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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000423022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900042302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900042302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-04
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Der zweite hat nur den einen Fehler, daß er, da er, obwohl gänzlich unpolitisch, doch eingehender technischer Prüfung bedarf, wegen vorgerückter Zeit und Neberlastung deS Reichstags in dieser Tagung — oder, falls er nochmals vertagt werden sollte, in diesem Tagungsabschnitt — kaum wird erledigt werden tonnen. Diese Befürchtung wird ziemlich allgemein getheilt, ob aber ein agrarisches Blatt, das ein Wiederzusammentreten der RrichSvertretung nach Pfingsten als ausgeschlossen bezeichnet, recht unterrichtet ist, muß noch dahin gestellt bleiben. Hat bis dahin die F.1 o t t e n c a m p a g n e nickt mit der Schaffung eines die Regierung zufriedenstellenden Gesetzes oder mit der — Auflösung geendet, so ist unseres Erachtens eine Wieder aufnahme der Arbeiten nach dem nächsten Feste unver meidlich. Denn eine Vertagung der Angelegenheit bis zum Herbste würde im Lande dahin aufgefaßt werden, daß es mit der Sache keine Eile habe und ihre Inangriffnahme im ver gangenen Winter mehr eine Sache des Zufalles gewesen sei. Und dies wäre von Uebel, selbst wenn man in diesem Falle nicht an die Wähler zu appelliren brauchte. Ein Theil der Presse hat schon während deS Samoa-Streites eine Er weiterung des bestehenden Schiffsbaugesetzes verlangt. Er hat damit dem Wunsche eines nicht nur numerisch beträchtlichen TheileS der Bevölkerung Aus druck gegeben und dieses Element würde cS ganz und gar unbegreiflich finden, wenn jetzt die Negierungen, nachdem sie mit Forderungen herangetreten, bloS weil die Session in sechs Wochen ziemlich lange gedauert haben wird und weil eS im Uuni schönere Aufenthaltsorte als Berlin giebt, eine weitere Verzögerung ruhig hin nähmen. Der Reichstag kann übrigens bis Pfingsten beauem mit der Flottenangelegenheit fertig werden, und geschieht das nicht, so wird die Schuld allein an dem schlechten Willen desCentrumS liegen. Die Presse dieser Partei treibt zur Abwechselung wieder einmal Verschleppungstaktik unter dem lächerlichen Vorwande, daß die Regierung noch nicht Deckungsvorschläge ausgearbeitet zu haben scheine. That- sächlich liegt über neue Steuerpläne der Regierung be kanntlich noch gar nichts vor, und eS darf als aus geschlossen gelten, daß die letztere, wie die „Germania" glauben machen möchte, sich auf eine Erhöhung deS Lotterie stempels, sowie der Börscnsteuer beschränken und insbesondere aus die selbst von einem hanseatischen Abgeordneten empfohlene Heranziehung der ConnossemeutS verzichten werde. Der Eentrumspresse ist eS offenbar nur darum zu thun, das Un recht, das die Partei bisher durch Verzögerung schon be gangen und vielleicht — auS Handelsrücksichten — noch weiter zu begehen gedenkt, der Regierung in die Schuhe zu schieben. Aber die Oeffentlichkeit ist denn doch nicht so — dumm, um nicht einzusehen, wie sehr sie an der Nase hernmgeführt wird, wenn die „ausschlaggebende" Partei unaufhörlich erklärt: „Wir sagen nicht, was wir bewilligen werden, aber Ihr, die Regierunaen, müßt uns bei Heller und Pfennig angeben, wie Ihr die Kosten für daS, wa- wir möglicherweise später be willigen werden, aufbringen wollt." Die Negierung darf sich nicht langer in dieser Weise „dilatorisch behandeln" lassen und muß, wenn sie die ohnehin schon Lurch mancherlei schlimme Dinge stutzig gemachten Flottenfreunde im Lande nicht abstoßen will, spätestens in der künftigen Woche eine endlich ernsthafte und undiplomatische Behandlung der Marinevorlage von der Budgetcommission verlangen. Namentlich liegt es der Regierung ob, dem Versuche einer Verquickung der LandeSvertheidigungSsache mit anderen Tagesfrazen mit aller Entschiedenheit entgegenzutretrn. Zu solchen Versuchen dienen natürlich das Fleischbeschau- und das Heinze-Gesetz, vielleicht auch das preußische Gemeinde Wahlgesetz. Mit den ersten beiden Angelegenheiten die Leser immer wieder zu behelligen, ist eine lästige, aber nicht abweisbare Pflicht der Presse. So muß verzeichnet werden, daß das Organ deS Bundes der Landwirthe von der Absicht berichtet, daS Fleisck- deschaugesetz zurückzuzieben. Die Verwirklichung wäre an sich gar kein Unglück, politisch würde sie aber die Lage noch mehr verwirren; denn, wie die Dinge sich entwickelt haben, wüßte man gegebenen Falles nicht, wem zu Liebe die Regierung verzichtet, ob aus Rücksicht auf die eompromißfreundlichen Eonservativen oder die ihnen Schwierig keiten bereitenden Herren v. Wangenheim, vr. Roesicke und vr. Hahn. Diese beiden Fleischbeschaugruppen setzen die gegenseitige Bekämpfung fort. In der „Deutschen Tages zeitung" äußert sich ein Herr vonTrotha sehr ungehalten über den Grafen Mirbach und den Frhrn. v. Manteuffel, die sich noch der Illusion Hingaben, daß heutzutage mit der Regierung irgend etwas Ersprießliches für die Landwirthschaft zu erreichen sei, „während bei der Landbevölkerung allgemein die entgegengesetzte Meinung vorwiegt, daß Alles gegen die NeichSregierung erstritten werden muß". Hier, so heißt eS weiter, „ist daS Vertrauen bis zum Nullpunkt gesunken." Wenn diese Feststellung richtig ist, so würde sie nichts weiter al» die Wirksamkeit der gewissenlosen Hetzerei gewisser Agitatoren beweisen. DaS sagt die „D. T." natürlich nicht, dagegen läßt sie für die Bundesleitung von Herrn v. Trotha durch die Bemer kung Reklame machen, die geringen Erfolge auf landwirthschaft- lichcm Gebiete seien ausschließlich der kraft- und zielbewußtrn Thätigkeit deS Bundes der Landwirthe zu danken. In den wenigen Worten steckt eine doppelte Unrichtigkeit; die Erfolge sind nicht gering und sind durch die Leitung deS Bundes eher erschwert als erleichtert worden. In der Angelegenheit deS Fleischbeschaugesetzes zeigt sich diese Wirksamkeit des Bundes gleichfalls deutlich. Daß daS Gesetz ohne Fleischeinfuhrverbot einen Fortschritt für die Landwirthschaft bedeutet, kann nicht bestritten werden und wird heute ausdrücklich von der „Kreuz zeitung" anerkannt, wie auch eine vor wenigen Tagen zuBarten - stein abgehaltene Versammlung der konservativen Partei und des Bundes der Landwirthe dem für ein Compromiß in ersterer Sacke thätigen Grafen v. Klinckowström ein stimmig ihr volles Vertrauen bekundet hat. Die Bundesleitung aber erklärt: „Lieber kein Gesetz, als dieses". Sie läßt übrigens die Partensteiner Versammlung von ihrer Presse todtschweigen und mackt dafür um so mehr Aufhebens von einer Versammlung zu Neuß, wo klerikale Landwirthe und ein katholischer Geistlicher in allerdings sehr scharfer Weise eine Verständigung verwarfen, und zwar trotz der entgegen gesetzten Haltung von großen Grundbesitzern und Parteigenossen. Die Hoffnung, die die Berliner BunveSdirectoren auf die hier zu Tage getretene Stimmung setzen, dürfte sich aber als eitel erweisen. Das Centrum weiß dergleichen zu corrigiren und eö wird dies thun, weil eS auf die industriellen Bestandtheile der Bevölkerung des Westens Rücksicht zu nehmen hat. Die Papiere, die sich auf die Aöderalio» der australischen Colonien beziehen, sind jetzt in London bekannt gegeben worden. Dieselben enthalten den Entwurf deS Commvn- wealth-G-setzeS für Australien, wie er zuletzt angenommen worden ist. DaS Parlament der neuen Föderation soll nicht später als sechs Monate nach Einrichtung der Commonwealth zusammentreten und alle Jahre soll mindestens eine Session stattsinden. Der Senat soll sich auS Senatoren zusammen setzen, die in jedem Staat besonders gewählt werden. Diese Senatoren sollen für den Zeitraum von sechs Jahren ernannt werden. DaS Repräsentantenhaus soll sich aus Mitgliedern zusammensetzen, welche direkt von dem Volk der Commonwealth gewählt werden, und die Anzahl dieser Mitglieder soll, wenn irgend möglich, doppelt so groß sein, als die Zahl der Senatoren. Die Anzahl der Mit glieder, die jeder Staat zu erwählen hat, soll im Verhältniß zn der Anzabl der Bewohner deS betreffenden Staates stehen. Die Exekutivgewalt der Commonwealth liegt in Händen der Krone und wird durch den General gouverneur als Vertreter der Krone au-geübt und bezieht sich insbesondere auf die Aufrechterhaltung dieser Ver fassung und der Gesetze der Commonwealth. Ferner soll ein Federal Exekutive Council ernannt werden, der den Generalgouverneur in der Regierung der Commonwealth zu unterstützen hat; die Mitglieder dieses RatheS sind von dem Generalgouverneur zu ernennen, einzuberufen und zu ver eidigen; sie bleiben so lange im Amt, als er eS für gut hält. Die höchste gerichtliche Entscheidung in der Commonwealth hat die Federat Supreme Court, die den Namen High Court of Australia führen soll. Dieselbe soll auS einem Oberrichter und mehreren Richtern bestehen, wie eS daS Parlament vor schreibt, jedoch dürfen eS nicht weniger als zwei sein. Die „Times" äußern sich über die australische Förderation wie folgt: „Es ist kaum nöthig, zu sagen, daß das Volk und die Regierung von England einer Meinung mit dem Volk und der Regierung Australiens über daS zu Erreichende sind, nämlich die möglichst schnelle Annahme des bestmöglichen ActeS zur Constituirung der australiscken „Commonwealth". Wenn Alles zu allgemeiner Befriedigung erledigt werden soll, müsse sehr sorgfältig zu Werte gegangen werden, denn es bandle sich nicht um ein loses Einverständniß, das stets zu scharfen Meinungsverschiedenheiten führen wird und böses Blut zu machen pflege. Die Clauseln der „Common wealth Bill" beschränkten nicht nur die Rechte, zu appelliren, wie sie in Kanada beständen, sondern reservirten dem australischen Parlament Befugnisse, die diese Rechte noch fernerhin in unbeschränkter Weise beeinträchtigen könnten. Der Umstand, daß daS australische Bundes-Parlament das Recht erhalte, über Sachen, wie „äußere Angelegenheiten", „Beziehungen der Föderation zu den Inseln deS Stillen OceanS", „Naturalisation Fremder" und andere Gegenstände, die das ganze Reich mit fremden Mächten in Verwicklungen bringen könnten, zu beschließen, zeige deutlich die dringende Noth- wendigkeit, daß die Interpretation über daS Maß, in dem diese Befugnisse jener Körperschaft übertragen werden sollen, nicht ausschließlich bei dem australischen Tribunal ruhen dürfe." Hierzu bemerkt die „Westminster Gazette": „Wenn diese Ansicht der „Times" die der Regierung repräsentirt, so müssen wir unS auf Schwierigkeiten gefaßt machen." Wenn die britische Regierung eine uon-possumus-Haltung annshmen wolle, würde daS gegen die australiscke Meinung verstoßen und die Oppositionspartei würde für eine solche Sache nicht mit der Regierung gehen. Durch die deutsche Presse sind in den letzten Wochen einige Notizen gegangen, welche die politische Lage AinlanöS in sedr pessimistischer Beleuchtung darstellten. Das Enve FinlandS sei gekommen, heißt eS; die Selbstständigkeit ßinlandS sei definitiv vernichtet u. s. w. Demgegenüber schreibt die „Fin- ländische Correspondenz": Trotz aller Drohungen und trotz aller Gesetzesbrüche und Brutalitäten ist die Vernichtung der Selbstständigkeit FinlandS noch immer nichts weniger als eine vollzogene Thatsache, sie liegt im Gezentheil noch im weiten Felde. Noch functionirt der Landtag ungestört, noch ist die Jnamovibilität der Beamten eine Tbatsache, an die Niemand zu rühren gewagt hat, noch ist die persönliche Sicherheit des finländifchenStaat-burgerS unangetastet; und so vielesÄndere noch, was nicht minder wichtig ist, wie Religion, Sprache, Schule rc. Der rohen Kraft gegenüber, die nichts als daS Recht des Stärkeren anerkennt, sind das allerdings nur scheinbar unveräußerliche Rechte. Eines schönen Tage- können sie verschwunden sein unter dem Fußtritt deS triumphirenden Barbaren. Aber auch dann ist Finland noch lange nicht untergegangen. Das finländische Volk, seine Sprache, seine Cultur, seine RechtSauffafsung, seine Sitten können nicht mit einem Fußtritt zertreten oder durch einen Ukas auS der Welt wezdekretirl werden. Selbst wenn die schlimmsten Befürch tungen sich bewahrheiten sollten, selbst wenn Finland in politischer Beziehung dasselbe Schicksal erleiden sollte, wie dir Ostseeprovinzen — was aber aller Wahrscheinlichkeit nack nicht der Fall sein wird — so wird damit die Russisicirung als solche nicht einen Schritt gewonnen haben. Diese« Land kann nicht russificirt werden; ehe daS geschieht, wird daS gewaltige Zarenreich sich „europäisiren". Eine Jahrhunderte alte, bis in die tiefsten Schichten der Bevölke rung gedrungene, überlegene Cultur läßt sich nicht durch eine an Civilisation und RechtSentwickelung niedriger stehende Rasse verdrängen. Der Krieg in Südafrika. -k». Die nächsten Tage muffen auf dem westlichen Kriegs« schauplatz — daran, daß auch noch ein östlicher existirt, wird man kaum mehr erinnert — wichtige Entscheidungen bringen, bei Wepener und bei DewetSdorp. Wepcncr ist Ende der vorigen Woche von den Boeren energisch be schoffen worden. Sie wollten da» Erscheinen der weißen Flagge erzwingen, ehe Brabant'- Entsatztruppe, die von Süden her (von Aliwal North) heranzieht, in Sicht kani. Man darf gespannt darauf sein, ob ihnen die- gelingen wird. Heute wird uns gemeldet: * Maseru, 22. April. (Reuter'S Bureau.) General Bra bant traf am 21. April Abend« in BuschmanSkop ein und ver wickelte heute Bormittag dir Boeren in eia Gefecht. Beim Ab gänge dieser Nachricht dauerte da- Geschühfeuer bereit» mehrere Stunden. Oberst Talgety berichtet: In Wepener geht Alles gut. Die Boeren warfen gestern über 300 Grausten in die Stadt, ohne einen großen Schaden anzurichten. Der Feind erlitt beträchtliche Verluste. BuschmanSkop liegt auf der Straße von Rouxville nack Wepener, von letzterer Stadt nur noch etwa 40 km entfernt, aber die Boeren haben dort rin starkes Commando postirt und sehr feste Stellungen inne. DaS Terrain erbebt sich der Vafutolandgrenze entlang wieder mehr, und selbst, wenn die Boeren genöthigt sein sollten, bei BuschmanSkop zurück- zugehen, würden sie die Straße in nördlicher Richtung Fsrrilletsn. L2j Drei Theilhaber. Roman von Bret Harte. Nachdruck verbot«». Frau Hornburg rief ihren Namen, «rhklt aber keine Ant wort. Der Rauch strömte schon die Treppe herunter. Einen Augenblick blieb sie vor Entsetzen wie angewurzelt stechen, dann holte sie tief Athem und eilte hinauf. Auf dem ersten Treppen awsatz stolperte sie über «inen Körper — die Wärterin lag be wußtlos auf der Erde. Frau Hornvurg's Fall war jedoch ihre Rettung; sie bemerkte, daß man nah« am Boden freier athmen könne. Vor ihr schien eine offene Thür zu sein. Sie kroch auf Händen und Füßen dahin. DaS Angstgeischreti eines Kindes, das im Dunkeln aus dem Schlaf erwachte, gab ihr den Muth, sich zu erheben, ins Zimmer zu treten urid das Fenster aufzu stoßen. Beim Schein der züngelnden Flammen tonnte sie eine kleine, im Bett aufge richtete Gestalt erblicken — es war „Sta". Sie durfte leinen Augenblick verlieren, denn Lei dem Zug vom offenen Fenster kam der Rauch ins Zimmer geströmt. Glück licher Weife hatte der Knabe mit kindlichem Jnstinct di« Aevmchen um ihren HalS geschlungen. Sie flüsterte ihm zu, recht fest zu halten und kletterte zum Fenster hinaus. Ein schmaler Sims, kaum breit genug für ihre Füße, lief längs dem Hause bis zum nächsten Balcon. Mit dem Rücken an die Mauer gelohnt, fchob sie sich vorsichtig auf dem Sims weiter, um aus dem Bereich des Rauches zu gelangen, der jetzt dem Fenster ent strömte. Da «rgriff sie ein Schwindel; di« Last des Kindes an ihrer Brust gab ihr das Uebergewicht nach vorn, wo der Ab grund gähnte. Sie schloß die Augen und drückte das Kind mit gekreuzten Armen fest an sich. So stand sie regungslos da; vom Hof aus, durch den wirbrlnden Rauch gesehen, macht« sie wohl einer in der Mauernische ausgestellten Madonna Wit dem Kreide gleichen. In diesem Airgeniblick hörte sie eine Stimm« von oben ihr Muth zurufen, und das Ende eines zufammen- qedrehten Leintuch«» berührte ihr Gesicht. Sie griff danach und hielt sich fest. Zugleich vernahm sie «inen lauten Zuruf von unten; man brachte eine Leiber herbei, und starke Hände hoben st« mit ihrer Last vom Sims herunter. Run erst schlug sie die Augen nach dem oberen Fenster auf, von wo ihr di« Hilfe ge kommen war. Rauch und Flammen strömten daraus hervor. Wer d«r Br«« grwrsen, der ihr fo hekdenmüthig die einzige Möglichkeit seiner Rettung zum Opfer gebracht hatte, blieb für immer unbekannt. Kaum vier Meilen vom Hotel entfernt, warteten in jener Nacht mehrere Männer unweit des Dammes am Fuß des Kiefer berges auf die Morgendämmerung. Als sich am Himmel über der Bergkuppe, die zwischen ihnen und Hymettus lag, eine roth« Gluth zeigte, sagte Hamlin: „Wieder «'m neuer Waldbrand; ein recht großer obendrein, und wie mir scheint, diesseits des Black-Spur-Gebirges." „Wißt Ihr", meinte Barker nachdenklich, „ich dachte gerade daran, wie damals unsere alte Hütte auf dem Kieserberg in Flammen aufging. Es sicht aus, als wäre es dieselbe Stelle." „Still!" rief Stacy in scharfem Ton. Neuntes Cap'it«k. Ein verlassener Stollen und neben dessen Mündung am Ab hang der Auswurf des Berges: rother Schlamm, Kies und «in eigenthümlicher Lehm, der dort Cement genannt wird; ein schmaler Felsvorsprung rechts und links davon, aus welchem Hausen von Quarz, Erzabfällen und Steinen im dichten Unter holz von Eichen- und Myrtenlbüschen halb verborgen liegen; eine baufällige Hütte aus Baumstämmen, Rinke und Fluß kieseln — das waren die äußeren Bcstattdtheil« von Marschall's Parzelle. Durch Feuer oder Sprengarbeit hatte man den Berg abgcholzt und von Gestrüpp und Dickicht befreit, Baumäste waren gestutzt, Schößlinge ausgerodct worden; auch konnte man die Trümmer und Ueberreste einer gowissen Halbeultur be merken. Der Boden vor der Hütte war bedeckt mit zerbrochenen Kisten und Zinnbllchsen, mit Faßdauben, Reisen und weg geworfenen Lappen von Kleidungsstücken und Wolldecken. Die ganze Parzelle mit ihren wenig malerischen, ülbelriechen'den und unordentlich umhergestreuten Abfällen, erzählte eine widerliche Geschichte von schmutziger Habgier, Selbstsucht und Nachlässig keit, die hier gehaust und den Ort wieder verlassen hatten, der wie «in Schmutzfleck in dem LankschastSbilde lag und noch ab schreckender aussah, als «r vom ersten Morgenroth beschienen wurde. Wahrlich, der letzte Platz in der Welt, um dessen Besitz die Menschen streiten und kämpfen sollten! So dachte Barkrr, als sie Einer hinter dem Anderen langsam daraus zuschritten. Er war mit Demorest und Stacy allein, denn Marschall und Hamlin sollten nach einem zuvor oer- abrSdetrn Plan im Hinterhalt bleiben, bis Steptoe mit seiner Bande zum Vorschein käme. Sie sanken die Parzelle,xum Glück noch unbesetzt und waren zuerst an Ort und Stille. Steptoe'» Leute, die nicht wußten, daß ihr Vorhaben entdeckt war, hatten sich Zeit genommen. Sie verließen sich darauf, daß sie mit Leichtigkeit früher als Marschall und der sachverständige Gvuben- ivspector eintreffen könnten. Einige hatten zuvor noch in der Schenke am Kieferberge ein Zechgelage gehalten; Aridere ver sähen sich erst unterwegs mit Schaufeln, Hacken und Pfannen, damit sie als Bergleute auftreten könnten. Dadurch waren Marschall's Anhänger sehr im Vortheil; denn sre hatten ihre Flinten mitgebracht, während die Gegner sich der Parzelle zuerst nur mit ihren friedlichen Werkzeugen beladen näherten. Stacy, der stillschweigend die Führung des Zuges übernahm, wies, sobald sie die Parzelle erreicht hatten, Barker und Demorest ihre Stellung hinter zwei Haufen von Quarz-äbfLllen auf dem Felsvorsprung an, die ihnen als treffliche Brustwehr dienten. Er selber postirtc sich an Vie Mündung des Stollens, dir dem Fußpfad zunächst wär. Jeder von ihnen wußte, was er zu thun hatte; die Besitzergreifung war geglückt, daS Uebrige mußten sie abwarten. Was für Gsdänken mochten sie wohl in dem Augen blick bewegen? — Der charakteristisch« Ausdruck ihres Wesens hatte sich merkwürdig verändert: Demorest, der Philosoph und schwermütige Träumer, war voller Ingrimm und Wachsamkeit; Barker's sonst so leicht veränderliche Miene b-lieb starr und ernst haft; Stacy sah kriegerisch aus in Haltung uckd Geberde. Sange brauchten sie nicht zu warten. Vom Felsenpfad herab tönte das Göschrei halb angetrunkener Menschen, in das sich grübe Possen und rohes Gelächter mischten. Dann erschien Steptoe mit einigen seiner Gesellen, die zur Feier des Einzuges ihre Hacken und Schaufeln klirrend aneinander schlugen und Mit dem Blechgeräth auf den Schmelzpfannen Musik machten. Trotz der friedlrchen Werkzeuge erkannten die drei Freunde sofort, woher die Fremden stammten. Si« gehörten zu dem verlotterten GSsindel aus den Wersten San Franciscos, zu den Land streichern aus Socramento und anderen sittenlosen Bergstädten; veomuthlich war nicht ein einziger wirklicher Bergmann unter ihnen. Barker und Demorest glichten vor Zorn und Verachtung; aber Stacy blieb ruhig; er wußte, weß Geiste» Kinder sie waren. Als Steptoe an der Oeffnung de» Stollens vorbeffchritt, ward ihm plötzlich ein „Halt!" zugerufen. Er sah auf und erblickte kaum dreißig Schritte vor sich Stach mit gespanntem Gewehr, während Barker und Demorest stark bewaffnet hinter ihrer Brustwehr auf dem Felsvorsprung austauchten. Sie waren im Besitz der Parzelle — sein Plan mußte verrathen sein! Von einem Schein de» Rechte» war für ihn keine Rede mehr; cker Raufbold und U«b«lkhäter erkannte, daß er nun selbst zum Angriff schreiten müsse. Aber er sah auch ein, daß es sich hier nicht um einen Kampf mit elenden Mieth- lingcn handelte, aus denen seine eigene Schaar bestand; nein, die Gegner waren Männer in Stellung und Würden, seren Tod kein geringes Aufsehen machen mußte. Auch konnten die Revolver, welche ein paar von seinen Leuten im Gürtel trugen, gegen ihre Flinten nichts ausrichten. Trotzdem ließ er sich nicht ein schüchtern, während seine Gesellen bei dem plötzlichen Hemmniß halb wüthend, halb furchtsam durcheinander liefen, wie ein Rüdel Wölfe ohne Führer. „'Holt die klebrigen mit den Ge wehren herbei", flüsterte er dem Nächsistehenden grimmig zu. Dann trat er Stacy gegenüber. „Wer wagt es hier, friedlichen Bergleuten in den Weg zu treten, die auf ihrer Eigenen Parzelle an die Arbeit gehen wollen?" fragt« er rauh und brach bann plötzlich, zu seinen Leuten gewandt, in ein heiseres Lachen aus: „Wißt Ihr, wer es ist, Jungens? Nicht 'mal die Bank — nur Jim Stacy, den Vie Bank Hestern fortgejagt hat, um sich selbst vom Bankerott zu retten. Jim Stacy und seine verkrachten Spießgesellen! Was hat 'denn dieser Dieb hier zu suchen — in Marschall's Stollen, dem einzigen Platz, auf den. Marschall selbst noch ein Anrecht hat? — Busenfreunde von Marschall sind wir zwar nicht, aber doch seine Nachbarn auf derselben Parzelle; wir werden'» nicht .dulden, daß hergelaufene Strolche ihn vertreiben. Jst's nicht so. Jungens?" Die Leute hatten den Ruf zu den Waffen wohl verstanden. „Nein, wir dulven's nicht!" schrien sie und griffen noch ihren Hacken und Revolvern. Schon rm nächsten Augenblick konnte der Kumpf auSbrechen. Da sagte plötzlich «ine Stimme in ihrem Rücken: „Bemüht Euch deshalb Vicht, Ihr Leute! Ich bin Marschall und Hobe die Herren hergeschickt, die Parzelle zu besetzen, bis ick mit dem Grubenimspector ankäme." Zugleich traten zwei Männer aus einem Myrtengebüsch hinter Steptoe und seiner Schaar hervor. Marschall war ein schmächtiger, hagerer, überarbeiteter und früh gealterter Ma-nn; sein Gefährte, der Inspektor, auch von schlanker Gestalt, trug eine Brille und einen rochen Dvllbart, was -hm ein sehr sachverständiges AuKsehen gab; 'in seinem langen Reisemantel glich er fast einem Geistlichen. Wie groß auch ihre Berechtigung vom moralischen und gesetzlichen Stattd- punct au» sein mochte, al» eine große Verstärkung für Stacy's Partes waren die Beiden kaum zu betrachten. Srltsomrr Weise kam e» aber Steptoe hauptsächlich auf den
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