokke,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraße 15 Herr LÜuarü UotLor, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straße 45 Herr Ll. L. Ubreekt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Grottendorf Herr ö. Lrleüel, Cigarrenhdlg., Zweinaundorser Straße 6, - Connewitz Frau kl8oker, Hermannstraße 23, - Euttitzsch Herr Robert Xttner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Rodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr widert Lluäner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, » Neustadt Herr Raul Luek, ^imoneen-Lxpeältton, Eiscnbabnstraße 1, Die preußische Polenpolitik und die deulsch- rusjischen Leziehungen. Von einem Mitglied« des Gesammtausschusses des deutschen Ostmartenvereins wird uns geschrieben: Die ConferenzendesReichskanzlersmitdem Oberpräsidenten von Posen scheinen das erfreuliche Ergebnis gehabt zu haben, daß die preußische Verwaltung in der Ostmark die Zügel fester in die Hand nimmt. Als ein Anzeichen dafür kann die Abschaffung des polnischen Sprachunterrichts in dem Mariengymnasium und dem Realgymnasium zu Posen, so- wie in den Gymnasien zu Gnesen und Jnowrazlaw gelten, ferner die Beseitigung der polnischen Sprache beim katholischen Re ligionsunterricht in mehreren städtischen und ländlichen Schulen des Regierungsbezirkes Bromberg und die Beschränkung der polnischen Sprache beim Religionsunterricht auf die Unterstufe in den Schulen von Gnesen und Pudewitz. Diese schulpolitischcn Maßnahmen unterscheiden sich auf das Vortheilhafteste von der Förderung des Polonismus, wie sie die deutsche Reichspost durch die bekannten Erlasse an die Oberpostdirectionen in Bromberg und Posen und durch die Einrichtung polnischer Uebersetzungs- stellen sich hat zu Schulden kommen lassen. Es ist darum nicht verwunderlich, wenn in Centrumskreisen wegen -der er wähnten neuesten Verfügungen Mißbehagen hervorgerufen wurde. Insbesondere fühlt sich das Polenblatt am Rheine schmerzlich berührt. Die Besorgniß der „Köln. Volksztg." um die Beeinträchtigung polnischer Interessen äußert sich dadurch, daß sie die erwähnten Maßnahmen der preußischen Verwaltung in Zusammenhang bringt mit der auswärtigen Politik. Spöttisch von einer „kleinen Germanisirungspolonaise" sprechend, die „dem grimmen Moskowiter kein Lächeln der Befriedigung abzugewinnen vermag", wirft die „Köln. Volksztg." die Frage auf: „Warum kämpfen wir denn bei dieser gespannten Lage gegen die Polen?" Und die Antwort hierauf besteht in der Vermuthung, „daß die Regierung die Polen und Russen bereits als Verbündete betrachtet und deshalb gegen sie als ein Ganzes kämpft." „Was sollte es anders sein", schließt das Centrumsblatt, „da der Gedanke einer captatio kenavolenti»« in St. Petersburg ausgeschlossen ist und jede Regierung sonst bei internationalen Verwickelungen die Grenzlanve möglichst zu paeificiren sucht." Dieser Anschauung der „Köln. Volksztg." liegt die Voraus setzung zu Grunde, daß die russische Politik (vergl. die „Köln. Volksztg." vom 8. Februar dieses Jahres) unter dem Grafen Lambsdorff viel aggressiver geworden sei, daß Rußland sich als Protrctor des Gesammtslawenthums aufwerf-n wolle und deshalb die Anbahnung eines freundlichen Verhältnisses zu den Polen betreibe. Ans einer derartigen Voraussetzung hat die „Köln. Volksztg." wiederholt gefolgert, für das deutsche Reiche sei eine polenfreundliche Politik nothwendig —, ein Gedanke, der auch in der oben wiedergegebenen neuesten Auslassung der „Köln. Volks zeitung" zum Ausdrucke kommt. Wäre jene Voraussetzung zu treffend, so würde die Folgerung doch nicht richtig sein. Er fahrungen unumstößlicher Natur, wie sie während der Regierung Friedrich Wilhelm's IV. und in den Jahren 1890—94 gemacht sind, liefern den Beweis, daß den Polen gegenüber «ine „Ver söhnungspolitik" das Gcgentheil dessen hervorruft, was mit ihr beabsichtigt wird. Es wäre demnach gänzlich falsch, zu glauben, daß bei einem kriegerischen Zusammenstöße zwischen Deutschland und Rußland die Polen dann unverbrüchlich zu Preußen halten würden, wenn sie nach den Recepten des Grafen v. Caprivi und des Professors Hans Delbrück behandelt wcrden wären. In militärischer Hinsicht aber wird selbst die „Köln. Volkszlg." wohl nicht behaupten, daß die dem stehenden Heer« angehörenden preußischen Polen rebelliren oder in nennenSwerthem Umfange drsertiren würden, sobald ein Krieg zwischen Deutschland und Rußland ausgebrochen. Sollte die polnische Bevölkerung mit den Russen gemeinsam« Sache machen, so wäre da» deutsche Element in Posen, Westpreußen und Oberschlefien glücklicher Weise zahl reich und kraftvoll genug, um der deutschen Feldarmee die Nieder werfung von polnlischen Rebellen abzun«hm«n; mit ihnen würde der deutsch« Landsturm sicherlich fertig werden. Doch eS wird schverlich zu einer größer«» Polnischen Erhebung im Fall« eines deutsch-russischen Kriege» kommen. Einmal werden sich die Postn de» Religion »unterschiede» bewußt zeigen, dessen Be- deutuna Leu von Stabl«w»ki kurz vor seiner Ernennung zum Erzbischof überau» nachdrücklich betont hat. Sodann wird sich inibesonder« di« demokratisch» Richtung unter den Polen die Frage vorlegen, ob sie di« trotz aller nationalen Klagen doch recht annrhmbaren verfassungsmäßigen Zustände Preußen» mit dem russischen Lbsolutitmu» vertauschen soll. Nach der Beseitigung der polnischen Regimenter würde an diesen Verhältnissen auch wenig geändert, wenn Rußland nach dem Ausbruch« des Krieges die Herstellung eines pol nischen Staates in Aussicht stellte. Aus Bismarck's „Gedanken und Einnerungen" wissen wir, daß Kaiser Alexander H. am Beginn der 60er Jahre nicht abgeneigt war, Polen theilwrise aufzugeben. Solche Stimmungen können ohne Zweifel wiederkehren. Sie in die That umzusetzen, ist indessen glücklicher Weise nicht leicht. Bei der Gestaltung der preußischen Ostgrenze und angesichts der national-polnischen Ansprüche auf Posen-Schlesien, Ostpreußen, Westpreußen, ja selbst auf pommersche Gebiete, wäre es eine Lebensfrage für das deutsche Reich, die Wiederherstellung eines polnischen Staates zu ver hindern. Beinahe ebenso wichtig wäre dies« Aufgabe für Oester reich-Ungarn, das in solchem Falle wohl auch ohne das deutsch österreichische Bündniß mit seiner gejammten Macht an die Seite Deutschlands treten würde. Und eine Reihe anderer Mächte würden um der Polen willen sicherlich nicht Ker Möglichkeit Vor schub leisten, daß im Concert der Großmächte der russische Baß die Violinen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns übertöne. Sind nun vom Kaiser Nikolaus und seiner Regierung irgend welche Handlungen bekannt geworden, die es wahrfcheinlich machen, daß der Politiker mit so folgenreichen Plänen, wie die Herstellung Polens als eines selbstständigen Staates es ist, rechnen muß? Die Antwort hierauf kann nur verneinend ausfallen, und das um so entschiedener, als gera-oe in der jüngsten Ver gangenheit die russische Regierung Schritte gethan hat, welche das Gegrntheil von Polensreundlichkeit bedeuten. Unter dem 7. April dieses Jahres wurde der „Köln. Volks zeitung" aus St. Petersburg wörtlich u. A. Folgendes ge schrieben: „Für Russisch-Polen hat sich eine Ernennung von großer Tragweite vollzogen: Warschau hat einen neuen Generalgouvernrur erhalten, das Mitglied des Reichsrathes Generaladjutant General der Cavallerie Michail Jvanowitsch Tschert ko ff, selbstverständlich der orthodoxen Kirche angehörend . . . Die Thätigkeit Tschertkoff's auf dem Gebiete der höheren Verwaltung . . . berechtigt kaum zu der Hoffnung, daß der neue Chef des Weichselgebiets den Polen völlig objectiv gegenllbertreten, daß er begreifen wird, daß die Zeiten des polnischen Aufstandes und der damaligen Erbitterung zwischen Russen und Polen vorüber sind und eine neue Zeit auch neue Mittel fordert . . . Wir können nicht die Ansicht Derer widerlegen, welche der Meinung sind, daß die Ernennung Tschert koff's die Wiederaufnahme des strengen Systems Gurkow ' s bedeute." — Ebensowenig Polenfreundlichkeit wie die Ernennung Tschertkoff's läßt eine weitere Meldung erkennen, di« der „Köln. Volkszeitung" unter dem 15. April dieses Jahres aus St. Petersburg zuging und besagte, daß in zahlreichen Gymnasien fortab katholischer Religionsunterricht ertheilt werden solle, aber nur in russischer Sprache und unter Benutzung von Lehrbüchern, welche ministeriell genehmigt seien! Wie man sieht, hat die russische Regierung in der allerjüngsten Vergangenheit Anordnungen und Ernennungen getroffen, die schlechterdings nicht die Ansicht der „Köln. Volkszeitung" be stätigen, daß Rußland sich als Protector des Gesammtstawen- thums fühle und deshalb ein freundliches Verhältniß zu den Polen pflege. Vielmehr zeigt sich die russisch« Regierung lediglich von dem Bestreben erfüllt, das Interesse des russischen Staates gegenüber den Polen wahrzunehmen. Dabei dürfte e» in absehbarer Zeit sein Bewenden haben. Und deshalb ist ein« energische preußische Polenpolitik gerade diejenige, die unser Derhältniß zu Rußland Vortheilhaft beeinflußt. Für ei« ener gische Polenpolttik Preußens sprechen also Zweckmäßigkeiten der auswärtigen Politik ebenso, wie nationale Nothwendigkeiten der inneren Politik. Der Arie- in Südafrika. Uetzer Frau vatha, die angeblich englischen Ursprung» ist, weiß «in Brüsseler Bericht erstatter der „Kreuzztg." Folgende» mitzutheilen: Die Gemahlin d«r General» Louis Botha ist im Jahre 1870 zu Harry- smithrm Oranje-Freistaat al» di« Tochter de» dortigen Rechts anwalt«» Emmett geboren. Ihr Vater ist der Enkel de» i r i sch« n R« v o l u t i o n ä r S Robert Emmett, welcher im Jahr« 1803, al» England im Kriege gegen di« napoleonische Weltherrschaft stand und sich in einer sehr kritischen Lag« befand, einen gefährlichen Aufstand der Insel Irland gegen die englische Zwingherrschaft hervorrief. Di« revolutionäre Bewegung scheitert« jedoch, und Robert Emmett, welcher in di« Hände seiner Feinde gerieth, wurde vom englischen Ktieg»recht al» Derräther zum Tod« verurtheilt und hinge richtet. Seine Wittw« wanderte mit ihrem unmündigen Sohn« nach Südafrika au» und ließ sich in Harryfmrth nied«r. Da Irland »weifrllo» «inen Bestandtheil de» britischen Reiche» bildet, so fließt in den Adern der Frau Louis Botha allerdings britisches, aber sicherlich kein englisches, sondern England feindliches Blut, und das End« ihres Ahnherrn ist nicht danach angethan, in ihr jene anglophilen Sympathien zu erwecken, von denen di« englische Presse fortwährend spricht. Frau Botha ist eine hervorrageno schöne Erscheinung, besitzt umfassende Bil dung und zeichnet sich unter den Boerenfrauen durch ein« Ele ganz der Toilette aus, Vie vielen anderen Damen ihres Standes, z. B. den Frauen der Generale Cronje und De Wet, abgeht. Aber an Patriotismus steht si« Niemand nach, und deshalb ist man in der Umgebung Krüger's überzeugt, daß sie, wenn ihre Friedensn.ission sich bestätigen sollte, ihrem Gemahl nur zur An nahme solcher Bedingungen rathen wird, die mit der Unabhängig keit der beiden Boerenrepubliken nicht im Widerspruch stehen. Dieser Tage sind mit dem Dampfer „Jembroke Castle" einige Holländer aus Transvaal zuriickackebrt. Einer von ihnen, der bis zum Tag« seiner Abreise in Pretoria gewohnt hatte, erzählt« einem Mitarbeiter der „Deutschen Wochenschr. i. -d. Nieder!." über die Zustände in Pretoria: Im „Dorf" wird nur Weniges vom Kriegsschauplatz bekannt gegeben. Unter Lord Roberts wurde viel weniger Geheimniß- lrämerei betrieben und herrschte reges Leben. Die Officiere lebten wie Gott in Frankreich, ihre Frauen waren zu ihnen ge reist, und es wurde gepic-nict, Tennis gespielt u. s. w., gerade als ob man im tiefsten Frieden lebte. Kitchener machte diesem Zustand ein Ende. Die Damen wurden nach Capstadt und die Herren nach der Front geschickt. Kleber die Truppenbewegungen verlautete nichts mehr. An den Krieg erinnerten nur die un absehbaren weißen Zeltreihen um Pretoria herum, vollgepropft mit Kranken, und dann die großen Gruben, die in gewissen Zeit abschnitten gegraben und in welche manchmal 300 Leichen zugleich gestopft würden. Di« Haltung der „Tommys" gegenüber der Bürgerschaft läßt nichts zu wünschen übrig; was sie kaufen, bezahlen sie. Ihre Einkäufe sind aber nicht umfangreich, denn sie erhalten eine Tageslöhnung von nur 84 Cents, also weniger als ein Kaffer. Der Gei st inder Armee wird am besten durch die Ab reise der Neu-Seeländer charakterisiert. Lange hatte man die Leute mit Versprechungen hingehalten; schließlich wurden sie jedoch so deSparai, daß Kitchener es für rathsam hielt, sie persön lich zu bearbeiten. Am Schluß seiner Rede rief er den Leuten zu: „Wer die Truppe verläßt, um nach Australien zurückzukehren, ist «in Feigling!" „Kehrt, marsch!" rief der Oberst der Neu- See länder und nrarschirte ab. In englischen Blättern dagegen konnte man am folgenden Tage rührende Erzählungen von Enthusias mus der Neu-Seeländer für Kitchener lesen. Die Boerenfrauen tragen noch stets dieselbe unversöhn liche Haltung zur Schau. Entgegen dem Verbot tragen sie stets Sie transvaalschen Farben. Als eine von ihnen deshalb zu Lord Roberts entboten wurde, hielt sie ihm «inen Revolver unter die Nas« und fragte, ob hierfür Wohl auch ein „permit" nöthig sei. Der edle Lord erschrak gewaltig und klingelte um Succurs. — Ein paar Tage vor der Austheilung einiger Victoriakreuze wurde bekannt gemacht, daß Afrikanermädchen den .Helden die Orden an die Brust heften würden. Solche Mädchen hatten wir noch nicht gesehen: — sie trugen Backenbärte, Reitstiefel und Schleppsäbel. Sehr belacht wurde ein Vorfall mit dem „Buschfeld corps". Der Eigenthllmer eines Hotels bei Pirnasriver, dessen Wuth gegen die Boeren ganz grenzenlos war, weil sie, seiner Be hauptung zufolge, sein Hotel geplündert hatten, wußte Lord Kitchenrr's Vertrauen in so weit zu gewinnen, daß er die Erlaub- niß zur Errichtung eines Buschfelv-Corps erhielt, das die plün dernden Boeren verfolgen und aufreiben sollte. Die Werbung, namentlich unter Afrikanern, glückte vollkommen, und gar bald zogen 300 Mann, hoch zu Roß, ins Feld hinaus. Schon am fol genden Tag stießen sie auf ein Boerencommando. Kaum war dies in Sicht, als 20 Mann sich von den 300 loslösten und im eleganten Galopp zur Borrenstellung ritten, wo sie mit herzlichem Händedruck bewillkonrmt wurden. Eine andere Abteilung, welche diesem löblichen Vorbild folgen wollte, wurde von den klebrigen umzingelt und entwaffnet. Am andern Tag fand man folgenden brillanten Bericht in den Zeitungen: „Mehr als 20 Boeren mit den Waffen in der Hand überrascht und zur Kleber gabe gezwungen!" Die Wirren in China. Ta» Wtetzerauftreten tzer Satsertn-Wtttwe. Sie schien abgethan, die grausame K a i s e r i n - W i t t w e, als Peking in die Hände der Fremden gefallen war und sie mit ihrem Hofstaat, selbst von den Anwohnern der auf der Flucht von ihr berührten Bezirke gemieden oder sogar bedroht, in Vie Verbannung nach Ginanfu ente. Di« au» dem neuen kaiserlichen Auftnthalttort« an die chinrfischrn Beamten ergehenden Edicte trugen nicht, wie bi»h«r, ihr« Unterschrift, und daß si« keinerlei Unterschrift, sondern nur die Schlußbemerkung: „Das ist unser kaiserlicher Wille" trugen, bestärkte die Optimisten in der An nahme, saß diese grausame Frau nunmehr für alle Z«it von dem politischen Schauplätze verschwunden sei. Mit einer ge wissen Genugthuung lvs man die Uebersetzungen aus der chine sischen Presse, sie erzählten, daß die Kaiserin tagelang ohne Speise geblieben sei und viel weine. Erschien es doch wie eine Sühne, daß dieses Weib, das mit Menschenleben und Menschen glück stets gespielt hatte, welches in seinen jüngeren Jahren sich unter den nach Peking strömenden Examinanden ihre Geliebten aussuchte, di« sie dann, sobald sie ibrer überdrüssig geworden war, dem Henker ausliefrrte, und die, nachdem die Zeit der Liebe für sie dahin war, aus Geldgier oder aus persönlicher Abneigung ceiche Leute und Minister enthaupten ließ, endlich einmal selbst des Daseins Elend kennen lernte. Man zog ferner Vas Alter dec Kaiserin-Wttwe in Betracht und schloß auS der Nachricht, daß sie nicht mehr stark genug sei, um jemals Vie Reise nach Peking wieder antreten zu können, daß ihre Lebenskraft endgiltig versag«. Nur Eins bedauerten die nach den ersten erfolgreichen Schlägen in China etwas LbermUthigrn Fremden, nämlich, daß es nun unmöglich sein werde, die Katserin-Wittwe wegen ihrer Schandthaten gegen die Fremden mit dem Prinzen Tuan gleichzeitig hinzurichten. Wahrscheinlich weil man dies fürchtete, erzählte man sich in Tientsin, daß ein sehr bekannter deut scher Reitermajor, dessen Betheiligung am Boerenkrtege ihn allgemein bekannt gemacht hat, und den man dann nach Ost asien schickt«, wo er im Astor House-Hotel in Tientsin zu einer ihn fast zur Verzweiflung treibenden Unthätigkeit verurtheilt war, dem Obercommando die Bitte ausgesprochen habe, man möge ihm erlauben mit hunderfünfzig Frei willigendes ostasiatischen Reiterregiments den K a i s e r und die Kaiserin aus ihrem Zufluchtsort« zu holen. Dieses Gesuch sei aber als nicht zeitgemäß abschlägig bsschieden worden. Ob Vas Gerücht wahr ist, weiß ich nicht. Jedenfalls bedauert« man aber, daß dem betreffenden Officier nicht Gelegen heit gegeben wurde, den gewünschten Handstreich auszuführen, denn selbst wenn er mißglückte, was bei der bekannten Thatkraft keineswegs als wahrscheinlich anzunehmen 'war, hätte damals ein solcher Reiterstreich thatsächlich nichts an der politischen Sach läge geändert. Später, nach Anknüpfung politischer Verhand lungen, schien natürlich alle Wahrscheinlichkeit, daß man der Kaiserin habhaft werden könne, geschwunden. Aber sie starb nicht, sondern sie schien merkwürdig wi«v«r auf zuleben, und was noch auffälliger war, sie schien bei den Fremden auch wieder ihren alten Einfluß zu gewinnen. Wie konnte man anders den Flottensalut der fremden Flotten vor Shanghcri an dem Geburtstage dieser Herrscherin erklären? Die Träume von der Befreiung Chinas von dem Druck« der Kaiserin-Mttwe waren nicht in Erfüllung gegangen, und d«r zähe Körper und der noch zähere Geist der allgemein gefürchteten Despotin hatte den durch di« Niederlage veranlaßten körperlichen und seelischen Qualen erfolgreichen Widerstand geleistet. Wi« Vie Kaiserin e» aber fertig gebrachtch hat, auch auf di« fremde Diplomatie wieder einen unverkennbaren Eindruck zu machen, da» rst mir räthsel- haft, und doch kann ich di« mir von «nein fremden Diplomaten auf mein« Frag«, weshalb man di« Kaiserin-Wtttwe nicht zur Rechenschaft ziehen wolle,gegeben«Antwort: „Die ist zu mächt«", nicht anders deuten. Fehlte e» aber bisher noch au directen Be weisen dafür, daß nicht der Kaiser, sondern vkr Kaiserin Wittw« hinter den vom chinesischen Hofe getroffene» Maßnahmen und Verhandlungen steht, so ist ein solcher Beweis nunmehr durch die Nachricht, daß di« Kaiserin eme» Erlaß cm Li-Hung-Tschang geschickt habe, wortrr defftn Ver halten den Fremden gegenüber durchaus abfällig h«rtheitt wird, geliefert. Es ist jetzt klar, daß Kaiser Kwangfü wieder i» seine alte, unbedeutende Stellung zurückgetreten ist, und daß di« alte Frau die Züg«l der. Regierung wiever an sich g«riff«n hat. Der Erlaß an Li zeigt übrigen» noch mehr, er beweist »ämlich, daß die Karserin-Wittwe anfängt, die Furcht vor de» Fremden zu verlieren, und sich mit «cht chinesischer Uebrrhebuna vinzubildrn, daß di« Chinesen über da» Verhalten der fremden Eindringlinge zu bestimmen haben. Es erscheint auf den ersten Blick geradezu lächerlich, daß Vie vor den Fremden in di« Verbannung Geflohen« heute Li-Huna-Tschang Vorwürfe darüber macht, daß er die deutsch-französische Expedition nach dem Westen nicht verhindert habe. Das klingt so, wie wenn di« Kaiserin anneyme, daß die diplomatischen und militärischen Vertreter der fremden Mächte dem einzigen Li-Hung-Tschang an Willenskraft nickt gewachsen seien, und daß di« Fremden gewissermaßen zu allen ehren Unter nehmung«» Li'S Einwilligung einzrcholen verpfktchtet seien. Ge wiß weiß man ganz genau, daß eine derartig« Auffassung der Lage in Peking eine durchaus irrige ist, über di« Chinesen, die täglich mehr die Scheu vor den Fremden verlieren, werden m.t dem ihnen «igenthümlichen Dünkel dies« Ansicht, der ihnen sonst keine»w«g» lieben Landetzmutte, zu ihrer eigenen machen. Hat
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite