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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.05.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010516025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901051602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901051602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-16
- Monat1901-05
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Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./i 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Anuahineschluß für Anzeigen: Abeud-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgeu-AoSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen geöffnet von früh S bi» Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Amtlicher Theil. Comrs-Aultiall. Dies. M. Perlmann'sche Concursmaffe in Leipzig, Brühl Nr. 6S, HI., kommt Tonnabend, den 18. Mat a. er., von früh 1v Uhr an, im Auftrage des EoncursverwalterS Herrn Rechtsanwalt Or. Lallir zur öffentlichen Versteigerung. Zur Masse gehören: 3891 russ. Bisam, 490 griechische Füchse, 660 bl. Kaninfelle, 500 Murmel, 186 paar Hasen-Wammen, 70 Feh-Wammensäcke, 1700 weiße Hasenfelle, 3 weiße ausgestopste Zobel, 200 blaue Mnffolon, 280 Kolinsky-Schweife mit Knochen, EiSbär- und Pantherfelle mit Kopf, Hirjchfelle, sowie Inventar: 1 zweithür. eis. Geldschrank, 2 Schreibtische, eiche und nußbaum, 2 Schreibpulte, Sessel, Tische, Stühle, 1 Sopha, Wannen, diverse Kisten, 1 gute Brückenwaage mit Gewichten u. A. mehr. Trumwlltr, Localrichter. Schloß Eilenburg. Alljährlich bildet Eilenburg mit seinem uralten Schlosse da» Ziel vieler Sommerausflüge. Aus diesem Grunde dürsten einige Mittheilungen über das schöngelegene Schloß nicht un willkommen sein. Aeltere Schriftsteller geben diesem Schlöffe ein sehr, sehr hohesAlter. Nach einer 1671 im großen Thurmknopfe des Schlosses Vorgefundenen Auszeichnung, die in der Uebersetzung also lautet: „Vom römischen Grafen Jlba ist dieser Thurm fünf- undvierziz Jahr vor Christi Geburt erbaut", nehmen sie an, daß Jlba, ein Unterfeldherr des Drusus, Erbauer des Schlosses sei. Diese Nachricht läßt sich nicht begründen, Drusus ist zwar am weitesten in Deutschland nach Osten hin vorgedrungen, aber nur bis Barby gekommen. Aus dem Dunkel der Geschichte tritt mit einiger Bestimmtheit W i t t e k i n V, der bekannte Heerführer der Sachsen, um 777 als Besitzer Eilenburgs und der Burg hervor. Sein Titel lautete: „König von Sachsen, Herzog zu Sngern, Fürst zu Rügen und Herr zu Eilenburg". Sein Nachfolger war Wittekind II., der bei Karl dem Großen im höchsten Ansehen stand. Wegen seiner unerschütterlichen Treue und hervorragen den Tapferkeit ernannte er ihn zum Grafen von Wettin und zum Landvogt aller zwischen der Saale und Elbe gelegenen Länder und Festungen. Unter Heinrich I. saß auf Burg Eilenburg als Heerführer ebenfalls ein Wettiner, Dietmar, d. i. Volks herrscher, oder Dietmeyer, der Hurtige. Er war es, der die Hauptfeste der Wenden, Gruna, jetzt rin Dorf, das zwei Stünd chen nördlich von Eilenburg an der Mulde liegt, belagern und zerstören half. Die völlige Niederwerfung der Wenden war zwar Heinrich I. gelungen, aber das kampflustige Volk suchte die neue Herrschaft bei passender Gelegenheit doch wieder abzuschütteln. Als Otto I., Heinrich's Nachfolger, dreißig Anführer der Wenden, nachdem er sie trunken gemacht hatte, er morden ließ, empörten sich diese. Bei diesem Ausstande erstürmten die gereizten Wenden das feste Eilenburg und legten Stadt und Schloß in Asche. Das geschah im Jahre 940. 50 Jahre lang blieben die Ruinen dem weiteren Verfalle überlassen, 990 baute Friedrich von Eilenburg, erster Burggraf von Meißen und zugleich erster Erbherr Ser Grafschaft Eilenburg, das Schloß wieder auf und eine Capelle dazu. Friedrich starb 1017 zu Eilenburg. Von seinen drei Töchtern blieb Hidda unvermählt, als Gräfin von Eilenburg wohnte sie im Schlosse und that der Stadt viel Gutes. Während der Regierung Kaiser Heinrich's IV. saß auf Eilenburg ebenfalls ein Wettiner, HeinrichI., derAeltere, er wird auch der Unglückliche genannt. Er nahm Partei gegen Heinrich IV., indem er den Sachsen beistanv, deshalb verlor er seinen gesammten Besitz bis auf die Grafschaft Eilenburg. Hein rich IV. gab Meißen seinem Verbündeten Wratislaw von Böh men, gegen diesen kämpft Heinrich von Eilenburg und gewinnt nach langem Kampfe nicht nur Meißen zurück, sondern auch seine gesammten ehemaligen Besitzungen. Lange sollte er sich seines Sieges nicht erfreuen; denn unvermuthet stirbt er 1103 oder 1106 auf Eilenburg, ohne Erben zu hinterlassen. Er hinterließ seine Gemahlin Gertraud in guter Hoffnung; da die männlichen Ver wandten des reichen Erbes wegen das Gerücht aussprengten, der Zustand der Gertraud sei simulirt, so offenbarte sie sich etlichen angesehenen Matronen vor dem Schloßaltar und bittet um deren cyrliches Zeugniß. Mit großer Spannung ward Sie Niederkunft der Gertraud von den Verwandten erwartet, wider alle Erwar tung schenkte sie einem Sohne, Heinrich dem Jüngern, das Leben. Als er mündig geworden war, hatte er um sein Erbe und um seine Anerkennung als Sohn Heinrich's I., des Aelteren, schwere Kämpfe zu bestehen. Um in den Besitz der Grafschaft Eilenburg zu gelangen, hatten die hohen Beamten Conrad's des Großen von Wettin das Gerücht verbreitet, Gertraud sei von einer Tochter entbunden worden, sie habe aber, um sich das Erbe zu sichern, von der Frau des gräflichen Kochs, die zu derselben Stunde einem Sohne das Leben gegeben habe, diesen gegen die von ihr geborene Tochter «inaetauscht. Die Verleumder nannten daher Heinrich den Jüngeren nur „Heinrich venKoch "- Konrad von Wettin behauptete in der Folge, Heinrich ist nicht mein Blutsverwandter, sondern er ist der Sohn eines Kochs. Bei dieser Behauptung berief er sich besonders auf das Zeugniß eines Zörbiger Bürgers, der Hedolph hieß. Dieser hatte unter einem leiblichen Eide be- theuert, Heinrich sei ein untergeschobenes Kind. Kaum hatte Heinrich diese schwer kränkende Rede seines Vetters Konrad von Wettin erfahren, so forderte er seine Getreuen auf, mit ihm die ihm und seiner Mutter Gertraud anzethane Schmach zi^ rächen. Zunächst suchte er Hedolph von Zörbig in seine Gewalt zu bekommen, um ihn seines falschen Eides wegen zu strafen. Dies gelang; zwei seiner Getreuen stellten dem Hedolph aus einem Hinterhalte nach und bekamen den Verleumder in ihre Gewalt, als er auf einer Reise begriffen war. Er wurde von ihnen an Augen, Nase, Lippen, Zunge und Ohren verstümmelt. Balo wandte sich Heinrich gegen Konrad von Wettin selbst, er nahm ihn gefangen und ließ ihn in einem eisernen Käfig am Fuchsthurme bei Jena aufhängen. Jiu nächsten Jahre, 1123, starb Heinrich der Jüngere, dadurch wurde Konrad aus seiner schimpflichen Gefangenschaft befreit, und da Heinrich keine Erben hinterlassen hatte, kam die «Grafschaft Eilenburg sammt der Markgrafschaft Meißen erblich in den Besitz Konrad's, den man später den Großen nannte. Aus eigener Machtvollkommenheit belohnte Konrad mit Eilenburg und dem Schlosse seine Getreuen, die sich „Herren von Jlenburg" nannten. Mit kurzer Unterbrechung blieb die Grafschaft Eilenburg und das Schloß bis zum Jahre 1815 bei dem Hause Wettin. Um 1370 war Eilenburg ein böhmisches Lehen ge worden, wie das zugegangen ist, ist nicht ermittelt. Wenzel, König von Böhmen, belehnte den Ritter Birk oder Andreas von der Tuba mit Stadt und Schloß Eilenburg, ja er ging mit dem Plane um, dem Tuba das gesammte Stift Merseburg zu ver schaffen und die Bischofswürde dazu. Wenzel hatte sich aber getäuscht, denn bei der Wahl wählte das Capitel den Grafen Heinrich von Stolberg. Aus Rach; übte der Ritter von Duba allerlei Feindseligkeiten gegen den neuen Bischof aus, so daß sich dieser grnöthigt sah, den Friedensstörer mit den Waffen in der Hand zur Ruhe zu weisen. In der Johannisnacht des Jahres 1386 erstürmte er Eilenburg, zündete Stadt und Schloß an und verjagte den Störensried, den böhmischen Ritter von der Duba. Heinrich von Stolberg verkaufte nun als Sieger die Eilenburger Pflege an Vollhard von Colbitz. Dessen Söhne verkauften 1404 Schloß und Stadt um 15 000 >-// Silber, die Herrschaft aber und das dazu gehörige Land um 12 Schock Freibergischer Groschen an den Markgrafen Wilhelm den Einäugigen von Meißen, der es sogleich der Mark grafschaft Meißen einverleibte. Unter der Herrschaft Wilhelm's ward das Schloß wieder aufgebaut, und zwar schöner, denn je. Die jetzt noch vorhandenen Thürme, die der Stadtseite zugekehrt sind, sind Zeugen der vormaligen Pracht; im Jahre 1652 wurde das von Wilhelm dem Einäugigen erbaute Schloß durchgreifend reparirt. Wilhelm erbaute das Schloß nicht wieder an demselben Platze auf, an dem das alte Schloß gestanden hatte, sondern mehr nach Osten hin, so daß es die von Torgau nach Leipzig führende Heerstraße beherrscht«. Von dem im 10. Jahrhunderte erbauten alten Schlosse ist außer einigen Mauerresten der starke Berg fried noch vorhanden, er ist mehr unter dem Namen „Sorben thurm" bekannt. Im Jahre 1863 ist derselbe besteigbar ge macht worden. Im neuen Schlosse verhandelten 1520 Luther uns Melanchthon mit dem sächsischen Rath Fabian von Feilitzsch wegen Einführung der evangelischen Lehre in Eilenburg. Ein anderes Religionsgespräch veranlaßte Vater August 1563 im neuen Schlosse zu Eilenburg zwischen dem ungarischen Magnaten Gabriel Peron und einigen Leipziger und Wittenberger Theo logen. Während des dreißigjährigen Krieges war das für die Heerstraße Torgau-Leipzig wichtige Schloß bald in den Händen der Sachsen, bald in den Händen der Schweden. Im Jahre 1644 kam es Mischen den Schweden und Sachsen zum Kampfe um den Besitz des Schlosses. Der Kurfürst von Sachsen hatte schon aus mehreren Städten seines Landes die Schweden vertrieben, das Gleich« wollte er auch in Eilenburg thun. Heim lich überfällt er die untere Stadt und hebt die schwedische Be satzung auf, das Schloß aber belagert er, und nachdem Bresche geschossen ist, nimmt er es mit Sturm. Zwei schwedische Sol daten hatten sich im Schlosse versteckt; als der Kurfürst in das eroberte Schloß einzieht, kommen sie zum Vorschein und bitten um Gnade, die ihnen gewährt wird. Einer dieser Schweden starb als Ortsrichtes in Jesewitz. Nun erhielt das Schloß eine vorläufige Besatzung von 60 Mann Sachsen, als diese wieder ab' zogen, kam ein schwedisches Commando aus Leipzig, dieses zwang die Bauern, das Schloß zu entfestigen. Das Schloß war bis zum Jahre 1815, zu welcher Zeit Eilenburg an Preußen fiel, Sitz eines Amtshauptmannes; in der Gegenwart dienen die Räume dem königlich preußischen Gerichtsamte. Zwischen dem Schlosse und dem Sorben- oder Römerthurm; breiten sich sehr umfänglich« gärtnerische Anlagen aus, inmitten derselben liegt Wirth's Kaffeegarten, rin mit Recht viel besuchtes Restaurant, das dem Wanderer die beste Verpflegung bietet. Vom Sorbenthurme genießt man rin« prächtige Rundsicht, be sonders lohnendist dieselbe nach demNorden, Osten undSLdrnhin. Zu Füßen des Sorbenthurmes breitet sich nach Norden hin eine fruchtbare Aue aus, durch Wiesen führt der Weg nach dem von Obstbäumen dicht umgebenen Hainichen, über diesem Dörfchen sieht man drei Thürme hoch in die Luft ragen, es ist Zschepplin, das man wegen seines schönen Parkes besuchen sollte. Durch di vielfach bewaldete Aue schlängelt sich wie «in Silberband di rasche Mulde. Im Nordosten überschaut man, von bläulichem Dufte umgeben, die Dübener Heide. Besonders schön ist der Ausblick nach Ost und Südost. Bewaldete Höhen, die von den Collmener Bergen überragt werden, fesseln das Auge des Wan« derers, im Abendsonnenschein macht der abgeschliffene Spitzberg bei Lüptitz einen besonders imponirenden Eindruck. An der Fsrrilletsn. Simulanten. Von Erwin Schlüter. Nachdruck vrrboten. Wir stehen jetzt im Zeichen der RecrutenauShebungen. In mehr oder minder großen Trupps ziehen die „Genommenen", sich schon im Voraus als Vaterlanidsvertheidiger fühlend, durch die Straßen. Das bedeutungsvolle Bändchen im Knopfloch, ein Sträußchen am Hute oder an 'der Brust, und das älte Lied „Wer will unter die Soldaten" tönt frisch und froh von ihren Lippen. Freilich paßt cs nicht mehr ganz, denn die Frage lautet jetzt nicht mehr: „wer will", sondern „'wer muß unter die Soldaten", und wenn es lediglich auf das Wollen ankäme, so würde — wie der Elberfelder Militärbefreiungsproceß gezeigt hat — gar Mancher darauf verzichten, zu 'Denen zu gehören, di« nach dem bekannten Dolksliede „O Straßburg" lieb' Vater und lieb' Mut ter böswillig verlassen 'haben, um schöne und tapfere Soldaten zu sein. Zu solchen Mitteln freilich, wie sie jener Proceß ans Licht gezogen hat, greifen die Unlustigen in der Regel nicht. Die Meisten ergeben sich resignirt in ihr Schicksal; dagegen sind die Versuche, 'sich womöglich durch andere mehr an der Hand liegende Mittel von der Dienstpflicht zu drücken, gar nicht so selten, die Militärärzte kennen schon die sogenannten Simu lanten und sind vor ihnen auf.der Hut. Die ärztliche Kunst be« sitzt zahlreiche Mittel, um hinter die Wahrheit zu kommen, von denen die Schlauberger gar keine Ahnung haben. In der Regel erheucheln die Betreffenden Kurzsichtigkeit, Taubheit, Schwerhörigkeit oder übertreiben das wirklich vor handen« Uebel. Vor Allem di« Kurzsichtigkeit giebt für Manchen di« letzte Hoffnung ob. Der Arzt ist aber nicht weniger ein Pfiffikus 'wie der Simulant, er versteht sich nicht nur auf zahl reiche Anzeichen, sondern auch auf geeignete Listen. Steht Je mand im Verdacht der Simulation von Schwach- oder Kurz sichtigkeit, so unterzieht man ihn der Untersuchung mit dem Augenspiegel und stellt Sehproben mit verschiedenen Gläsern an. Kann sich ein Arzt nicht volle Ueberzeugung holen, so greift er zur List. Zum Beispiel läßt rin Arzt einen Simulanten durch immer schärfer« Brillen sehen. Bei jeder behauptet der Kurz- sichtia«, di« ihm vorgelegte Schrift noch nicht lesen zu können. Die schärfsten Brillen kommen dann. „Nun müssen Sie es lesen können", sagt der Arzt. Der Kranke bejaht. „Hier noch ein schärfere» GlaS, da geht es wohl noch besser?" „Jawohl, Herr Doctor." Der Doctor lacht und ruft: „Da haben «wir Sie", denn er hat nach dem scharfen Glas« ein ganz schwaches genommen, und arglos ist d«r Simulant in der Meinung, rin noch stärker«» vor sich zu haben, in die Falle gegangen. Ein anderer Fall. Ein Recrut hat alle Versuche, ihn zu entlarven, siegreich zuruckgeschlagen. Dem Arzt blieb endlich nicht» übrig, als mit einem Blicke auf den stattlichen Burschen, dem di« Gesundheit au» jeder Muskel sprach, die Erklärung ab- zugebrn, er sei untauglich. Sieyesfreudig entfernte sich der junge Mann, hohnlächelnd schritt er über den Hof des Restau rant», in welchem Li« Untersuchung stattfand. Aber er hatte seine Rechnung ohne die Schlauheit der Aerzte gemacht. Auf einen Wink d«» Stabsarztes hatten zwei Unterofficier« ouer über den schmalen Au-gang des Hofe« einen etwa Vs Meter über dem Boden befindlichen Faden gespannt, so dünn, daß ein so hochgradig Kurzsichtiger denselben unmöglich wahrzunehmen ver mocht hätte. Die Unterofficiere beobachteten von einem versteck au» den mit Schritten «ine» Niebesiegten dahinschreitrndin Un- I tauglichen, neugierig, ob er wohl das Hinderniß erblicken oder darüber Hinwegstolpern würde. Und siehe, der angeblich Hoch gradige hob seine Beine extra besonders hoch, um über den Faden hinwrgzukommeu. Natürlich waren die Späher rasch bei der Hano, er mußte mit zurück und wurde nun ohne weiteres Feder lesen für ein Regiment ausgehoben. «Gilbt «in Stellungspflichtiger an, auf einem Ohre iaub zu sein, so sprechen ihm zwei Aerzte gleichzeitig leise in beide Ohren und lassen ihn das Gehörte nachsprechen. Ist er wirklich auf einem Ohre taub, so kann er sehr gut nachsprechen, was man ihm in das gesund« Ohr flüstert, da «r ja di« in das andere gesprochenen Wort« gar nicht hört. Sind über beide Ohren gesund, so ver mag er die von beiden Seiten ihm zukommenden Tön« nicht auseinander zu halten, und verwirrt sich so, daß er entweder gar nichts oder nur confuses Zeug nachzusprechen vermag. Oder auch: man nähert dem kranken Ohre «ine Uhr so weit, daß er das Ticken auch mit dem gesunden hören muß, leugnet er trotz dem, es zu vernehmen, so ist der Simulant entlarvt. Derartige Manöver wissen geschickte Aerzte noch eine Menge in Anwendung zu bringen, oft solche recht drastisch-komischer Art, die aber ihren Zweck am wenigsten verfehlen. Ein Hysterischer spiegelte vor, nicht mehr reden zu können. Alle Mittel, ihn zum Reden zu veranlassen, erwiesen sich als vergeblich, Nadelstiche ertrug er ohne Schmerzenslaut, Drohungen blieben fruchtlos. Eine» Morgens kam der Arzt wieder, untersuchte den Kranken noch mals und sprach im Anschluß hieran seine Ueberzeugung aus, daß er wirtlich stumm fei. Der Patient nickte triumphirend — im selben Augenblick griff der pfiffige Doctor in die Tasche, hob heimlich einen kleinen Gegenstand empor, den er in der hohlen Hand verborgen trug und setzte denselben dem ahnungslosen Kranker plötzlich in den Nacken. Laut auf schrie der Stumme, „nehmt ihn weg, nehmt ihn weg!" zeterte er mit unverstelltem Entsetzen. Der Doctor hatte den Simulanten gefangen und ztöar mit «inem harmlosen — Frosch, dessen schlüpfrig kaltc Be rührung dem Heuchler rasch wieder zum Besitz seiner angeblich verschwundenen Stimme verhalf. Im Anschluß hieran dürfte es den Leser interessiren, über das Wesen der Simulation etwas Näheres zu erfahren. Drei Beweggründe sind fast ausschließlich für den Simulanten be stimmend: Entweder will er sich «inen Vortheil verschaffen, oder er will einen Rachtheil vermeiden, oder «r handelt aus Sen sationssucht. Zu der ersteren Kategorie gehören die irgend ein Gebrechen stmulirenden Bettler, die Krankheitsheuchler, welch« das Krankengeld schlucken wollen u. f. w., zu der zweiten die simulirenden Recruten und die Verbrecher, welch« sich durch Vor spiegelung eines Leidens der Verfolgung und Strafe zu ent ziehen suchen. Zur dritten Kategorie rechnen wir vor Allem die Hysterischen. Schon im Kindesalter ist die Simulation «in keineswegs sel tenes Verhalten und wird von unseren kleinen Weltbürgern oft mit gera'vezu staunrnSwerthem Raffinement durchgeführt. Wie oft müssen Kopfschmerzen, Leibschneiden, Magenschmerzen, Husten und ander« Uebel herhalten, um den Lehrer oder die Eltern zu täuschen, versäumte Schularbeiten Anfertigung zu r«chtfertig«n oder gar dem nicht immer angenehm scheinenden Schulbesuch ganz zu entwischen. Der einzig« Schutz gegen diese Art Simulation besteht darin, daß die Eltern und Erzieher sich mit möglichster Harthörigkeit ausrüsten, denn so bald die Kinder merken, daß ihre Eltern ängstlich und leicht erregbar sind, so ist es mit Discipltn em für all« Mal vorbei. Kinder sind die erbarmungslosesten und eigennützigsten Ausnutzer jeder weichen Regung, ist ihnen eine Vorspiegelung einmal geglückt, so sind sie bald wieder mit «iner weiteren bei d«r Hand. Wi« oft kommt es vor, daß so ein kleiner Politikus Nachts hustet, daß es einen Stein erbarmen möchte. Die Mutter springt besorgt herum, heißes Wasser, Bonbons, Brustthee, Pastillen, Alles bleibt wir kungslos, denn der Listifix will nur das erlösende Wort hören: Du darfst morgen nicht in die Schule. Wenn dieses Wort aber nicht nur nicht gesprochen wird, sondern der Vater zuletzt ärger lich den Stock nimmt, und dem Bübchen die Alternative stellt, entweder sofort mit dem Husten ein Ende zu machen, oder «in« Portion spanischen Pfeffer entgegenzunehmen, so endet Vas Uebel in vielen Fällen mit augenblicklicher Genesung, und der kleine Simulant schläft den ungestörten Schlaf des Gerechten! In den letzten Jahren ist es sogar vorgekommen, daß schlecht geartete Kinder mit erlogenen Beschuldigungen gegen ihren Lehrer oder ihnen sonst mißliebige Persönlichkeiten ausgetreten sind, indem sie behaupteten,von denselben zum Gegenstand unsittlicher Attentat« gemacht worden zu sein. Die strankencassen wissen ebenfalls ein Lied von der Neigung zur Simulation zu singen, sei es nun, daß die betreffenden Mitglieder die Erkrankung über haupt mir vorsptegeln oder doch die Genesung möglichst lange hinausschieben. Desgleichen legen die Militärärzte mit Recht ein ausgeprägtes Mißtrauen an den Tag. Auch solche Personen, denen aus irgend einem Grunde Verhaftung droht, suchen sich durch vorgespiegelte, schwere, ihre Transportunfähigkoit angeblich zur Folge habend; Krankheit dem unangenehmen Acte zu ent ziehen, während schlvere Verbrecher mit Vorliebe Geisteskrank heiten heucheln oder, wie der beliebte Ausdruck lautet, den „wilden Mann" spielem. Am widerwärtigsten erscheinen jene Krampf simulanten, die auf den Straßen angesichts eines möglichst zahl reichen Publicums zu Boden fallen und durch Zuckungen und konvulsivische Bewegungen an das allgemein« Mitleid apprlliren; manche spielen auch die Verhungernden, fallen aus angeblicher Schwäche um und erholen sich dann wieder bei «inrm von ein«m mitleidigen Vorübergehenden gespendeten Mittagsmahl. Das Simuliren von Gebrechen seitens der Bettler ist zwar bei uns nicht so häufig, wi« in London, Paris u. s. w., indessen, es fehlt auch in Berlin und anderen deutschen Städten nicht an Pseudo- Taubstummen, Pseudo-Gelähmten, Pseudo-Blinden, Leuten mit kunstreich eingebundenen Armen und Beinen, wodurch der Ein druck erweckt wird, als hab« man es mit unglücklichen, eines Beines oder Armes beraubten Krüppeln zu thun. Schwindsucht und Husten, Epilepsie, kranke Kinldcr und Mütter, Todesfälle, Alles ist gut als Mittel zum Zwecke. Mich besuchte vor einiger Zeit ein ziemlich anständig gekleidetes Individuum, das sich für einen unglücklichen Schriftsteller ausgab und meine Hilf« in der bekannten Form in Anspruch nahm. Kaum hatte ich den Mann zum Sitzen genöthigt, so begann er in so fürchterlicher Weise sein« Gesichts- und Körpermuskeln zu verrenken, daß der An blick unerträglich war und ich ihm nur schnell etwas gab, um ihn los zu werden. Als ich ihm dann nachsah, fiel es ihm nicht ein, zu zucken; die angeblichen Krämpfe dienten ihm als Mittel, sein Opfer zu ein«r recht schnellen Erledigung seiner Bittgesuche zu veranlassen und seine Angaben wirksam zu unterstützen. Einer der am häufigsten in Gerichtsverhandlungen zur Entschuldigung vorgespiegeltcn Zuständ« besteht in vorgeblicher sinnloser Trunkenheit, eine Ausrede, gegen welche die Richter mit Recht ge bührendes Mißtrauen bezeugen. Die Hysterischen handeln, soweit nicht Autosuggestionen und Selbsttäuschungen vorliegen, aus reiner Sensationssucht. Das Bestreben, Mitleid für ihre Klagen, deren Häufigkeit und Be langlosigkeit ihr« Umgebung abgestumpft hat, zu erwecken und I ihnen die verlorene Theilnahm« wieder zu gewinntn, veranlaßt sie zur Vorführung der sonderbarsten Erscheinungen. Wirken Erfindung und Ilebertreibung nicht mehr, so geschieht es wohl auch, daß sie sich absichtlich Erkrankungen zuziehen, Nägel oder Nadeln verschlucken, gefährliche Speisen essen u. s. w. Zu den des Oefteren simulirten Uebeln zählen vor Allem Schwerhörigkeit oder Taubheit, Blindheit und Kurzsichtigkeit, Geisteskrankheit und Trunkenheit. Die Entlarvung der Simu lauten ist dabei, wie wir «ingangs gesehen, nicht immer leicht. Die bloße Untersuchung genügt in den wenigsten Fälkn, be sonders 'dann nicht, wenn die Simulanten über die Symptom; des vorgetäuschten Uebels hinreichend unterrichtet sind. Gesetzt, ein Simulant redet dem Arzte vor, daß er Brustschmerzen hat, so kann ihn der Arzt, selbst wenn die physikalische Brustunter suchung das Vorhandensein vollkommen gesunder Organe er zieht, nicht ohne Weiteres Lügen strafen. Es giebt ja auch Schmerzen nervösen Ursprunges, deren Ursachen nicht diwect nach weisbar sind, ebenso giebt es nervöse Taubheit und Schwer hörigkeit. Der Arzt muß also im vielen Fällen seine Zuflucht zur List nehmen, oft erreicht er aber schon mit Festigkeit und Strenge den beabsichtigten Zweck. Die Krankenkassen haben, um dem Simulantrnunwesen zu steuern, eine strenge Control« der Kranken eingeführt, vor Allem deshalb, um leichter Erkrankte zu verhindern, di« Arbeit fortzusetzen und auf dies« Weise außer dem Krankengeld auch noch den Arbeitslohn oder einen Theil desselben einzuftecken. Auch hier gelangt vielfach List zur An wendung, denn di« Simulamtsn beobachten die größtmöglichste Vorsicht und sind auf Ueberraschungen gefaßt. Hier nur ein Beispiel des Verfahrens seitens eines Controleurs. Derselbe hatte «inen Arbeiter im Verdacht« der Simulation, «S war ihm aber nicht gelungen, ihn zu überführen, denn um in die Avbeits- stube zu kommen, mußte er erst an dem Finster vorbei und seine Ankunft wurde dann dcm Betreffenden sofort signalisirt, worauf der Arbeiter natürlich verschwand. Eines Morgens nun er scheint ein Kind in der Werkstätte mit der Botschaft: Herr L., Sie möchten einmal ins Restaurant hinüberkommen, es will Sie ein Herr sprechen. Herr Zk. folgt unbefangen der Einladung, neugierig, wer es Wohl s«in könne, sobald er aber im gegenüber liegenden Restaurant erscheint, tritt ihm der Controleur entgegen. „Also Sie arbeiten doch, Herr L? Ich dachte mir es wohl." Sprach's und entfernt« sich eiligst. Mit Strenge ist in dielen Fällen bei Kindern und Frauen der gewünschte Erfolg zu erreichen. Die „wilden Männer" nimmt die Polizei in der Regel zuerst auch in sine etwas rauhe Cur, das heißt diejenigen, von denen mit Sicherheit anzunrhmen ist, daß st« die Geisteskrankheit nur vorspiegeln. Die Entlarvung solcher „wilden Männer" ist für den erfahrenen Arzt meist nicht schwer. Die Simulanten meinen in der Regel, sie brauchten nur recht verkehrte Dinge zu thun und zu sagen, um den Ein druck von Wahnsinnigen hervorzubringen. Ein Simulant gab zum Beispiel auf die Frage: „Wie alt?" den Bescheid: „100 Kilo meter", legte sich Abends verkehrt ins Bett, behauptete, 5 Ohren, 5 Augen, 5 Pfund Nasen und 20 Finger zu haben u. s. w. Snell, welcher diesen Kranken untersuchte, bemerkt mit Bezug auf den selben sehr zutreffend: „Vergessen der gewöhnlichen Dinge kommt allerdings -bei gewissen Krankheiten, zum Beispiel Blöd sinn, Paralyse, vor. Wenn aber ein Mensch, der noch vor wenigen Tagen und Wochen im Besitz seiner vollen Gesundheit war, vorgiebt, nickt mehr schreiben und lesen zu können, Kamen und Heimath nickt mehr weiß urw konsequent falsche Angaben macht, so ist damit dir Simulation erwiesen."
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