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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190105052
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010505
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010505
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- S. 3296-3303 fehlen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-05
- Monat1901-05
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.05.1901
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Arrzeigeir-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 25 Lj. Reclamen unter dem RedactionSstrich (»gespalten) 75 H, vor de» Familiennach- richten (8 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und ' Offertenannahmr 25 H («xcl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbrsürderung ./L 60.—, mit Postbesörderung ^4 70.—. Annahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgab«: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-AoSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bet den Filialen und Annahmestellen je ein» halbe Stuude früher. Anzeiget» sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Polz iu Leipzig. Sonntag den 5. Mai 1901. Jahrgang. Aus der Woche. Herr Eugen Dichter mußte sich arg verspotten lassen, als ihm nach den letzten preußischen Landlagswahlen nachgewiesen wurde, daß er bei dieser Gelegenheit über und gegen die freisinnige Bereinigung in der „Freis. Ztg." wörtlich dasselbe gesagt, wie nach den Äühlen, die fünf Jahre vorher statt gefunden hatten. Man lachte ihn wegen seiner „geistigen Oeko- nomie" aus und wir thaten mit. Heute beschleicht uuS darob etwas wie Reue. Die freisinnige Vereinigung war in der Thal 1893 dasselbe wie 1888, wie die jetzige Berliner Krisis im Grunde genau dieselbe Erscheinung bietet, wie alle ihre Vorgängerinnen seit 1890. Man müßte den Sprachgeist eines Luther oder eines Goethe besitzen, UM neue Wendungen und Bezeichnungen für diese stereotype Wiederholung oft erlebter Vorgänge zu finden. Am leichtesten Haven es die conser- vativen Blätter. Sie thuu, als ob überhaupt keine Krisis vorhanden oder vorhanden gewesen sei, und finden, der Landtagsschluß sei verfügt worden, uul eine Krisis, emen Conflict mit den Eonservativen zu vermeiden. Die lochherzige Entscheidung seiner Majestät wild deshalb höch- ich gelobt und die „Deutsche Tageszeitung" schreckt sogar sicht davor zurück, dem Monarchen zu attestiren, er habe diesmal „durch die weise Beschränkung seine Herrscher- befäbigung bekundet." Das Verhalten der Eonservativen ist hmg und die Cen- trumSpresse benimmt sich nicht unklüger. Als der Canal vor zwei Jahren fiel, schrieben wir: Centrum viotor. DaS kann nun wiederholt werden. Das Centrum ist es in der Thal, das den Sieg davon getragen. Die Eonservativen hingegen müssen sich, wenn sie wirklich die Erkaltung und Befestigung des Staates und Reiches und die Autorität der Krone als ihre Aufgabe betrachten, in diesen ihren Bestrebungen ge hemmt sehen. Die Zukunft wird eS lehren; nur der conser- vative FractionSgeist bat einen Erfolg davon getragen, das conservalive Programm, die Grundsätze der Partei müssen <,durch die Herbeiführung solch-- Verwickelungen und Entwicke- .kauernden Schaden nehmen. Die Cvuierv^iv»»' gleichen einem Hausherrn, der daö Dach seines BesitzthumS mit Farbe schmückt und dessen Fun dament beschädigt. Eines aber muß zugegeben werden. Man hat den Con- servativen ein anderes Vorgehen, als daS gewählte, erschwert, indem man den Glauben aufkommen ließ, die Regierung verfolge die Taktik: erst den Canal, dann die kaiserliche Unterschrift unter den Zolltarifgesetzentwurf. Ein Berliner Blatt behauptet mit aller Bestimmtheit, der Tarif sei längst fertig und in den Händen der Einzelregierunzen gewesen, als die „Nordd. Allg.Z." am 24. April entgegen anderen Meldungen ver sicherte, die Tarifpositionen seien überhaupt noch nicht festgestellt. Mit diesem Dementi, so sagt daS Blatt, seien die Aussichten des Canals auf Null gesunken. Wir messen dem dies erzählenden Blatte — es ist die „StaatSbürger-Ztg." — nicht so viel Autorität bei, um diese Darstellung, die, wenn richtig, die Berliner Regierung aufs Aeußcrste compromittiren müßte, als wahr hinzunehmcn. Sie wird auch von der „N. A. Z." als „Faselei" bezeichnet. Aber Thatsache ist: man glaubte in der coniervativen Partei an die Absicht, erst den Canal selbst „schlucken" zu lasten, und man wußte sich im Einklang mit vielen links stehenden Gegnern und mit der gesammtcn deutschen Landwirthschaft, wenn man die Verkoppelung der preußischen Landes- und der Reichssache zu nicht« machte. Wäre der böse Schein nicht erweckt worden, so hätte die Canalvorlage zu Stande kommen können, auch ohne Land tagsschluß und Ministerwechsel. An ihr haben Millionen von Landwirthen ein Interesse; die excessivc Agrarbewegung ist ohnehin im Rücklauf begriffen und Graf Limburg-Stirum ist wirklich kein Mann, vor dem eine zielbewußte, Halbwegs straffe Regierung sich zu fürchten gehabt hätte. Und um den Frhrn. v. Zedlitz in ein Mauseloch zu jagen, bedurfte es wahrlich noch lange keines Bismarck an der Spitze der Regierung. Nun ist vorläufig Alles vorbei, außer der KrisiS selber. Demnächst wird auch der Reichstag nach Hause gehen. Die kritische Atmosphäre ist der Arbeit nickt günstig, außer dem spielt der Diätenbezug der Mitglieder des ge schlossenen Abgeordnetenbause« bei den Inhabern von Doppel mandaten eine Rolle. Daß eine Consolidation nicht erfolgt ist, erkennt auch die von dem Rücktritt des Herrn vr. von Miquel nicht unangenehm berührte „Nationalzeitung" an. Sie kennzeichnet die Situation als „politischen Zwischenact". Anders freilich sprechen die Freisinnigen. „Im Börsensaale der Berliner Börse erscholl am Freitag Mittag, «AS die Nachricht von der Entlassung Miquel'S be kannt wurde, «in donnernde- Hurrah. ES währte geraume Zeit, bis sich allmählich der Jubel legte". So zu lesen in freisinnigen Blättern. UnS wird mitgetheilt, daß sogar der Gedanke angeregt wurde, ein zweite» Purimfest cinzusetzen zur ewigen Erinnerung an den Sturz des anderen Haman. Dieser Plan aber stieß auf heftigen Widerspruch. Denn, um es gerade herauszusagen, die Denkenden auf der linken Seite fühlen sich nicht al» Sieger. Der Schluß de« Landtage- und der einstweilige Verzicht auf den Mittellandcanal »st, daS versteht sich von selbst, rin Erfolg der Canalopvosition und viele canalfreundliche, sogar canalhitzige Blätter, wie die „Magdeb. Ztg." und der „Hann. Courier", geben dir- auch unbedingt zu. Die von ihnen beklagte Niederlage ist inzwischen zum Mindesten nicht gelindert worden durch die kurze Rede, in der Graf Bülow den Entschluß, ein Ende zu machen, begründete. Als der Mittellandkanal da» erste Mal, im August 1899, abgelehnt wurde, verkündete die Regierung, unverbrüchlich an dem Projekte feflbalten zu wollen. Etwas Derartige- hat der Ministerpräsident vorgestern nicht verlautbart; seine Er klärung, die aus ein „Alles oder nicht-" binauSläuft, hat nur den Sinn, daß die Regierung sich nicht daraus einlaffeq werde, die Compensationeo, die lediglich, um den Mittellandcanal zu retten, später in da-Waffergesetz eingefügt worden sind, zu sanctionirrn, den Mittelandcanal selbst aber prei-zugeden. Und wa» dir Hauptsache ist, Graf Bülow kündigte mit keinem Worte die Wiedereinbringung in der nächsten Session an. Zwar lag auch zwischen dem Fall der ersten und dem Wieder erscheinen der zweiten Canalvorlage eine Session, aber die Zeit, in welche diese siel, mußte der Regierung gewährt werden, um dir Pläne der Wasserbauten, die neu hinzukommen sollten, tecknisch und gesetzgeberisch vorzubereiten. Diese Rücksicht entfällt diesmal, denn das Wasserwirthschaftsgesetz, wie eS jetzt fiel, ist nach Graf Bülow für die Regierung ein unverstümmelbareS „Ganzes". Dennoch unterblieb die Ankündigung einer Wiederaufnahme bei der nächsten Gelegenheit, und in Berlin wird, wie man unS schreibt, auch die Ueberzeugung vielfach getheilt, daß die künftige Session de- Landtages keine Canalsession sein werde. Nun ist es aber kaum vermeidlich, daß die künftige Reichstagssession mit dem Zolltarif besaßt wird. Kein Wunder, daß der „Vorwärts" höhnisch fragt: „Wer schluckt?" Jedenfalls hat die Annahme, daß der Canal in der nächsten Tagung ausbleibt, mehr für sich, als die da und dort noch immer colportirte, obgleich von der „N. A. Ztg." bestrittene Versicherung, das Abgeordnetenhaus werde vor seinem nächsten Zusammentritt aufgelöst werden; daS wäre wie auch die „Nationalzeitung" zugiebt, vom Standpunkte der besonnenen Canalfreunde und der Gegner der klerikal- conservativen Coalition überhaupt ein recht aussichtsloser Schritt. Die politische Verwaltung Preußens ist ganz in den Händen von Ultramontanen und Conservativeu, ein Zustand, der bei dem besten Willen nicht binnen einem halben Jahre zu beseitigen wäre und der bei Wahlen natürlich sehr zu Gunsten der regierenden Parteien ausgenutzt werden könnte und würde. Besagter guter Wille ist aber gar nicht vorhanden. Ist der Stand der Canalfrage und die innerpolitische Lage überhaupt nicht geeignet, linkSliberaleu Jubel zu erwecken, so dürste auch bas „donnernde Hurrah", daS den Berliner Börsenmänner- brüsten wegen der Entlassung des Herrn v. Miquel entrollt ist, sich als verfrüht erweisen. Schon die Namen der Nach folger, die für ihn, Herrn v. Hammerstein und Herrn Breseld genannt werben, wirken dämpfend. Finanzminister, so heißt es, solle der Minister des Innern Freiherr v. Rheinbaben werden. Erfolgt diese Ernennung, so geht Herr v. Miquel trotz seiner Niederlage mit einem Siege auS dem Amte, denn er hat Herrn v. Rheinbaben immer aiS Nachfolger gewünscht und er ist eS auch gewesen, der die Berufung dieses Beamten auf seinen jetzigen Ministerposten angeregt hat. Eiu Politiker wie Miquel ist aber nickt der Mann dazu, Leute zu empfehlen, die grundsätzlich anders verfahren würden, als er selbst im Amte verfahren. Weist der Ein tritt des Herrn v. Rheinbaben in das Finanzministerium — er selbst soll, was begreiflich, sein bisheriges Portefeuille vor ziehen — nicht auf einen „Systcmwechsel" hin, so noch weniger die Bezeichnung des Freiherrn ».Manteuffel, des früheren eonservativen FractionssührerS und jetzigen brandenburgischen LandeSdirectors. Herr v. Manteuffel ist erzconservativ, die Allüren der Kanitz, Limburg-Stirum u. s. w. bat er aller dings nicht. Der als künftiger Lanbwirthschaftsminister genannte Staatssekretär dcS Reichspostamtes Herr v. Podbielski — er soll angeblich in diesem Amte durch den Unterstaatssekretär Fritsch ersetzt werden — ist auch nicht liberal, und der vermeintliche Nachfolger deS HandelS- ministerS Breseld, der nationalliberale Abgeordnete Möller (Brackwede) wird, wenn er es wirklich über sich gewinnen sollte, trotz der bekannten Liebenswürdigkeiten des Reichs kanzlers gegen den Abg. vr. Hasse in ein Ministerium Bülow einzutreten, dort eine weiße Schwalbe sein, die bekanntlich keinen Sommer macht. Uebrigens scheinen definitive Beschlüsse noch nicht gefaßt zu sein und da der Kaiser z. Zt. nicht in Berlin weilt, so können auch noch einige Tage vergehen, bevor die neuen Männer bekannt werden. Nur nebenher sei noch erwähnt, daß als künftiger Vicepräsident des Staatsministeriums Graf Posadvwsky genannt wird, als Minister des Innern der Posener Ober präsident v. Bitter. Weder diese beiden, noch die schon genannten Herren werden von irgend einem Klarsehenden »vegen ihrer „Beförderung" beneidet werden. Der norwegische Radikalismus. In ihrem Kampfe gegen die Union mit Schweden haben die norwegischen Radikalen wieder einen Erfolg zu verzeichn-*: König Oskar hat seine Zustimmung zu der sehr kostspieligen, von dem norwegischen Kriegsministevium auf Betreiben der Radikalen geforderten Befestigung von Christiania gegeben, der somit nichts mehr im Wege steht, da die Zustimmung deä StorthingL, dessen radikal« Mehrheit ja eben die Befestigung der Landeshauptstadt wünscht, gewiß ist. Die hervorragendsten norwegischen Militärs haben sich gegen diese Befestigung, di« sie als zwecklos und überflüssig bezeichnen, erklärt. TheilS aus diesem Grunde, theils auch deshalb, weil die Befestigungen sich zweifellos gegen Schweden pichten, war der König anfänglich entschlossen, sein Plane seine Zustimmung zu versagen. DaS Cabinet aber verstand es, in einer militärisch politischen Denkschrift die Sache so darzustellen, als ob dir Be festigungen nicht etwa als Drohung gegen Schweden auSgeführt werden sollten, sondern im Gegenteil in durchaus union-freund licher Aosicht, um nämlich einen Feind, der gegen Norwegen und Schweden Krieg führe, der Möglichkeit zu berauben, di« Ver bindung zwisch«n den Truppen beider UmonSstaaten zu ver hindern. Blickt man aus di« Karte, so erscheint diese Auffassung an sich nicht umplausibel, denn einem durch daS Tkagerak vordringenden Feinde wäre e» allerdings gegenwärtig «in Leichte», an der un- geschützten Küste zwischen Gothenburg und Frederikshall Truppen zu landen, mit diesen nordwärts gegen Christiania dorzurücken und so zwischen die zum Schutze der norwegischen Landeshaupt stadt vorrückenden schwedischen Truppen und die die Landes hauptstadt vertheidigenden norwegischen Truppen «imn Keil zu schieben. So plausibel nun diese Auffassung an sich klingt, so hat sie doch «inen mächtigen Haken. Wer sollte denn der Feind sein, der durch daS Skagerak vovdrinat. Aggressive Absichten gegen Schweden-Norwegen könnte allenfalls Rußland haben. SS hoben sich ja gelegentlich früher in Rußland Stimm«» erhoben, die darauf hrnwresen, Rußland solle sich an der nordnorwegischen Küste eines gengneten Platzes bemächtigen, um dort einen eis freien Hafen zu haben. Wenn aber Rußland jemals versuchen wurde, diesen Plan in Die That umzusetzen, so würde es eben mit ferner Flotte von Norden her Vordringen, sich des betreffen den Hafens bemächiigen und kühl zu den verbündeten skandina vischen Staaten sag«n: „Nun werft uns einmal hier hinaus oder greift uns m unserem eigenen Lande an." Gegen Christiania aber vorzugehen. Daran Hai Rußland nicht das mindeste Inter esse. Noch weniger aber kann mau irgend einer anderen Groß macht die Absicht zuschreiben, Schweden-Norwegen zu überfallen und dabei dem oben erwähnten Plane entsprechend gegen Chrrstrama zu opevirrn. Die Befestigungen ChristianiaS richten sich demgemäß zweifellos lediglich gegen Schweden. Man rechnet aber mit der Möglichkeit, daß bei den fortwährenden brutalen Angriffen des norwegischen Radikalismus gegen den stärkeren und reicheren verbündeten Nachbarstaat diesem einmal die Geduld ausgehen könnte, und daß dann eines schönen Tages die schweDischen Regimenter in der norwegischen Landeshauvtstadt einrücken und den radikalen StortknngShelden auf den losen Mund klopfen könnten. In der That wäre es, da Schweden den Norwegern überlegen ist, unter den gegenwärtigen Verhältnissen den Schweden ein Leichtes, sich der norwegischen Landeshauptstadt zu bemächtigen, und dann wäre der Bru'verkrieg zwischen beiden Staaten beendet, noch ehe er recht begonnen hätte. Dieser Möglichkeit also wollen die norwegischen Radikalen vorbauen, und deshalb lassen sie es sich gern so und so viel« Millionen kosten. Es ist charakteristisch für den Radikalismus — und zwar nicht mir für den norwe gischen —, daß die Radikalen, die sonst immer über den „Mili tarismus" zetern und darüber lamentiren, daß dafür Millionen ausgegeben werden, di- man besser zu kulturellen Zwecken ver wenden sollte, hier in einem beiläufig recht armen Lande bereit sind, mit leichter Hand Millionen für militärische Zwecke aus zugeben, — weil eben diese Zwecke den radikalen Plänen förderlich sein sollen. Man ist also doch wohl nicht gegen den Militaris mus an sich eingenommen, sondern nur dann, wenn er einer kon servativen oder gemäßigten Regierung als Stütze gegen radikale Ueberraschnngen dient. Die Wirren in China. Tas Verhalten der fremden Truppen in China. Wir erhalten aus Shanghai unter dem 24. März die folgende Zuschrift, die in angenehmer Weise mit den vielen erfundenen und absichtlich entstellten Schilderungen über das Betragen der euro päischen Soldaten in China contrastirt: „Vorgestern fand hier unter dem Vorsitz des britischen Generalkonsuls und unter Theilnahme der hervorragendsten deut schen und englischen Kaufleute die jährliche Versammlung der „Steuerzahler der fremden Niederlassungen in Shanghai" statt, und im Verlaufe derselben nahm der Präsident Veranlassung, einige bezeichnende Worte über die große gemischte Garnison zu sprechen, mit welcher Shanghai zur Zeit belegt ist. Es wurde da sehr richtig ausgeführt, daß wir seit Monaten in der Lag gewesen sind, eine Streitmacht von verschiedenen 1000 Mann räglich genau zu beobachten, die jede große europäische Natio nalität und jede Waffengattung repräsentirt und in Folge dessen «in getreues Bild der großen verbündeten Armee, die hier in China jetzt im Dienste der Civilisation und Cultur Dienste verrichtet, zu liefern im Stande ist. Es ist bereits ausführlich darüber be richtet worden, welch' großartiges Schauspiel es war, als unsere gemischte Garnison seiner Zeit durch ven deutschen Feldmarschall Grafen Walders« hier auf dem Paradeplatz inspicir! wurde, und welch' vortrefflichen Eindruck diese Besichtigung In jeder Hinsicht und bei Jedermann gemacht hat. Das war ziemlich selbstver ständlich, aber weniger natürlich war es, daß die verschiedenartigen Truppen aller Nationalitäten hier in Shanghai sich bis heute so vorzüglich aufgeführt haben, wie es thatsächlich der Fall ge wesen ist. Es müssen dabei die außergewöhnlichen Umstände und die vielen großen Schwierigkeiten in Berücksichtigung gezogen werden, welche bei der Installation einer solchen Garnison ganz unvermeidlicher Weise sich einstellten, und wenn man außerdem die unzähligen und vielfach schweren Versuchungen in Erwägung nimmt, welche sich für die Soldaten in dem eintönigen Garnison dienstc in unserer Stadt ganz selbstverständlich ergaben, so kann man sich nur wundern, Daß die Mannschaften der verbündeten Truppentheile sich nur so sehr selten gehen ließen und sozusagen gar keinen Grund zu irgend welchen Klagen gegeben haben. Im Großen und Ganzen kann man mit der schuldigen Anerkennung nicht zurückhalten, daß das Verhalten unserer militärischen Gäste, und zwar der Officiere sowohl wie der Unterofficiere und Mann schaften, ein durchaus exemplarisches gewesen ist, so daß die Garnison von Shanghai jeden Vergleich mit der militärischen Besatzung irgend eines Platzes in Europa bequem aushallen kann. Hierzu hat nun auch der Umstand viel beigetragen, daß die polizeilichen Organisationen in den fremden Niederlassungen von Shanghai von vornherein undiederzeit ganz vorzüglich sunctio- nirten und daß Polizei- und Militärbehörden ununterbrochen in praktischer Ergänzung und gegenseitiger Unterstützung Hand in Hand arbeiteten, was in der Hauptsache wohl kxn commandiren- den Officierrn der drei am stärksten vertretenen Nationen, dem deutschen Obersten Graf Schlippenbach, dem fran- zösischen Obersten de Dilliers und dem englischen Generalmajor Creagh zu verdanken ist. Dieselben ernannten sofort «Inen ge meinschaftlichen militärischen General-Profoß, der in Verbin- dunq mit den Civilbehörden den Polizeidienst in den Nieder- laffungen beaufsichtigte und natürlich die besondere Gerichts- gewalt über di« Soldaten der verschikvrnen Truppentheile auS- ubt Die Japaner hatten gleich zu Anfang «inen eigenen Profoß- officier ernannt, der aber später dem Genrral-Profoß unterstellt wurde, und so hat dieses gemeinschaftlich« Polizeisystem zum Gegen der Ci vilgenwi irden und der verbündeten Truppentheile bi»' heute tadellos gearbeitet. In keiner Weise hat die aus- ländische Bürgerschaft Shanghais ebenso wie di« chinesische Be völkerung Veranlassung gehabt, über ihre große gemischt« Gar- nison Klage zu führen." Der Krieg in Südafrika. Cecil RhoScS an der Arbeit. Aus Capstadt, 9. April, wird der „Rhein.-Westfäl. Ztg." geschrieben: Die englischen Einheitsbestrebungen in Südafrika haben wieder einmal einen ganz gehörigen Stoß erfahr«», und zwar dieses Mal von einer Seile, von welcher es am wenigsten zu ver- muthen war. Bekanntlich geht dieses Streben dahin, ganz Süd afrika zu einem einzigen ungeheuren Wirthschaftsgebiet zusam- menzuschweißen, in welchem die englische Einfuhr gegenüber d«r außerenglischen nach dem Muster Canadas Bevorzugung erhalten soll. Der hartnäckige Widerstand, welchen Transvaal vor Aus bruch des Krieges diesen Bestrebungen entgegensetzte, darf als einer der Hauptgründe gelten, welche allmählich zum Kriege führten. Thasächlich befanden sich vor Ausbruch deS Krieges sämmtlich« englische Colonien Südafrikas einschließlich Natals und Rhodesias mit der Eapcolonie an der Spitze in Zollunion mit dem Freistaate, so daß im erträumten Zollreich nur noch Transvaal fehlte, dessen Einverleibung in das englische Gebiet und Anschluß an die bestehende Union jedoch nach 'Beendigung des Krieges als sicher gilt. Sehr überraschend war daher die Mittheilung, daß Natal und Rhodesia wieder eine Abbröckelung vom Zoll Kunde beabsichtigen und ersteres sogar schon seine Kündigung eingereicht habe. Die Capstädter Handelskammer hat denn auch sofort in größter Auf regung an ihre große Londoner Schwester gekabelt und derselben das Verhalten Rhodesias als rückschrittlich und dem Gemeinwohl verderblich hinaesteflt. Es liegt jedoch begründete Annahme vor, daß diese Maßnahme an der Sache nicht einen Deut ändern wird, denn die sogenannten Regierunqsbeschlüsse Rhodesias sind im Grunde nichts anderes, als Verfügungen des ungekrönten Königs von Südafrika, besser bekannt unter dem Namen -des Herrn Cecil Rhödes. Was sich hinter der Sach- eigentlich verbirdt, ist noch nicht klar; vielleicht hofft Herr Rhodes Lurch diese Emancipirung vom Gängelband der Eapcolonie, welche die Neuschaffung eines weit verzweigten Beamtenpersonals im Gefolge haben müßte, seinem Schooßkind wieder etwas neues künstliches Blut zuzuführen; viel leicht ist es lediglich ein Oppositionsact gegen dre Londoner und Capstädter Cabinette oder aber es ist der Vorläufer irgend eines tiefen Planes, bei welchem finanzielle Gründe die Hauptrolle spielen. Zu dieser Annahme berechtigen die in letzter Zeit wieder- boli in den Rhodes'schen Blättern aufgctauchtrn Vorschläge, alle Staaten Südafrikas in Bezug auf ihre Staatsschulden zu „poolen", d. h. alle Schulden der einzelnen Staaten zu ekner einzigen Riesenschuld zusammenzuschmeißen und die Verzinsung derselben gleichfalls gemeinsam zu übernehmen. Das wär« ja freilich ein geradezu in seiner Einfachheit genialer Weg, um die Charteret» Company von ihrer erdrückenden Staatsschuld zu befreien. Dann brauchte man nur noch Transvaal die Kriegslasten aufzubürden und das ersehnte einheitliche Wirthschaftsgebiet in Südafrika wäre fix und fertig, freilich als halb erwürgte Mißgeburt — aber John Bull und die Chartcred Company hätten ihr Geld in der Tasche, und das ist dach die Hauptsache! Dabei bliebe noch obendrein der Trost, daß Südafrika als gesündester Junge der englischen Colonien, viel leicht selbst eine s olche Rückgratverkrümmung überstehen würde. Dem famosen Renommisten Baden Powell stellt sich jetzt der frischgebackrne Generalmajor und Kiright, Lir Ja» Hamilton würdig zur Seite, indem er, dessen Verdienste hauptsächlich darin bestehen, daß er, wie viele andere Brigadiers in Südafrika, ver gebens hinter De Wet her war und ein paar Mal von dem Boeren-General recht unsanft auf di- Seite geschoben wurde, gelegentlich der Verleihung des Ehrenbürgerbriefes der Stadt Heath (sie werden jetzt Alle mindestens einmal Ehrenbürger, die hcimkehrrnden „siegreichen" Generale) seinen Mitbürgern ein Loblied auf die englische Armee vorsang, von den Boeren als elendes Gesindel, von De Wet als eine Art von Räuberhaupt mann sprach und schließlich den Wunsch ausdrückte, die gerade in England weilenden Mitglieder der Bond Partei, Merriiwan und Sauer, „so behandelt zu sehen, wir De Wet den Friedens gesandten Morgendahl behandelte", — mit anderen Worten, diese „Rebellen und Verräthcr aus der Eapcolonie" einfach erschießen zu lassen. — Einige Londoner Blätter nehmen denn doch Ver anlassung, gegen diese Aeußerungcn eines aktiven Officiers im Generalrange energisch Front zu machen und seine Bestrafung zu verlangen, denn in England darf ein General ebensowenig wie in Preußen, fick ohne Erlaubniß in öffentlicher Rede zum Berather und Kritiker aufwerfen, aber: „ich scheeve mich den Teufel drum, was irgend Jemand über mein« offenherzigen Aeußerungen sag«n will oder wird", — so schloß der brave Jan Hamilton sein« bombastische Rede, und da er ein erklärter Lieb- king des Lord Roberts und mit dem Kriegsminister Brodrick ver sippt ist, so hat er auch nichts zu befürchten, zumal er „als der schönste Officier in Sr. Majestät Diensten" von den wahren Beherrscherinnen der Armer, den Damen der besstir Gesell schaft, einfach vergöttert wird. Die zerrütteten englischem Hreres« verhältnisse werden dabei natürlich wenig profitiren, aber was schadet das. In England ist zur Zeit Derjenige oben auf, der das gesundeste Sprechorgan, die größt« Unverfrorenheit und die weitestgehende Capacität, blauem Dunst vorzumachen, besitzt. r. London, 4. Mak. (Privattrlegramm.) Die Rhode»- kreise machen die größten, wahrscheinlich auch erfolgreich«», Anstrengung«», um «inen Fri«d«aSfchlub in Südafrika durch «In Compromih herbrizuführrn, zweck» schl«nnigst»r Birder- eröffnung drr Minen. Rhode- befürwortet weitgehend« Lon- eessionrn w«g«n der stetig auwachfiadrn Verbitterung d«r Sap- Holländer und der aussichtslosen Sesammtlage. * London, 4. Mai. (Telegramm.) Lord Kitchener tele- graphirt au» Pretoria vom S. d. M.: S«it m«inem l«tzt«n Bericht sind von verschiedenen britischen Truppenadtheilnngen 10 Barren griödtet und 93 gefangen genommen worden. 13 habru sich ergeb«» 286 (XX) Packet« Patronen, 100 Wagen mit Bespannung und 2070 Psrrd« sind erbeutet worden. * KUnderleN. 4 Mai. Eine klrtne Abtheilung Diamant- firsdr-Reiterei wurde von dem Poirencominondanten Mala» I >n d«r Nähe von Cradock gestrrn g«faug«n grnommen. Di« Ma»»-
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