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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1901
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190105197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19010519
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19010519
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-19
- Monat1901-05
- Jahr1901
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1901
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Bezugs'Preis <n der Hauptexpedition oder den im Stadt» bezirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4 SO, bei zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau- b.dO. Durch die Post bezogen siir Deutschland u. Oesterreich: Vierteljahr!.6. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstalten in der Schweiz. Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-Au-gabe erscheint um Uhr, dre Abend-AuSgabe Wochentags um 6 Uhr. Kedaclion und Expedition: Johannisgasse 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'- Gortim. UnwersitätSstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und KSuigSplatz 7. 252. MpMcr TagMM Anzeiger. Ätttlsöl'liü des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nokizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Sonntag den 19. Mai 1901. Anzeigen-Prei- die 6gespaltene Petitzeile 25 Reclamen unter dem RedactionSstrich (4 gespalten) 75 L,, vor den Familiennach richten («gespalten) SV H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Osfertenamiahme üb H (excl. Porto). t?rtra Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefürderung .F. tiO.—, mit Postbeförderung 70.—. Ammhmeschtuß für Anzeigen: Nb end-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde smher. Anzeigen sind stets an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« uuunterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 95. Jahrgang. Früher al- gewöhnlich ist diesmal die parlament-lose Jahreszeit angebrochen, indessen meint Niemand den beiden Vertretungen, die vom Schauplätze verschwunden, eine Tbräne nach. Die Nachrufe in den Blättern sind im Gegrn- tbeil recht herb, obwohl nickt zu leugnen ist. daß der Reichs tag gerade in dem verflossenen TaguugSabschnittr manches schwierige Stück Arbeit bewältigt hat. Bermuthlich werden wir ihn vor dem als Beginn der nächsten Campagne angesetzten Termin vom 26. November auf kurze Zeit Wiedersehen. Es ist nicht anzunehmen, daß der BundeS- rath den am 14. Mai gemachten Geniestreich die Spiritusbrennerei und damit eine große Anzahl Laudwirthe entgelten lassen werde. Man wird daS bestehende Brenu- steuergesetz im September erneuern lassen, um zu verhindern, daß die Mittel für die Ausfuhr- und Denaturirungsprämien, die aus dem Ertrage der Brennsteueru beschafft werben, in Wegfall kommen. Im anderen Falle würbe ein Preissturz auf dem Trinkbranntweinmarkte die Brennerei in größte Ver- legenheit bringen. Ein beschlußfähiger Reichstag wirb freilich im Frühherbst nicht zusammcnzubringeu sein, aber die Linke wollte, wie hervorgehoben, schon jetzt eine kurze Verlängerung des bestehenden BranntweingesetzcS auch von einem nicht beschluß fähigen Hause ohne Widerspruch votiren lassen und Rechte wie Centrum werden frob sein, wenn die Regierung ihnen aus der selbst gelegten Scklinge hilft. Die Presse dieser Parteien ist ganz verdutzt ob deS angerichteten Unheils und mancher Abgeordnete wird zu Himmelfahrt in seiner Heimath einen üblen Empfang erlebt haben. Wird der Reichstag schlecht censurirt, so kommt da preußische Abgeordnetenhaus oder vielmehr die conser- vative Partei dieses Parlaments noch viel schlimmer weg. Wege« deS Canals natürlich. Daß die Partei sich in dieser Angelegenheit schlecht berathen gezeigt hat, ist auch an dieser Stelle stark betont worden. Allein die Methode, mit der sie jetzt von der linksliberalen Presse bekämpft und nach oben denuncirt wird, ist weit verhängnißvoller, al- die Verzögerung de- CanalbaueS. Wir haben «ine Probe der Versuche gegeben, die Krone direct und ungescheut gegen di« Conser- vativen aufzureizen. DaS Spiel wird mit vermehrtem Eifer fortgesetzt, seit die „Nordd. Allgem. Ztg." eine publi- cistische Leistung dieser Art reproducirt hat. Die Presse der Parteien,die in ihrem ganzen Leben uichtS als Opposition getrieben haben und am heftigsten gerade dann zu vpponiren plegten, wenn eS sich um die Schaffung oder Erhaltung von Fortexistenzbe dingungen Preußens und Deutschlands handelte, diese Organe sprechen der conservativen Partei daS Reckt zur Opposition gegen ein Projekt, daS der Kaiser als da- seinige bezeicknet hat, unbedingt ab. Selbstverständlich wird diese Ver leugnung aller constitutionellen Grundsätze durch die Befür worter deS parlamentarischen Regierungssystem« gebührend gebrandmarkt und man konnte schon in nicht conservativen Blättern lesen, es gebe auf der Welt nicht- Blindere«, al- den heutigen LinkSliberalismuS. Leider bat auch der gemäßigte Liberalismus unter diesem Achtungsverluste zu leiden, da dessen preußische Organe eS zum Tbeil an energischen Protesten gegen daS Preisgeben deS parlamentarischen Unabhängig- keitSgedankenS, deS Rechtes der Abgeordneten, nach eigenem Ermessen zu stimmen, fehlen lassen. Manche dieser Blätter haben sogar Schadenfreude verratben, als ein Regierungs blatt die Kennzeichnung der Conservativen als Rebellen gegen die Krone wiedergab. DaS Treiben der Linken aber ist un glaublich thöricht, auch vom Standpuncte der Canalfreund schaft. Man mag mit solchen Preßäußerungen, die anscheinend einer zur Zeit vorhandenen Stimmung begegnen, da und dort Augenblickserfolge erzielen. Aber eben nur solche; wie rasch Stimmungen umschlagen, haben wir oft genug erfahren. Dann aber bleibt nichts übrig, als Miß achtung des Liberalismus, der sich „wegwirft", und die Ueberzeugung, daß mit conservativer Widerstands fähigkeit gerechnet werden müsse, verstärkt sich. Zudem: die Liberalen inSgesammt repräsentiren im preußischen Ab geordnetenhaus« nur ein Viertel der Gesammtheit und von Neuwahlen erwarten sie nichts, wenigstens in den nächsten Jahren uichtS. Die drei anderen Viertel werden von Con- servativeu und Centrum gebildet und die letztgenannte Partei ist, obwohl sie zum großen Theil den Westen vertritt, au der negativen Canalpolitik in demselben Maße betheiligt gewesen wie die Conservativen. Daß diese Thatsache in den er wähnten Angriffen mit Stillschweigen übergangen wird, läßt diese nickt besser und vor allen Dinge» nicht liberaler erscheine». Man sollte sich angesichts der Zolltarifkämpfe gedulden. Der Canal, daS sei wiederholt, darf im nächsten Winter nicht wiederkehren und die Argumente der Conser vativen haben scheinbares Gewicht gewonnen durck die Rede, dis der österreichische Ministerpräsident Körber dieser Tage »m Waflerstraßen-AuSschuß deS Wiener Parlament« gehalten hat. An sich ist eS ohne Zweifel eine wichtige Förderung d«S MittellandcanalgedankenS, daß Oesterreich, wie auch Frank reich, der preußischen WafferverkehrSpolitik gefolgt ist. Aber vr. Körber erklärte, zunächst solle mit dem Nötigsten, der Regulirung und eventuellen Eanalisirung bestimmter Fluß strecken, begonnen werden. Die preußische Regierung hatte, indem sie zuerst den Mittelcanal allein vorschlng, den ent gegengesetzten Weg eingeschlagen. Auch ihr« durch Fluß- regulirungen rc. erweiterte zweite Vorlage betrachtet sie als „ein Ganze-". Der Unterschied deS Verfahren« läßt sich wohl erklären, aber zur agitatorischen Ausbeutung ist er durchaus nicht ungeeignet. Es war wieder einmal nicht«. Die Nachricht, daß der facultative polnische Sprachunterricht an den Gvmaastrn der Provinz Posen abgeschafft werdea solle, ist falsch. Im Gegentheil, er soll gefördert werden. Unter anderen Umständen könnte eS als eine Frage gelten, ob die Kenvtniß de« Polnischen den Deutschen oder dem Deutsch- thum nicht von Nutzen sei. Wie die Dinge im Osten aber gediehen sind, bei der überall gemachten Erfahrung, daß der Deutsche, der polnisch spricht, wenn er Katholik ist, aushört, deutsch zu reden, erhöht der polnische Sprachunter richt di« «atiouale Gefahr. Außerdem äußert er die Neten- wirkung, daß er älteren polnischen GymnastalschÜlern, die in Aus der Woche. : Früher al- gewöhnlich ist diesmal die pari Iahresze Berliner Vertretungen, die vom Sckanplatze verschwunden, eine ihrer Sprache grammatikalisch nicht recht fest sind, mit staat lichen Mitteln den Nachtheil beheben hilft, denn die Polen dürfen an dem Unterricht m den höheren Classen thcilnehmeu. Eine epochemachende Wendung in Persien. Aus Teheran, 14. April, schreibt man uns: Gestern ist ein Gesetz veröffentlich: worden, wie es wichtiger für den Handel und wohlthätiaer für .das ganze Volk seit lange — man kann wohl sagen, seit Beginn der Kavjaren-Dynastie — nicht erlassen worden ist. Es betrifft "die Abschaffung sämmtlicher Zölle und Wegegelder im Innern des Landes und die Erhebung einheitlicher Ein- und Ausfuhrzölle. Der weite Blick, den der Schah und «der Grotzwesier durch Erlaß dieses auf vernünftigen nationalökonvmischen Grundsätzen basirten Gesetzes bewiesen haben, welches mit durch Jahrhunderte geheiligten Mißbräuchen aufräumt, gereicht ihnen zur Ehre, noch mehr aber dem eigent lichen Urheber, dem Oberzolldirector Naus, der dadurch ein wahrer Wohlthäter des Landes geworden ist. Der Eingang des Gesetzes lautet: „Da in den Staaten Europas, die am besten verwaltet sind, seit langer Zeit alle in neren Zölle aufgehoben sind, was eine bedeutende Verbilligung der Lebensmittel für das Volk und ein Aufblühen des Handels zur Folge hatte, so befehlen Wir die sofortige Aufhebung aller Zölle, Wegegelder und sonstigen Abgaben im Innern Unseres Reiches u. s. w." Sodann wird die gleichmäßige Erhebung eines Ein- und Ausfuhrzolls von 5 Procent vom Werthe für persische und fremde Unterthanen angeordnet. Gleichzeitig soll beim Ein tritt der Maaren «in einmaliges Wegegeld bis zum Bestimmungs ort oder bei Durchgangsgut bis zum Verlassen des Landes im Betrage von 44 H pro Ladung von 120 Kilogramm gleich beim Eingangszollamt erhoben werden. Der Handelsverkehr im In nern ist von allen Abgaben absolut frei. Es mag nicht leicht ge wesen sein, die Bedenken der Regierung gegen eine so tief ein schneidend« Neuerung zu überwinden, aber der Ober zolldirector hatte den ungewöhnlichen Erfolg seiner Verwaltung in die Waagschale zu werfen, auf Grund dessen er durch Zahlen nachweisen konnte, daß dies« Aenderuna ebenso sehr zum Wohl« des Volkes als zum Besten der Staatskasse gereichen wird. Bei dem bisherigen Verpach tungssystem beliefen sich die Einkünfte aus den Zöllen von ganz Persien niemals auf mehr als 4 Millionen Mark. Bei sehr mäßigem Anschläge werden sie bei der jetzigen Art der Erhebung wenigstens das Doppelte ergeben. Zieht man davon die für Verzinsung und Amortisation der russischen Anleihe nöthigen 3 Millionen Mark ab, so verbleibt noch immer ein Plus von 5 Millionen Mark, d. h. 1 Million Mark mehr als früher die ge stimmte Zolleinnahme Persiens betrug. Der Hauptunterschied zwischen früher und jetzt ist der, daß bisher die persischen Im porteure nur 2—3 Procent vom Werthe Eingangszoll bezahlten, während von den Fremden die vertragsmäßigen 6 Procent er hoben wurden; da aber durch di« verschi«denen Stadtzölle und Wegegelder bis zum Bestimmungsort, z. B. von Buschir bis Teheran, schließlich 12—15 Procent zu zahlen waren, so sind auch die einheimischen Kaufleute mit der gleichmäßigen Erhebung von 5 Procent sehr zufrieden. Man kann wohl behaupten, daß erst jetzt nach dem Fall der mittelalterlichen inneren Zollschranken -ganzPersien ein zusammenhängendes Wirth- schaftliches Gebiet geworden ist. Mit wie großen Schwierigkeiten übrigens die Zollverwaltung noch manchmal zu kämpfen hat und wie noch immer die halbwilve Bevölkerung des äußersten Südens gegen Gesetz und Ordnung sich auflehnt, zeigt ein Vorfall aus jüngster Zeit. In einem kleinen Hafen des persischen Golfs wurde versucht, Waffen, deren Einfuhr in ganz Persien verboten ist, zu landen; die Zollbeamten widersetzten sich diesem Vorhaben; die Localbehörden und das Volk, beide wahrscheinlich gleichmäßig bei der Sache interesürt, stellten sich auf die Seite der Schmuggler und es kam zur An wendung von Waffengewalt, wobei es Tobte und Verwundete gesetzt haben soll. Die Stadtzölle lasteten besonders schwer auf Handel und Verkehr und vertheuerten die nothwendigsten Lebens mittel unverhältnißmäßig. Hier in Teheran z. B. durften die Landesproducte nur durch ein bestimmtes Stadtthor eingeführt werden, dann wurden sie auf einen besonderen, am äußersten Ende der Stadt befindlichen Marktplatz geleitet, wo der Käufer die Abgabe entrichten mußte, die natürlich verpachtet war; die Waare mußte auf einer wiederum verpachteten Waage gewogen werden gegen Zahlung einer nochmaligen Abgabe, und daß auch hier die Verluste beträchtlich waren, zeigt der Umstand, daß die zurückbleibenden Abfälle von Getreide, Fouraqe u. s. w. wiederum in Pacht gegeben waren. Die Regierung hatt« das Interesse, die Pachtsumme möglichst in die Höhe zu schrauben, wodurch der Pächter sich berechtigt glaubte, die Abgaben zu erhöhen. Einen weiteren wichtigen Fortschritt in der Staatsoerwal tung bedeutet die ebenfalls von Herrn Naus anaeregte und nun mehr durchgefiibrte Verstaatlichung dcrPost. Der bis herige jämmerliche Postminister ist abgesetzt worden und ein Schwiegersohn des Schah, der schon vor einigen Jahren an d«r Spitze der Postverwaltung stand, ist an seine Stelle getreten. Es ist aber Vorsorge getroffen, daß eine Verwendung der Einkünfte zum Privatvortheil des Postministers ausgeschlossen ist, Venn die Verfügung über die Gelder, liegt in der Hand des GroßwesierS. Durch verbesserte Organisation des Dienstes erhalten wir jetzt unsere Briefe aus Europa in der unerhört kurzen Zeit von bis 12 Tagen, während ste früher «inen Monat unterwegs waren. Die Wirren in China. Amerikas Stfersucht. Man schreibt aus New V°rk unter dem 7. Mai: „In den Washington«! Regierungskreis-n wird bezüglich der Krists in China und der übrigen behelligten Mächte die Stimme der Mißgunst Und der Gehässigkeit immer lauter. Nack den jüngst iw Stäaksdepartement eingelaufenen Nachrichten' wird die diplomqtisjhe Atyatjon iff Peking augenblicklich ganz von Deutschland beherrscht. Der Einfluß Deutschlands im Rath« der Lonoert-Vertreter ist allmählich so mächtig angrwachstn, daß cs der energischsten Maßregeln der htntangesetzten Nationen be dürfen wird, um ihrer Stimm« Geltung zu verschaffen. Die Repräsentanten des deutsch-österrcichisch-italienischen Dreibundes stimmen b«i jeder Gelegenheit im Rath« der Concert- mächte wie ein Matm, daS heißt wie der deutsche Vertreter, und oieselben hoben sich außerdem die Beihilfe der drei kleinsten Con- certmächte (Spanien, Holland und Belgien) zu verschaffen ge wußt. Gegen diese Combination stehen bloß die Vereinigten Staaten, England und Japan fest zusammen, denn auf Rußland mit einer zweideutigen Politik ist kein Verlaß, und Frankreich scheint sich sogar zu der deutschen Koalition hinzuneigen. Aber selbst, wenn man sie fest: Beihilfe Rußlands und Frankreichs gewinne, wäre dieser Fiiufbund dem von Deutschland geleiteten Sechsbund stimmlich im Rath« der Concert Vertreter unter legen. Deutschland und die fünf Mächte in seinem Schlepptau repräsentiren in der Jndemnitätsfrage vas radicale Element, während der amerikanische, englische und japanische Vertreter das gemäßigte Element repräsentiren. * Loudon, 18. Mai. Der Correspondeut der „Times" in Tokio berichtet unter dem 17. Mai: „Ick erfahre aus vertrauens würdiger Quelle, daß der russische Gesandte v. GierS neuerdings Li-Hung-Tschaug den Vorschlag gemacht hat, daß Rußland gegen wichtige politische Zugeständnisse den ganzen Betrag der von China zu zahlenden Entschädigung garautircn solle. Es verlautet, Li-Hung-Tschaug habe geantwortet, er fürchte, daß dieser Vorschlag unter den augenblicklichen Verhältnissen zu den selben falschen Auffassungen führen müßte, die über feinen Rath betreffs des Mandschurei-Bertrags in Singansu geherrscht hätten. Er hoffe, er werde im Herbste nach der Rückkehr deS Hofes nach Peking Li« feindlichen Einflüsse überwinden und die innigen Be ziehungen zu Rußland wieder Herstellen können, die für die Sicher- heit Chinas und die Erhaltung der Dynastie mehr denn je unent behrlich seien." London, 18. Mai. „Daily Mail" berichtet aus Peking: Ter den Gesandten unterbreitete englische Vorschlag betreffs der Zahlung der Entschädigungssummen ist der, daß China 4proc. BondS mit */«proc. Tilgung auSgebe. Tas Geld für diesen Anleihedienst soll hauptsächlich von der Salz» und Dschuukensleurr aufgebracht werden. Ferner wird vorgeschlagen, daß eine inter- nationale Commission eingesetzt werd«, die sich möglichst aus Beamten hiesiger Banken zusammensetzen und die finanziellen Operationen China- iu dieser Sache überwachen soll. * London, 18. Mai. „Standard" berichtet auS Shanghai unter dem 17. Mai: Ei» Beamter, der am 1. Mai auS Singansu abgereist ist, theilte mit, daß er deu bekannten Großsekretär Kangyi am kaiserlichen Hose dort gesehen habe, und fügte hinzu, daß die Kanju truppen, die dem Hose zum Schutze dienen, wegen rückständigen Soldes gemeutert hätten. Es sei eine kaiserliche Verordnung erlassen worden, welche die HilsS- truppcn, die Ende 1900 zum Schutze LcS HofeS nach dem Norden gekommen sind, auslüst. Der Krieg in Südafrika. Eiu konservatives englischcS Blakt über das Niederbrcnnc» der Bocrenfariuen. Es muß weit gekommen sein mit der kriegsmüden Unzu friedenheit im englischen Volke und mit oec Mißstimmung, welche durch allerhand Maßnahmen und Gebräuche des britischen Hauptquartiers in Südafrika hervorgerufen wurden, wenn jetzt schon hochconservative Blätter, wie die „St. James' Gazette", sich in heftigen Anklagen ergehen und die unnöthigen Grausam keiten der Kriegführung, welche in dem Niederbrennen von über 600 Farmen gipfelten, rückhaltslos verdammen. DaS genannte Blatt schreibt mit Bezug auf das „Farm-Brennen" wie folgt: „Wir protestiren von vornherein gegen den Vorwurf der Sen timentalität oder der Sympathie mit den Feinden unseres Landes, wenn wir mit dem tiefsten Bedauern rückhaltlos con- statiren müssen, daß die officiclle List« der auf Befehl niederge brannten Boeren-Farmen die betrübende Thatsache enthält, daß in zahlreichen Fällen von unseren Befehlshabern Maßregeln an gewandr wuvven, die in keinem Falle durch irgendwelchen an erkannten Gebrauch in der civilisirten Kriegsführung gerecht fertigt werden könnten. In der ganzen Liste erscheinen überhaupt nur verschwindend wenig Fälle, für die auch nur ein« Spur von Berechtigung zu finden wäre, . . . und wir müssen ausdrücklich feststellen, daß cs unerhört ist, wenn man die Soldaten des gegne rischen Heeres durch individuelle Strafen zur Nebergabe zwingen will. Die Farmen der Kommandanten van der Merv« und Pot- gietir wurden niederyebrannt unter dem Vorwande, daß „deren Mannschaften niemals organisirten Widerstand leisteten, sondern nur von den Bergen aus unsere Späher beschossen". — Diese Leute sind Officiere mit einem gesetzmäßigen Patent, und nicht etwa Franctireurs, — und wir können nicht fassen, auf Grund welcher Kriegsregel unsere Generäle sich das Recht anmaßen, ihrem ehrlichen Gegner die Methode vorzuschreiben, in welcher er seine Operationen auSzuführen hat In den meisten Fällen heißt es einfach, daß die Niederbrennung stattfand, weil „die Besitzer der Farmen auf Kommando waren". Wir stehen nicht an, daS ganze Verfahren als eine schmachvolle Verletzung des internationalen Kriegsrechtes auf das Schärfste zu ver- urtheilen." * Cradsck» 17. Mai. (Rentrr's Bureau.) Ta« Kommando, dessen Führer Swanepoel jüngst geiödtet worden ist, befindet sich nördlich von Pearston, eS hat einen anderen Führer gewählt. — Oberst Gorriuge hatte gestern ein Gefecht mit einem Commando bei Roodekloof, östlich von Stormbrrq. Di« Borren hatten vier Todt« und Berwundete. Die Boerenmacht, deren Stärke ver- schiedcntlich geschätzt wird, überschritt vor einigen Tagen Len Oranje- Fluß und begab sich nach Zuurberg. Die Führer derselben sind Lotter, van Reenan und Andere. Deutsches Reich. L. Berit», 18. Mai. (Der Antheil der Katho liken am akademischen Lehramt.) Mit dem jüngst im Druck erschienenen Vortrage, den Professor Lassen auf dem Münchener internationalen Kongreß katholischer Gelehrter übe- öen Antheil der Katholiken am akademischen Lehramte in Preußen ge halten hat, beschäftigen sich di« beiden führenden C«n- trumcorgane in Preußen, die „Köln. Volksztg." und die „Germania", gleichzeitig, gelangen aber zu ganz entgegengesetzten Urtheileu. Dec Vorirag ves Professors Lossen stützt« sich auf bas amtliche Actenmaterial, umfaßte sämmtliche 1856 Docenten, Vie in sei: Jahren 1884/85—1896/97 an den preußischen Uni versitäten wirkten, uno kam zu dem Ergebniß, baß das An- gebo: katholischer Lehrkräfte erheblich ungünstiger war, als die Nachfrage, saß mithin aus ven Reihen der Katholiken mehr Privatdocenteu hervorgeheu müßten. Den Grund für deu Mangel au katholischen Prioatvocenten erblickt Lossen in der viel zu lange vaueruben Nachwirkung des Pessimismus, der die bis 1870 au einzelnen preußischen Universitäten von ihm be obachtete Fernhaltung ver Katholiken vom Lehramte und der Kulturkampf ausgeübt habe. Mit Loffen's Forderung, daß die Katholiken mehr Prioatoocenten stellen sollen, ist die „Germania" natürlich einverstanden; „erheblichen Widerspruch" aber setzt die „Germania" Lossen insofern entgegen, als er den Mangel an katholischen Prioatoocenten „sozusagen ausschließlich dem katho lischen Volkstheil aufbüroen und Vie Staatsregierung ebenso wie sie Facultateu von einer unparitänschen Behandlung der An wärter ver akavemischen Lehrtätigkeit freisprechen will". Im Gegensatz hierzu stellt sich bic „Köln. Aolksztg." ganz auf ven SLandpunct Loffen's, indem sie schreibt: „Hier sind Fehler be gangen worden, das soll man rückhaltlos cinzeftehen und . . . man soll es bessern". Die „Köln. Volksztg." weist ihrerseits auf das „übertriebene Mißtrauen" hin, daS in katholischen, namentlich auch in manchen geistlichen Kreisen dem Universität-- stuvium noch immer entgegengebracht wevve. Bekanntlich ist de: Hauprträger dieses Mißtrauens der I « s u i t i s m u s , und seine Quelle ist vie Furcht, baß durch die Wissenschaft der Glaube lge- fäbrder werde. Bei ver Vorherrschaft, die in der fraglichen Be ziehung der Jesuitismus in Deutschland ausübt, werden Los- s e n und seine Anhänger wohl noch lange auf ein stärkeres Kon tingent katholischer Privatdocenten warten können. * Berlin, 18. Mai. (Zur Vertagung der Parla mente.) Die nickt nur auS Karlsruhe officio« inspirirte „Südd. Reichs - Corresp." bringt heute einen Artikel, dessen Ursprung nicht zweifelhaft sein kann, waS wegen der Ver warnung, die am Schluffe den Führern und Agitatoren des Bundes der Landwirrhe ertheilt wird, nicht belanglos ist. In dem Artikel heißt eS: „Obschon die Umstände, die im Reich und in Preußen zur Schließung der parlamentarischen Körper schäften geführt haben, klar zu Tage liegen, dauern in einzelnen Blättern die Ver suche fort, den frühen Eintritt der parlament-losen Zeit mit persönlichen Bedürfnissen des Grasen v. Bülow in Ver bindung zu bringen. Es mag deshalb diesen falschen Ausstreuungen nochmals der thotsächliche Hergang gegenübergestellt werden. Ter Schluß des preußischen Landtage- ist nicht ex abrupt» erfolgt, sondern erst als der Ministerpräsident, der Wochen hindurch mit größter Geduld die Caualgegner in der Commission hatte gewähren lassen, die Ueberzeugung gewinnen mußt«, daß bei diesen Erörterungen an die Stelle de- sachlichen Interesses für die Erledigung der Canalvorlage die Absicht getreten war, die Krone und ihre Minister durch da- kaudinischc Joch gewisser das organische Ganze der Vorlage zerreißender Be schlüsse hindurchzufchicken. . . Die Vertagung deS Reichstags aber war überhaupt kein Gedanke des Grafen v. Bülow. Die Anregung ging, entsprechend einem Wunsche so ziemlich aller Parteien, nach Beralhnng im Srniorenconvent vom Reichstags- Präsidium an-, und zwar nicht als Vorschlag auf Vertagung im Allgemeinen, sondern mit der ausdrücklichen Maßgabe der Ver tagung vor dem HimmelfahrtStag und bis zum 26. No- vember. Weder der „frühe" Termin für den Beginn, noch der „späte" für daS Ende der Vertagung ist vom Reichskanzler auS» gewählt worden. . . Ihm (dem Reichskanzler) dies (die Vertagung) als eine „Flucht aus der Oessentlichkeit" au-legen zu wollen, weil er Ursache habe, „präcisen Antworten im Reichstag« auSzu- weichen", ist geradezu kindisch, lieber den Zolltarif — denn um diesen handelt eS sich ja bei derartigen Anspielungen in erster Linie — kann, bevor nicht die Einigung unter den verbündeten Regierungen hergestellt ist, „PräciseS" vom Reichskanzler über haupt nicht mitgctheilt werden, gleichviel ob der Reichstag ver sammelt oder vertagt ist. Alles Drängen zu bindenden Er klärungen über die künftige Zollpolitik muß daher den Grafen v. Bülow vor der Hand vollkommen unberührt lassen. E« kann höchstens die Bundesregierungen stutzig machen und sie zu einer desto genaueren Ausübung ihre- Prüfungs rechts gegenüber dem Tarifentwurfe veranlassen". L. Bcrlin, 18. Mai. (Privattelegramm.) Zu Ehre» dcs Prinzen Friedrich August von Lachsen fand gestern beim StaaiSjekrctär les Auswärtigen Amtes Frhr. von Rtchthofen ein Diner statt. Daran nahmen nutzer dem Prinzen, dem Adjutanten Hauptmann v. Zeschau, dem Staatssekretär Frhr. v. Richt bösen und Lessen Schwester Frau v. Elbe Theil der iäch- fische Gesandte Graf Hohentdal und Gemahlin, der sächsische Militärbcvollmächtigte Major Krug v. Nidda und Gemahlin, der Attachv Rittmeister v. WolfferSdorf, Staatssekretär Gros PosadowSky und Gemahlin, Staatssekretär V. Tirpitz und Gemahlin, Staatssekretär Kraetke, Generalleutnant v. Schelt, Unter staatssekretär Mühlberg, Director v. Körner und Gemahlin, Direktor Stäbe! und Fräulein Stübel, LegationSrat- Eckardt, d«r Orient maler BabeS und der RegierungSassesfor v. Elbe. v. Berlin, 18. Mai. (Privattelegramm.) Rach englischen Blättern gab König t-dnar« die Absicht, in diesem Monat Homburg zu besuchen, in Folge der Meldung auf, baß va« Befinden der Kaiserin Friedrich sich wesentlick gebessert habe. Der Kenig gedenke jedoch, Deutschland im Angust zu besuchen. ö. Berlin, 18. Mai. (Privattelegramm.) Die Besserung iin Befinden de- Generalobersten » Hatznke schreitet in erfreulicher Weise fort, der Patient kann schon jetzt in kürzeren Zwischenräumen da« Bett verlassen. Bon einer gefährlichen Lungenentzündung ist er der „Nat.-Ztg." zufolge nicht befallen gewesen. L. Berlin, l8. Mai. (Privattrlegramm.) DaS Staat-Ministerium trat heute Nachmittag Uhr io»
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