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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010514016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901051401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901051401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-14
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Morgen-Ausgabe Truck >>sd Verlag vou E. Polz tu Leipzig 95. Jahrgang. Dienstag den 14. Mai 1901 Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesürderung 70.—. Anzeigen «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclame« unter dem ReducnonSstrich (sgespaUeu) 7b H, vor den Familieuaach» richten (6 gespalteu) SO Tabellarischer und Zifserusatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannähme 2S L, (excl. Porto). Äuuahmeschluß für Ätyefge»: Ab end »Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestellen je eia« halbe Stunde fimher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abends 7 Uhr. Bezug-»Preis I» der Hauptexpeditiou oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährliche 4 50, bei zweimaliger täglicher Zu stell» na irS Haus e b.SO. Durch die Host bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. e 6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstaltcu in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem» bürg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-AuSgabe erscheint um Uhr, die Abcuv-Ausgabe Wochentags um b Uhr, Redaction und Expedition: Jvhannisgaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'S Sortim. UmversitätSstraße S (Paulinum), LouiS Lösche, Kathariuenstr. 14, tn-rt. uud Königs platz 7. WpMcr. TaMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes nnd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Das neue Feldgeschütz der Franzosen. 8. Wenn ein Staat die Construction- seiner Waffen, möglichst lange geheim zu halten sucht, so ist dies leicht zu verstehen, aber auf die Dauer läßt es sich doch nicht durchführen, besonders wenn diese Waffen erst an die Truppen verausgabt und daiourch Tausenden bekannt werden. So ist cs uns mit unserem neuen Infanteriegcwehr 98 ergangen und so ergebt es den Franzosen mit ihrem neuen Feldgeschütz, über das der Schleier des Ge heimnisses sich mehr zuIiiften beginnt. Dabei kommt diese Lüftung lediglich aus Europa und nickt twa aus China, wo bekanntlich französische und Mutsche Frldartillerie gemeinschaftlich in Pao- tingfu garnisonircn und mit dem neuesten Feldgeschütze ihres heimathlichen Typs ausgerüstet sind. Auch das neue französisch: Feldgeschütz hat ein Ealiber von 7,3 Centimeter; es hat gleichfalls die Merallkartusch« und ver feuert als Hauptgeschoß das Shrapnel mit Doppclzündec gegen lebende Ziele, während cs die Granate mit Aufschlagzünder nur nebenher gegen todt-e Ziele verwendet. Aber die Franzosen haben bei ihrem neuen Geschütz den Hauptwerth auf eine Erhöhung der Feuergeschwindigkeit gelegt und dafür den Nachtheil einer Ge wichtsvermehrung des Geschützes, verbunden mit einer Complicirt- heit des ganzen Mechanismus, mit in den Kauf genommen. Diese Feuergeschwindigkeit wurde dadurch erzielt, daß das Ge schütz nach demSchusse ruhig stehen bleiibt, also iveder zurückläuft noch Seitensprünge macht. Dies wurde durch drei Hauptcon- structionstheile erreicht, nämlich durch Sporn, Gleitschuh und Bremse. Der Sporn drückt sich beim Schüsse fest in den Boden ein, so daß das Geschütz nicht zurücklauscn kann; es müßte nun aber zur Seite springen, wenn nicht das ganzo Rohr nach rück wärts über den Gleitschutz hinwegglittc, der die Unterlasset: des Geschützes bildet. An der Unterkante des Oberlaffete sind die gleitenden Schienen angeordnet. Das Rohr würde also hsftig zurückfliegen, wenn es nicht durch eine Bremsvorrichtung ausge halten würde, und dazu 'dient die aus dem Drcyfuß-Prvces be kannte hydropneumatische Bremse. Sie besteht in einem unter dem Rohre angebrachten, mit Glycerin und Luft an- grfüllten Cylinder, in dem sich beim Schaffe ein Kotzben nach hinten bewegt, wodurch Glycerin und Lust zugleich comvrimirt werden. Hört dann die Wirkung des Rückstoßes auf, so dehnen sich die comprimirten Bestandteile wieder auf ihr früheres Volumen aus, wodurch das Geschützrohr wieder in die Feuer stellung sclbstthätig vorgebracht wird. Diese Bremse hat aber auch ihren Nachtheil, denn wenn der Lufkcylinder auch nur die kleinste Oeffn-ung hat, was durch einen Granatsplitter sehr leicht Vorkommen kann, so fliegt das Rohr sehr rasch zurück, weil cs keinen Aufenthalt mehr durch die Com- primirung erleidet, aber von einer Ausdehnung der Luft ist dann auch nicht mehr die Rede uckd das Rohr geht nicht wieder in die Feuerstellung zurück; das Geschütz muß außer Gefecht treten und kann nicht einmal mehr wie ein gewöhnliches Geschütz gebraucht werden. Wenn man nun auch in der Lage ist, im Schnellfeuer bis 20 Schuß in der Minute abzugebrn, so wird selbst auf französischer Seit: zugegeben, daß ein derartiges Schnellfeuer überhaupt kaum jemals Vorkommen wird und namentlich für ldas französische Feldgeschütz deshalb ein: hohe Ge fahr bedeutet, weil es in der Protze nur 24 Schuß mitführt, um die Gewichtsvermehrung des Geschützes auszugleichen, welches rund 1800 Kilogramm wiegt. Unsere Protzmunition beläuft sich aus 36 Schuß und übersteigt also die des französischen Geschützes um die Hälfte, was bei der Munitionsversorgung im Gefechte von höchster Bedeutung ist. Als eine Abweichung und Eigenart sind noch die Schutzschild: von Stahl zwischen Rohr und Rädern hervorzuheben, welch- das Gewicht auch noch vermehren. Hinter den Schilden sitzen die beiden Kanoniere auch beim Ab feuern des Geschützes, weil eben das Geschütz unbeweglich feststeht. Bei uns schwärmt man für diese Schilde ebensowenig wie in anderen Staaten, zumal da sie dem Richtkanonier die Gesammtiibcrsicht über das Gefechtsfeld benehmen. Im Krieg« werden eben auch Kanoniere todtgeschofsen, und wenn man erst jeden Soldaten panzern will, sann geht keiner mehr hinter seinem Panzerschilde hervor und dann: Adieu, Geist der Offensive, Geist des Muthes und der Thatkraft, der schließlich doch den Erfolg des Sieges verbürgen muß. Nachdem ein Theil dec Franzosen jetzt in China die Feldgeschütze der anderen Mächte in Thätigkeit gesehen hat, soll dieser Theil auch von lvem Glauben, das denkbar beste Feldgeschütz zu besitzen, schon erheblich zuriickgekommen sein. Das Lerliner Dismarckdenkmal und die bürgerliche Demokratie. ,r. Die demokratische Berliner „Volkszeitung" bestätigt, daß die Inschrift auf dem demnächst zu enthüllenden Berliner Bismarck denk male lautet: „Dem ersten Reichskanzler — das deutsche Volk", während auf der Vorderseite nur das einfache Wort „Bismarck" angebracht ist. DaS genannte „Organ für Jedermann aus dem Volke" bemängelt in dieser Inschrift die Worte „daS deutsche Volk", weil die Mittel zum Denkmal nickt vom Reichstage bewilligt, sondern durch private Sammlung aufgebracht worden seien. „Politische Gegner des Fürsten BiSmarck finden sich sicherlich", so schreibt die „Volkszeitung" wörtlich, „nur in völlig verschwindendem Umfange unter den Spendern. Die Zahl der Geldspendcr selbst stellt nur einen minimalen Bruchtheil des deutschen Volkes dar." Angesichts der für das Denkmal gewählten Inschrift, die zurückhaltender kaum anssallen konnte, hätten selbst bei Leb zeiten des Fürsten Bismarck Quängeleien wie die der „VolkSztg." nur ein Kopfschütteln Hervorrufen dürfen. Nach dem Tode Bismarck's aber erscheint das Auslischcn solchen Formelkrams um so unbegreiflicher, als die Haltung der freisinnig-demokratischen und der klerikalen Presse beim Tode des Fürsten Bismarck erfreulicher Weise von kleinlicher Feind seligkeit gegen den ersten Kanzler einigermaßen frei war. Die „Vossische Ztg." zum Beispiel schrieb: „Seitdem der erste Napoleon die Augen geschlossen hat, hat kein Staatsmann von ähnlicher Thatkraft und Ursprünglichkeit in die Geschichte der" Völker elngegrisfcn, wie der ehemalig« Teichhaapt. mann . . . Wie war eS, da er kam, und wie, La er ging? Deutsch- land war einst rin geographischer Begriff nnd heute ist cs eine der stärksten Großmächte der Welt." Die „Freisinn. Ztg." deS Abg. Richter sagte von Bis marck u. Ä.: „Niemand hat um die Herbeiführung dcr Einheit Deutschlands so große Verdienste wie Fürst Bismarck... An die großen Verdienste deS Fürsten Bismarck um das deutsche Einigungswerk reihen sich seine Verdienste um die auswärtige Politik unseres Vaterlandes." Die klerikale „Germania" aber schrieb: „Einer der größten Männer, die Deutschland je geboren, «in geistes- und herrschgcwaltiger Mann ist in dem Fürsten Bismarck unS gegeben und genommen worden. . . An seiner Bahre trauert das deutsche Volk, Las nun so viel Geist und Kraft, so viel Begabung und so viel Arbeit, so viel Entschlossenheit und Wage- muth in daS enge Grab hinabsinken sieht." Nnd die Berliner „VolkSztg." selbst schloß ihren Nach ruf mit den Worten: „So viel Klugheit, so viel ungestüme Kraftentsaltung, so viel Begabung, so viel Unermüdlichkeit, so viel Wissen, so viel Gc» dankenrcichthum, so viel Entschlossenheit, so viel Wagemuts» wird da dem Schooße dcr Erde anvertraut unter den Ehrenbezeugungen von Hunderttausend«»! Und wir beugen unS vor der Majestät des Todes, die doppelt gigantisch wirkt, wenn einer der Großen Lieser Erde zu Staub zerfalle» muß, auf dessen Wort einst Lie Welt lauschte." Hält man sich diese Worte der „VolkSztg." vor Augen, so wird man es nicht verstehen, wenn jetzt dasselbe Blatt nichtige Einwände dagegen erhebt, daß einem solchen Manne „das deutsche Volk" ein Denkmal gesetzt haben soll, ob wohl auch unter den Spendern für den DenkmalsfondS alle Elasten der Bevölkerung vertreten sind. Die Beschwerde der „Volksztg." wird aber in ihrer Hinfälligkeit vollständig erst dann erkannt, wenn man sich an die Reichs tagösitzung vom 7. December 1898 erinnert. Damals hat der Präsi dent Graf Balle st rem, der persönlich einen der schärfsten Zusammenstöße mit dem Fürsten Bismarck erlebte, u. a. gesagt: „Wenn schon die Pietät für den großen ToLten alle Angehörigen des deutschen Reiches anweist, das Andenken an seine unsterblichen Verdienste zu ehren und dieser Ehrung einen feierlichen Ausdruck zu geben, so tritt für uns Mitglieder des Reichstags noch ein Grund besonderer Dankbarkeit hinzu. Meine Herren, wenn wir hier als Vertreter des deutschen Volkes tagen, so haben wir dies in erster Linie dem verewigte» Kanzler zu verdanken. Es ist eine ge. schichtliche Thatsache, Laß die Basis, auf der der Reichstag beruht, das Wahlgesetz, auf Grund dessen die Abgeordnete» gewählt werden, lediglich dem maßgebenden Einfluß Les ersten Kanzlers zu danken ist. . . Auch für Diejenigen, die dem großen Kanzler in Couslicten scharf gegenüber standen, liegt kein Grund vor, dem großen Verstorbenen die feierliche Ehrung zu versagen. Tie Majestät deS Todes verklärt AllcS. Was Parteien und Personen auS unserer Mitte an dem Fürsten Bismarck zu seinen Lebzeiten bekämpften, ist, soweit es persönlicher Natur war, mit seiner sterblichen Hülle bc- graben." Die Mitglieder deS Reichstages hatten sich meist schon zum Beginn dieser Rede von ihren Plätzen erhoben; nur Vie Sociald em okraten und die Deutsch-Hanno veraner hatten vorher den Saal verlassen. Daß alle Angehörigen der Sccialvemokratie und der welfischen Partei dem Fürsten Bismarck kein Denkmal in der Reichs hauptstadt gönnten, wird Niemand behaupten wollen. Aoxr hiervon ganz abgesehen. Nachdem alle Parteien des Reichs tags zu dem Nachrufe des Grafen Ballestrem ihre Zustimmung haben erkennen lassen, fehlt es heute auch nicht mehr au einem formellen Acte der VvckS"ertretung, der im Sinne der „Volksztg." die für das Berliner BiSmarckdenkmal gewählte Inschrift rechtfertigt. Daß solche Betrachtungen durch die Haltung eines demokratischen Blattes nothwendig werden, ist im Allgemeinen nicht erfreulich, am wenigsten aber für die Demokratie selbst im Besonderen. UebrigenS schließe» wir unS dem Vorschläge der „Bert. N. Nachr." an, der Inschrift noch die Worte hinruzufügen: „mit Ausnahme der Demokraten und der Socialdemotrateu". Dem Sinne des Verewigte» würde das durchaus entsprechen und die Nachwelt würde die kleinen Geister richtig einzuschätzen wissen. Der Krieg in Südafrika. Beendigung der Strcifzngc dnrch das Bnschfeld. Tie Hausse in der englischen Kriegsstimmung hält noch an. Tie Berichterstatter scnd-n aufgeräumte Meldungen und sehen die Zukunft wiöcer einmal in heiteren Farben. Den Anlaß dazu giebt ihnen gegenwärtig die Rückkehr der ins Buschfeld ent sandten Strrifcolonnen zur Eisenbahnlinie. Besonders hoffnungs voll ist dadurch der Berichterstatter der „Times" gestimmt wor den, der an dcr Expedition des Generals Blood theilgenommen hat und übrigens eine sehr dautenswerthe Ucbersicht über die nunmehr abgeschlossenen Streifungen giebt, die Kitchener räthsel Hafter Weise in tiefes Tuntel gehüllt gelassen l»at. Er telegraphirt aus Middelburg (Transvaal) voin 6. Mai, daß Sir B. Blood am Sonntag, den 6., dorthin zurückgekehrt ist. Die Operationen Blood's iin östlichen Transvaal sind damit beendigt, daß seine verschiedenen Abtheilungen an die Bahnlinie herangckommen sind. Oberst Pulteney kam am 6. Mai in Middelburg an. General Douglas und Oberst Benson waren bereits iw Belfast. General Walter Kitchener, der Bruder des Obercourmcw direnden, steht nahe bei dem Zusammenfluß des Olifants- und des Wilge-Flusscs. Oberst Beatfon säubert die Gegend nördlich vou Balmoval, und sobald er mit Oberst Allendy zu- sammengestoßen sein wird, wird er mit diesem gemeinschaftlich nach Süden gehen. Die Abtheilung des Obersten Park wird oermulhlich im Bezirk Lydenburg bleiben. Die gejammten Opr rationen haben sich als sehr erfolgreich erwiesen. Zuverlässige Berichte über Einzelheiten sind noch nicht zur Hawd, es ist aber sicher, daß innerhalb der letzten drei Wochen mindestens 800 Boeren gefangen genommen worden sind oder sich ergeben haben. Tie Boeren nördlich der Bah» haben wiederholt gezeigt, daß sie vollkommen entmuthigt und ohne jede Organisation fiwd; sie scheinen nur auf ein« günstige Gelegenheit zu warten, um der ganzen Sache ein Ende zu machen. Als bedauerlich bezeichnet cs dcr Berichterstatter, daß es Diljoen gelungen ist, mit dem einzigen bedeutenderen Commando zu entkommen; aber infolge der ungeheuren Schwierigkeiten, Vie das bewaldete und durch schnittene Land bereite, und der ausgezeichneten Meldungen, die Viljoen gehabt habe, sei es unmöglich gewesen, ihn am Ent kommen zu hindern, besonders, nachdem er seinen Troß im Stich gelassen hatte. Viljoen soll sich jetzt südlich der Bahn befinden und keinerlei Zufuhr haben. Soweit der Berichterstatter. Aus seiner letzten Mittheiluny über Viljoen ergiebt sich, daß dieser wen Ueberfall auf Beatson's Lager, der von Reuter underm 5. aus Middelburg gemeldet wurde, noch vor seiner Vereinigung mit Botha und nördlich der Eisenbahn in der Nähe von Bal- moral ausgeführt hat. Der Ueberfall scheitert« bekanntlich, Vil joen entkam aber mit seinen 500 Mann, allerdings mit Aufgabe seines Trostes, unter dem Schutze des dichten Nebels und hat sich inzwischen bei Carolina mit Louis Botha vereinigt, wenigstens wenn die eingegangenm Nachrichten die Wahrheit sagen. Einen noch freudigeren Ton schlägt ein ackoerer „Timos"-Berichterstatter an, der vem 6. Mai aus Pienaarsrioer (Station 60 Kilometer nördlich von Pretoria) meldet: „Das Ergebniß der vereinigten Operationen im Buschfeld ist, daß 1500 bewaffnete Kriegführende sich ergaben oder gefangen ge nommen wurden, und daß den Boeren Petersburg als Operationsbasis enteisten wurde. Nach den Ergebnisten der Vor gänge des letzten Monats zeigt es sich, daß die Boeren den Feld zug im Buschkekd weniger als di« Engländer zu ertragen ver mögen. Tie Panzerzüge sind jetzt zur Vollkommenheit ent wickelt. Sie bilden einen höchst interestanten Gegenstand mili tärischen Studien, da sie für die gegenwärtige Art der Krieg führung unschätzbar sind." Auch aus einem Telegramm deS „Standard" aus Pretoria vom 9. dieses Monats spricht groß« Zufriedenheit mit dem gegenwärtigen Stande der Dinge. Da nach sind di- gefangenen Boeren bei Middelburg zusammen gebracht worden, um von dort nach Pretoria geschafft zu werden. Sie geständen durchweg ein, daß sie durch die letzten Operationen der Engländer überrascht worden wären, und daß ihnen dies viel mehr geschadet hätte, als die Operationen des Genevals Frerich. Auch gäben sie zu, daß es jetzt sehr schwer wäre, dir britisch-en Truppen zu überlisten. Ob diese hoffnungsvolle Stim mung im englischen Lager begründet ist, und lang andcmrrn wird, muß sich bald zeigen. Die folgende Meldung spricht jeden falls nicht dafür: * London, 13. Mai. (Telegramm.) Nach einem Telegramme des „Standard" aus Pretoria vom 10. d. MtS. beläuft sich die noch im Felde stehende Gcsammtmacht deS Feinde- auf 16 500 Mann, trotz aller Niederlagen und Verluste in der letzten Zeit. Der Feind schließt sich aufs Neue zu Commandos von wesentlicher Stärke zusammen, namentlich in dem Dreieck, welches der Osten Transvaals bildet, und im Westen. Tie Boeren haben auch noch einige Geschütze uud MunitionS- vorräthe. — Die „Daily Mail" erfährt aus Pretoria, De Wet habe seine Operationen wieder ausgenommen. Er soll deu Baal wieder überschritten haben und mit über 2000 Manu iu Transvaal eingedrungen sein. (Wiederholt.) Fettilletsn. Die Dirke, unser Pfingstbaum. Nachdruck verboten. Pfingsten ist das Fest der Maien, und überall in ganz Deutschland und weit über sein« Grenzen hinaus werden an diesem Feste die Wohnungen dcr Menschen innen und außen mit grünen Birkenzwcigen geschmückt. Auf dem Thüringer Waloe schmückt man auch Kirchen und Brunnen, und am oldenburgischen Mccresgestadc sogar die Schiffe und Baugerüste mit den zarten Büschen der Birk«. Dieser Baum zeichnet sich vor anderen Bäumen durch di« -weihe Oberhaut der Rinde aus, und deshalb nennt ihn der Dichter Jouquö „die weiße Frau mit dem grünen Schleier". Alle Pfingstgebräuche beziehen sich auf den erwachenden Geist des Naturlebens, und alle tragen den Charakter der Heiter keit und Fröhlichkeit. Die Birke ist das Zeichen eines freundlichen Grußes und festlichen Empfanges für den Frühling, der nun end lich mit all' seiner Blumenpracht und seinem Blutheckduft, mit seinem Sonnenschein und Vogelsang bei uns eingetehrt. Wir begrüßen in der Birke die neuerwachende Natur, und so wird die selbe eine Personifikation deS Frühlings. Dieser Wachsthumsgeist der neu erwacheckden Natur wird auch in den Pfingstspielen durch einen in junges, grünes Laub oder Blumen gehüllten Burschen oder durch ein ebenso geschmücktes Mädchen dargestellt. Ein Bursch' und ein Mädchen verkleiden sich am zweiten Pfingsttage und verstecken sich außerhalb des Dorfes im Gebüsch. Dann zieht das ganze Dorf mit Musikanten aus, „das Brautpaar zu suchen". Wenn cs gefunden ist, wird es von der Gemeinde umringt, die Musikanten fangen zu spielen an, uckd daS Brautpaar wird mit Jubel ins Dors geführt, wo man am Abend «inen Tanz hält. In Burg bei Reideburg, eine halbe Meile von Halle, reiten zwölf „Pfingstburschen" am frühen Morgen, bunt geschmückt und von zwei Wagen begleitet, in den Wald. Auf Pein einen Wagen sitzen die Musikanten, der andere ist leer. Im Walde hauen die Pfingstburschen unter Musik die Pfingstmaie um, führen sie auf dem zweiten Wagen inS Dorf. Sie reiten nun noch am Vor mittag auf die benachbarten Dörfer und laden die Bewohner zu ihrem Feste ein. Das Fest beginnt Nachmittags damit, daß man einen Mann aus Stroh zusammenbindet, ihn auf eine Karre legt und eine Grube -von der Länge des Mannes gräbt. Einem der Pfingstburschen nach 'dem anderen werden 'dann die Augen verbunden, und er muß so mit der 'Karre auf die Grube zufahren. Wer die Grube trifft, der erhält den Preis, welcher an die Ma:e angebunden ist, gewöhnlich ein Tuch oder Zeug zu einer Weste. Der Mann von Stroh bleibt in!oer Grube liegen, man schüttet sie wieder zu, und -dann tanzt das ganze Dorf um sie Maie. Dieses Spiel nennt man „den alten Mann ins Loch karren". Mit einigen Abweichungen erscheint zu Pfingsten auf den Dörfern in der Umgegend von Eisleben ein anderes Spiel, näm lich „den wilden Mann aus dem Pusch« jagen", oder „den wilden Mann aus dem Holze holen". Di« gewöhnlich« Form ist fol gende: Ein Bursche wird in 'Laub und Moos gehüllt und heißi der wilde Mann. Er versteckt sich im Wald«, und di« übrigen Burschen des Dorfes ziehen aus, ihn zu suchen. Sie finden ihn, führen ihn als Gefangenen aus dem Walde und schießen draußen mit blind geladenen Gewehren nach ihm. Er fällt wie tobt zu Boden, doch man sucht ihn wieder ins Leben zu bringen. Ein Bursche, der als Arzt verkleidet ist, läßt ihm zur Ader, und wie er wieder erwacht, jubeln die Andern, setzen ihn auf einen Wagen, binden ihn fest und nun fahren sie ins Dorf und erzählen der versammelten Gemeinde, wie sie den wilden Mann gefangen haben, und vor jedem Hause erhalten sie ein Geschenk. In Thüringen ziehen am Tage vor Pfingsten die Förster mit den Burschen des Dorfes in den Wald, um die Maibäume ein zuholen. Die größte Auszeichnung ist es, wenn di« gesammten Burschen des Dorfes «iner Jungfrau «inen Maibaum setzen, denn dieses geschieht nur dann, wenn die Jungfrau vollkommen tugend haft und bei Jedermann beliebt ist. I« schöner und höher bie Birke, desto größer ist die Ehre, und in der Thai liegt in dieser öffentlichen und allgemeinen Anerkennung etwas sittlich Schönes. Der große Maibaum, den di« gesammte Dorfschafj feierlich einholt, auf freiem Platze in ihrer Mitte aufpflanzt, stellt den LebenSbaum, das zweite Ich der ganzen Gemeinde dar. Ihm zu nahen ist für jede» Glied ein« Woblthat, er wird in feierlichem Reigen umtanzt und mit bunten Bändern geschmückt. Yin schöner Mcirbaum ist im Bogtlande der Stolz des Dorfes. Im Oldenburgischen, im Budjadingerlande werden bei den einzelnen Höfen häufig Maibäume aufgerichtet. Es sind dies hohe Stangen, an der Spitze mit Lanbbüschen, Kränzen oder Flaggen gezierl. Oft haben viele Bauernschaften einen gemeinsamen Maibaum. Am Tage vor Pfingsten wird derselbe mit Zweigen der Birke und Flaggen geschmückt, von der Bauerschaft aufgerichlet und die Nacht hindurch bewacht, wobei nicht wenig gezecht zu werden braucht. Während der Baum steht, ist es anderen Bauerschaften ccla-ubt, ihn zu stehlen, doch darf dabei keiner der Stricke, die ihn halten, zerschnitten werden. Ist der Diebstahl gelungen, so muß die unachtsame Bauerschaft den Baum mit einer Tonne Bier auslösen. Auch im Jeverland herrscht die Sitte, Maibänme zu setzen, und es gilt für ehrenvoll, dieselben zu stehlen. Ein ge stohlener Maibaum wird dort mit großem Pompe zurückgebrachi. Ein Wagen mit Musikanten fährt vorauf, dann folgt auf zwei Wagen der Maibaum, nun folgen ans mehreren Wagen die Ent führer des Baumes mit ihren Mädchen, und Pferde, Wagen und Mrnschen sind mit Grün und Blumen reich geschmückt. s>o bewegt sich der Zug unter Musik nach dem Orte, woher der Mai baum stammt. Hier passirt er einen Ehrenbogen, die Gäste steigen ad und werden, nachdem der Baum wieder aufgerichtet, mit Speise und Trank bewirthrt, und Wirthe und Gäste halten ein paar Tänze, zu denen die mitgebrachten Musikanten aus- spielen. In Vechta melden zu Pfingsten an vielen Stellen durch die ganze Stadt Kränze über die Straße gespannt, in der Mil des Kranzes hängt «ine Krone mit Blumen, Bändern und dergl. geziert. Unter der Krone tanzen und singen, namentlich am zweiten Pfingsttage, die Kinder fast den ganzen Tag. Bemerkcnswerth ist eine schwäbische Sitte. Im Welzheimer Walde werden in der Pfingstnacht auf dcr Düngerstälte jedes Hause?, in welchem sich Roste oder Rinder befinden, Tannen bäumchen oder Birken crufgepflanzt. Die Tannen beziehen sich auf die Pferde, die Maien auf das Rindvieh. Man wählt gerad wücksige, jung« Tannen mit schönen Wipfeln, befreit sie von den unteren Zweigen und schmückt den Stamm durch kunstreiche Schälung. So viel Pferde im Stalle, fo viel Tannen iverden hingesetzt, sind es alte öder junge Rosse, so sind auch die Tannen theils größer, (Heils kleiner. Das Rindvieh bekommt nur kleine Büsche, und zwar stallweise, nicht jedes Thier besonders. Dieser Act, der von den Bauern streng beobachtet und für höchst segen bringend gehalten wird, darf zu keiner anderen Jahreszeit vor genommen iverden, die aufgehende Sonne deS Pfingsttages muß die Zurüstung beleuchten. Diese Pflicht wird so streng beob achte!, daß man sich lieber die Nachtruhe versagt, Menn man die Tannen und Maien weit herholcn muß. Aehnliches geschah in Rom am Fest der Palili«n. Dieses Fest wurde zu Ehren der Feldgottheit Paks am 21. April, dem Tage der Gründung Roms, durch Hirten gefeiert. Bei der ersten Dämmerung des Morgens wurden die Schafe lustrirt (gereinigt, geweiht). Zu diesem Zwecke wurde der Schafstall mi: Wasser besprengt und mit frischen Besen ausgekehlt, daraus inwendig mit frischem Laube, an der Thür mit Kränzen und Blumen gewinden ausgeschmückt, endlich die Schaf« selbst mit Schwefel dämpfen gereinigt. Dann wurde auf dem Herde von RoSmarin-, Fichien-, Oliven- und Lorbeerzweigen «in Feuer eingemacht, wo bei cs als ein gutes pichen galt, wenn die Lorberrzweig« im Feuer rrcht stark knisterten. Dazu brachte man ein einfacher Opfer und betete dabei um Segen für daS Vieh, den Stall und di- Herrsckaft. Di: grünen Birkenzweig« dienten auch bei uns alS Zauber schutz, die Kühe sollten dadurch milchreich, die Hexen Vertrieben werden. Als Pfingstbaum tritt die Birke schon im 13. Jahr bunden auf. Man zog in den Wald, um den Mai zu suchen, und brachte Birken mit und pflanzte sie vor di« Thüren, aärf daS Dach und vor den Viehstall. Zuweilen werven auch vorher die Birken von Haus zu HauS getragen, und di« Schuljugend singt folgende Strophen: Guten Tag, guten Tag ins HauS! Hier bringen wir den Mai ins Haus, Wir haben heute Maie, Der giebt uns uns're Weihe u. s. w. Hierauf werden die Singenden mit Eiern und Geld be schenkt. In Holland pflegen noch heute zur Pfingstzeit arme Weiber ein Mädcken, auf einem kleinen Wagen sitzend, umherzufahren und Geld zu betteln. Dieses Mädchen ist als persomficirtrr Frühling mit Blumen und Bändern geziert, veißt pinxtor dlosm und gemahnt an die umziehende alte Göttin; pinxter dloem ist in Holland der Name für die Schwertlilie. (Schluß folgt.)
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