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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010501019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901050101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901050101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-01
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Anzeige« »Preis die 6 gespaltene Petitzeile SS Reklamen unter dem RedacNouSstrich (»gespalten) 7b H, vor den Familieunach- rtchteu («gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Grbühreu für Nachweisungen uud Offertenannahme LS H (rxcl. Porto). Grtra - Beilagen (gesalzt), nur mit der Mvrgen-AuSgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Äuuahmeschluß für Änzrige»: Ab end-Ausgabe: Bormittags IO Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedit«« zu richte». Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck nsd Verlag von L. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Die Jesuiten aus -er Wanderung. „Der Geist Pombal'S geht wie ein düsterer Schatten durch Portugal", also schildert di« „Köln. Volk-ztg." die derzeitige Situation in dem stockkatholischen Lande Portugal. Der Name Pombal ist allerdings kein« angenehm« Erinnerung für die Jesuiten und ihre Freunde, 'denn dieser Staatsmann war be müht, den JesuitiSmus in den portugiesischen Colonien und in dem Mutterlande selbst mit der Wurzel auszurotten. Wenn daibei selbst von liberaler Seit« — was natürlich die „Köln. Volksztg." mit besonderer Freude hervorhcbt — dem großen por tugiesischen Staatsmann« der Vorwurf grausamer Härte ge macht wird, so vergißt man ganz, »aß Pombal di« Jesuiten nur mit ihren eigenen Waffen bekämpfte, denn auf jeden von Pombal Hingerichteten Jesuiten dürft« ein« ganz stattliche Anzahl von „Ketzern" kommen, di« durch di« Inquisition auf der pyrenäischen Halbinsel verbrannt, gerädert oder auf sonst welche unangenehme Weise umL Leben gebracht worden sind. Doch lassen wir Pombal bei Seite; «r ist, wie «S in den „Meistersingern" heißt, „ein guter Name, doch lang schon todt". Halten wir uns also nur an di« Gegenwart und an die Thatsache, daß in Portugal seit Monaten ein« leidenschaftliche Bewegung gegen den Klerikalismus im Allgem«inen und gegen die Jesuiten insbesondere im Gang« ist und Laß diese Bewegung es bewirkt hat, daß bereits eine Anzahl von Klöstern geschlossen worden ist. Auch in Spanien hat bekanntlich vor einigen Monaten ein« sehr starke Bewegung gegen den Klerikalismus geherrscht, die den Sturz des pfäffischen Ministeriums zur Folge gehabt hat. Die so schroff zu Tag« getretene Abneigung der spanisch-portugiesi sch«» Bevölkerung gegen den Jesuittsmus tritt charakteristischer Weise auch jenseits des Oceans bei dieser Rasse hervor. Di« Regierung von Uruguay hat soeben ein Decrct erlassen, wo nach die Landung von Jesuiten und anderen Ordens geistlichen aus Europa verboten wird. Di« Jesuiten sind aber mit der wenig geschätzten Claffe der Haufirer zu vergleichen: wirft man sie zu der «inen Thür hinaus, so kommen sie zur anderen wieder herein. Die Völker der latei nischen Rasse wollen zur Zeit von ihnen nichts wissen; gut, so lassen sie sich bei einem vorwieaend germanischen Volk am gast lich bereiteten Tische nieder. Di« Uebernahme der Protektorat» über den katholi chen Kampfverein durch den österreichi schen Thronfolger ist ein Pflgster aus Lte ven Jesuiten und ihren Freunden in Südwest-Europa geschlagene Wund«. Uno schon tritt denn auch di« Elasticität des geschätzten Patienten zu Lag«. Wenn die Dam«n der hohen österreichischen Aristokratie in der Reichshauptstadt demonstrativ« klerikale Umzüge veran stalten, so braucht man freilich einer solchen Thatsache noch nicht allzu große Bedeutung beizulegen. Die Damen dieser Aristokratie bedürfen der angenehmen Abwechselung, und wenn die kühl« Jahreszeit noch keinem Blumencorso im.Prater gestattet, so gilt eine Procrssion als Mittel zu angenehmer Zerstreuung. Ernst haft:! muß man aber immerhin schon den durch den Weihbischof Schneider veranstalteten Triumphzug der Klerikalen durch ,^ßien auffassen. Wenn daran hervorragende Politiker und hoch bestellte Aristokrat«», wie der Prinz Schwarzenberg, theilnahmen, so ist di«S ein Zeichen dafür, daß die Klerikalen in Oesterreich ihre Zeit für gekommen eracht«n. Sie rechnen eben mit dem „neuen Herrn". Ob sie sich dabei nicht verrechnen, ist freilich ein« andere Frage, denn man kann als Kronprinz in dem angenehmen Gefühle völliger Unverantwortlichkeit so manches thun urtd sagen, wonach man als "Herrscher nicht handeln kann. Wenn der österreichische Kaiser Werth daraus legt, auch König von Ungarn zu bleiben, so kann er sich nicht dem Klerikalismus und Jeswitis- muS bedingungslos in die Arme werfen. Im Laufe der Jahrhunderte verändern sich denn doch dre historischen Bedingungen einigermaßen, und deshalb ist «ine Neu auflage von „Ferdinand dem Katholischen", wie Li« Klerikal«» den österreichischen Thronfolger bereits nennen, nicht wohl mög lich. Braucht »ran akso auch die jüngsten Ereignisse in Oester reich nicht allzu tragisch zu nehmen, so haben sie doch jedenfalls den außerordentlichen Nachtheil gehabt, die Gegensätze zwischen den dänischen Parteien abermals zu verschärfen und damit di« durch daS Ergebniß der Wahlen und die etwas festere Haltung de» Ministeriums Körber bereits etwas eingeschüchterten ge schworenen Feinde des DeutschthumS aufs Neu« zu rrmuthigin. Und so sieht man «S in Oesterreich wieder einmal, daß ein Erfolg des JesuitismuS gleichbedeutend ist mit einer Gefährdung und Schwächung des DeutschthumS: wahrlich «ine Mahnung für Deutschland und die deutsche Rigierung, in der Jesuitensrag: fest zu bleiben. Der Krieg in Südafrika. Et« ttzenrer Seltz»»,. Der „Army" und „Navy Gazette" entnehmen wir folgende Ziffern: Bis zum I. Oktober letzten JahreS wurde ' inSge» sammt 8012 Officiere und 195 650 Mann nach Südafrika be fördert, außerdem 152 200 Thiere, ferner 425 Geschütze und 380000 Tonnen Lebensmittel. End« de» Monat» stiegen die Ziffern auf 262000 Mann und 182000 Thiere. Beim Eisen- babnbou (Wiederherstellung der zerstörten Strecken) waren tm Herbst nahezu 18 000 Pionier« und Hilstmannschaften beschäf tigt. Es wurden bi» dahin wiederhergestellt, IsV. meist nur pro visorisch: 82 Brücken, S4 Durchlässe und 112 Kilometer Bahn lange, ferner eine große Anzahl Weichen. In den ersten 10 Monaten de» letzten Jahre» wurde die Bahn nicht weniger al» 125 Mal von den Boeren zerstört uud der Betrieb unterbrochen. Am meisten litt darunter die Verpflegung der Mannschaften und Pferd«; eS herrschte mitunter furchtbarer Mangel. Den im vranjestaat und Transvaal befindlichen Truppen wurden in dieser Zeit 45 Millionen Portionen und 20 Millionen Pferde rationen zugeführt. Ueber diese Einzelheiten war bi» jetzt wenig od«r nächt» zu erfahren» mW man bekommt dadurch erst «inen Begriff von den ungehaeeven Schwierigkeiten aller Art, di« dte Engländer zu überwinden habe«. Ob ein anderer Staat wie England dieselben hätte bcmeisteve» können? Inzwischen sind 6 Monate vergangen und die obigen Ziffern haben sich natürlick entsprechend vergrößert, besonder» hat die Zerstörung de» Bahn körper» und da» in die Luftsprengen von Eifenbahnzügen in . letzter Zeit wesentlich zugenobnnen, also die Schwierigkeiten habe, «her «ltz abgenommen. Neuesten Nachrichten zufolge sollen 78 kstroant'de» Pferde bestand«» wieder verbraucht und dienst- unfähig schtz. Ob der Rückzug del General» Frrnch au» dem Dsten vielleicht damit gedeutet werdrn kann? Der Monat Mai litt al» der schlimmste und gefährlichst« Wintermonat in Folg« >er um diese Zeit rtnsetzenden tropischen Regengüsse. Also man änn «s verstehen, wenn der Muth der Boeren immer noch un gebrochen ist und sie auf eine günstige Wendung hoffen. Wie es wohl Chamberlain, Cecil Rhodes und ihren Mitläufern zu Muth« sein mag? Dte FrtcdenSvcrmittelun, der Frau Botha. Die Brüsseler Transvaalkreise haben genaue Mitteilungen über die Absichten und die Thätigkoit der Gattin Louis Botha's erhalten. Danach wär« eS «ine s«hr schwere Selbsttäuschung Kitchener's, wenn er glauben würde, in dieser Frau «in« Ge hilfin dafür zu haben, oie Boeren zur Anerkennung der britischen ;Herrschaft zu nöthigen. In einem Briefe, worin sich Frau Botha über ihre Vermittlerrolle bei der vorangegangenen Zu- ämmenkunft Kitchener's und Botha'S ausspricht, heißt es aus drücklich: „Ich könne nur eine Frage in Südafrika, nämlich die Erhaltung der Unabhängigkeit unserer beiden Republiken. Können wir diese nicht aufrecht erhalten, so wird kein Boer mehr in Südafrika zu finden s«in. Was ich mit meinen schwachen Kräften auSrichten kann, werde ich dazu beitragen, dte Eng länder davon zu überzeugen, daß ohne die Gewährung der Unab hängigkeit alle Friedensangebote zwecklos sind." Dte Pferdepest tn Südafrika Nach Berichten von Sachverständigen stellt die Krankheit, welche unter dem Pferdebestand der Engländer in Transvaal o große Berheeru-ng aneichtet, ein« ganz neue Krankheits form dar, welche der Rinderpest ähnelt. Eine wirksame Be handlung der davon betroffen«» Thiere ist bisher nicht gefunden; m Gegentheil scheinen die verschiedenen Versuche von Impfungen sie Ausbreitung der UebelS nur befördert zu haben. Diese neue Pestart hat dazu boigetragen, daß bis jetzt 80 Procent aller von den Engländern nach Südafrika eingefllhrten Pferde einge gangen sind. * London, Ld. April. Die „Exchange Telegraph Company" in Lapstadt meldet: CS heißt, Rhode» sei beinahe am Sonnabend auf der Elsrnbahnstreck« bei Kimberley von den Boeren ge fangen worden. Die Boereu sprengten die Eisenbahn vor s.inem Zug'. * London, 30. April. (Telegramm.) „Daily News" will wissen, Kttchener hab« di« Unterhandlungen mii Botha nicht gänzlich abgebrochen. ES sei möglich, daß sie einen günstigen Fort- gang nehmen. Doch ständen zwei Hindernisse tm Wege. Da- erste sei der Einwand der Boeren dagegen, daß Milner als Gouverneur der neuen Gebiete wirk«; das zweite sei die Frage der Amnestie für die Caprebellen. Die Wirren in China. * Berlin, 30. April. (Telegramm.) Die „Nationalzeitung" erfährt von zuverlässiger Sette, daß die Annahme einiger Blätter, al» wär« da» Verhalten der Franzosen unter Bailloud bei den Kämpfen gegen Liu rin unthätigeS gewesen, durchaus unrichtig sei. Die Franzosen hatten, als die später Eingetroffenen, die Flankendeckung zu übernehmen und seien infolge dessen nicht in« Feuer ge kommen. Ein« Ordre zur Zurückhaltung sei ihnen nicht ertheilt gewesen. * Peking, 30. April. (Reuter'S Bureau.) In einer heute früh abgehaltenea Confereoz der Generale wurde beschlossen, den Gesandten mitzutheilen, daß Abweichungen in Betreff der Zurückziehung der Truppenmöglich seien,wenn die Gesandten in der Lage seien, die von China al» Gesammteutschädigung zu zahlende Summe anzu- geben, und die Chinesen sich zur Zahlung dieser Summe bereit erklärten. Ferner wurde beschlossen, den Chinesen zu gestatten, allmählich di« Berwaltung Pekings wieder zu übernrhmen, bi» di« bürgerliche Gewalt wieder ganz i« ihren Händen sei, und von den Militärs nur eine passive Oberaufsicht auSgrführt werde. Schließlich wurde in der Lonferenz über die Frage berathen, ob da» Lommando über di« Gesandtschaft-wachen in die Hände eiue» einzigen Osficier» zu legen sei oder ob die einzelnen Wachen unabhängig bleibru sollen. * Pari», 30. April. (Telegramm.) Ja Toulon begann gestern dte Lertheikung d«S Erlöse» für die chinesische Beut« aü di« heimgrkehrten Soldaten von zwei Bataillonen. Di« Aatheil« de» «iuzelueu Soldaten schwanken nach der Aozahl vou LriegSzügeu, woran « theilgeuomme» hat, zwischen 480 und 1100 Franken. Die Uuterofficiere erhielten zwei, die Officiere drei; die StabSosficiere sechs Autheile. Man berechnet den Werth der gekämmten zur Lertheiluvg gelangend«» Kriegsbeute für di« 15000 Mau» d«S frauzösischeu ExpeditiouScorp» auf 20 Millionen Franc». (Voss. Ztg.) Deutsches Reich. 6. S. Berit», 30. April. (Protest arge» den süd» afrikanischen Krieg uud die Maifeier.) An Ver sammlungen wird «S am Mittwoch nicht fehlen und nach den Auküudigaagra fociakdemokratischer Apostel sind am t. Mai Referenten nicht «ebr aufzutreibea. Der socialdemokratischr Parieivorstand wünscht, daß in den Versammlungen am t. Mai ei» flammender Protest gegen den südafrikanischen Krieg erhob«» wsrde. Ein internationales Bureau in Brüssel hat «» di« Arbeiter »llsr Länder einen Aufruf erlasse», ia dem eS heißt: ^England, geführt vou dea Flibustiern Ereil Rhodes u»d Chamberlain, versucht ven südafrikanischen Republiken in blutigem Kriege di» Unab hängigkeit und ihr Gold zu entreiße» uud au» Indien saugt eS alle» Reichthnru d«S Landes, während Tausende Hunger» sterbe». Rach unseren Lrfimdi-msge» soll nicht nur in Deutschland, sondern überall mit der Maisrier eia Protest gegen dea uagrrechtrstrn aller Krieg« seitens »er Social« demokratie am 1. Mai erhöbe» werd»«; der deutsch« Partcivvrstaod will diese» Protest ch»G zwei ander« beifüg», de» eine« gegen de» Ehiaakrieg iwd den anderen gegen die Brutalitäten des Zarismus". Diese beiden letzteren Proteste werden aber, wie wir ganz bestimmt wissen, bei den „Genossen" herzlich wenig Zustimmung finden. Der Chinakrieg ist trotz aller Huunenbriefc veS „Vorwärts" bei zahlreichen Genosse» ziemlich populär und der russische Student ist dem Manne der schwieligen Faust in Deutschland eine ziemlich gleichgiltige Persönlichkeit, für die er sich absolut nicht erwärme» kann. Der Protest gegen ven süvafrikaniscüei, Krieg aber ist mit Geschick zur Verherrlichung der Mai feier gewählt worden. Er wird voraussichtlich gar manchen Arbeiter und selbst gar manchen „Bourgeois", der sonst den Versammlungen fern geblieben wäre, zum Besuche veranlassen. L. Berlin, 30. April. (Unge'w ahnte Milde.) In der Breslauer Stadtverordnetenversamm lung ist bekanntlich vor einigen Tag«n in Uebereinstimmung mit dem Magistrate die Forterhebung der Schlachtsteuer beschlossen worden. Zwar hat, was natürlich die „Freisinnige Zeitung" mit Eifer hervorhcdt, der Führer der freisinnigen Volkspartei mit Eifer dagegen gestimmt, aber andere freisinnige Volksparteilcr, wie der Stadtverordnete Simon I, haben nicht nur für die Weitererhebung der Steuer gestimmt, sondern sogar dafür das Wort ergriffen. Da die Forterhebung der Steuer mit einer sehr erheblichen Mehrheit (55 gegen 32 Stimmen) be schlossen worden ist und da die Freisinnigen in der Versamm lung die Mehrheit haben, so muß ein sehr erheblicher Theil der Freisinnigen für die Steuer gestimmt haben, womit sie sich in einen bewußten Gegensatz zu d«m Programm „Beseitigung der Zölle und Steuern auf nothwendig« Lebensmittel" gestellt haben. Denn ob die S t a d t ein« ein nothwendiges Lebensmittel ver- thcucrnde Steuer erhebt, oder ob der S t a a t Zölle auf Lebens mittel einfühlt, bezw. erhöht, ist dem Consumenten herzlich gleichgiltig, denn in jedem der beiden Fälle ist die Wirkung die gleiche. Wie findet sich nun die „Freis. Ztg." mit diesem Be schlüsse ab? Sie schreibt: „Wir bedauern diesen Beschluß, der mit freisinnigen Grundsätzen nicht vereinbar ist." Man wird zugeben müssen, daß diese- Monitum an Milde nichts zu wünschen übrig läßt, besonders wenn man sich erinnert, daß Herr Eugen Richter bei anderen Gelegenheiten mit Rebellen gegen die „freisinnigen Grundsätze" weniger milde umgcsprungen ist. Als am 6. Mai 1893 ein halbes Dutzend freisinnig"! Abgeord neter es wagte, für die damals den Reichstag ... >ch^ii^n^> Militärvorlage zu stimmen, wuvoen diese Abgeordneten noch am selben Tag« aus der Partei hinauSgeworftn, wodurch dann die bekannte Spaltung „freisinnige Volkspartei" und „freisinnige Vereinigung" entstand. Nun sind wir ja der Meinung, daß auch die Zollfragen mit den Principien des Liberalismus nichts zu thun haben; vom Standpuncte der freisinnigen Volkspartei aus aber ist das Eintreten für Lebensmittelsteuern zweifellos in noch höherem Maße eine „Verleugnung freisinniger Grundsätze", als die Zustimmung zu einer Heeresforderung. Heute aber er theilt Herr Richter für solche „rollenwidrige Seitensprünge" nur eine leichte Vermahnung. Er ist also im Laufe der letzten acht Jahre milder geworden, wohl, weil er einsieht, daß, wenn er nach dem damaligen Princip des Hinauswerfens weiter ver führe, bald Niemand mehr vorhanden wäre, der hinausgeworfen werden könnte. * Berlin, 30. April. (Das Loco motivwesen in Preußen.) Die Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses über den gegenwärtigen Stand des preußischen Eisenbahnwesen- haben der „Zeitschrift de» Verein« deutscher Ingenieure" Veranlassung gegeben, das Urtheil einiger Eisenbahnfachleute von Sachkenntniß und Erfah rung über die technische Entwickelung des preußischen Eisenbahn wesens einzubolen. Besonderer Werth ist dabei auf die Frage ge legt, wie sich bei un« gegenüber dem Auslande daS Locomotiv wesen entwickelt bat. Gegenüber dem Urtheil des Ministers, daß dir Leistungen auf den preußischen Staatsbahnen in keinem anderen Lande der Erde übertroffen würden, wird von den Fachleuten übereinstimmend die Ansicht ausgesprochen, daß in mancher Beziehung, sowohl in Bezug auf die v-Wagen wie auf die Lokomotiven, noch hier und dort verschiedene Fort schritte anderer Länder eingeholt werden müssen. Daran werden folgende Bemerkungen geknüpft: Der Minister verdankt das, was an seinen Locomotiven wirklich zu loben ist, nicht seiner Verwaltung als solcher, sondern einzelnen strebsamen Fachleuten, welche das für richtig Erkannte gegen die Berwaltung dorchgesetzt haben. Leider werden diese Leute immer seltener; eS ist nicht Jedermanns Sache, sich durch selbstständiges Streben unbeliebt zu machen. Andere groß« Bahnverwaltungen haben den zuuehniendru Ber- krhrsbedürfnissen besser Rechnung getragen. Leider zeigen auch andere Dinge dasselbe Bild: Man findet kaum einen Reisenden eine- V-Zuge«, der nicht über die Heizung zu klagen hätte; fast bei jeder Etatbrrathung im preußischen Landtage erschallt darüber Klage. Allgemein wird verlangt, daß die Regelung wieder wie früher dem Reisenden in die Haud gegeben werde. Aber nein, daS geschieht nicht, sondern man hat nur ein« kleine, vom Reisenden abstellbare Zusatzheizung angebracht, di« natürlich uicht hindert, daß den Leuten nach wie vor kräftig eingeheizt wird. Andere größere Lahoverwaltunge» besitzen sogenannte Versuch-Wagen, die mit Meßvorrichtungen für die Zugkraft, Geschwindigkeit u. s. w. auSgestattet sind, um die wirklichen Leistungen ihrer Locomotiven prüft» zu können. Die preußischen StaotSbahoen habe» keine» solchen Wagen. Die Ursache der ungrnügeodrn Leistungen der Maschinentechnik bei den preußischen Staatsbahnen liegt i» der geringen Bedeutung, di« man ihr noch immer bei- legt. ES ist gor kein Zweifel, daß di« preußischen StaatSbahneo über maschineatechuisch« Kräfte verfügen, welche sie in jeder Beziehung zu Leistungen erster Güte befähigen würde». Dies« Kräfte werd«» aber leid« s» wenig geübt and genützt, daß sie nur ausnahmsweise z» voll« LeistungSsähigkeit gelaagen. Di« mangelnd« Nerthschätzang der Maschinentechnik ist auch an ihrer Ver tretung in den leitendeu Behörden leicht zu erkennen. Im ReichS-Eiseabatznamte gftbt »S noch immer keinen Maschinen- technisch gebildete» Rath, sodaß dort Locomotivdieust, Bauart der Fahrzeug« a. s. w. nicht sachverständig verirrte» sind. Di« ve- handln», de» Offenbacher Unfall«» HM dft Bedeutuug dt.ft» »-«st. gm "MuWtzm, «inifftrtum der Sffenttiche» Arbeiten befinden sich neben den zahlreichen juristischen und bau- lechnüchen Rathen nur zwei maschinentechnische, welche der eiseu- bahntechnischcn Abtheilung zugewiesen sind. Wenn der Herr Fianz- miiiister ahnte, wie viele Hunderttauseude ihm die unzureichenden technischen Leistungen unnöthigerweise kosten, so würde er es wohl einmal mit Leuten versuchen, die über Etatsziffern noch hinaussehen. * Berlin, 30. April. Ueber üie Aamilien-Fivei- commisse in Preußen sind ver „Statist. Corr." folgend« Angaben zu entnehmen: Der Fidcicommißbcsiand betrug zu Ende des Jahres 1899 2 1-10 761 Hektar und hat sich damit gegenüber dem Befremde von Ende 1895 um 2,87 v. H. oder durchschnittlich jährlich 0,71 v. H. erhöht. Die darunter befindliche Watdfläche betrug 980 471 Hektar und zeigt eine Steigerung um 2,36 v. H. Der Grundsteuer-Reinertrag, der 26,3 Millionen Mar! betrug, ist um 3,37 v. H„ also stärker, als der Flächeninhalt, gestiegen, so das; die neu hinzugetrctcne Fläche von besserer Boden beschaffenheit, als die alle gewesen sein mutz. Der Antheil der Fideicommissc an der Gesammtfläche des Staates beträgt 6,14 v. H. Die „Statist. Corr." rechnet aus, datz bei gleichem weiteren Wachsthum der Anthcil erst in 69 Jahren auf 10 v. H. und in 126 Jahren auf 15 v. H. der Gesammtfläche gestiegen sein würde. Die Zahl der Fidei- coinmissc betrug Ende 1899 1102, von denen 87 mehr als je 5000 Hektar umfaßten und zusammen 47 v. H. des gesammteu fidcicommissarischen Flächeninhaltes ausmachten. Im Zeit raum 1890 bis 1899 find 56 Fideicommissc mit einer Fläche von 63172 Hektar errichtet worden. Verhältnitzmätzig am größten lvar die Fidcicommißflächc in Hohcnzollern mit 16,4S v. H. der gesammlen Grundfläche; dann folgen Schlesien mit 14,13 v. H., Brandenburg mit 7,75, Westfalen mir 7^1« Schleswig-Holstein mit 7,50, Pommern mit 6,91, Posen mit 6,28, Sachsen mit 4,84, Hessen-Nassau mit 4,74, Ostpreußen mit 3,48, Westprcutzen mit 3,45, Rheinland mit 2F2 und Hannover mit 1,L5 v. H. 6.1l. Berlin, 30. April. (Privat^elegrammo Ober- g.Uttienueißer sfieiber: vou.f: . ch la';.O-":.: aus Bonn an Stelle des verunglückten Generals v. Schwarzboff zum khcs des tScucraistabcS beim Obercommaudo ta vstasie« ernannt worden. — Wie die „Germ." nach guten römischen Quellen zu melden weiß, werden die Verhandlungen des BarouS von Hertling in Nom diesmal allem Anscheine nach zu einem glücklichen Ende führen, indem der Papst entschlossen zu sein scheint, di« Errichtung der theologischen Facultät zu Straßburg definitiv zu concediren. Di- „Germ." meint: „Da der h. Vater, wie wir bereits frühE zu conslatireu wiederholt in der Lage waren, aus kirchlich« Gründen die Eaudidatur des Herrn v. Zorn-BulaH niemals bestätigen würde, scheint die Regierung nicht unbedingt ans Lieser Präsentation zu bestehen und unter ge wissen Bedingungen bereit, eine andere geeignete Persönlichkeit für den Metzer Bischofsstuhl zu benennen. Im Interesse der Reichslande kann man nur den lebhaften Wunsch hege», baß diese beiden, für die Zukunft der Diöcesen Straßburg und Metz so hochbedeutsamen Angelegenheiten so bald als möglich ihre Erledigung finden, umsomehr als die Dinge in Frankreich zu einem Conflicte mit dem apostolischen Stuhle drängen." „Im Interesse der Reichs lande" soll wohl heißen: Im Interesse Roms. Iu Deutschland kann man ja warten. * Schwerin t. M, 29. April. Nach soeben hier osficiell eingetroffener Nachricht wird die Königin von Holland am 9. Mai zum Besuche in Schwerin eintreffen. (Hamb. N.) Id. Altenburg, 30. April. Herzog Ernst wirb morgen nach Baden-Baden zum Kurgebrauch reisen. v. Apolda, 30. April. Der von den Natjonal- Socialen im I. weimarischen Wahlkreis als ReichStagS- candidat in Aussicht genommene Rcdacteur Damaschke wollte hier über daö Thema: WaS wollen die National- Socialen? sprechen. Die Versammlung kam indeß nicht zu Stande, da auch nicht ein einziger Zuhörer er schienen war. tk. Weimar, 30. April. Der Groß Herzog gedenkt morgen nach Ungarn und von dort nach Petersburg zu reisen. — Der Kaiser, der von bier nach Berlin ge reist ist, hat dem Staatsminister vr. Rothe sein Bild mit eigenhändiger Unterschrift gewidmet. v. Eisenach, 30. April. Der Großherzog hat den von bier uud Weimar ausgegangenen Anregungen, dem ver storbenen Großherzog Karl Alexander em Denkmal zu setzen, zugestimmt und vem Wunsche Ausdruck gegeben, e« möchten sich an allen größeren Orten deS Großherzogtham» Ortsausschüsse bilden. Der Weimarische Gemeinderath hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß ein solche» Denkmal au» Staatsmitteln zu errichten sei. Da jedoch Hiera» in ab sehbarer Zeit nicht zu denken ist, ist hier eia OrtSkomitS ge bildet worden, da- letzt definitiv beschlossen hat, dem Groß herzog in d«r Nahe der Wartburg eia Denkmal -u errichten. v. Aus Thüringen, 30. April. Am Montag haße» die Arbeiter i" Kautabakfabrik von Berlsi» t Boaa in Nordhi. :» i "-beit »iedergeleat. Die Aus ständige se V- '"lang d«S LehrliugSwesenS, Anerkem u :e. — Ä» Geschweuda bei Arnst '. : > ,che- die Verfertiger der Blumenft . .52 ikLrlvachsene mü 84 Kindern uurmu'- -Erst «r . .et»»S»r»»«s fi« Sie . ui, i ^-n'">'Nte». * Wien, ' e ^ . um.) Der Fürst von Bulga iev «e .. . r ^'lrchrrise »ach Sofia zu einem !u -. . . . irr emgetrafseu.
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