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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000421011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900042101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900042101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Redaktion und Expedition: JohanniSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Morgen-Ausgabe. KiMM.TaMM Anzeiger. _ Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sorttm. Universitätsstraße 3 (Paulinuin), Loui» Lösche, Latharinenstr. 14, part. und kvnigsplatz 7, 29«. Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Nolizei-Amtes der Lladt-Leipzig. E - — Sonnabend den 21. April 1900. Slnzelgen.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile L0 Pfg. Reklamen unter dein Nedactioiisstrich (Sg- spalten) 50/»z, vor den Familienuachrichiea (6 gespalten) 40/^. Gröbere Schriften laut unserem Preis« verzeichniß. Tabellarischer und Zissernsah nach höherem Tarif. Extra-Beilage» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesürderung V0.—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bonnittag» 10 Uh«. Morgen - Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestelle« je eiu» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig. 91. Jahrgang. Die Volkszählung am 1. December 1900. Seit mehr als Jahresfrist sind Vorbereitungen für eine Volkszählung im Gange, die am 1. December des Jahres, da alsdann seit der letzten Zählung fünf Jahre verflossen sind, ordnungsmäßig, aber auch infolge des Zusammentreffens mit dem Abschluffe des 19. Jahrhunderts über den Rahmen der früheren Zählungen hinaus, für die Zwecke der Reichs- und Staatsverwaltung in erheblich erweitertem Umfange stattfinden soll. Die verbündeten Regierungen haben sich bei dieser Zählung zum Ziele gesetzt, nicht nur im Wesentlichen die Bevölkerungs ziffer festzustellen, nach deren Kopfzahl die Ausgaben des Reichs gedeckt werden, sobald, wie Artikel 70 der Reichsverfassung be stimmt, die eigenen Einnahmen des Reiches zur Deckung der Aus gaben nicht ausreichen; die Zählung soll zugleich die Grundlage und den Ausgangspunkt für vielerlei statistische Untersuchungen bilden, die das nächste Jahrhundert bei den immer vielseitiger sich ausgestaltenden Aufgaben des Staates voraussichtlich bringen wird. An der Durchführung der Volkszählung ist nicht nur passiv die Oeffentlichkeit in breitestem Umfange interessirt, sie wird auch activ dabei bethätigt durch ein sorgfältig construirtes System ehrenamtlicher Mitwirkung. Aus diesem Grunde schon berührt es eigenartig, daß in dem Zeitalter der Oeffentlichkeit, obwohl die Vorbereitungen, wie gesagt, fast fünfzehn Monate schweben, amtlich eine fast ängstliche Zurückhaltung geübt wird, zu einer Zeit, wo bei der Vorbereitung einschneidender Gesetze wiederholt in den ersten Stadien mit Erfolg durch rechtzeitige Bekannt- gebung die Mitwirkung der Oeffentlichkeit in Anspruch ge nommen worden ist. Um so dankenswerther sind die Aufschlüffe, die über den gegenwärtigen Stand der Dinge in dem soeben er schienenen Hefte der bei DunckerLHumblot in Leipzig erscheinenden Schmoller'schen Jahrbücher gegeben werden, in einer Abhandlung, die sich mit den „Aufgaben der bevorstehenden Volkszählung" beschäftigt und von einem nam- basten Fachmann, dem Directorialassistenten des Statistischen Amtes der Stadt Berlin, vr. E. Hirsch berg, veröffent licht ist. Danach hat das königlich preußische statistische Bureau bereits am 30. Januar v. I. ein Rundschreiben an die Groß städte gerichtet und diese darauf hingewiesen, daß im Herbste 1899 die statistischen Centralstellen der Bundesstaaten mit dem kaiserlichen statistischen Amte die für die Zählung zu erlassen den Bestimmungen formuliren würden. Das Rundschreiben skizzirte ungefähr die Absichten der Zählung und forderte die Städte auf, sich über die Zusätze zu äußern, die sie im Anschluß an die staatlichen Zählformulare für ihre Zwecke zu machen wünschten. In diesem Rundschreiben wurde besonders hervor gehoben, daß der Volkszählung ihr ursprünglicher Charakter ge wahrt und daher Nebenfragen, die in das Gebiet der Berufs zählung hinübergreifen, thunlichst ausgeschlossen werden müßten. Daher müsse die Zahl der im Interesse der Gemeindeverwaltungen zu stellenden, über die Forderungen des Reiches und des Staates hinausgehenden Zusatzfragen auf das unbedingt Erforderliche eingeschränkt werden, damit die Bevölkerung nicht allzu sehr „be lästigt" werde. Den Gemeinden wurde anheimgegeben, sich auf eine Aufnahme der Wohnungsverhältnisse, die Feststellung des letzten Zuzugs der auswärts Geborenen und der vorübergehend in der Gemeinde An- und Abwesenden zu beschränken. Der weitere Verlauf der Dinge war, daß im Juni v. I. die Städte-Statistiker in Königsberg zusammentraten, worauf dann im Oktober die staatlichen Statistiker in Berlin die Zählkarten vereinbarten. In diesem Sommer soll dann die Entscheidung des Bundesraths fallen, worauf die Verwaltungen des Innern in den einzelnen Bundesstaaten sich über die Zusätze schlüssig machen können, die den einzelnen Städten für ihre Zwecke zugestanden werden sollen. Auf Grund dieser Vorarbeiten hat das königlich preußische statistische Bureau eingehendere Mittheilungen über die Zählung an die Berliner Verwaltung gelangen lassen, damit diese die jenigen Zusätze anfüge, für welche die ministerielle Genehmigung zu erwarten sei. Aus dem mit diesen Zusätzen versehenen Frage bogen, der in der Abhandlung veröffentlicht wird, geht zunächst hervor, daß die Zählung das bisher fehlende Material über die Beurtheilung der großen Bevölkerungsverschie bungen innerhalb des Reiches zu beschaffen bezweckt. Dahin gehören die Fragen nach der Gemeinde des Wohnsitzes und nach der Gemeinde der Berufsausllbung, die häufig nicht zusammen fallen. Namentlich in den Großstädten und besonders in Berlin üben viele Einwohner einen Beruf aus, die in den Nachbar gemeinden wohnen, und umgekehrt wohnen viele in dem großen Gemeinwesen, die in den Nachbargemeinwesen thätig sind. An diesen Fragen sind aber, wie in dem Aufsatze richtig hervorgehoben wird, nicht nur die Städte interessirt, sondern auch das Land; sie stellen fest, wieviel in einem landwirthschaftlichen Distrikte beschäftigte Arbeiter, z. B. in einem Kreise Schleswig-Holsteins, in Polen, Posen, Schlesien u. s. w. wohnhaft sind. Und da zugleich in der statistischen Aufnahme nach der Muttersprache gefragt ist, so wird sich auch die namentlich den preußischen Staat so sehr interessirende Bewegung feststellen lassen, die das polnische Element von Schlesien, Posen und Westpreußen in die westlichen Jndustriebezirke in den letzten Jahren gedrängt hat. Der dritte Gewinn wäre, daß sich in den von der polnischen Propaganda heimgesuchten deutschen Ostmarken die deutsche Bevölkerung in den überwiegend polnischen Distrikten genau feststellen läßt, nachdem vor zwei Jahren das Posener Domkapitel durch eine, mit Hilfe der Pröpste bewerkstelligte Zählung den Versuch gemacht hat, den Bestand an deutschen Katholiken im Osten so gering al» möglich erscheinen zu lassen. Weiter soll festgestellt werden, für welche Personen über sechzehn Jahren zur reichsgesehlichen Invalidenversicherung seit dem 30. November 1899 Bersicherungsmarken verwendet worden sind. Diese Frage ist insofern bedeutsam, al» sie ermöglicht, den Umfang diese» größten VersicherungSzweigeS festzustellen, da bei der Eigenart der Invaliden- und Altersversicherung die Anstalten selbst nicht in der Lage sind, darüber genaue Auskunft zu ertheilen. Weiter wird gefragt, wer im aktiven Dienste deS deutschen Heere» oder der deutschen Marine steht, und schließlich, welch« Personen blind auf beiden Augen, taubstumm und geistes ¬ krank sind und ob das Gebrechen seit den ersten beiden Lebens jahren besteht, oder später entstanden ist, eine Frage, die auf die Initiative Preußens zurückgeführt wird und die zwar in innere Familienangelegenheiten eindringt, gleichwohl aber, wie Hirsch berg bemerkt, von Zeit zu Zeit wird gestellt werden müssen. Zu diesen Fragen hat die Stadt Berlin für ihren Bedarf noch hinzugefügt: Wer Chambregarnist oder Schlafgänger ist; ferner soll bei Verheiratheten das Jahr der Eheschließung an gegeben weiden; weiter soll festgestellt werden, seit wann der Betreffende in Berlin wohnt, was auch bei geborenen Berlinern angegeben werden soll, die nicht ununterbrochen in der Reichs hauptstadt wohnhaft gewesen sind. Schließlich soll bei Berliner Kindern im ersten Lebensjahre angegeben werden, womit das Kind gegenwärtig ernährt wird und bis dahin ernährt worden ist, und dabei soll die Zeit angegeben werden, in welcher die Er nährung von der Mutter oder einer Amme besorgt worden, in welcher Zeit Thiermilch oder Milchersatzmittel oder Familien kost die Nahrung waren; bei den Milchersatzmitteln soll noch die Art des Ersatzmittels angegeben werden. Zusatzfragen solcher Art machen es allerdings nothwendig, daß bei Zeiten die Be völkerung auf den 1. December aufmerksam gemacht wird, weil sonst eine Halbwegs brauchbare Beantwortung ausgeschlossen ist — abgesehen davon, daß solche Fragen noch weit mehr als die staatlichen nach den erwähnten Gebrechen als Belästigung und unwillkommenes Eindringen in Familienangelegenheiten empfunden und auf Widerspruch stoßen werden. Worte, nichts als Worte. „Freude dieser Stadt bedeute! Friede sei ihr erst' Ge läute!": Diese Worte, mit denen Schiller's unvergängliches „Lied von der Glocke" schließt, läuteten durch die Reden, mit denen die Pariser Weltausstellung eröffnet wurde, sagenver- tündend hindurch. Der Minister Millerand hoffte, daß der Tag erscheinen werde, an dem die Welt erkennen würde, daß Frieden und ruhmreiche Kämpfe dec Arbeit fruchtbarer seien. >8'S Rivalitäten; der Minister schloß mit echtem französischen Pathos mit einem Hymnus auf die Arbeit, die Weltbefreierin. In ähn licher Weise pries der Präsident der französischen Republik die Ausstellung als ein Friedenswerk. Frankreich wolle in besonderem Maße beitragen zur Anbahnung der Eintracht zwischen den Völkern; es habe das Bewußtsein, damit zum Wohle der Welt zu wirken. Friedlich träfen bei dem großen Werke die Regierungen der ganzen Welt zusammen, und dieses Zusammentreffen werde nicht unfruchtbar bleiben. Es soll gewiß nicht bestritten werden, daß die beiden franzö sischen Staatsmänner auch geglaubt haben, was sie sagten; denn in der Kunst, sich durch schöne Worte selbst zu belügen und zu berauschen, sind die Franzosen unerreichte Meister. Man kann vielleicht sogar einen Schritt weiter gehen und zugeben, daß diese beiden Männer ehrliche und überzeugte Freunde einer friedlichen Entwickelung sind. Aber was ist damit erreicht? Die Worte des Ministers und des Präsidenten erinnern lebhaft an jenes schöne Wort Napoleon's III.: „I/Wuxirs o'sst la paix". Auch Napoleon III. meinte seine Worte ganz gewiß aufrichtig, auch er war an sich eine friedliebende Persönlichkeit, eine Träumernatur, wenn auch nicht ein socialistischer Träumer, ein Millerand; und trotzdem sind die 18 Jahre seiner Regierung von unaufhörlichem Kriegslärm erfüllt gewesen. Denn in Frank reich entscheidet weniger als anderwärts der Wunsch des Ein zelnen; die Volksleidenschaften rufen die Stürme hervor, die über das Land, und unter Umständen auch über ganz Europa dahinbrausen. Mit den friedlichen Worten der beiden Staatsmänner muß man zweierlei Zusammenhalten: erstens, daß Loubet am Schluffe seiner Rede mit einer sehr deutlichen Beziehung von den deutlichen Versicherungen gewisser erhabener Mächte, von denen das Ende des vorigen Jahrhunderts widerhallte, sprach, und zweitens, daß er als erste Handlung nach der Eröffnung der Weltausstellung die Einweihung der Alexander III. gewidmeten Brücke unter den Klängen der Marseillaise und der russischen Nationalhymne vornahm. Die Begrüßungsrede des Präsidenten hatte ausdrücklich den Regierungen der ganzen Welt gegolten, aber der Schluß dieser Rede klang in ein Compliment an den russischen Kaiser aus, und den Abschluß der Festlichkeiten des Tages bildete eine Markirung des innigen Verhältnisses zu dem verbündeten Rußland. Würden die Franzosen von denselben Gesinnungen beseelt sein, von denen der russische Kaiser erfüllt ist, so würde ganz gewiß nicht der mindeste Widerspruch zwischen der Friedensrede und der Hervorhebung des Bündnisses bestehen. Die Franzosen haben aber jederzeit mit der nur ihnen eigenen Offenherzigkeit hervorgehoben, daß ihnen an dem Bündnisse mit Rußland nur darum etwas liegt, weil sie dadurch ihre Revanchegedanken zu ver wirklichen hoffen. Daß der Präsident Loubet ganz ohne Hintergedanken den russischen Freunden zum Schluffe der Feier besondere Aufmerk samkeit erwies, wollen wir gern glauben. Die Mehrzahl der Franzosen aber, soweit sie politisch denkt, wird in dieser speciellen Berücksichtigung Rußlands schon bei der Eröffnung der Aus stellung ein Symbol sehen. Ihr steht damit die Ausstellung unter dem Zeichen der franko-russischen Allianz. Und man kann sich darauf verlassen, daß jede sich irgend bietende Ge legenheit benutzt werden wird, um diese Allianz und die Intimität mit Rußland hervorzukehren. Den Höhepunkt wird natürlich die Anwesenheit des russischen Kaisers in Paris bilden. Man wird dann dem Herrscher den Eindruck zu erwecken suchen, als ob die anderen auf der Ausstellung vertretenen Nationen nur ack maznrom gloriam I'rancias vorhanden seien. So wird die Ausstellung kaum, wie die beiden französischen Staatsmänner hofften, die Ziele des Friedens fördern, sondern sie wird im Gegentheil die Revancheneigungen der Franzosen stärken. Und je größer der Erfolg der Aus stellung sein wird, je mehr Hunderttausende von Fremden die Hauptstadt Frankreichs besuchen werden, je mehr die Presse der ganzen Welt erfüllt sein wird von Beschreibungen der Aus stellung, desto höher wird den Franzosen der Kamm schwellen. Sie werden sich wieder als die xrancke nation, die der Welt ihren Willen dictiren kann, fühlen, und wer weiß, wie bald sie danach handeln werden. Der Krieg in Südafrika. —L>. Wie englische Blätter zu wissen glaubten, ist nunmehr Roberts zum Bormarsch bereit. Ob die» völlig zutreffend ist, läßt sich natürlich nicht beurtheilen. Bielleicht ist in folgender Meldung das Prä ludium zu Roberts Offensive zu erblicken: * London, 20. April. Die Abendblätter melden aus Bloem fontein vom 19. d. M.: Aus Glen sind Meldungen rin gegangen, daß südlich der Karree-Station, etwa sechs Meilen nördlich von Glen, ein Gefecht im Gange ist. Die englische Infanterie hat eine starke, von der Artillerie unter stützte Stellung inne. Einzelheiten fehlen noch. Immerhin ist eS möglich, daß daS Gefecht sich in Folge eines Angriffs der nördlich von Bloemfontein stehenden Boerenstreitkräste entwickelt hat. lieber die Lage bei LSepener ist noch nichts Positives zu erfahren. Der Platz scheint noch belagert zu werden, während General Brabant fortgesetzt eingeschlossen sein und seine Capitulation mit seinen ge- sammten Truppen bevorstehen dürfte. Wir halten, wie erinnerlich, schon vor über einer Woche berichtet, daß General Brabant'S Truppen von drei Seiten durch ebensoviel Boeren- commandos eingeschlossen sei und Brabant nichts übrig bleibe, als sich durch die Boerenlinien hindurchzuschlagen oder in das Basutoland hinüberzutreten. Ein ofsicieller Bericht deS Generals De Wet, gleichfalls vom 15. d. M., bestätigt daS jetzt mit dem Hinzufügen, daß Brabant'S Leute, bekanntlich sämmtlich Coloniale, sich nach Boerenart eingegraben hätten. Engiischerseits war bekanntlich, und zwar officiell, gemeldet worden, General Brabant sei nach Aliwal North zurück gekehrt, habe dort mit Lord Kitchener conserirt und nun, unterstützt von der Brigade Hart (vorher bei Buller in Natal) den Bormarsch auf Rouxville wieder ausgenommen. DaS sollte den Eindruck erwecken, als wäre Brabant mit seinen Gesammttruppen nach Aliwal North zurückgekehrt. Es sieht jetzt ganz so aus, als sei diese Rückkehr eine rein persön liche gewesen und seine Truppen von ihm in der Umarmung der Boeren zurückgelassen worden. Wie unerfreulich die Lage der Engländer an der Basutogrenze ist, zeigt übrigens in nun schon genügend bekannter Weise ein officiöseS „Reuter"- Telegramm, diesmal aus East London, welches constatirt, daß der Widerstand WepenerS Lord Roberts gestatten werde, sein Netz mit großer und entscheidender Wirkung zuzuziehen. Auch die Eisenbahnlinie und die Communicationen Lord Roberts scheinen keineswegs so ivtact, als bisher geglaubt wurde; die Boeren wenigsten» wollen sogar bereits die wichtige Etsenbahnbrücke bei Bcthulie in die Luft gesprengt haben. Die Depesche sagt nicht, ob eS sich dabei um die sogenannte „Wagenbrücke" bandelt, welche sie selbst bei ihrem Rückzüge Anfang März unversehrt gelassen haben, während sie die große Eisenbahnbrücke voll ständig zerstörten, oder ob es sich um die neue provisorische Eisenbabnbrücke handelt, welche die Engländer eben erst mit Auf bietung aller Kräfte wieder hergestellt haben. Wenn sie in der Lage gewesen wären, überhaupt eine der beiden Brücken zu zerstören, so mußte ihnen Alles daran liegen, daß dies die provisorische Eisenbahnbrücke und nicht die alte Wagen brücke sei, welche den Engländern so gut wie nichts nützen kann. Auch Commandant Froneman ist über den Caledonfluß, offenbar via Bethulie, zurückgekehrt und meldet, er habe 400 Engländer unter schweren Verlusten und nachdem er ihnen ihren Train und ihr Vieh abgenommen, bei Aliwal North über den Orangefluß getrieben. Das muß zwischen dem 14. und Itj. April gewesen sein und zeigt, daß die Föderirten Herren des ganzen Gebiets zwischen Ealedon und Orange fluß bis zur Basutogrenze sind. Auch eine englische Mel dung auS Herschel bestätigt das mit dem ausdrücklichen Be merken, daß Boerenpatrouillen längs deS ganzen Orange- fluffeS wieder erschienen sind, die Furtben über denselben besetzt halten und daß die Freistaatler, welche sich in dortiger Gegend unter Lord Roberts' Proclamation gefügt hätten, jetzt wieder zur Flinte griffen. Jedenfalls muß man mit Interesse eine Bestätigung der Nachricht erwarten, ob die Eisenbahnbrücke bei Bethulie wirklich gesprengt worden ist, denn dort ist einer der wundesten Puncte der englischen Ver bindungslinie. Da Smithfield bereits von den Föderirten gehalten und der Eisenbahnknotenpunct Springsontein von ihnen bedroht ist, so würden Lord Roberts Verbindungen mit seiner RückzugSlinie durch die Zerstörung dieser Brücke auf da» Ernsteste in Frage gestellt sein. Die britischen Meldungen über die Flucht der Boeren von den BiaaarSbergcn haben letztere io sehr greifbarer Weise Lügen gestraft, indem sie 12 Irm südwestlich von ElandSlaagte eine englische Cavallerie- Patrouille überfielen, welch letztere sich mit einem Verluste von 5 Mann schleunigst zurückzogen. Das war am 18. April. AbendS vorher beschossen ihre Vorposten die englischen Feld posten unter den Thoren von Ladysmih. Angesichts dieser brutalen Wahrbeiten constatiren jetzt dieselben englischen Corrrspondenten, welche gestern noch die Boeren über den Bergen hinter Dundee bereit» verschwinden ließen, daß „der Feind mit schwerem Geschütz jetzt nicht nur die BiggarSberge hält, sondern eine 40 Icm lange Front befestigt hat, welche beide britische Flanken deckt und jede Umgehung durch Buller aussichtslos erscheinen läßt." Di« Boeren haben sich über Portugals Entgegenkommen, welche» England gestattet über vctra Tr«»Pen nu» Rho»efia zu werfen, scheinbar den Kopf viel weniger zerbrochen, als manche Neutrale in Europa und kurzer Hand ein kleine» Commando durch den ZoutpanSberg über den Limpoposlnß gesandt, um Sir F. Carrington'S kleine Truppe anzu- greifen und ihr den Weg zu verlegen. Ob sie fernerhin Portugal als neutral betrachten werden, ist immer noch raglich und man scheint sich in Lissabon über ihr fort zesetztes Schweigen zu beunruhigen und spricht bereits die Befürchtung aus, daß sie, alles Parlamentiren bei Seile lassend, bei nächster Gelegenheit einfach gleichfalls durch portugiesisches Gebiet marschiren werden. Uebcr die Taktik »er Boeren fällt die „Münchner Allgemeine Zeitung* folgendes viel Wahres enthaltendes Unheil: Beim GroS deS Lord Roberts beginnt eS sich endlich zu regen, General Ruudle ist mit der achten (dritten?) Division vstUs- von Bloemfontein über Rcddersburg nach DewetSdorp mar- schirt, was er bezweckt, ist nicht recht klar. Die Boeren haben unter Commandant Froneman i» der Nähe von Aliwal North eine 400 Mann starke Truppe berittener Infanterie über den Oranje-Fluß gejagt, aber die kleine Garnison von Wepener immer noch nicht zur Capitulation gezwungen. Hier zeigt sich wieder der im Änteresse der Boeren so bedauerliche Mangel an Initiative und an Offensive. Hier trifft gar zu sehr die Charakteristik zu, welche einst Jan de Wit über seine Landsleute gab, indem er sagte: „Vs aarü der Hollanders is roodaul^, dat als duu de uood eu äs Ovaren rüst xeer diüdolizlc voor vvgeu staau, ?zj vsilliz gouoigcl rizu, voor eigen veilig- deicl rorx te äragen" — die Art der Holländer ist so, daß wenn ihnen die Noth und die Gefahren nicht sehr deutlich vor Augen stehen, sie wenig geneigt sind, für ihre Sicherheit Sorge zu tragen! Wir wiesen vor einigen Tagen nach, wie leicht es eigentlich wäre, jetzt Lord Roberts in die ärgste Noth zu bringen durch gründliche Zerstörung aller seiner Verbindungen. Die Planlosigkeit — die leider nur einen Augenblick im Boerenheere größerer Energie Raum gegeben zu haben schien — herrscht offenbar wieder, denn sonst wäre eS nicht denkbar, daß die südlich von Bloem fontein stehenden CommandoS abgezogen sind, ohne die Bahn ganz zu zerstören. Die bereits unterbrochen gewesene Bahnverbindung mit Springfonteiu undNorwalS- pont hat der Generalfeldmarschall wieder Herstellen können, ohne daß seine Pioniere auch nur durch eine» einzigen Schuß belästigt worden sind! So haben ihm dis Boeren die einzige Verbindung mit dem Caplande wieder überlassen, wie sie dem Feinde ibre uneinnehmbare Stellung am Tugela überlassen haben. Und wie nothwendig batte Roberts diese Verbindung. (Die Meldung, die Boeren hätten die Eisenbahnbrücke bei Bethulie zerstört, ist, wie oben schon bemerkt, noch nicht bestätigt. Die Red.) Wie Cronje an der Modder wegen Munitionsmangel, bätte Roberts wegen Wassermangel sich übergeben müssen, wenn ihm etwa der Rückzug nach dem Caplaude nicht ge lungen wäre. Bereits befand sich die Garnison und Bevölkerung von Bloemfontein in großer Noth, da die Wasserwerke, welche gewöhnlich auch nur für etwa 10 000 Einwohner, aber nicht für 40 000 und 15 000 Pferde ausreicken, zerstört sind. Und in einem solchen Augenblick, wo der Feind das furcht bare Gespenst des Durstes schon sieht, wo- die Soldaten bereits Regenwasser in ihren Mänteln aufsangen müssen, da geben die Boeren die einzige Bahnlinie frei, die den Eng ländern die Wasserversorgung wieder möglich macht! Jetzt kommen täglich Wasserzüge vom Oranje-Fluß, die in großen Blechlanks daS unentbehrliche Naß herbeibringen. Der Moment ist wieder verpaßt. Wenn in der Oberleitung der BoerencoinmandoS keine größere Umsicht maßgebend wird, wenn es den Führern der keinen CommandoS weiter gestaltet wird, zum Sckaden der Gesammlheit so ungeheure Fehler zu begehen, dann kann man nur beklagen, daß so viele Tapferen ihr Leben für eine Sache bingeopsert haben, die verloren ist. Nicht der Unabhängige keitSsinn allein erhält den Völkern die Freiheit, sondern die Kraft, der feste Wille, der Verstand, sic mit aller Madit zu erhallen. Aber am Willen wie am Verstand und vor allem an der Mannözucht, die die eigene Anschauung ohne Zaudern vor dem Befehl des Vorgesetzten zurücktreten läßt, fehlt'» offenbar im Boerenlager fast gänzlich. Tic Kritik »er englischen veueriile. Die Nemesis zeigt sich hart und unerbittlich in diesem Kriege. Es ist noch nicht lange her, daß sie sich in dem geflügelten Worte personificirte: „Die englischen Officiere haben immer noch den Aufklärungsdienst nicht gelernt und scheinen blindlings ihre Sol daten in jede ihnen gestellte Falle hinein zu führen." Und nun kommt bereits das zweite geflügelte Wort von der „ganz unver antwortlichen und überflüssigen Aneignung der Verantwortlichkeit durch einen untergeordneten Officier", wobei dieser untergeordnete Officier in dem einen Falle der „beste Oberst des ganzen Heeres" und in dem zweiten der „schneidigste General" desselben Heeres ist. Wir wissen heute, daß Sir George White, der Besiegte von Nicholsons Nek und Vertheidiger Ladysmiths, nicht krankheits halber, sondern auf Befehl des Kriegsministeriums und in voller Ungnade nach London zurückgekehrt ist, und daß er längst seines Comamndos entsetzt worden wäre, hätte ihn nicht Sir Redvers Buller, der Lieblingsgeneral des Prinzen von Wales, be sonders geschützt. Heute ereilt dasselbe Schicksal seinen Protektor, wie es den unglücklichen General Gatacre erreicht hat und morgen oder übermorgen Lord Methuen erreichen wird, den dritten jener hohen Officiere, »elche ihren Rang und ihr Com mando in erster Linie ihrer vornehmen Herkunft und ihren hohen Verbindungen verdanken. General Symons rettete der Heldentod vor demselben Schicksale, dem auch Sir Charles Warren verfallen ist. Die Nemesis räumt mit unerbitterlicher Hand unter den Modegenerälen auf, und ehe dieser Krieg zu Ende geht, wird noch eine ganze Reihe derselben — sie sind beute bereits von ihr gekennzeichnet — dem Verhängniß zum Opfer fallen. Aber die Nemesis war nie die Freundin und Schätzerin herrschender Koterien, überlieferter Borurtheile und traditioneller Vorrechte, und so ruft ihr Eingreifen den ganzen Groll und die bitterste Kritik der betroffenen Kreise hervor. Und in diesem Falle nicht ohne einen Schein guten Rechtes, denn wenn irgend ein Stand für die Thorheiten dieses Krieges und den frevelhaften Leickitsinn, mit dem er beraufbeschworen, ohne auch nur der eigent lich Schuldigt zu sein, mit seinem Besten ringetreten und mit
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