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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010502029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901050202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901050202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
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Rudolf hat inzwischen Zeit gefunden, sich zu überzeugen, daß der Gerettete nicht todt ist. Während dieser Untersuchung hat sich aus Bleier's Rocktasche ein Papier geschoben. Ein altes Document, ein Schuldschein oder dergleichen. „Karl »flügge" lautet die Ueberschrift. Er hat das unbestimmte Empfinden, dieses Blatt möchte in den Beziehungen zwischen Bleier und Flügge irgend eine Rolle spielen, und steckt es zu sich. Keiner hat es bemerkt. Aufstehend, sieht er die Rechte des Bürgermeisters nach sich ausgestreckt. „Auf solche Söhne soll unser Ort stolz sein, Herr Lammert. Sie haben eine edle That vollbracht, welche höheren Orts zur Kenntniß zu bringen, ich nicht ermangeln werde." Trotz seiner ernsten Stimmung kann sich Rudolf eines Lächelns nicht erwehren. Wetterumschlag! „Das Wichtigste ist für den Augenblick ärztliche Hilfe, Herr Bürgermeister." Das Stadtoberhaupt nickt. „Ich habe bereits Scharff abgeschickt. Und Sie selbst? Sie sind doch hoffentlich —" „Ich danke. Unversehrt — — Nur rin paar Blasen, die nichts auf sich haben." Er verneigt sich vor dem Gestrengen und geht. An der Stadtmauer sucht er nach Lisa. Sie ist verschwunden. Ihr Datei aber liegt noch auf dem alten Fleck. Umsonst, daß er ihn zum Bewußtsein zu wecken sucht. Sein Körper zeigt noch Wärme, aber der Puls Ihm bricht der Angstschweiß aus, und er rennt nach der Brandstelle zurück. Nachdem Doctor Nähling die Ueberführung des Rechts anwalts in dessen Wohnung angeordnet hat, findet er für den alten Mann zwar Zeit, aber nichts mehr zu thun. „Todt, seit einer Viertelstunde mindestens, Herzschlag infolge von Alkoholvergiftung, zu der die körperliche Anstrengung zu rechnen ist, die nöthig war, au» dem brennenden Hause zu ent« kommen. Kein Verlust für die Menschheit, mein Lieber." Sin paar Männer erbieten sich, die Leiche in das städtische Krankenhaus zu bringen Rudolf steht noch auf der Stelle, wo sie gelegen. Wo ist Lisa? WaS war da» mit Bleier? Er ahnt Manche» und hat sie viel mehr zu fragen. Sollte sie Er traut ihr «inen Selbstmord zu. Ein Knattern, Krachen, läßt ihn den Kopf nach der Brand stätte wenden. Karl Flüggr's Haus stürzt eben in sich zusammen. Ein Wunder, daß die Balkenlage so lang« hielt, aber Eichen holz — Da vernimmt er hinter sich ein leiseS „Ah!" Nur wie ein Hauch. Er dreht sich um und sieht in Lisa'S Gesicht. „Meinst, ich wäre geflohen? Nein, so lange er lebte, und auch nachher noch nicht. Dort in der Grube habe ich gehockt; ich konnte nur den Menschen nicht unter die Augen treten " Sie zeigt auf ein in der Stadtmauer befindliches Loch. Ein Ding wie ein kleiner Keller. „Don da habe ich gesehen, was Du thatest, und ich danke Dir für Deine Mühe — um den Verstorbenen, wie um den Anderen." Sie sagt das mit so trostloser Eintönigkeit hin, daß er er schreckt. „Adieu, Rudi!" spricht sie dann, das todtenblaffe Gesicht auf ihn gerichtet. „Für mich ist es Zeit." „Wozu? — Lisa, wohin?" Die Frage verhallt im Winde. In wilden Sätzen springt sie vor ihm her. Er ihr nach, in dem dumpfen Gefühl, Lie vor etwas Furcht barem retten zu müssen. Die Stadtmauer entlang geht di« Jagd quer über die Land straße hinweg, die er am Nachmittag gewandert ist. Nun kennt er ihr Ziel: den Strom! Ihm fällt ein, wie oft sie sich in seinen Knabenjahren im Wettlauf gemessen haben, und er verdovpelt seine Schritte. Aber es ist, als flöge sie vor ihm her, ein lichter Schemen, der sich gespenstig vom dunklen Nachthimmel abhebt. Plötzlich stockt ihr Fuß. Er sieht, daß sie, im Begriff, einen Weg zu kreuzen, von starken Armen gefaßt wird. Jählings. Von Männerarmen. Hat sie mehr Kraft als selbst diese? Der Mond, eben hinter einer Wolke hervorgetreten, beleuchtet ein kurze» Ringen. Nur einen Moment dauert eS, dann ist sie dem Häscher entglitten und unter einem gellenden Aufschrei weiter geflogen. Nicht ein, zwei Männer rennen jetzt vor ihm her, ihr nach. Der ganze Lauf, da» kurze Ringen, ein Werk weniger Augenblicke. tzrzieht. Hier tag ei> Antrag der Vertreter strengsten» Schutze» vor, den Antrag zweiter Lesung, wonach der Schutz nur 3V (statt 50) Jahre (nach dem Tode deS Komponisten) währen soll, wieder rückgängig zu machen. Ehe die Debatte hierüber begann, verlangte Abgeordneter Richter Absetzung der Weiterberathunq von der Tagelord- uung. Die Besetzung de» Hause» sei ihm nicht stark genug, al» daß er e» vor sich selber rechtfertigen könne, bei solchem Hause einen Antrag von solcher Wichtigkeit eventuell zur Annahme grlaugea zu lassen. Die hierin liegende Drohung war deutlich genug. Da» Hau» machte keinenfall» den Ein druck der Beschlußfähigkeit und außerdem war in den Borräumen bereit» eine „Zählung der Hüte" ver anlaßt worden, die, wie man sich erzählte, auf die Anwesenheit von nur 184 Abgeordneten schließen ließ. Widerwillig und zögernd entschloß sich eine Mehr heit de» Hause», dem Willen de» Abgeordneten Richter nachzugeben und die Weiterberathung de» Urheber recht» von der TagrS-Ordnnng abzusetzen. Ohne Debatte und vu dloe erfolgte alsdann die definitive Annahme de» Verlag-rechtS-GesetzeS, da zu der dritten Lesung desselben Abänderungsanträge überhaupt nicht vor lagen. Auf der TageS-Ordnung standen demnächst noch sechs bei der Brrathung des Reichshaus- haltSetat» vor Ostern zurückgestellt gewesene Reso lutionen. Debattirt waren sie schon, eS war also nur noch über sie abzustimmen. Hier genügt es, nur einen derselben noch besonders zu erwähnen: nämlich die bekannte, durch die „12 OOO-Mark-Affäre" veranlaßte socialdemokratische Neso- lutian Alsbrecht wegen der „Beziehungen deS RcichSamtS des Innern zum Centralverbande Deutscher Industrieller". Die Resolution wurde selbstverständlich ab gelehnt. Für die selbe stimmten ausschließlich die Socialdemokrateu. Den Be schluß der Sitzung machte die zweite Lesung des Unfall- fürsorge-GesetzeS für Beamte und Personen de» Soldatenstandes. Zahlreiche hierzu gestellte Anträge wurden sammt und sonders, von einem ganz unwesentlichen abgesehen, abgelehnt. Heute soll die dritte Lesung des PrivatversicherungS-GesetzeS stattfinden. Dann soll, wenn möglich, die dritte Lesung des Urheberrechts-Gesetzes beendet werden. Und erlaubt es die Zeit, so wird dann noch in die zweite Lesung de« Kriegsinvaliden-GesetzeS ein getreten werden. Die Eaualsrage ist auch gestern in der betreffenden Com mission deS preußischen Abgeordnetenhauses ihrer Lösung nicht näher gekommen. Man hat sich über den Großschifffahrtsweg Berlin-Stettin unterhalten und wird wohl auch vor Anfang nächster Woche zur Abstimmung über die Vorschläge der Regierung und die Anträge der Commission nicht kommen. Wenn aber nicht hinter den Coulissen ganz seltsame Dinge vorgehen, die dem Centrum und den Conservativen Aus sichten auf sehr erhebliche Conzefsionen eröffnen, so fällt der Mittellandcanal ganz zweifellos. Es tauchen daher immer neue Gerüchte über neue Männer auf, die angeblich dazu auSersehen sein sollen, den verfahrenen Karren aus dem Sumpfe zu ziehen. So werden vom „Kl. Journ." als Ministercaadidat der Graf D ö n h o f f- F r i e d r i ch st e i n und vom „Tag" der Oberpräsident v. Boetticher genannt. Andere Blätter gehen ernsthaft auf eine Phantasie der „Hamburger Nachrichten" ein, die eine Rivalität zwischen dem Grafen Bülow und Herrn von LucanuS con- statirt, dem der jetzige Reichskanzler und preußische Minister präsident zu mächtig geworden sei und der daher als Personi- sication einer CabinetSregierung dem Grafen politisch das Rückgrat zu brechen suche. Der Zweck aller dieser Fabeleien scheint lediglich der zu sein, den Grafen Bülow einzuschüchtern» damit er die Niederlage in der Canalfrage ruhig hinnebme. Einem wenigstens ähnlichen Zwecke scheint die folgende Ber liner Meldung der Münchener „Allgem. Ztg." dienen zu sollen: „Die Lage im Innern gestaltet sich so schwierig, daß man an der Möglichkeit, alsbald einen befriedigenden Aus weg zu finden, mehr und mehr zu zweifeln beginnt. Mit dem Biegen oder Brechen scheint es nicht versucht werdrn zu sollen." Der Rath, der in dem letzten Satze zu liegen scheint, wird freilich unterstützt durch die dem Nachfolger deS Fürsten Hohenlohe sich ausdrangende Erwägung, daß weder mit einer Auflösung des preußischen Abgeordnetenhauses, noch mit einer einschneidenden Personalveränderung im Staatsministerium viel erreicht werden würde. Die Canalfrage ist nicht dazu anzethan, eine Wahlfrage zu werden, mit der die Regie rung hoffen könnte, ein wesentlich anders zusammen gesetztes Abgeordnetenhaus zu erzielen. Und bei den jetzt in der zweiten preußischen Kammer ausschlaggebenden Parteien werden auch die energischsten Minister eine andere Lösung der Canalfrage nicht durchzusetzen vermögen, wenn sie nicht dem Centrum weitgehende Zugeständnisse machen, die auch den Conservativen gefallen. Solche Zugeständnisse würden sich wohl finden lassen, aber wenn man sie doch einmal zu machen sich entschlösse, so könnten sie auch jetzt gemacht werden, um die jetzigen Minister zu halten. Ihnen würde dann freilich die jetzige Abgeordneten- haulmajorität künftig »och höhnischer begegne», al» bisher; tr würden tanzen müssen, wie diese Majorität Pfiffe; da» vürden aber auch ihre eventuellen Nachfolger müssen, wenn ie vou vornherein beauftragt würden, de» klerikal-conser- vativen Ansprüchen sich zu fügen. Di« Lage ist also in der That so schwierig, daß man sich nicht wundern kann, wenn die berufenen Kreise vergebens nach einem Auswege suchen. Das Wahrscheinlichste ist jedenfalls, daß man zu einem Persoualopfer sich entschließt und der Zukunft da» Weitere cherläßt. „Kommt Zeit, kommt Rath", daS ist ja seit einer Reihe von Jahren Grundsatz der preußischen Regierungs politik geworden, ein Grundsatz, der seine übelsten Folgen dann zeigt, wenn der Träger der Krone auS eigenster Initiative aus ein Ziel hinwrist, daS erreicht werden soll und zu dem die Minister die Wege finden sollen. Lassen sich leicht gangbare nicht finden, so wird probirt und probirt und ge zögert und verschleppt, bi» man mitten im Dickicht steckt. So ist eS auch mit der Canalangelegenheit gegangen, und deshalb ist eS auch das Wahrscheinlichste, daß e» so weiter geht, da heißt, daß mit einem Personalwechsel ein Anlauf gemacht und der Zeit anheim gegeben wird, ob sie so gut fern will, daS Weitere zu besorgen. Im englischen Parlament und in der Presse wird nach wie vor die vorzügliche Verfassung geschildert, in der sich in diesem Augenblick die Flotte Englands befindet, und um nun die große Masse über thatsächliche Mißstände !>inwegzutäuschen, werden nur all die Dinge der Oeffcnt- ichkeit übergeben, die unternommen oder angcordnet worden ind, um die Kriegsbereitschaft der Schiffe thatsächlich zu irhöhcn. So ist die Ausrüstung von 16 alten Schlacht schiffen und die Aufstellung von 7,5-m Geschützen, von denen man besonder» hohe ballistische Leistungen er hofft und die ganz neu sind, bekannt gemacht worden, und es sind Andeutungen gefallen, daß man auf dem Wege sei, ein neue» Geschützpulver zu finden, daS bessere Dienste als Cordil leisten werde, weil e» die Rohre weniger auSbrenne und geringer abnutze. In diese erfreu liche Berichterstattung fährt eine kürzlich erfolgte Veröffent lichung de» „Engineer" über noch immer vorhandene 84 Vorderlader auf einer ganzen Reihe von Kriegsschiffen wie ein Blitz auS heiterem Himmel, und selbst der Hinweis, daß im vergangenen Labre noch 25V derartige Geschütze zur Bestückung gehört hätten, mithin 185 Stück bereit» entfernt seien, hat die schweren Wolken der Beunruhigung nicht zu verscheuchen vermocht. „The Engineer" führt dir in Neve stehenden Schiffe sammt ihrer Lorderladerarmirnng auf: Diese Bestückung mit Vorderladern im Jahre 1901 ist allerdings ein Unicum in der Geschichte de» Marinewrsen»! „Inflexible" . « » » ch 4 80 TonS-Nohre, „Dreadnougt" O 4 38 - „Glattoon" . » O M ch 2 25 - „Orion" . . M 4 25 - „Monarch" ; » M M 4 25 » und 2 l2'/,-Tons-Nohre, „Alexandra" . « M M 8 18 - Rohre, „Superb" . . 12 18 . „TSmLrair" . 4 25 - und 4 18 - „Hecate" . Z » M 4 18 » Rohre, „CyclopS"^ . « ck do. „Gorgon" . . » ch 4 18 » - . „Agamemnon" ch 4 38 - „Ajax" . . . » M dto. „Sultan" . M 8 18 - und 4 12'/, - - „Hercules", . 8 18 -> und 2 » » „Hotspur" . . 2 25 - Rohre „Scorpion" . 4 12'/,- - „Wivern" I . dto. Auf Grund der jüngsten Verhandlungen zwischen Lord Pauncefote und Sekretär Hay ist w« Eanatsrage m Amerika zu einem gewissen Abschluß gelangt. Es ist gegründete Aussicht vorhanden, daß die britische Regierung sich dem Anträge des Senats auf Aushebung «s Clayton-Bulwer-Vertrages an schließen und dem Abschlüsse eines neuen Vertrages weitgehendes Entgegenkommen zeigen wird. Dieses befriedigende Ergebniß dürfte darin begründet sein, daß die betheiligten Mächte sich über eine Elausel geeinigt haben, nach welcher die Ausübung eines Hoheitsrechtes über Centralamerika durch die Vereinigten Staaten aus geschloffen sein soll, und zwar ohne Rücksicht auf die noch ausstehende Entscheidung über die Wahl der Nicaragua- oder Panama-Linie. Andererseits bestehen noch einige strittig« Puncte, so besonders die Frage des 'Canalschutzes im Kriegsfälle und die Neutralitätsfrage. Während die Vereinigten Staaten das Recht für sich in Anspruch nehmen, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Sicherung des Canals zu gewähr leisten, bestreitet England dieses Recht, und auch die interessirten Staaten Centralamerikas, Nicaragua, Costa Rica und Columbia legen gegen den Bau fortificatorischer Anlagen durch die Ver einigten Staaten auf ihrem Grund und Boden Verwahrung ein. Dagegen scheinen über die Neutralitätsfrage wesentliche Meinungsverschiedenheiten nicht mehr zu bestehen, so daß die viel erörterte Angelegenheit bald in einer den Handels- und Ver- tehrsintereffen entsprechenden Weis« geregelt werden dürfte. Deutsche- Reich * Leipzig, 2. Mai. Ja jüngster Zeit bat sich der Bund deutscher Gastwirthe, der hier in Leipzig seinen Sitz bat, gegen de» Entwurf von Bestimmungen für Ruhezeiten Angestellter im GastwirthSgewerbe «»»gesprochen und beschlossen, in viesem Sinne «iue Petition an den BuudeSrath zu richten In einer vor Kurzem hier unter dem Vorsitz de» Herrn A. Steher abgehaltenen Sitzung de» geschästSsührenden VerbcindSvorstandeS wurde zunächst über eine am 15. April in Berlin in der bezeich neten Angelegenheit abgehalteue Consrrenz der Vertreter aller großen deutschen gastgewerblichen Verbände berichtet und sodann mikgetheilt, daß auch die großen süddeutschen fach gewerblichen Verbände Schreiben hierher an den Vorstand de» Bunde» deutscher Gastwirtbe gerichtet haben, in denen sie ihre Wünsche zu den einzuführendrn gesetzlichen Bestim mungen über die Ruhezeit im GastwirthSgewerbe zum Aus druck bringen. Diese Wünsche werdrn in der Petition an den BundeSrath mit vertreten werden. * Berlin, 1. Mai. (Zu den Reformen im Deutschen Zlottenverein). Die „Allg.Mar.-Cvrr.", da» Organ deS Deutschen Flottenvereins, bringt folgenden, höchst seltsame und bedauerliche Dinge enthaltenden Bericht: Ueber die auf der Vorstandssitzung deS Deutschen Flottenvereins in Frank furt a. M. beschlossenen Reformen in Verwaltung und Organisation de» Vereins geht auS dem inzwischen fertiggestellten SitzungSprotocoll hervor, daß mit dem Ent wurf einer neuen BereinS-Satzuug eine sieben- gliedrige Commission betraut ist, die sich auS Ver tretern der wichtigsten Bundesstaaten zusammensetzt. Der von dieser Commission demnächst auszustellende Satzungs entwurf wird sämmtlichen Hauptausschüssen zur Einreichung von Gegenvorschlägen zugesandt; die neue Vereins-Satzung soll dann unter tbuulichster Berücksichtigung der von den Ausschüssen gestellten Anträge dem Gesammtvorstande zur Genehmigung unterbreitet werden. Die endgiltige An nahme muß statutenmäßig der nächstjährigen Mitglieder versammlung Vorbehalten bleiben. — In der Erkenntniß aber, daß alle bisberizen M i ß h e l l i g k e i t e n auf die außerordentliche Machtstellung des bisherigen Kanzler» zurückzusühren sind, wurde dem Präsidium schon jetzt die Ermächtigung gegeben, bi» zur nächsten Mitgliever-Vrr- sammlung an Stelle deS Kanzlers einen bezahlten Ge schäftsführer unter dem vorläufigen Namen eines Kanzler» anzustelleu. Es bleibt dem Präsidium überlassen, die dem Kanzler satzung-mäßig zustehenden Rechte von dem Geschäfts führer wahrnehmen zu lassen, indem e» demselben eine Tbälig- keitSordnung vorschreibt, welche ihn in allen darin angeführten Handlungen von den Weisungen de» Präsidium- abhängig macht. — Die Bezeichnung „Kanzler" und „Kanrleramt" sollen in Fortfall kommen; gemäß der einmal zu Recht bestehenden Satzung muß aber bis zur definitiv durch die Mitgliedcr- Versammluug genehmigten neuen Satzung in Bezug auf gewisse öffentliche Functionen lediglich formell an diesen Bezeichnungen festgehalten werden. Hand in Hand mit diesen organisatorischen Aenderungen geht eine wesentliche Herabsetzung der Verwaltungskosten des Präsidiums. So beträgt die Anzahl der von der Centralleitung beschäftigten Beamten nur noch 8 bi» 10 Persouen gegen 50 zur gleichen Zeit de» Vorjahre», die Betriebskosten sind nm mehr al» 100 Proc. vermindert, u. s. w. — Diese Maßnahmen sind erfolgt unter dem Leitgedanken, daß, nachdem das Organisationsnetz des Deutschen FlotteuvereinS über ganz Deutschland auSgebreitet ist, eine gesunde Fortentwickelung nur auf der Basis einer weitgehenden Decentralisation möglich ist, die den Hauptausschüssen in den einzelnen LandeStheilen und Provinzen eine möglichst große Be wegungsfreiheit beläßt. — Ein besonderes Augenmerk soll fortan der finanziellen und redactionelleu Gestal tung der Vereinsreitschrift „Die Flotte" gewidmet werden, deren änhalt durch Ausnahme belletristischen UnterhaltungSstoffe» erweitert wird und deren regel mäßiges monatliche» Erscheinen sichergrstellt ist. Wie die Zeitschrift „Ueberall" am besten ausgestaltet werden kann, um die Interessen de» Deutscben Flottenverrin» literarisch zu fördern, darüber soll eine Commission dem Vorstand dem nächst Vorschläge unterbreiten. Hinsichtlich der sog. ostasia tischen Nachrichten-Expedition deS Deutschen Flotteu vereinS wurde festgestellt, daß diese Expedition im Widerspruch mit den Beschlüssen des Prä sidium» veranstaltet ist und dieses daher für die von der Expedition verbreiteten Nachrichten keine Verantwortung trägt. Zur Deckung der Kosten dieser Expedition dürfen deshalb Mitgliedrrbeiträge auf keinen Fall herangezogen werden, diese sind vielmehr lediglich von denjenigen Persönlichkeiten aufzubringen, welche die Verant wortung für die Absendung der Nachrichtenexpedition tragen. Von dieser Seite liegen auch bereits bindende Er klärungen hierfür vor. — Der Kaiser hat befohlen, ihm eingehend Bericht über die Griesheimer Katastrophe und ihre Ursachen und über die gegebenenfalls zu fassenden Entschließungen wegen Verhütung künftiger ähnlicher Unglücksfälle zu erstatten. Der Bericht dürfte in den nächsten Tagen vorgrlegt werden. ES ist festgestrllt worden, daß die Explosionen in Räumen erfolgt sind, wo sich Pikrinsäure befand. ES hat sich ein HilfS- comitS gebildet. Der Landrath in Höchst, v. Achenbach, nimmt freiwillige Gaben entgegen. — Die Königin-Mutter der Niederlande, welche seit einigen Tagen zum Besuche bei ihrer jüngeren Schwester, der Herzogin vou Albany, in der Villa Jugenheim weilt, wird demnächst Potsdam verlassen und sich zu einem vier wöchigen Aufenthalte nach Heidelberg begeben. Dort wird die Königin Emma in dem am Südabhange deS König stuhl» gelegenen Kohlhof Hotel Wohnung nehme». — Die Budgetcommission hat für da» Gesetz, betr. den ostafrikanischen Bahnbau Dar-eS-Salaam bis Mrogoro eine Untercommission eingesetzt, an der sich jedoch die Freisinnigen und Socialdemokraten nicht betheiligen wollen. — Die Deutsche Bank ist der „Nqtlib. Corresp." zufolge von dem Vertrage zurückgetreteu, so daß die Untercommission für Unterhandlungen mit anderen Baaken zur Erlangung vortbeilbafter Bedingungen für den Abschluß einer neuen Concrssivn freie Bahn hat. — ES hat eia gewisse» Aussehen erregt, daß Herr v. Miquel am Sonntag an einem Frühstück bei dem Ab geordneten Gamp, dem zweiten Führer der Canalgegner, theilnabm. Die „Post" beeilt sich, zu versichern, daß zu dem erwähnten Herrensrühstück u. A. auch einige Minister und Abgeordnete so ziemlich aller bürgerlichen Parteien des Reichs- und Landtages eingeladen waren. Bon den an der wasserwirthschaftlichen Vorlage unmittelbar betheiligten Ministern habe nur der Vicepräsident de» Staats ministerium» an dem Frühstück theilgenommen; er sei spät gekommen und sehr früh gegangen, und habe sich nur mit seinen Tischnacbbarn unterhalten. Verhand lungen über die Canalvorlage hätten in der Wohnung des Abgeordneten Gamp weder am Montag, noch bei diesen! Anlaß stattgesunden. In parlamentarischen Kreisen erzählt man sich bekanntlich nicht ganz so harmlose Dinge von diesem Frühstück. ES siebt säst so auS, als suche man den Vice präsidenten in letzter Stunde noch zu stürzen, nachdem man dem Sessel, auf dem er sitzt, schon zwei Beine abgesägt hat. Oder ist eS nur der Edelmuth deS Sieger-, der den hilf losen Gegner und einstigen Freund nicht dem Gespötte aus gesetzt sehen möchte? Solche Regungen können vorkomme». — Anläßlich der jetzigen Krise wird auch wieder erörtert, ob Herr v. Miquel in Frankfurt a. M. ein HauS ge- miethet oder gepachtet hat. Die „Freis. Ztg." schreibt heute dazu: Soviel steht fest, daß Herr v. Miquel in Wies baden auf eine Anfrage ausdrücklich erklärt hat, daß er daS fragliche HauS gekauft habe. Und Herr v. Miquel muß eS doch wohl eigentlich wissen. — An Krieg-invaliden der Unterclassen giebt eS auS dem Kriege 1870/71 noch 39 365, und zwar 1209 Feldwebel, 4520 Sergeanten und 33 636 Gemeine. Von der Gesammtsumme entfallen 31 124 auf Preuße», 1607 auf Sachsen, 819 auf Württemberg und 5815 auf Bayern. AuS den Kriegen vor 1870 stammen noch 8476 KriegS- iuvaliden, wovon 7285 auf Preußen, 433 auf Sachsen, 114 auf Württemberg und 644 auf Bayern kommen. Außer dem stammen 524 auS der vormaligen holsteinischen Armee. Die Gesammtsumme der KriegSiavaliden der Unterclassen beläuft sich auf 48 365, vou denen 1401 Feldwebel, 5588 Sergeanten und Unterofficiere und 41 376 Gemeine sind. Auf Preußen entfallen 30 409, auf Sachsen 2040, auf Württemberg 933 und auf Bayern 6459. 7— Um kleine Wohnungen zu schaffe», beabsichtigt der über 3000 Mitglieder zählende Berliner Beamten- wohnungSverein in der Nähe des Ringbahnhofes Schön hauser Allee ein über 6000 Quadratmeter enthaltendes Terrain zu bebauen. ES sollen nur geschmackvolle und gut eingerichtete Gebäude errichtet und besonders kleinere Woh nungen hergestellt werden. — Der hiesige Botschafter der Bereinigten Staaten von Amerika Andrew D. White ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen. — Der hiesig« rumänische Gesandte Beldiman ist vom Urlaub nach Berlin zurückgrkehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder über» nommen. — Der russische Ministerresident in Hamburg v. Arsenjew ist von dort hier angekommen, ebenso der Militärattachä bei der hiesigen großbritannischen Botschaft Oberst WaterS nebst Familie auS London. — Dem Ehesredacteur der „Kreuz-Ztg.", Professor vr. Kro pat sche ck, sind die Ritter - Insignien erster Classe deS HauSordens Albrechts deS Bären verliehen worden. * Weimar, 1. Mai. Der Großherzog reiste heute Abend auf seine Besitzung nach Heinrichs» in Schlesien. * Eisenach, 1. Mai. Der Großherzog erließ ein Schreiben an die hiesigen Stadtbehörden, in dem er für den ihm und dem Kaiser bereiteten Empfang dankt und hiuzu- fügt, daß er darin eineu Beweis der Anhänglichkeit Eisenachs an sein HauS und der Treue der Einwohnerschaft zu Kaiser und Reich erkenne. * Remscheid, 1. Mai. Die Stadtverordneten be schlossen, den BiSmarckthurm im Stadtpark am 10. Mai, dem Tage deS Abschlusses deS Frankfurter Friedens, der Oeffeutlichkeit zu übergeben und an diesem Tage eine öffent- Laut klatscht eS im Wasser, als er das Flußufer erreicht. Er zugleich mit Ulrich Fetthenne. Der dritte Verfolger — Heini Flügge — ist ihr nachge- sprungen. Keuchend, in zwei Secundrn, hat Ulrich ihm das zu geraunt. Der Oger athmet tief auf, als Heini die Bewußtlose aus dem Messer hebt. „Wohin jetzt mit ihr?" ist die nächste Frage, hinter der siir- erst jeder Wunsch nach Aufklärung zurücktritt. Rudolf nennt sein elterliches Haus, denkt aber zugleich an Bruder Johannes „Dummes Zeug!" sagt Heini, die Unglückliche wie «in Kind auf seine Arm« hebend. Sie gehört zu mir. Brinahe feindselig blitzt s«in Ange den alten Freund an. „Im „Rothen Ochsen" sind sie heut« bestimmt noch lange wach, und wenn die Wirthin mich und sie nicht aufnimmt, dann mag sie ihren Lümmel von Sohn, der bei uns Dummheiten genug macht, anderswo als Schiffsjungen unterbringen." Am Stadtwege legt er seine Bürde sacht in das Gras am Crabenrande. Lisa bewegt sich leise. „Möglich, daß sie bald auS ihrer Ohnmacht erwacht", flüstert Rudolf, und so harren die drei Freunde eine Zeit lang in er wartungsvollem Schweigen. Die drei Freunde! „Siehst mich verwundert an, w«il ich mit dem da im Kiel wasser angefahren komme?" fragt der Steuermann vom Lloyd. „Und ist doch nichts Großes dabei, als daß wir von Pasewalk ab denselben Zug benutzten, und er seine Frau Mutter in der zweiten Classe sitzen ließ und zu mir in die dritte stieg. Uno mir dann packetweise von Dir erzählte und nebenbei auch von sich selber und von Lisa." Hier thut Heini Flügge «inen tiefen Athemzug, ehe er hinzusetzt: „Alles, Ruding!" „Und Deine Mutter, Ulrich?" fragt Rudolf. „Ist nach Haus gefahren, wohin ich noch früh genug komme", versetzt der Angeredete. „Zunächst wollte ich, al» es am Bahnhofe hieß, da» Flüggt'sche Haus brenne, dort mit Heini nach Lisa sehen — ich bin ja nun, wi« die Frau Pastern bei Reuter sagt, der Nächste dazu." „Den baufälligen Kasten haben wir auch noch von Weitem auseinackdtrstürzen sehen, und dann rannte uns Lisa schlank weg in di« Arme — weiß Gott, wa» für eine Geschichte wieder dahinter steckt!" sagt Heini. „Die Geldmenschen drängten ja meinen Alten. Ob er nicht, blos um ihnen die Freude am Haus verkauf zu verderben, die Bude selbst —" „Nein, Heini", spricht Rudolf langsam. Er fühlt «s, daß er ihm nun den Tod seines Vaters mittheilen muß. Als daS geschehen, steht Heini Flügge ein paar Sekunden stillen Antlitzes da, das Auge auf die Ohnmächtige geheftet. „So!" spricht er dann. Weiter nichts. Es klingt beinahe wie ein Seufzer der Erleichterung. Dennoch läßt der blaffe Mond «ine Thrän« in seinem Auge glänzen. „Seinetwegen hätte die —?" Er nickt wieder nach der Be wußtlosen, ohne den Satz zu vollenden. „Ich glaube nicht. Sie allein aber wird Dich darüber auftlären können, sobald sie wieder zu sich gekommen ist." Heini neigt den Kopf. „Und deshalb hält« dies Stehen am Grab«nbord weiter keinen Zweck. Die Ochseisivirthin muß sie in warxnc Kiffen stecken." Wieder hebt er Lisa auf und wehrt Rudolf, der ihn diesmal er setzen will, barsch ab: „Laß! Bei mir macht'- nichts aus. Bin so schon pudelnaß und derlei gewohnt." „Jetzt schon?" fragt Gabriele mit ängstlichem Blick, als ihr Bruder nach Hut und Stock greift. Sie hat gestern Todesangst um ihn auSg«stand«n — erst während seiner Abwesenheit, und dann, als er — schier in der Nacht — ins Hous trat, mit allen Spuren seiner That an sich, und leicht ist es ihm nicht geworden, die Aufgeregte zu beschwichtigen. Dann aber hat sie seinen Schmerz, s.iren Groll, seine Verachtung mit ihm empfunden, ganz «ins mit ihm, bis auf einen Punct: die Theilnahme für Lisa. Und dieser gilt nun sein Gang! Ihr — oder Heini Flügge, was dasselbe ist. „Laß mich nicht wieder so lange allein", bittet sie. „Ich mag Johannes' Reden nicht hören — zu mal jetzt nicht, nun er weiß, daß ich mit Dir gehe." Er fährt ibr kosend mit der Hand über den Kopf, ehe er die Hauptthür öffnet. Die Leut«, denen er draußen begegnet, sehen ihn heute so ganz anders an, als gestern. Mutters Nachbar von Alters, der vierschrötige Schiffer MaScow, dessen Stärke nicht gerade in Höflichkeit besteht, zieht sogar tief die Mütze, al- er an ihm vorbeitommt. Die Züge Anderer verrathen etwas wie latenten Respect statt zudringlicher Neugier oder gar der gestrigen albernen Angst. (Schlich folgt.)
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