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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010506024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901050602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901050602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-06
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Die Gesandten und Generale haben sich Lber die Zusammensetzung der Commission zur Verbesserung der Schifffahrt auf dem Peiho geeinigt. Da» Consularcorp», die provisorische Regierung und der Zolldirector eruennen je ein Mitglied, vom Consularcorp» ist Hopkin», von der provisorischen Regierung der russische General Wcgack, vom Zolldirrctor Detring ernannt worden. Befehle Delarey'S stehende Streitmacht auf geschätzt wird. Die Boeren nehmen eine feste den Hügeln eip. General Babiugton mit ihuru, aber dessen Streitmacht ist zu französischen Sonderbestrebungen verbreitet worden ist, gehört in den Bereich der Phantasie. Falls die Frage nun, wie es wahrscheinlich ist, eine Lösung findet, so würden zunächst die Angehörigen der verschiedenen sich betheiligenden Staaten die von den Chinesen verursachten Schäden bezahlen. Die für die Anleihe bürgenden Mächte hätten die Pflicht, solche Maßregeln zu treffen, daß schließlich die China vorgestrcciten Summen mit Sicherheit auch von China aufgebracht werden. Die Ge sandten haben auch in dieser Hinsicht Vorschläge gemacht, von denen ein Theil einstimmig beschlossen wurde, während der andere Theil die Einstimmigkeit nicht fand, aber doch zur Be leuchtung der Sachlage dienen kann. Als Einnahmequellen würden demnach dienen: 1) die Seezölle. Ihr Gesammt- ertrag ist jetzt zwischen 84 und 87 Millionen Mark, wovon 72 Millionen Mark für die Verzinsung von Anleihen im Aus lande, 7,5 Millionen Mark für den Verwaltungsstab, 360 000 für die Universität und 4,2 Millionen Mark für die chinesischen Gesandtschaften festgelegt sind. 2) Eine Erhöhung der Seezölle auf 5 Procent von dem wirklichen Werth würde. Opium ausgeschlossen, 7,5 Millionen Mark bis 10,5 Millionen Mark ergeben. 3) Jnlandzölle (Kuan) würden, der See zollverwaltung unterstellt, 9 bis 30 Millionen Mark ergeben. 4) Die Erhebung von Zöllen von bisher zollfreien Maaren, Mehl, Butter, Käse, ausländischen Kleidungsstücken, Alkohol u. s. w. Die Gesammteinnahmen aus diesen Quellen wäre zwischen 16,5 und 45 Millionen Mark. Die nicht ein stimmig beschlossenen Vorschläge sind nach den „Times": 1) Eine Erhöhung des Zolles auf 10 Procent, woraus sich 31,5 bis 54 Millionen Mark ergeben würden. 2) Eine Salz- steuer, 12 bis 60 Millionen Mark. 3) Ein städtischer Zoll in Peking, 1,5 Millionen Mark. 4) Umwandlung des Reistributs, 3 bis 24 Millionen Mark. 5) Abschaffung der Mandschu-Pensionen. 6) Einschränkung der militärischen Ausgaben. Der Gcsandtenausschuß war der Meinung, daß weder die Landzölle, noch die Binnenzölle (Likin) angetastet werden können. Nach den „Times" fügt der Gesandtenausschuß seinem Berichte hinzu, finanzielle Sachkenner zögen die Einnahme aus einer bestimmten Quelle vielen aus ver schiedenen kleinen Quellen vor; die Sachverständigen möchten dec Erhöhung der Zölle auf 10 Proc. und der Errichtung einer Salz steuer, die beide unter der Seezollverwaltung stehen müßten, den Vorzug geben. Ein Pekinger Telegramm der „Times" vom 2. d. M berichtet: „Der russische Gesandte v. Giers richtete an den Ausschuß der Gesandten für die chinesische Finanzfrage ein Schreiben, worin er eine gemeinsame Bürgschaft der Mächte befürwortet, um China in den Stand zu setzen, unter den günstigsten Bedingungen eine Anleihe behufs Zahlung der Ent schädigungen aufzunehmen. Giers legt zahlenmäßig dar, wie für den Zinsendienst einer solchen Anleihe gesorgt werden könnte. Es wird sich alsdann um Klärung der Auffassungen über die sicherste Art, die chinesische Zahlung erforderlichen Falls er zwingen zu können, handeln. Denn der Erwägung wird man nicht aus dem Wege gehen dürfen, daß schließlich ein Zwang nothwendig werden kann. Der Krieg in Südafrika. FriedenSschalmeten Man schreibt uns aus London, unterm 4. Mai: „Die KriegSmüdigkeit und die große Unlust, für den südafri kanischen Feldzug noch tiefer in Vie Tasche zu greifen, kommt neuerdings hier in England in recht schlagender Weise gerade an denjenigen Stellen zum Ausdruck, die lange genug die Kriegslust zur Förderung ihrer eigenen Zwecke geschürt haben. Die Herren Finanziers möchten jetzt den Frieden haben, und zwar aus den gleichen Gründen, die sie früher bestimmten, den AuSrottungs- krieg gegen die Boeren zu predigen und ins Werk zu setzen. Die Gold- und Diamant-Minen haben nun lange genug brach gelegen, und die Ausfälle an Gewinn sind für die betreffenden Interessenten, für die Besitzer und Gesell schaften, allmählich ins Riesenhafte gewachsen, und deshalb er hebt sich nunmehr in immer mehr durchdringender Weise der Schrei nach Frieden, nach einem Arrangement und Compromiß mit den bösen Boeven, wodurch dir schleunigste Wiederaufnahme der Grubenausbeutung in dem umfassendsten Maße möglich gemacht werden soll. Die entsprechenden Anstvegungen der einflußreichen Cliquen in London und in Südafrika sollen durchaus nicht erfolglos sein, zumal da ihr großer und allmächtiger Häuptling, der „ehrenwerthe Cecil RhodeS", seine gewaltig« Stimme ebenfalls zu Gunsten eines Compromifses unv «imS schleunigen Friedensschlusses ertönen läßt. Es ist zweifel los. daß di« bereits bemerkbar gewordene Nachgiebigkeit der Re gierung, so gering sie auch einstweilen noch zu sein scheint, in engem Zusammenhang« mit diesem Drängen, mit diesen immer lauter tönenden Friedensschalmeien der armen Gelvmenschen, die sich in ihren süßesten Hoffnungen, in ihren sichersten Erwartungen getäuscht sehen, im engsten Zusammenhänge steht, was Nieman den überraschen kann, der den Standpunkt und den Charakter deS Herrn Chamberlain nur einigermaßen kennt. Milner's Rück kehr (vielleicht Rück tritt), die erneuten Fri^denSverhandlungen, über 'deren Verlauf oder Resultat natürlich noch nicht Vai Ge rinnst« laut geworden ist, di« Jnaussichtnahme des indischen Dice- kömgS als Haupt der Civilverwaltung in den neuen „Colonien" nördlich urw südlich deS Daalflusses — alle diese und noch Manche andere, vielfach weniger ins Auge springenden That- fachen und Anzeichen weisen auf den immer größer werdenden Umschwung in den maßgebenden Kreisen Großbritan niens hin, — denn allein maßgebend sind die nun einmal für Englands südafrikanische Politik die RhüdeSleute und ihr ganzer Anhang von Geldmenschen und Mineninterrssenten, und es wird sich wohl in Bälde Herausstellen, daß auch jetzt wieder ihr Wunsch und Wille Gesetz ist oder werden wird. Politik der Krämerseelen ist und bleibt d«r entscheidende Factor in allen inländischen und überseeischen Unternehmungen John Bull'S, und wenn die Boeren von seinem Edelmuth und seinem Ehrgefühl — Eigenschaften, dienur iwchin geringem Maße bei ihm vorhanden zu sein scheinen, — nichts, aber auch gar nichts mehr zu erwarten haben, so kommen ihnen heute vielleicht doch noch der immer schwindsüch tiger werdende eZustand seines Geldbeutels und seine ver fehlten finanziellen Hoffnungen und Erwartungen zu Gute. Damit hat man in den Borrenstaaten überhaupt gründlich von Anbeginn gerechnet, als der heroische Kampf gegen die riesige Uebermacht des britischen Weltreiches ausgenommen und in so bewunderungswürdiger Weise, in so aussichtslos erscheinendem Ringen -bis heute fortgesetzt wurde. Man kannte in Pretoria seine Pappenheimer besser und gründlicher, als dies« selbst wüh len oder zugeben wollten, und die berühmt« „Europäische Inter vention" hat in den Calcrrlationen der -raven Boeren und ihrer klugen Staatsmänner jedenfalls eine viel weniger bedeutende Rolle gespielt, als die Kenntniß von der voraussichtlichen riesen haften finanziellen Anspannung Englands, von dem gewagten Risico, welche» die Minen- und Finanz-Magnaten trotz ihrer siegeSgewissen Calculationen liefen, als sic di« Burgherr in den Freiheitskampf trieben. Jetzt kommt John Bull, durch die Um stände gezwungen, zu einer verfrühten und überhasteten Ge schäfts-Bilanz, und möchte natürlich zur Salvlrung des ganzen Unternehmens seinen Spekulationen noch rechtzeitig rin« andere Wendung geben, — sei es auch nur em ärmlicher Noth- behelf, der von dem erwarteten glatten Geschäft sehr ver schieden ist. * Johannesburg, 3. Mai. („Reuter'» Bureau" ) Die Boeren concentriren sich seit dem Mai um Hartbeestfontein, wo die unter dem 4—5000 Mann Stellung an nahm Fühlung klein, um die Boeren auzogreifro; eS sind darum Berstärkungen abgeschickt worden. Außerdem nähern sich die Generäle Methuen und Rawliason Hartbeestfontein. Eine Schlacht scheint bevor stehend. Man glaubt nicht, daß die Boeren die Stellung ohne Artillerie, die sie nicht mehr besitzen, werben halten können. Die Wirren in China. Die Räumung Petschili». Von wohlunterrichteter Seite wird uns geschrieben: englische Meldung, daß die deutschen Truppen binnen Wochen aus Petschili zurückgezogen werden würden, kann den Anschein erwecken, als ob Deutschland allein seine Truppen zu- rückzuzkhen gedenke. In Wirklichkeit kommt die Zurückziehung der Truppen aller Mächte, vielleicht in der angegebenen Zeit, in Frage. Und zwar wird sich die Räumung PetschiliS in zwei Etappen vollziehen. Zuerst handelt cS sich um da» GroS der Truppen; alsdann bleibt außer den Schutzmannschaften für die Gesandten noch ein Theil der Truppen in Petschili zurück, so lange, bis die Chinesen eine Garantie für die Durchführung der FrirdenSbrdingungen gegeben haben. Lte Entschädigungen Erschöpfende Angaben über die von jedem einzelnen der be- theiligten Staaten erhobenen und von der Versammlung der Gesandten in Peking genehmigten Ansprüche fehlen noch; es scheint jedoch, daß die ganze von China zu leistende Entschädi gung endgiltig auf ungefähr 1300 Millionen Mark festgesetzt ist. Hierbei ist wohl den einzelnen Staaten noch ein gewisser Spielraum für die Festsetzung deS Betrages gelassen worden, der geschädigten Privatpersonen und Gesellschaften billiger Weise zu steht. Die Gesandten haben ihren Regierungen vier Möglich keiten der Begleichung dieser Ansprüche gezeigt: 1) durch eine Anleihe ohne Bürgschaft der Mächte; 2) durch eine von allen Mächten verbürgte Anleihe; 3) durch Ausgabe chinesischer Schuldscheine; 4) durch jährliche ZahlungStilgungen. Von diesen vier Möglichkeiten wird gegenwärtig besonders die zweite, Vorstreckung der Summe durch eine von allen Mächten zu verbürgende Anleihe, erwogen. Diese Frage war auch in Petersburg bei der Anwesenheit des französischen Ministers Delcasss Gegenstand der Erörte rungen. Sowohl die russische, als die französische Auffassung geht dahin, daß möglichst viele Mächte sich an der Anleihe be theiligen möchten, damit die Angelegenheit sobald als möglich aus der Welt geschafft werde. WaS von irgendwelchen russtsch- Polittsche Tagesschau. * Lettzzi», 8. Mai. Die „Canalleichen", wie der „Vorwärts", geschmack voll wie immer, sich ausdrückt, sind durch aeue Misner ersetzt: wie ein Extrablatt de» „ReichSanzeigerS" meldet, tritt au Stelle des au» dem preußischen StaatSmiuisterium auS- geschiedenen vr. v. Miquel der bisherige Minister de» Innern Frhr. v. Rhcinbaben, an Stelle des bisherigen Landwirth- sckastSministerS Frhn. v. Hammerstein-Loxten der bisherige Staatssekretär des Reichspostamts v. Po-btelSki, als Handelsminister wird Geheimer Commerzienrath Möller» Brackwede Nachfolger de» Herrn Brefeld. Auch für die Herren v. Rheinbaben und PodbielSki siud Nach folger gefunden; für den Ersteren der bisherige Bezirks präsident in Metz, Frhr. v. Hammerftet«, für den Letzteren der bisherige AbtheiluugSdirector im Reichspostamte Krsetke. Den Geschiedenen, sind wie üblich, Auszeichnungen zu Theil gewordeu: dem Frbrn. v. Hammerstein-Loxten die Krone zum Großkreuz des Rothen Adler-Orden», Herrn Brefeld daS Großkreuz desselben Ordens, Herr vr. v. Miquel ist zum Mitgliede des preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit ernannt worden. Daß er selbst Herrn v. Rheinbabeu al» Nachfolger gewünscht, haben wir bereit» mitgetheilt. Dies genügt, um erkennen zu lassen, wa» von dem neuen Finänzminister zu erwarten ist. Der neue Minister de» Innern ist als BezirkSprasident von Lothringen politisch nicht besonders hervorgetreten; jedenfalls ist er conservativ, agrarisch und centrumsfreundlich genug, um sein« Ausgabe, daS „Moorhuhn" allmählich zu einem Canal-Wafsrryuhne machen zu helfen, erfüllen zu können. Wie der neue Handel»- Minister Möller dies fertig bringen soll, ist uns einstweilen noch unklar. Von den nationalliberalen Blättern wird seine Ernennung freudig begrüßt; die „Köln. Ztg." widmet ihm eine warme Begrüßung, der wir Folgende» entnehmen: „Geheimrath Möller, der in einigen Monaten sei« 61. Lebens jahr vollenden wird, ist nicht nur innerhalb der nationalliberalen Partei eine» der hervorragendste« und erfolgreichste« Mitglieder, er wird auch in unfern Handels- und Gewerbekretsen in Folge seiner eigenen kaufmännischen »nd industriellen Thätigkeit, sowie in Folge seiner sachverständigen und zielbewußten langjährigen Wirksamkeit auf wirthschaftSpolitischem und socialpolitischem Gebiete weithin an erkannt und hochgeschätzt. Schon in jungen Jahren hat er ausge dehnte Reisen in England und in Belgien unternommen und dort namentlich eingehende Studien über die Arbeiterfrage «nd die Socialpolitik gemacht. Aach hat er sich besondere Verdien st« um die Berwerthung der au» der Aohlendestillation gewonnenen Produkte in Deutschland erworben. Seit dem Jahre 1890 ist er Mitglied de» Reichstages, seit 1893 des Abgeordnetenhauses, und in beiden Eigen schaften hat er sich infolge seiner umfassenden Kenntnisse, seiner sach lichen Erfahrungen, seine» ruhigen Urtheil» frühzeitig zu einer hervor ragenden Rolle innerhalb der nationalliberalen Partei empor- geschwungen. Schon alS wegen de» Zollanschluffe» von Hamburg die Gegensätze scharf aufeinander platzten, hat er auf Grund seiner mannig fachen persönlichen Beziehungen und seines BermiUeluagSgeschicke» sehr viel zu einem Ausgleich dieser Gegensätze und zu einer gegen seitigen Verständigung beigetragen. Während de» drutsch-russischen Zollkrieges berief ihn der Reichskanzler Graf Caprivi io den Zoll beirath, in welchem er alS Vorsitzender der Abtheilung für Handel und Industrie eine unermüdliche Thätigkeit entfaltet hat, um die Feuilletsn. Abenteuer -es Capitäns Lettie. 2s Boa C. Hyne. Nachdruck verdete«. Offenbar war Capitän William» vor Ermattung bis an daS End« seiner Kräfte gelaugt. Bis dahin hatte ihn die aus ihm lastende Verantwortlichkeit aufrecht erhalten. Jetzt, wo er dieser Verantwortlichkeit los und ledig war, macht« er den Eindruck eines Nachtwandler». Dir Augenlider waren ihm zugefallen; ferne Sprache klang lallend und die Beine wollten ihn nicht Mehr tragen. Wenn Kettle ihn nicht mit Ausbietung seiner ganzen Kraft in da» nächste Hotel geschleppt und dort zu Bett gebracht hätte, wär« er zweifellos in den Rinnstein getaumelt und hätte geschlafen, wie ein Todter. So lag er nun in tiefstem Schlaf, lang auSgestreckt auf dar Bettdecke, da» Bild eine» durch permanentes Wachen und fortwährende Sorg« völlig erschöpften starken ManneS. Eine Weile stand Kett!« neben dem Bett und betrachtete ibn nachdenklich. „Wenn ich Dich zum Reden bringen könnte, Freundchen", ) murmelte er. „Ich g.cube, Du könntest mettwürdige Geschichten erzählen." Lange hielt Kettle sich indessen nicht an dem Lager seine» schlafenden Vorgänger» auf. Er war jetzt Führer de» „Sultan von Labuan" und wurde von Herrn Äcoge bezahlt, und jede verlorene Minute bedeutet verlorene» Geld auf einem Dampfer. Hurtig begab er sich in da» Süddock und setzt«, unverzüglich Alle» an Bud in Bewegung. Steuerleute, Bmschinfften und Mann schaft beklagten sich, daß sie noch keinen Augenblick Muße gehabt und kaum einen Athemzug Landlufi geschnappt hätten. Aber Kettle war nicht der Mann dazu, auf dw Wünsch« seiner Unter ebenen dir geringste Rücksicht zu nehmen, wenn e» sich darum ' andrlte. der Rhederri Zeit und Geld zu ersparen. Er erklärte einen Leuten, e» sei ihre verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, ofort den Wafferballast auSzujmmpen und die Kohlen an Bord z« nehmen, und er werde dafür sorgen, daß es gescheh«, nicht etwa so schnell, wie möglich, sondern noch diel, viel schneller. Die Leut« murrten natürlich. Hinter dem Rücken ihre» FoohnvogteS fluchten sie sogar. Zwei Matrosen und drei Heizer drsertirten im Laufe des Tages, ihre bi» dahin verdiente Heuer im Stich lassend. Neu« Leute wuvdon dafür vom Heuerbaas an Bord geschickt und ohne Unterbrechung ging die Arbeit vor wärt», zuerst im nebelgedämpften Tageslicht, dann im Hellen Schein der elektrischen Bogenlampen. Fottwährend donnerten di« Kohlen hinunter in den Schiffsraum und erfüllten die Luft mit dickem, körnigem Staub. Ein Wagen nach dem anderen wurde auf den Schienen herdeigeschoben, von hydraulischen Riesanarmen hoch empor gehoben und entkeort und dann wieder niedergffetzt und davon gerollt, um frische Ladung zu holen. Zweihundert Tonnen per Stund« bewältigte eine solche hydrau lische Kohlenschütte, und trotzdem stockte die Arbeit keinen Augenblick. Im Vorraum schnaubten und husteten die in Schweiß ge badeten Trimmer und unablässig schaufelten und leiteten sie die schwarzen Lawinen an den für sie bestimmten Platz. Jetzt kam ein« zweite dieser riesigen Kohlenschütten auf dem Quai entlang gekrochen, dahinter ein langer, beladener Sisenbahnzug, und nun erhielt der „Sultan von Labuan" auch durch dir Achterluke sein« Ladung. Das Organisationstalent de» kleinen Capitäns, unter stützt von den gewaltigen Maschrnenkräften, feiert« «inen förm- lichen Triumph, und an zehn verschiedenen Stellen wurde Kettle von erschöpften, zur Anspannung ihrer letzten Kräfte ge zwungenen Männern verwünscht. BiS zu seiner Frischwasser-TiefgangSlinre war der Dampfer gesunken; da hörte da» Loden auf. Selbst Kettle wagte nicht, sein Schiff zu überladen. Er wußte sehr wohl, daß von irgendwo her auf dem Quai ein Agent der SeemamrS- und Heizer-Union ihn mit schaffen Blicken beobachtete und daß dem „Sultan von Labuan", wenn er auch nur ernar Zoll über der Marte lag, die äußeren Dockthone verschlossen bleiben mußten. Er beschränkte seine Ladung also auf die gesetzlich feftgelegt« Grenze. Schon erne halbe Stunde, ehe der letzte Kohlenwagen entleert wurde, hatte Kettle sein« ClavimngSpapler« besorgt und den Lootsen bestellt. Jetzt, in demselben Augenblick, al» der leer« Wagen auf dem Quai niedergeseht wurde, bestieg er leichten Schritte» die Com- ma^obrücke. Der Lootse erwartet« ihn bereits. Kopfschüttelnd betvachttte er da» Leben und Treibe» an Deck und mustert« dann den kleinen Capitän mit erstaunten und doch unwillkürliche Bewunderung verratenden Blicken. Der alt« Steuermann mit dem blaurothen Gesicht stand, neben sich den EchiffSzimmermann, auf der Back. Der zweite Steuermann war auf seinem Posten am Heck, der erst« und dritte Maschinist unten an Drosselklappe und Um steuerung. Die ganze Schiffrbesatzung hatte sich unter da» eiserne Scepter de» neuen Herrn gebeugt. Ermattet und mit Kohlenstaub bedeckt, standen dir Leute di; qher jeder Einzige von ihnen war 'bereit, auf den leisesten Wink des Capitäns zu laufen und zu springen. Die Fluth steigt im Bristol-Canal sehr hoch und auf »em USk wird die Navigation durch eine reißende Strömung sehr erschwert. Schnelligkeit war dir Losung, wenn man die Hoch- wafserzeit nicht versäumen und zwölf volle Stunden verlieren wollte. Der Lootse, der kein besonderes Interesse an der Sache hatte, behauptete, es ging« nicht wehr. Kettle war anderer An sicht und manövrirte mit „Volle Kraft rückwärts" und „Volle Kraft vorwärts" in einer Weise, daß dem Lootsen die Haare zu Berge standen. „Hol mich der Teufel, Capitän", sagt« er, als man glücklich au» dem Revier herausgekommen war. „Sie verstehen, mit dem Doot zu hantiren." „Warten Sie, bis ich es erst kenne; dann werd« ich Ihnen mal war zeigen." „Dazu sind meine Nerven nicht stark genug. Aber hören Sir mal, Capitän, Sie werden eines Tages mal 'ne böse Caram- bolage machen, wenn Sie mit 'nem großen beladenen Dampfer in solchem Tempo durch Docks und Brückenköpfe weiter manövriren." „Habe in meinem Leben noch keine Platte verbogen." Na, ich will Ihnen wünschen, daß Sie es auch in Zukunft nicht thun. Aber wissen Sie was? So etwas von Seemann schaft ist mir bis jetzt nach nicht vorgekommen." „Quartermeister", sagt« Kettle, „sagen Sie meinem Steward, er soll zwei GlaS Whisky hierher auf die Brücke bringen. — Wenn Sie mir solch« Complimente machen, Lootse, wird mir zu Muth, wie 'nem jungen Mädchen, daS 'n neues Kleid an hat. Da brauch' ich 'nen Tropfen Alkohol, um nicht zu erröthen." „Na", sagt« der Lootse, als der Whisky gekommen war, „ich wünsche Ihnen immer volle Ladung, Capitän, und gute Grati fikationen." „Und ich wünsche Jhn«n recht tiefgehende Dampfer, Lootse, und immer noch 'n paar Fuß Wasser darunter." Der Whisky wurde in di« beiderseitigen Gurgeln gegossen und der Lootse sagte: „UebrigenS habe ich hier noch etwas für Sie, Capitän." Er zag einen Kartenbckef hervor. „Schrekbnnrschinen-Adiesse", bemerkte Kettle. „Kein Post stempel auf der Marke. Don wem ist der Brief?" „Kenne den Mann nicht; traf ihn auf dem Wege an Bord. Sagte nur. Sie würden sich freuen, den Brief noch zu bekommen, ehe Sie in See gingen, denn er enthielte eine sehr wichtige Nachricht." Kettle riß die punctirten Kanten ab und durchflog den In halt. Es war wird-r eilt« anonyme MitHrilung, wieder von „Einem, der Ihnen wohl will", unterschrieben und enthielt wieder eine Warnung vor den Machinationen des Herrn Gedge. Haben Sie keine Idee, wer oer Mann war, der Ihnen den Brief gab?" fragte er. „Nein, seinen Namen hat er mir nicht genannt. Wir tranken ein Glas zusammen, und im Laufe des Gespräches kam es mir so vor, als ob er was mit 'ner Versicherungsgesellschaft zu thun hätte. Ich dachte, es wäre ein Freund von Ihnen." „Das vermuthe ich auch", sagte Kettle. „Ich weiß es nur noch nicht ganz sicher." Daß der anonyme Brirfschreiber ihm eine Gratificaton von fünfzig Pfund Sterling zusicherte für den Fall, daß der „Sultan von Labuan" bis zu dem Augenblick seiner Ankunft in Port Said keinen Anspruch auf VersicherunySgekder machen könnte, das verschwieg er. Schon im ersten Anfang« der Reise des „Sultan von La buan" stellten sich verschiedene Unzulänglichkeiten heraus. Das Schiff war noch nicht aus dem Usk heraus, als man dahinter kam, daß es drei weiteren Mitgliedern der Mannschaft gelungen war, unbemerkt an Land zu schlüpfen. Natürlich tonnten die fehlenden Leute nun nicht mehr durch neu« ersetzt «werden. Noch batte der Dampfer die braunen, schlammigen Gewässer de» Bristol-Canals nicht hinter sich gelassen, und schon hatte er zwei Mal für längere Zeit stoppen lassen müssen, bis die eilig im Maschinenraume ausgcführtrn Nothreparaturen beendigt waren. Die Maschine des „Sultan von Labuan" war überhaupt sein wunder Punct; sonst war das Schiff ganz tacffest. Aber gerade dieser alten, dampfvergeudeirven Maschine war es zuzuschreiben, daß der Dampfer in seiner ErtragSfähigkeit sich immer mehr der Grenze näherte, die zwischen Gewinn und Verlust kisgt, und di« er bei der in der modernen Schifffahrt üblichen, erbitärten Ton- currenz sehr bald überschreiten mußte. Mit Murgatroyd, >oem alten Steuermann mit dem blau- rothen Gesicht, hatte Kettle schon früher zusammen gefahren. Zwischen den beiden Männern bestand ein« ausgesprochene Ab neigung, di« jedoch eine gewisse gegenseitige Achtung nicht auS-- schlof. Als der Lootse das Schiff vrrlafsin hatte, kam der Steuer mann auf die Brücke, um sich, wie zu Anfang einer Reis« ge bräuchlich, sein« allgemeinen Instructionen zu holen. „Herr Murgatroyd", begann Kettle, „Sie werden die Luten offen lassen und nach Kräften für Ventilation sorgen. Diese WalrS-cktzvhle enthält mindestens ebenso viel Gase wie Petroleum." „Sehr wohl", grunzte der Alte. „Aber wa» machen wir, wenn schweres Wetter kommt und das Deck unter Wasser steht?"
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