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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000423015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900042301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900042301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-04
- Tag1900-04-23
- Monat1900-04
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Ein Sachfenlied! Zu Königs Geburtstag. Kennt Ihr das Land, das Gottes Güte Mit ihren Wundern lieblich schmückt, Bon Waldespracht und Rebenblüthe, Von Aehrenfülle reich beglückt? Als Land des Segens weit bekannt, Ist'S unser edles Sachsenland! KenntJhrdasLand? Hoch steht's in Ehren Durch Arbeit, Kunst und Wissenschaft, ES sucht der Väter Ruhm zu mehren Darin der Söhne frische Kraft. Als Hort des Fleißes weit bekannt, I st'S unser edles Sachsenland! KenntJhrdasLand, wo echte Treue . So fest wie seine Eichen steht? DaS Land, wo immerdar auf's Neue Begeistrung durch die Herzen weht? Das Land, drin unsre Wiege stand, Ist unser edles Sachsenland! KenntJhrdasLand, wo Mißgunst schwindet, Zum Throne schweift der Liebe Blick, Weil väterlich sein König findet In seines Volkes Glück sein Glück? Dak Land, daS lenkt der Weisheit Hand, Ist unser edles Sachsenland! KenntJhrdasLand, wo sich entfaltet DeS Handels Leben weit und breit, Dak Land, drin frommer Glaube waltet, DaS schirmt und schützt Gerechtigkeit? DeS Reiches Edelstein genannt. Ist'S unser edles Sachsenland! Kennt Ihr das Land im Rautenkranze, Wo Fürst und Volk die Liebe eint? O seht, wie ihm mit goldnem Glanze DeS Glückes Gnadensonne scheint! Das Land, das wird mit Ruhm genannt, Ist unser edles Sachsenland! KenntJhrdasLand im Schmuck der Reben, Das Land der stolzen Fichtenhöh'n? O laßt uns treu durch's ganze Leben Zu ihm und seinem König steh'n! Gott segne Dich mit Daterhand, MeinHeimathland, meinSachsenland! Hermann Pilz. Löniz Älbert's erste Zchildwache. Nachdruck rcrdelen. Es war in einer Frühlingsnacht, Da hielt ein Soldat gar treue Wacht Im Prinzen-Palais *) an der Elbe Strand. Den Carabiner in seiner Hand, Ging er den spärlich erleuchteten Gang Mit leisen Schritten bedächtig entlang, War ja in den Zimmern nebenan Die hohe Gemahlin des Prinzen Johann. Das Leisetreten war nicht seine Sache, Dieweil ein Hufschmied war die Wache. - Auf einmal kommt in flücht'gen Tritten Ein Herr den Gang dahergeschritten. Die Wache kaum ihren Augen traut; Denn wie sie den Nahenden recht beschaut Und ihn erkennt, erschrickt sie alsbald: Es war ja des Prinzen Johann Gestalt. Die Wache faßt das Gewehr gleich fest. Und schneller noch als sich's denken läßt. Hat sie ihre Pflicht getreu vollführt Und vor dem Prinzen stramm präsentirt. Doch ohne ein einzig Wörtchen zu reden. Ist schnell der Prinz in die Zimmer getreten. „Hm", brummte die Wache so für sich allein, „WaS muß denn da vorgefallen sein?" — Da donnert es plötzlich herüber vom „Bär", Als ob eine Festung zersprungen wär ! *) Palais am Taschenberg. Die Wache staunt und lauscht verwundert; Denn auf deneinen Schuß fallen noch hundert.— Jetzt öffnet sich weit die nahe Thür, Ein Diener tritt leuchtenden Auges herfür, Er schaut hinein in die Welt so klug Und trägt in der Hand einen mächtigen Krug, Der war bis oben mit Bier gefüllt. Daß selbst ein Riese den Durst hätt' gestillt. Er naht der Wache mit schelmischem Blinken Und fordert sie auf, sic solle trinken. — Ter ernste Soldat, der Pflicht bewußt. Verspürt dazu nicht die mindeste Lust, Er meint, er dürfe davon nicht kosten, Er stehe ja hier im Schlosse auf Posten. Der Diener aber benimmt ihm das Bangen, Ermahnt ihn aufs Neue, zum Kruge zu langen, Und flüstert ihm zu die frohe Kunde, Ein Prinz sei geboren zu dieser Stunde. — Kaum hat der Soldat d i e Worte vernommen. Da hat er den Krug zur Hand genommen Und ihn, da er im Trinken bewährt, Bis auf die Nagelprobe geleert. — Dann aber ruft er begeistert aus: „Gott segne Dich, mein Herrscherhaus! — Du aber, Du junger Fürstensprossr, Du Frühlingsbote in diesem Schlosse, Den sreudig bewegt die Seinen umstehen. Auf Dich, Du schlummernde Blume, sehen. Den jubelnd begrüßt das Volk der Sachsen. Du mögst zur Freude uns Allen erwachsen! Und solltest Du einst in Deinen Thaten Nach Deiner ersten Schildwach' gerathen, Die oft am lodernden Feuer gestanden. Daß sie die sprühenden Funken brannten. Die oft das Eisen hat sonder Zagen Mit wuchtigem Hammer breit geschlagen. So mußt Du wahrhaftig auf dieser Erden Noch einer der größten Feldherr» werden!" — Seit jenen bedeutungsvollen Stunden Sind zweiundsiebzig Jahre entschwunden- Und heute ist's sicherlich Allen klar, Daß ein Prophet jene Schildwache war. Denn wo die Geschütze donnernd krachten, Stand König Albert im Feuer der Schlachten Und hat so wuchtig drauflos geschmiedet, Bis unser Reich war zusammengenietet. Doch Mancher hat wohl dabei gedacht: „Wer weiß, ob's der König so weit hält' gebracht, Wär' nicht von ihm, wie wir es gelesen. Die erste Schildwach' ein Hufschmied gewesen." A l b i n M i t t e l b o ch. Mtlheilungen aus der Rathsplenarkhung vom 18. April 1900.*) Vorsitzender: Herr Bürgermeister Vr. Dittrich. 1) u. Die Stadtverordneten haben gegen die Ausnahme einer Anleihe von 72 500 durch die Airchenqemeinde Leipzig-Gohlis zum Ankauf eines Grundstücks für kirchliche Gemeindezwecke keine Bedenken erhoben. Dem Kirchenvorstand ist dies zu eröffnen. b. DieStadtverordnetcn haben gegen die Hallshaltpläne der Leipziger Kirchengemeindcn auf das Jahr 1900 Bedenken nicht erhoben und der Verwilligung von 856,70 ,/L zu Lasten von Conto 19, Pos. 13 als Beitrag des Ritterguts Lößnig zu den Kirchenlasten der Parochie Leipzig-Lößnig zugestimmt. Die bei einzelnen HauShaltplänen von den Stadtverordneten geäußerten Wünsche sind den Kirchenvorständen der betheiligten Parochien mitzutbeilen, wegen der Verwilligung aus Conto 19 ist Verordnung zu erlassen, im Uebrigen das Erforderliche wegen Aus schreibung der festgestellten Kirchensteuern zu besorgen. Die Stadtverordneten haben ferner zugestimmt c. der Einführung der Wasserleitung in Wege des Johannisthals und Ausstellung von Ständern daselbst mit einem Aufwande von 7140 .6 zu Lasten des JohanniShoSpitals. Eine hierzu eingegangene Petition, bei der Röhrenlegung daraus Rücksicht zu nehmen, daß den Gartenbesitzern der Anschluß ermög licht wird, liegt dem Wasserwerk vor, dessen Gutachten noch abzu warten ist,' eh« die Vorlage ausgesührt wird. ck. der Erhebung von 65 Proc. des Normalsteuersatzes der städtischen Einkommensteuer am I. Termin 1900. Das Steueramt hat das Weitere zu veranlassen. e. der Bewilligung einer Unterstützung von 600 zu Lasten deS Conto 7 Pos. 84 außerordentlich an die Klcinkindrrbewahr- anstatt in Leipzig-Connewitz auch auf daS Jahr 1900. Es ist zu eröffnen und Verordnung zu erlassen. k. dem Ankäufe der Grundstücke Nr. 37, 39 und 41 an der Riebeckstraße in Leipzig-Reudnitz für den Gejammtkauspreis von 214 000 und der Gewährung einer Vermittlungsgebühr von 500 zu Lasten des Johannishospitals. Die Verträge sind auszufertigen, Verordnung ist zu erlassen und das Hochbau-Amt mit der Vorbereitung einer Vorlage über den daselbst in Aussicht genommenen Erweiterungs- und Neubau zu beauftragen. zx. den Beschlüssen des Rathes auf die Anträge des Stadt *) Eingegangen bei der Redoetion am 21. April 1900. verordneten-CollegiumS zu der Vorlage über die Einführung der doppelten Buchführung beim Wasserwerk. Die Sache ist der Wasserwerks-Deputation zur weiteren Er- ledigung zuzuweisen. d. der Nachverwilligung von 322,50 .« auf Conto 7, Armen- wesen IV Pos. 69 außerordentlich zur Beschaffung eines 4. Kessels für die Küche Les Armenhauses in Leipzig-Connewitz, i. der Nachverwilligung von 570 aus Conto 7. Armenwesen O I Pos. 15 außerordentlich zur Beschaffung einiger Horden für die im Jrrensicchenhause untergebrachte DesinsectionSanstalt, Ic. den Abbruch des Volksküchengebäudes in Leipzig-Reudnitz und der Verlegung der Volksküche noch dem Grundstück Marschall straße Z mit einem Gesammtaufwande von 7660 .« zu Lasten des Stammvermögens. Zu d bis ß ist auszusühren und Verordnung zu erlassen. l. Bei Durchberathung Les HaushottplaneS für 1900 haben die Stadtverordneten dem Conto 41, GasbelcuchtungSanstalten und Len Specialbudgets Gasanstalt 1, Gasanstalt II und Gasanstalt I und II sowie dem Conto 10 Wohlsahrtspolizei zugestimmt. Bei letzterem Conto haben die Stadtverordneten Pos. 138, An legung eines Spielplatzes in Leipzig-Reudnitz 3000.« außerordent lich. bis zur Einbringung einer speciellen Vorlage abgelehnt, Pos. 89 außerordentlich entsprechend der nachträglichen Vorlage deS RatheS über die Errichtung einer Bedürsnißanstalt im Scheibcnholze von 4200 .« aus 4000 .« herabgesetzt, einige andere unwesentliche Abänderungen vorgenommen, und dem Rathe zur Erwägung an- heimgegeben, öffentlich bekannt zu mache», an welchen Stellen Straßendünger verkauft wird. Mit der beschleunigten Beschaffung einer Vorlage über die Er richtung eines Spielplatzes in Leipzig-Reudnitz ist das Tiefbauamt zu beauftragen, dem auch der Erwägungsantrag wegen Bekannt gabe der Verkaufsstellen für Straßendünger zur Aeußerung vor zulegen ist. Bei den Abänderungen ist Beruhigung zu fassen und das sonst Erforderliche zu besorgen. 2) Man nimmt Kenntniß a. von den Eiuladungen zu den Feiern der höheren Schulen aus Anlaß Les Geburtstags Seiner Majestät des Königs, b. von der Einladung der Universität zu ihrer Feier von Königs Geburtstag, o. von der Einladung der hiesigen Staatsbeamten zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät, ck. von der Einladung der Polytechnischen Gesellschaft zur Feier des 10jährigen Bestehens der Lauernden Gewerbcausslellung und Les 75jährigen Jubiläums der Gesellschaft. Ter Rath wird den Einladungen noch Möglichkeit Lurch Ab ordnung von Vertretern folgen. e. von der Anzeige deS Herrn Bezirksschulinspcctors Schulrath vr. Kühn, Laß die Einweisung der Tirectoren Gerber und Stein kopf am 23. und 24. d. M. stattsinden werde. Herr Stadtrath Büttner wird hierzu deputirt. k. von dem Dankschreiben des Stadtkirchenvorstandes für die Ueberlassung eines Kirchbauplatzes. Das Schreiben ist aus Wunsch deS Kirchenvorstandes den Stadt verordneten mitzutheilen. 3) Das in öffentlicher Versteigerung erzielte Angebot von 52100 --8 auf den 665 qm umfassenden Bauplatz Nr. 1 an der Ecke der Kohlgarten- und Gabelsbergerstraße in Leipzig-Reudnitz, sowie von 16 200 .« auf den 405 gm enthaltenden Bauplatz Nr. 2 an der Gabclsbergeistraße daselbst wird angenommen. 4) Ter Entwurf eines OrtsgesetzeS betreffend die Beschau des in Len Stadtbezirk eingesührlen Fleisches, der Ausführungs bestimmungen dazu, der Gebührenordnung betreffend Las in den Stadtbezirk eingesührte Fleisch und eines Nachtrages zu dem Ortsstatut betreffend die Errichtung einer Freibank vom 9. Juni 1888 werden genehmigt. 5) Für die Herstellung eines Zusuhrweges zu den Lagerplatzen an der verlängerten Bayerischen Straße werden 8900 .« auf Conto 22 „außerordentlich" verwilligt. 6) Tie Einführung der Wasserleitung in die Lothringer Straße zwischen Pariser und Briestraße in Leipzig-Gohlis nut 2340 .« Aufwand zu Lasten der Stammanlage gegen regulativmäßige Ver- zinsung wird beschlossen. 7) Die Gemeinnützige Ballgesellschaft hat angezeigt, daß sie dem Rathe ein neues Project über die Errichtung von Wohnhäusern mit billigen Wohnungen unter Zugrundelegung eines Erbpacht verhältnisses zugehen lassen werde. Man erachtet im Hinblick auf die völlig veränderte Sachlage die Einsetzung einer gemischten Deputation zur Borberathung nicht mehr für erforderlich und beschließt, die Vorlage vom 20. December vorigen Jahres zuriickzuzichen, das neue Project aber weiter zu verfolgen. 8) Der königlich preußische EisendahnfiscuS hat sich bereit er klärt, die Kosten der Versetzung des BolkSbrausebadS an der Delitzscher Straße, das auf dem von ihm erkauften Areale steht, mit 34 150 zu bestreiten. Es ist Vertrag abzujchließen. 9) Ten Austausch des verkauften Bauplatzes Nr. 41 an der Schwägrichenstraße gegen den Bauplatz Nr. 5 an der Ferdinand- Rhodestraße unter Zugrundelegung eines Einheitspreises von 42.« für den Quadratmeter genehmigt man. 10) Desgleichen wird dec Arealaustausch zwischen der Stadt gemeinde und der Gemeinde Probstheida von Theilen der Parcellen Nr. 189 und 116 Les Flurbuchs für Probstheida genehmigt. Zu 3, 4, 5, 6, 9 und 10 ist Zustimmung der Stadtverordneten einzuholen, zu 7 ist ihnen Miltheilung zu machen. Lader und Reisen. Bad Wildlingen. „Wilduugen, wo liegt der Ort eigentlich?" Dieser Frage begegnen wir häufig, wenn wir Les heilkräftigen BadeS Erwähnung thun, über dessen geographische Lage man meist im Unklaren ist, das man bald in den Schwarzwald, bald nach Westfalen versetzt und von dessen Bedeutung für einen Theil der leidenden Menschheit man vielleicht, von dessen schöner, in seinem Waldreichthum an Thüringen gemahnenden Umgebung man aber kaum eine rechte Vorstellung Hai. Und doch ist es gerade diese, die zusammen mit einer bei der geringen Höhenlage des Ortes (circa 300 mü. d. M) überraschend kräftigen, nerven stärkenden Lust einen ungemein wichtigen Factor für den Curerfolg der Patienten, wie auch für die Befriedigung des lediglich Er- bolung Suchenden bildet. Das in dem kleinen Fürstenthum Waldeck an der Linie Nordhausen—Cassel—Wabern liegende Bad Wilduugen, zu dem eine Secundärbohn führt, wird dem An kommenden zunächst eine Enttäuschung bereiten. Bon dem eine internationalen Badeortes keineswegs würdigen Bahnhof befördert uns einer der zahlreich vorhandenen bequemen Landauer aus etwas holperigem, welligem Terrain durch dörfliche, nicht besonders saubere, enge Gaffen idas sogenannte Niederwilduagen), die aufsteigend zu dem Badeort führen. Der erste, daS Auge fesselnde Punct ist das zur Rechten aus bewaldeter, mäßiger An höhe sich ausbauende schloß Friedenstein, ein architektonisch zwar keineswegs hervorragender Bau, der aber durch seine günstige Lage stets eine anmuthige Staffage für die umgebende Landschaft bildet und andererseits als lohnender Aussichtspunct zu den be liebten Spaziergängen gehört. Wir gelangen nun in eine Allee herrlicher alter Linden, die sich bald zu einer Doppelallee von der ungefahren Breite der Berliner Linden erweitert und in der uns, nach einer Reihe einfacherer Logirhäuser, die von schön gepflegten Gärten umgebenen, mit Balconen und Loggien reich ver- sehencn, eleganteren, in gefälligem Stil erbauten Billen und Hotels entgegentreten. Im weiteren Verlauf dieser als „Brunnen-Allee" bezeichneten Hauptstraße, die, mäßig ansteigend, mit den besonders günstig gelegenen Billen „Waldessried", „Elisabeth"und „Hufeland" obschließt, zeigen sich unseren Blicken nun auch die wunderbar schönen Laub- und Nadelbäume Ler Curanlagen unddiedie letzteren begrenzenden, anmuthig geformten, bewaldeten Berge. Diese Curanlagen, zu denen uns wenige Schritte bergab führen, tragen, wie Alles dort, den Charakter wohl- thuender Einfachheit und lassen so umsomehr die großen Vorzüge hervortrcten, die die Natur ihnen in den herrlichen alten Baum gruppen und einer geradezu imposant wirkenden, ausgedehnten Allee mehr als hundertjähriger Kaftanienbäume verliehen hat. Die beiden Endpuncte der Anlagen bilden die „Georg-Victorquelle" mit der überdeckten Wandelhalle und das „Badelogirhaus", in dem die sehr wirkungsvollen, für Kranke und Gesunde gleich angenehmen kohlensauren Mineralbäder verabreicht werden. Zu früher Morgen stunde, wie am späteren Nachmittag herrscht auf dem Curplatz bei den Klängen einer guten Musikcapelle ein reges Leiben, daS dem schaulustigen Auge genügende Abwechselung bietet, vor dem aber der Ruhcbedürftige sich mit wenig Schritten aus sanft ansteigenden Waldwegen in den Frieden des Tannendunkels flüchten kann. Diese Wege, auf den sog. „Homberg", führen Len Weiter schweisenden nach verschiedenen Richtungen zu lohneoden Zielen und gewähren gleichzeitig durch zahlreiche bequeme Bänke auch Gelegenheit zu mühelosem Lustgenuß. Wie weiten sich da die Lungen beim Einathmen des köstlichen Harzduftes, wie besänftigen sich die erregten Nerven in der absoluten, nur durch Laute aus dem Thierleben und das geheimnißvolle Rauschen der Bäume unter brochenen Stille, wie erfrischt sich Auge und Gemüth an dem satten Waldcsgrün, auf das die Sonne zitternde Lichter malt. Scheut nian nicht einen etwas steilen Ausstieg auf den Gipfel deS „Homberg", so wird man durch eine köstliche Fernsicht vorr dem dort besindlichcn, auf schattigen Wegen in Stunden bequem erreichbaren Aussichlsthurm reich belohnt. Bon hier, wie auch von der etwas tiefer gelegenen „Bismarckhöhe" hat man nach zwei verschiedenen Seiten den Blick auf mehr als hundert Bergspitzen, die sich sehr malerisch ineinander schieben und scharf contourirt von einander abheben. Aber auch bei einer ganz geringen Steigung erreichen wir in kürzester Frist eine Anzahl hübscher Puncte, die entweder einen Fernblick aus weite bergumkränzte, durch freundliche Ortschaften belebte Thäler bieten oder liebliche abgeschlossene BilderdemBeschauer nahe rücken. Wie reizvoll ist es, wenn uns in früher Morgenstunde oder bei Sonnen untergang von den Curanlagen aus ein Wiesenweg von 10 Minuten auf die kleine künstliche Ruine, „den Katzenstein", führt, von der wir in die bewaldeten Berge nach einer anderen Seite auf den Ort und auf Schloß Friedenstein und endlich auf das historisch bekannte Städtchen Fritzlar mit dem aus dem 13. Jahrhundert stammenden romanischen Franenmünster blicken. Den Abstieg nehmen wir durch ein äußerst liebliches, saftiges, von kleinen Gewässern durchzogenes Thälchen, und sind wir besonders vom Glück begünstigt, so sehen wir auf unserem Wege äsendes Wild. Demselben begegnen wir auch in stiller Morgen- stunLe häufig in den nach Osten gelegenen ausgedehnten schönen Buchenwäldern, die nach zwei noch wenig ausgenntzten Mineral quellen, der Thal- und Stahlquelle, und über diese zu dem in idyl lischer Abgeschlossenheit zwischen bewaldeten Bergen und schroff aus steigenden kahlen Schieserfelsen sich erstreckenden „Helenen-Thal" führen. Hier sprudelt die der „Georg-Victorquelle" gleichwerthige „Heleuen- Quelle", die in anspruchslosester, fast primitiver Weise geschöpft und ver abreicht wird. Aber welche Fülle reizender Spaziergänge stehen hier dem Trinkenden zu Gebote: anmuthige Wiesenpfade von leicht über brückten, klaren Bächlein durchzogen, ebene Wege im dichten Tannen- Wald, steilere Aufstiege durch schattiges Laubholz, freie Ausblicke gewährend, Schluchten mit pittoresken Felsbildungen, über die rauschende Wässer sich ergießen, wo aus feuchten Stämmen smaragdenes Moos üppig wuchert und nur wenige einfallendr Sonnenstrahlen das grüne Dämmerlicht erhellen, so daß man sich in eine Klamm des Hochgebirges versetzt glauben kann. Das Alles bietet soviel Abwechselung und einen so starken Anreiz zum Wandern, daß das programmmäßige Gehen der Patienten auS einer Pflicht zum reinen Vergnügen wird, und hierin liegt ein großer Vorzug der landschaftlichen Beschaffenheit WildungenS für den Curerfolg. Nicht nur daß der physische Einfluß einer Gebirgs- und Waldnatur ein unbestrittener ist, auch psychisch wird daS Jnsichausnehmen harmonischer Naturbilder von bester Wirkung sein. Daß dies ohne große Anstrengung geschehen kann, hebt den Muth der oft durch ihre geringe physische Leistungsfähig keit herabgestimmten Kranken, belebt ihre gesunkene Energie und giebt so, durch erhöhte Anregung des Gemüths, auch dem Körper neue Spannkraft zurück. So wird Mancher, der als melancholischer Schwarzseher Las liebliche Stück Erde betreten hat, beim Scheiden freudig und dankbaren Herzens in die Worte ein stimmen, die der berühmte Arzt Hufeland, noch erfolgreichem Gebrauch der Wildunger Cur, noch in hohem Alter aussprach: „Preis und Tank dem Allmächtigen, der uns das herrliche Geschenk, Len Heilquell von Wilduugen, gabl" Tb. 8. Dem Deutschen und vefterreichischen Al-enverein hat sich neuerlichst eine Section im deutschen Schutzgebiet in China an geschlossen, der Bergverein Tsingtau, welcher sich zur Aufgabe gestellt hat, unsere ferne Colonie auch in touristischer Beziehung zu erschließen und seinen Mitgliedern die Publikationen deS Alpen vereins zukommen lassen will.
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