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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010507011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901050701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901050701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-07
- Monat1901-05
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Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,7 Uhr, die Abend-AuSgabe Wochentag- um k Uhr. NeLaction un- Lrpe-iti-n: Jvhanni-gaffe 8. Filialen: Mfred Hahn vorn,. O. Klemm - Sortim. UniversitätSstraße ö (Paulinum), Loui» Lösche, Katharinrustr. purt. und K-atg-platz 7. Morgen-Ausgabe. MMtr.TllgMM Anzeiger. Ämtsökatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes und Volizei-Äintes der Ltadt Leipzig. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Rrdacrwn-strich s-grspaltea) 7L vor den Familiennack^ richten («gespalten) LV H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung .4! SO.—, mit Postbesörderung 70—. Aunahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeige» sind stet- an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochea geöffnet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Druck und Verlag vou E. Potz iu Leipzig. 230. Dienstag den 7. Mai 1901. 95. Jahrgang. Johannes v. Miquel. ü Mit dem Finanzminister und Vicepräsidenten deS preu ßischen Staatsministeriums vr. v. Miquel ist der interessan teste deutsche Zeitgenpsse und einer der interessantesten Männer deS an geistig hochragenden Persönlichkeiten wahrlich nicht armen 19. Jahrhunderts auS dem öffentlichen Leben geschieden. Und, obwohl nahezu 73jährig, ist er nicht freiwillig gegangen. Dor elf Jahren vom Kaiser mit den Worten „Sie sind mein Mann" auf die Berufung ins Ministerium vorbereitet, ist Miquel nun der Aufforderung deS Monarchen gewichen, um einem Anderen Platz zu machen. Er reiht sich den zahl reichen Gestürzten deS neuen Kurse- an. Das gerade von früheren Freunden gehegte Mißtrauen, Herr v. Miquel habe das Zustandekommen des Mittellandcanals nicht ernstlich gewollt und stehe der Fortsetzung der Handelsvertragspolitik mindestens gleichgültig gegenüber, hat sich auf den Monarchen übertragen und hat der amtlichen Laufbahn deS Ministers ein Ziel gesetzt. Die Berechtigung de- einen wie deS andern Verdachtes darf zur Stunde ununtersucht bleiben. Jene- Mißtrauen konnte entstehen, weil Miquel ohne Zweifel von agrarischen Neigungen stark beherrscht ist und weil er ein sphynxartigeS Wesen zur Schau trug. Beides ist aber an ihm immer zu beobachten gewesen. Der RechtSanwalt, der Oberbürgermeister von Osnabrück und der großen Handels- und Industriestadt Frankfurt a. M. hat niemals ein hervorragendes Interesse für die Landwirth- schaft verleugnet und wenn seine früheren politischen Freunde die Berechnung der Gleichung Parlamentarier und Partei führer „Johannes Miquel* versuchten, blieb stet- eine „Unbekannte* als Rest. Er war zu allen Zeiten da-, wa- man im Parteileben'' .Einspänner* nennt, und e« hat von Anbeginn Leute gegeben, sür die er etwas Unheimliches hatte. Vielleicht weil er der überlegenste Kopf in seinem Kreise gewesen, vielleicht auch, weil dieser Mann, der in der Kunst nüchternen Wägen- kaum übertroffen wurde, gleich, zeitig mit einer beweglichen Phantasie begabt ist. Sein Jbeenreichthum schien unerschöpflich und die Leb- Hastigkeit, mit der er, der so zurückhaltend und verschlossen sein konnte, nicht selten, von der Fülle seiner politischen, wirthschaftlichen und socialen Gedanken und Ideale, wohl auch Einfälle, Freunden mittheilte, erweckte Manchem die Empfindung, einem ProteuS gegenüberzusteheu oder gegen überzusitzen. Es wäre aber — und die- gereicht den Zweiflern zur Entschuldigung, wie es zum Derständniß der Eigenart Miquel's beiträgt — ein großer Jrrthum, wenn man glauben wollte, daß diesem eminent praktischen Politiker jener Feuerkopf nicht manchen üblen politischen Streich gespielt. Die Pfälzer, denen er während seine- Aufenthaltes in Frankfurt nahe trat und in deren Lande daS Temperamentvolle eine gewohnte Erscheinung ist, waren böchlick erstaunt, zu bemerken, wie auch mit diesem als kältesten Rechner der Partei, vielleicht des Reichstags ein geschätzten, nicht mehr jungen Manne „der Gaul durchgehen* könnte. Und er ging mit ihm durch, mehr als einmal. Wenn di« Entfremdung gegen den einstigen Parteigenossen zuletzt immer mehr wuchs und wachsen mußte, und wenn er jenen und schließlich der Krone als ein ausschließ lich der Befriedigung agrarischer Interessen zuneigcnder Minister erschien, so ist die Ursache unschwer zu er kennen. Miquel, wie schon hervorzebobcn, allezeit ein Freund des Ackerbaugewerbes, sah den Nordosten wirthschastlich und darum culmrell immer mehr hinter dem übrigen Deutschland Zurückbleiben. Er wollte, so weit eS an ihm lag, den Abstand verringern. Dem industrie- und handelsarmen Osten aber war zunächst nur zu helfen, indem man der Landwirtbschast half, aber in der dortigen Landwirthschast überwiegt der Großgrundbesitz, und der Großgrundbesitz ist zumeist in den Händen von Con- servativen und Adeligen. Indem er dem Osten beisprang, sprang er einer Preußen nicht ohne Selbstsucht und nicht ohne politische Brutalität beherrschenden politischen Partei und socialen Schicht bei. DicS war das Unglück Miquel'-. Er hat eS jedoch auS Patriotismus, der das gan ze Deutschland blühend haben wollte, über sich heraufbcschworen, und zwar —, der Mann war zu tiefblickend, um das Ende nicht zu errathen — sehenden AugeS über sich heraufbcschworen. Wie sehr ihm die Landwirthschast und gerade die deS Ostens am Herzen lag, zeigte in den letzten Jahren ein kleiner Zug. Der mit Arbeit überhäufte Politiker von Weltruf unterstützte, um den Kartoffelbau zu erhalten, persönlich aufs Eifrigste die Bemühungen rm Verbesserung der Spirituslampr und er machte persönlich Propaganda für die Verbreitung dieser BeleuchtungSart I Bei allerem, Miquel trifft der Vorwurf, deu innerpoliti schen Ideen, denen er durch Jahrzehnte ein hochbegabter und ersvlgrri^r/f"^treter gewesen, in seinen Staatsämtern nicht einmal in dem oeschcivenen Maße gedient zu haben, wie eS die ungünstigen Verdaltnisse — im preußischen Abgeordneten bause fehlen den Conservativen nur wenige Stimmen zur Mehrheit — Wohl erlaubten. Der Oberbürgermeister von Frankfurt war nach der Entlastung Bismarcks nicht als Nationalliberaler inS Ministerium berufen worden, daS ist wabr, für seine Ernennung waren seine umfassenden Kenntnisse deS Finanzwesens bestimmend. Beiläufig bemerkt, gilt, wenn man statt Finanzwesen Handel und Gewerbe setzt, das Gleiche von der soeben erfolgten Berufung des national liberalen Abgeordneten Möller zum Handelsminister. Aber der Minister Miquel hat die auch nationalpolitisch höchst bedenkliche Verdrängung gemäßigt liberaler Beamteu durch conservative Parteigänger in seiner von ihm so genau gekannten Heimathsprovinz Hannover ohne Noth geschehen lasst» und ist er auch an der Zurücknahme der v. Zedlitz'schen Schulgesetzvorlage betheiligt gewesen, so hatte er doch auch der Einbringung dieses reactionären Gesetzes keinen Wider stand entgegengesetzt. Dies und manche- Andere noch kann auch ein Liberaler nicht vergessen, der sür eine gewisse agrarische Einseitigkeit in der ministeriellen Politik deS geschiedenen Staatsmannes Verständniß besitzt. Aber daS Gewicht der Verdienste läßt die Schale der Fehler hoch emporschnellen. Miquel hat mit seinem Psunde sür daS Vaterland gewuchert wie Wenige. Alles, waS ihm die Natur an geistigen Gaben geschenkt und was er dazu mit unermüdlichem Fleiß? erworben — er erlernte, was nur Wenigen bekannt sein dürfte, noch in vorgerückten Jahren die russische Sprache, um eventuell auf einem diplomatischen Posten am Zarenhofe dem Vaterlande dienen zu können —, der durchdringende Verstand, das fast beispiellose Auf fassungsvermögen, da- glänzende Neugestaltung«-- und Ver- waltunzStalent, das universelle Wissen, die unwiderstehliche Beredsamkeit, Nichts, was er nickt im Dienste deS Gemein wohls fruchtbar gemacht hätte! Vor seiner Ministerthätizkeit liegen die Bekämpfung deS deutsch- und freiheilsseiadlichen Welsen- tbumS in dem Königreich Hannover und daS Eintret-» für die preußische Führung innerhalb und außerhalb deS von ihm mit ge leiteten Nationalvereins, hierauf, nach der Lösung der deutschen Frage, die Tbeilnahme an der Begründung und Führung der nationalliberalen Partei und ein unter den Parlamen tariern nur noch Rudolf v. Bennigsen nachzurühmeudeS Maß von Mitwirkung an der verfassungsmäßigen Gestaltung deS Norddeutschen Bundes, sowie an der Befestigung, ins besondere auch an der finanzielle» Befestigung deS deutschen Reiches. DaS ganze Einigungswerk trägt die Spuren Miquel'scher Mitarbeit und — WaS von Lasker nicht gesagt werden dürfte — segensvoller Mitarbeit. Miquel vor Allem hat die nationalliberale Partei daS Heidelberger Programm zu verdanken, das reichSschätigcnden Mißhelligkeiten mit dem großen führenden Staatsmanne BiSmarck ein Ende machte und der Betbeiligung an dem nothwendigen Schutze der nationalen Arbeit vollkommen freie Bahn schuf. Am 24. Juni 1890 Finanzminister gewordeE begann er mit der Reform der direclen Steuern rin Werk, da feinen Namen in der Geschichte de» Finanz- und SteucrwesenS unsterblich machen wird. DaS preußische Steuerwescn, bi- dahin dem Staat-interefse wie der Billigkeit nicht mehr entsprechend, ist heute ein System, in Bezug auf ausgleichende Gerechtigkeit und Ertragsreichthnm mustergiltig. DaS haben Miquel's kameralistische Genialität, seine Kenntaiß deS Lebens und nicht zum wenigsten seine Energie und Zähigkeit allein bewirkt. Seine Vorgänger im Amt waren an dem Wider stände der durch den alten Zustand begünstigten Gesellschafl»- sckichten gescheitert. Nachdem diese Arbeit gethan, betrieb der Minister mit aller Thatkraft die Eolonisation de» Ostens mit kleinen Grundbesitzern. Er ist der Vater der Renten- gütcrgesetzgebung, da- die Niederlassungen von nichtcapital- besitzenden Landwirthen erst ermöglichte und — eine aller dings nicht überall gebilligte Einrichtung — durch Ein führung des AnerbenrechteS für die Rentengütrr späterer Bodenzersplitterung vorbeugt. Weitere- aus der gesetzgeberischen Wirksamkeit des Zurückgrtretenen heraus- zuheben, würde hier zu weit führen. Die Erfahrungen, die er al- Oberbürgermeister von Osnabrück und Frankfurt gesammelt, befähigten ihn, tief in andere Ressorts al- daS seinige und besonders daS landwirthschaftliche hinüber zugreifen, und nahezu alle Reformen dieser elf Jahre zeugen von Miquel'scher Einwirkung. Wie wenig Miquel jemals reiner „Agrarier" gewesen, be weisen die zahlreiche» socialpolitischen Anregungen und Leistungen, die von ihm als Schriftsteller, Redner, Stadt Verwalter und Minister auSgegangen sind. Er gehört u. A. zu Denen, die die WohnuogSfrage in Fluß gebracht haben. Mit Or.v. Miquel verläßt einer der bestgehaßten Männer den Staatsdienst. Einige der Gründe, die ihm Abneigung zu zogen, wurden oben gestreift. Seine Steuerreform hat ihm gerade wegen ihrer Vorzüge in einflußreichen Kreisen Feinde er worben, seine unverhohlen gezeigte Verachtung unfähigen poli tischen SchwätzertbumS erzeugte ihm seine lautesten Gegner. Die unversöhnlichsten Hasser aber sind, wenn sie «S auch häufig verbargen und verbergen mußten, die Ultra montanen ge wesen. Miquel's Verdienste um die Befestigung de- National staates sind unverzeihliche und unverziehrne Sünden in den Augen der römischen Partei geblieben. Und ihr hat auch der große Finanzmann seine großen Mißerfolge zuzuschreiben. DaS Centrum war eS, daS ihm die Reichsfinanzreform verdarb, weil ihr antinativnaler Jnstinct die nationale Tragweite der Miquel'schen Pläne erkennen ließ. Miquel ist gestürzt. Vielleicht erkennt man aber später einmal, daß seine Berufung in die Regierung die einzige fruchtbringende That deS neuen CurseS innerhalb elf Jahren gewesen ist. Für unS steht es trotz aller Wandlungen und Windungen des Staatsmannes fest: Miquel darf mit der Gewißheit in- Privailrben ziehen: „Nennt man die besten Namen, wird auch der meine genaunt.* Feuilletsn. Das köixvtuuw modilk. Bon vr. S. Stefan (Charlottenburg). Naidtnick verbet-r. 'Es ist ein eigen Ding um des Menschen Geist. Er begnügt sich nicht mit dem, wozu ihm die ewigen Naturgesetze die Ge walt verliehen haben, sondern will mit aller Macht die Schranken sprengen, die sich auch dem allerkühnsten Ideenflüge entgegen stellen. Und so sehen wir denn in jenen Paroxysmen de« Sehnens nach dem Uebersinnlichen die Kehrseite jedes frucht baren wissenschaftlichen Strebens. Die Kehrseite deshalb, weil dadurch oftmals die besten Kräfte von Leuten verschlungen worden sind, die sonst zweifellos der menschlichen Gesellschaft und sich selbst hätten ganz hervorragende Dienste leisten können. Die Astronomie zeitigte die Astrologie, die dir besten Köpfe ihrer Zeit gefangen hielt, und selbst ein so bedeutender Astronom wie Tycho de Brahe konnte sich davon nicht freihalten. Die Aus läufer dieser Irrlehre greifen bis tief in das 18. Jahrhundert, und während in Frankreich die Encyklopädisten durch Zer- pflückung alles positiven Glauben» die Revolution von 1789 vorbereiteten, begegnen wir gleichzeitig astrologischen Schriften, geschrieben von Gelehrten, derm Ruf durchaus ernst zu nehmen war. — Aehnlich ging eS mit der Chemie, die Jahrhunderte lang in der Stickluft der Alchymie scheintodt dalag, um dann langsam zum Leben wieder zu erwachen. — Mit dem Unter schiede nur, daß die Alchymie viel mehr Unheil angerichtet hat, al» die relativ harmlose Astrologie; es gab nämlich eine Zeit — im 16. und 17. Jahrhundert —, wo der Taumel, den Stcsin der Weisen zu finden und dadurch eine unermeßliche Macht zu bekommen, derartige Kreis« um sich ,og, daß die Machthaber der damaligen Zeit e» für nothwendtg fanden, die Beschäfti gung mit Alchymie mit derselben Strafe zu belegen, wie etwa Zauberei oder Succubat . . . Al? diesen Verirrungen liegt nicht nur Eitelkeit oder ein gesteigerter Wissensdurst zu Grunde, sondern vielmehr — und ich glaub« da- in erster Linie betonen zu sollen — da« Ver langen, seine Machtsphäre in» Unermeßliche zu erweitern, nicht nur alle Schätze Laltfornien» sein Eigen zu nennen, sondern vermöge seiner Kunst auch Über Fürsten und König« zu herrschen. Au- diesem Geficht-punct läßt sich ebenso da« Tuchen nach d«m Mittel, au- unedlem Metall Gold zu machen, beurtheilen, wt« da» Rahmundu» Lullu» Versuch, ein« Maschine zu erfinden, di« all« Gedanken der Vergangenheit und Zukunft in allen mög ¬ lichen Combinationen zeigen würde und somit gleichsam eine mechanische Weltscele darstellen sollte. All' diese Dinge hatten nur mehr längere oder kürzere Lebensdauer und gehören heute selbst für den Laien in die wissenschaftliche Rumpelkammer, aus der sie vielleicht der Neugier halber hier und da hervorgeholt werden. — Ein Problem aber spukt beinahe seit Menschengedenken in gebildeten und halb gebildeten Köpfen, und keine Macht des Glaubens oder der Wissen schaft waren oder sind im Stande, den Jrrthum auszurotten, es wäre eine Lösung dieses Problems möglich. Ich meine das „kerpvtuum mobile". Dieser Ausdruck ist mit der Zeit in den Schatz unserer All tagssprache übergegangen, und doch sind es nur Wenige, die präcis auf die Frage zu antworten im Stande sind: „Was ist ein „kerpetuum mobile?" Ein „kerpetuum mobile" ist eine maschinelle Vorrichtung, die, einmal in Bewegung gesetzt, nie mehr still steht; dies würde eigentlich dem Gesetze der Trägheit entsprechen, da» besagt, daß jeder Gegenstand die Tendenz hat, in demjenigen Bewegungs zustand zu verharren, in dem er sich momentan befindet. Warum ist dem aber in Wirklichkeit anders? Weil dem Beharrungs vermögen andere Kräfte bezw. Widerstände, entgegenarbeiten, als da sind: der Widerstand der Luft, die Reibung u. s. w. Um also rin „kei-petuum mobile" zu haben, müßte in erster Linie die Reibung aufgehoben und der Widerstand der Luft über wunden werden. Wenn man nun letzteren dadurch außer Acht lassen kann, daß man die Maschine im luftleeren Raum laufen läßt, so ist die Reibung allein schon ein Factor, der alle Ver suche zu Schanden macht; die feinsten Kugellager, die sinn reichsten Vorrichtungen können es nicht verhindern, daß sich irgendwo und irgendwie in der Maschine zwei Flächen be rühren und sich dadurch die Kraft der einen bewegten Fläche langsam in Wärme umsetze. — Denken wir uns aber, es ge länge selbst, ein Schwungrad zu construiren, daS im luftleeren Raum reibungslos läuft, so wäre da« nur scheinbar ein „kerpotuurn mobil«*, denn von einem solchen verlangen wir nicht nur, daß es sich allein bewegt, sondern daß es noch einen Ueberschuß an Kraft erzeuge, der seinerseits im Stande wäre, einen Motor oder dergleichen zu treiben. Daraus ergiebt sich eine neue Definition des „Kerpotuum mobile", nämlich al» einer Maschine, die mehr Kraft erzeugt, al« sie zur Fort bewegung ihrer eigenen Theile bedarf. Hätte man eine solche Vor richtung, so wäre es natürlich ein Leichte«, durch Combination mehrerer Maschinen die Summe der erzeugten Kräfte in« Un- endliche zu steigern und so Arbeitsleistungen zu vollbringen, die un« nach unseren heutigen Begriffen geradezu paradox er scheinen, wie beispielsweise die Erde auS den Angeln zu heben u. s. w. Man sollte also glauben, daß die Unmöglichkeit, ein« sich selbst bewegende Maschine zu construiren, ebenso einleuchte, wie z. B. die Unmöglichkeit, sich am eigenen Schopfe aus dem Master zu ziehen oder so schnell um sich herumzulaufen, daß man sich von hinten zu sehen bekommt. Neben dieser logischen hat auch die exacte Naturwissenschaft die Unmöglichkeit des „kerpetuum mobil«" mit mathematischer Genauigkeit nachgewiesen. Robert Mayer und nach ihm Her mann Helmholtz haben in dem grundlegenden „Gesetz von der Erhaltung der Kraft" bewiesen, daß die Summe aller im Weltall vorhandenen Kräfte constant sei. Was will das nun sagen? In erster Linie, daß es überhaupt außerhalb des Bereiches unserer Gewalt liegt, eine neue Kraft zu erzeugen; was wir als Kraft erzeugung ansehen, ist nichts anderes, als die Umsetzung einer Kraftform in die andere. — Wenn sich eine Locomotive mit einer bestimmten Geschwindigkeit fortbewegen soll, so muß der Dampf eine bestimmte Spannung erreichen, die wiederum nur durch den Verbrauch einer ganz bestimmten Menge Feuerungs material erreicht werden kann. — Wir sehen also, daß die Kraft, mit der sich die Locomotive bewegt, nichts anderes ist, als eine andere Form der in der Steinkohle schlummernden Kraft. — Ja, wird man mir erwidern, dann geht also durch die Verbrennung der Steinkohle eigentlich Kraft verloren!! — Gewiß nicht, denn das Gesetz von der Erhaltung der Kraft spricht aus, daß eben sowenig, wie Kraft gewonnen werden kann, solche verloren zu gehen im Stande ist. Die Verbrennungsproducte der Kohle düngen beispielsweise den Boden, der Pflanzen hervorbringt, die ihrerseits verwesen und so nach Jahrtausenden wieder zu Steinkohle werden. — Das ist eben der ewige Kreislauf der Natur, in der nicht nur keine Kraft, sondern auch keine Materie verloren geht. — Die Mayer-Helmholtz'sche Beweisführung ist so zwingend, daß sie in der Wissenschaft geradezu als Axiom gilt. — Keine Akademie, keine gelehrte Gesellschaft nimmt überhaupt mehr Arbeiten an, die sich auf das „kerpetuurn mobil«" beziehen, und schon Plato versuchte es, das Sinnwidrige nachzuweisen, das in den Lösungsversuchen diese« Problems steckt. — Aber was nützt das Alles gegen jenen unbändigen Trieb nach Macht, gegen jenen Zauber, den gerade das Unmögliche auf un» ausubt und das möglich zu machen immer wieder versucht wurde. Die meisten „Erfinder" gingen nun von der irrigen Anschauung au», daß es in der Natur thatsächlich ein „korpsruum mobile" gebe, das von einer Wasserkraft getriebene Mühlrad. — Da« Irrige dieser Anschauung ist aber sehr leicht einzusehen, wenn man bedenkt, daß das Mühlrad ja vom Wasser getrieben, da» wiederum von seiner Quelle gespeist wird, deren Wasterreichthum von verschiedenen Einflüssen abhängt. Auch das Rad wird sich mit der Zeit abnützen und so daS ganze Wunderwerk zum Still ¬ stand kommen. — Die meisten Versuche, eine ewig lqufende Maschine zu erbauen, sind so plump, daß eS keines besonderen Scharfsinnes bedarf, um deren Unausführbarkeit einzusehen. — Da ist vor Allem die Wasserturbine, die das Abflußwasser auf eine bestimmte Höhe hinaufschafft, von wo es hinunterstllrzt und die Turbine wiederum treibt. — Nun ist aber die von der Turbine entwickelte Kraft proportional der Höhe, von der das Wasser hinunterstürzt plus dem Lust- und Reibungswiderstand Es wird also die Turbine nur im Stande sein, gerade die zu ihrem Betrieb nothwendige Wastermenge hinaufzuschaffen, weniger der Kraft, die nothwendig ist, um Reibung und Luft widerstand zu überwinden. Mit jedem Hub wird also weniger Wasser hinaufgesckafst werden, bis die Turbine still steht. — Ein ähnlicher Lösungsversuch ist das „ewige Rad"; es bestehl aus einem Rad, das im Innern hohl, in Sectoren gethcilt ist, von denen jeder eine schwere Eisenkugel trägt. Hat nun das Rav eine bestimmte Stellung erreicht, so fliegt die Kugel an di, Peripherie und ertheilt dem Rad einen Antrieb, der so stark ist, daß die Kugel wieder denjenigen Punct zu erreiche» im Stande ist, von dem aus sie durch Niederfliegen das Rad in Bewegung setzt. — Man muß sagen — das „ewige Rad" ist sinnreich construirt und kommt dem Ideal des „Perpetuum mobile" ziemlich nahe, wenn es nur nicht ebenfalls die Reibung und den Luftwiderstand zu überwinden hätte und überdies selbst nach dem Sinne des Erfinders keinen Deut an Kraftüberschuß zu erzeugen im Stande wäre. In einem physikalischen Werk au» dem 16. Jahrhundert finden wir jedoch eine beglaubigte Er klärung, das „ewige Rad" sei in einem verschlossenen Raum drei Monate ununterbrochen gelaufen. Ob's auch wahr ist?! — In jüngster Zeit machte die Erfindung eines russischen Uhrmachers viel von sich reden: er hatte eine Uhr construirt, die eigentlich aus zwei Uhren besteht, die so eiirgerichtet stnd, daß die eine Uhr im Gehen die andere aufzieht und so fort. Auch hier ist da» „?«rp«ruum mobile" nur scheinbar ver wirklicht, denn ganz abgesehen von der auch hier herrschenden Reibung der Theile, die den Apparat schließlich zum Stillstand bringen muß, ist eS ja klar, daß, wenn eine Uhr die andere aufziehen soll, sie mehr Kraft haben muß. al« diese. — Wie soll aber dann die schwächere Maschine die stärkere auf ziehen?! Auch alle anderen Lösungsversuche scheiterten an der un umstößlichen Thatsache, daß jede Maschine ihre Kraft von außen empfängt und daß nur diese ertheilte Kraft — und auch diese nicht ganz — wieder weitergegrben werden kann. — Da» einzige „korpetuum mobile" sind eben die nicht aufhörenden Versuche, e» zu erfinden.
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