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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010524018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901052401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901052401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-24
- Monat1901-05
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Anzeigen.Preis die 6gespaltene Petitzelle 25 Reklamen unter dem RcdacnonSstrich («gespalten) 75 H, vor den Familiennach» richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesorderung 60.—, mit Postbrsörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Au-gabe: Vormittag« 10 Ubr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Freitag dm 24. Mai 1901. 95. Jahrgang. Ein parlamentarisches Nachwort zur Kohlennoth. 4 Mehrere Wochen nach Schluß des preußischen Landtages ist der Bericht der Commission zur Berathuna des Antrages des Abg. l)r. v. K o r n - RuvolLvorf und Genossen, betreffend die Mißstände bei dem Verschleiß der Kohlenproduction, erschienen. Er ist sehr ausführlich, mit reichem statitistischen. Material ver sehen, und rollt alle jene Fragen nochmals auf, welche bei den Interpellationen über die Kohlennoth im Reichstage und im Abgeordnetenhause eingehend erörtert wurden, aber dort zu einer genügenden Klärung der thatsächlichen Verhältnisse, dec Ursachen, deS Wesens und Beseitigung der Kohlennoth nicht führten. Einen ähnlichen Eindruck spiegelt der Bericht wider: die Ansichten der Commissionsmitglieder gehen in den meisten einschneidenden Fragen auseinander oder widersprechen sich, wie denn auch der größt« Theil der gestellten Anträge nur mit 12 gegen 9 oder 12 gegen 10 Stimmen Annahme fand. Läßt sich auch augenblißlich nicht mehr von einer wirklichen Kohlennoth sprechen, so müssen doch die Aeußrrungen eines Rc- gierungSvertreterS: man brauche sich in den nächsten zehn Jahren lerne Sorge zu machen, als von einer zu optimistischen Auffassung getragen charakterisier werden. Mit Recht wurde ihm aus der Commission entgegcngehalten, e§ sei nicht zu vergessen, daß der oorauLzusehenden und beabsichtigten gesteigerten deutschen Kohlenproduction gegenüber andere Factoren ins Gewicht fallen müßten, welche es fraglich erscheinen ließen, ob selbst diese ge steigerte Production völlig genügen würde. Denn eine Erhöhung des Bedarfs sei durch den Rückgang des Brennholzbestandes, durch die stärkeren Anforderungen an die Hausbrandkohle in Folge der Lurch die Zunahme der Bevölkerung sich mehrenden größeren Wohnungen und durch die Vermehrung und das Wachsen der industriellen Betriebe zu erwarten. Als Ergebniß ihrer Bcrathungen hat die 'Commission — was allerdings jetzt leiser nur als „schätzenswrnhes Material" für etwaige spätere Bcrathungen dienen kann — folgende Be schlüsse gefaßt, um sie dem Abgeordnetenhaus als Anträge zu unterbreiten: Da« Haus der Abgeordneten wolle beschließen: 1) seine Auffassung dahin auszusprechen, daß die im Staate zur Zeit bestehende Kohlenförderung, auch im Zusammenhang mit Ein- und Ausfuhr, für den gegenwärtigen Bedarf ausreichend erscheint. Gleichwohl hat bas Jahr 1900 hindurch in wetten LaNdeStheilen eine Kohlennoth in Dom Sinne bestanden, oaß eine große Menge von Consumenten die nöthigen Kohlen entweder gar nicht, oder nur theilweise, beziehentlich in verminderter Qua lität und zu außerordentlich erhöhten, hier und da sogar wuche rischen Preisen und unter belastenden Bedingungen erhalten konnte, woraus schwere wirthschaftliche Mißstände sich ergaben. Die Ursachen dieser Erscheinung sind, abgesehen von mehr lo calen Mißständen, nicht nur in vorübergehenden Momenten (Streiks in Böhmen und Sachsen, Transvaalkrisis, plötzlich ge steigerten Bedarf des Auslandes, der Industrie, Marine), sondern im Zusammenhang damit, auch in einer nicht überall gesunden Entwickelung des Marktes bezw. Kohlenverkaufs zu suchen. Zur künftigen Vermeidung solcher Uebelstände empfiehlt es sich daher, daß 1) soweit die Production des Fiscus in Betracht kommt u. der fiscalische Grubenbetrieb thunlichst erweitert werde, d. eine mehr kaufmännisch eingerichtete und o. dahin verbesserte Der- kaufSpraxis eingeführt werde, daß, soweit es das eigene Consum- tionSbedürfniß des Fiscus zuläßt, die Begebung des größten Theiles der Production und thunlichst des ganzen direct an Con sumenten und genossenschaftlich organistrte Consumentenverbänd: erfolge, daß ferner durch Aushang an den Verkaufsstellen und durch Bekanntmachung in amtlichen und meistgelesenen Blättern Preislisten veröffentlicht werden, daß endlich der Bedarf an Hausbrandkohle — zumal in Zeiten der Kohlenknappheii — eine größere Berücksichtigung erfahre als bisher; 2) so weit auch die private Prckvuction in Frage kommt n. in den einzelnen Pro- ductionsgebieten Beschwirdecommissionen (aus Vertretern der Producenten, Consumenten und des Handels unter staatlicher Leitung) eingesetzt werden, welche Mißstände oben gekenn zeichneter Art zu untersuchen und in geeigneter Weise auf Ab stellung hinzuwirken haben, b. speciell im oberschlesischen Pro. ductionsgebiet mit allen Mitteln des staatlichen Einflusses die Bildung einer gemeinsamen Verkaufsvereinigung der Produ centen (Syndikat) unter fiskalischer Leitung herbeigeführt werde; und daß 3), falls solche Maßnahmen (1 und 2) sich als nicht er reichbar oder nicht völlig zweckdienlich erweisen sollten, gesetzliche Schritte in Erwägung gezogen n»rden, um im öffentlichen Interesse einer Ausbeutung des Consums eines unentbehrlichen Existvnzmittels entgegen zu treten. II. die königliche S t a a t S r e g i« r u n g zu ersuchen: u. bei drohender Kohlenknappheit 1) einem dieselbe bedingenden Arbeitermangel durch thunlichst auSgiebige Zulassung aus ländischer Arbeiter entqegenzuwirken und 2) Vorsorge zu treffen, daß bei Abgabe von Hausbrandkohle strenge Controle über Le gitimation der Abnehmer und über deren Bedarf im Haushalt oder zum Betriebe des Handwerks (Bescheinigung von Orti- behörden u. s. w.) durchgeführt werde, l>. dahin zu wirken, daß der BundeSrath auf Grund des z 5 des Gesetzes zur Bekämpfung deS unlauteren Wettbewerbes vom 27. Mai 1896 für Stein kohlen, Braunkohlen und Coaks den Verkauf nach Gewicht vor schreibe. Preußen und der Neichseisenbahngedanke. Daß der ia jüngster Zeit wieder zur Erörterung gestellte Reich«eisrnbahngrdanke m Preußen nicht mehr Anklang findet, ist schon wiederholt hervorgetreten. Heute begründen die „Berl. Polit. Nachr." den jetzigen ablehnenden Standpunkt der preußischen Regierung folgendermaßen: Der jetzt wieder zur Erörterung gestellte ReichSeisenbahngedanke hatte bekanntlich im Jahr» 1876 bereit- eine greifbare Gestalt ge- voaae», indem die preußische Regierung die gesetzliche Ermächtigung erbeten a»d erhalten hatte, die preußischen StaatSbahnen nebst allen Aussicht«, und sonstigen Rechten de« preußischen Staate« gegenüber Privatbahnen dem Reiche onzubietrn. Der Gesetzentwurf, durch wrkchen je», Ermächtigung verlangt wurde, ist van der Etaattrrgieruag «amenttich mit Gründ,» wirthschostlicher Natur schriftlich »ud münd- ktch befürwortet worden und darauf hin gewiesen, daß in Preußen abweichend von den übrigen Bunde-staaten, welche ganz überwiegend «ar Etaat«bahnrn hatten, die Eisenbahnverhältnisse durchaus »»befriedigend seien. ES bestanden damal« in Preußen nicht weniger al« SO Eisrnbahnunternehmungen mit 60 Direktionen und 1800 Tarifen, zu deren jedem noch zahlreiche Nachträge gehörten. Weder da- preußische Handelsministerium, noch da- ReichSeisenbahu. amt war in der Lage gewesen, diesem Rattenkönig von Einrichtungen gegenüber di« verkehrSpolitischen Grundsätze der Neichsvrrfassung zur Geltung zu bringen. Die Nothwendigkeit, hier durch eine Consoli, dation der staatlichen Eisenbahnnetzes Wandel zu schassen, war nicht mehr abzuweisen, und eS fragte sich nur, ob diese Con- solidation von Preußen oder im Wege der Abtretung der preußischen StaatSbahnen und Eisenbahnrechte an das Reich durch dieses vorgenommca werden sollte. Im Interesse der Stärkung deS Reiche- und de« ReichSgrdankens beabsichtigte die preußische Regierung, dem Reiche die Möglichkeit zu gewähren, für sich die Fülle von Macht und Einfluß zu gewinnen, welche die nothwendige Folge einer solchen Consolidalion deS StaatSbahiibesitzeS innerhalb Preußen« sein würde, und der preußische Landtag hat ihr bereit« willig zugeslimmt. Der ReichS-Eisenbahngedanke stieß aber bei einem großen Theil der anderen Bundesstaaten auf so starken Widerspruch, daß da- Anerbieten Preußens, seine Eisenbahnen und seine Eisenbahnrechte an das Reich abzutreten, keine praktische Folge gehabt hat. Nunmehr ergab sich für die preußische Re gierung die unabweisbare Nothwendigkeit, durch Stärkung des preußischen Staat-bahngesetze- die zur Beherrschung des Verkehrs nothwendige Consolidalion der Eisenbahnverhältnisse herbciznsühren. Diese Eonsolidation ist auf das Gründlichste und Vollständigste durch die Verstaatlichung des größten TheilS ter greußischeu Privatbahnen herbeigeführt worden. Gegenwärtig herrscht in Preußen das StaatSbahnsyslem genau so wie in anderen Bundes- floaten. Unter preußischer Verwaltung stehen mehr als 81000 km Esseubahuen, welche als rin einheitliche- Eisenbahnnetz im Sinne der Ncichsverfassung verwaltet werden und aus denen die tarisarischen Ziele der Reichsvcrfassung längst erreicht sind. In der preußisch-hessische» Eisenbahnfinonz- und Betriebs- gemein schäft ist ferner eine Form gesunden, welche denjenigen Bundesstaaten, die sich die finanziellen und wirthschaftliche» Vor- theil« einer so mächtigen BerkehrSanstalt wie de- preußisch- hessischen StaatSbahnsystews verschaffen tpollen, den Anschluß ermöglicht. Die preußische Eisenbahnverwaltung ihrerseits ist zwar in buudeSfreundlicher Beziehung bereit, solchen Wünschen anderer Bundesstaaten zu entsprechen, hat aber ihrerseits nicht das mindeste Interesse, ihren ohnehin schon riesenhaften Geschästskreis noch weiter auSzudehnen. Die Verhältnisse liegen daher heute wesentlich anders als zu jener Zeit, da Preußen dem Reiche seine StaatSbahnen zum Kaufe anbot. Heute würden schon die finanziellen Tran-actionen, welche mit dein Uebrrgange der preußischen StaatSbahnen au das Reich nothwendig zu verbinden wären, sich überaus schwierig gestalten. Preußen besitzt zur Zeit au- seinen StaatSbahnen eine Rein einnahme, welche nicht nur zur Verzinsung und Tilgung seiner Elsenbahnschulden völlig auSreicht, sondern darüber hinaus »och 186 Mill. Mark zur Bestreitung des allgemeinen StaatsaufwandeS iefert. Da- Reich müßte daher, um Preußen schadlos zu halten, nicht nur die Verzinsung und Tilgung der preußischen Eisenbahn- chulden in Höhe von nahezu 7 Milliarden Mark übernehmen, sondern auch der preußischen Staatskasse eine Rente gewähren, welche dem Zinserträge von mindestens 6 Milliarden 3proc. Reichs- consolS gleichkäme. Der mächtige Eijenbahnbesitz deS preußischen Staate« gewährt Angesichts der Thatsache, daß die Feststellung der Tarife nach preußischem StaatSrecht ein ausschließliches Recht der Krone ist, dieser eine gewaltige Machtfülle. Nach dec ReichSverfossung würde die Feststellung der Tarife der Reichsbahnen nicht dem Kaiser, sondern dem Buudesrathe zustehen, sofern nicht etwa, wie nach dem Vorgänge bei dem Kaiser Wilhelm-Canal nur zu wahrscheinlich ist, der Reichstag eine entscheidende Mit- Wirkung bei der Feststellung der Tarife in Anspruch nähme. Au dits« Sachdarstellung erhellt, daß die Lage der Tinge gegenüber 1876 eine vollständig andere geworden ist und daß die Gründe, welche damals Preußen bewogen haben, seinen Eisen- bahnbesitz dem Reiche anzutragen, nach keiner Richtung hin mehr bestehen." Der Krieg in Südafrika. MU Lsui» votha gegen die Engländer Ein Mitkämpfer der Boeren (G. Männchen), her in der „La Plata-Zeitung" fortlaufende Schilderungen über seine Erlebnisse im Transvaalkriege veröffentlicht, erzählt in interessanter Weise von den Kämpfen Botha's gegen Buller an der DelagoaEisenbahn unter Anderem wie folgt: „. . . Bei Machadodorp theilten sich die Boeren, und zwar so, daß das eine Corps an der Bahn entlang nach Watersalllondon, und der andere nach Lydenburg ging. Wir nahmen mit Louis Botha den letzteren Weg und rückten in derselben Nacht noch in die Berge hinein, um bei Helvetia noch einmal Stellung zu nehmen. Ich konnte mich vor Schmerzen kaum auf dem Pferde halten (der Verfasser war im letzten Ge fechte verwundet worden), und wurde schließlich von Botha mit einigen herzlichen Worten des Bedauerns auf einen Ochsenwagen verpackt und nordwärts geführt. Der Weg nach Lydenburg geht durch das herrliche Crocodilriver-Thal, welches ausgezeichnete Positionen bietet, und von Botha Schritt für Schritt vertheidigt wurde. Ich war schon 10 Tage in Lydenburg, als er auch an langt«, nachdem der immer näher kommende Kanonendonner seine Ankunft bereits verkündigt hatte. Die Stadt selbst war nicht zu vertheidigen, und nachdem Botha die letzte Position vor der selben Nachts ausgtgrben l^atte, kam «r Morgens hinein, früh stückt« ganz qemiithlich im Hotel und ritt Nachmittags 2 Uhr in, Schritt auf seinem dicken Schimmel zur Stadt hinaus, um sich auf die dahinter liegenden Höben zu begeben, auf denen in zwischen der Longtom und einig« andere Kanonen aufgestellt worden waren. Um 4 Uhr schon hielten dann die Engländer ihren Einzug in Lydenburg, welchen das Feuer der Boeren- atschütze wobl stören aber leider nicht verhindern konnte . . . Die Engländer richteten sich häuslich in der Stadt ein und annectirtvn Alles, was nicht niet- und nagelfest war . . . Als eine Patrouille > die Holzhütte revidirtc, in welcher ich mit meinen Wunden lag,! consiscirte der leitende Officier persönlich einen ganzen Beutel! von englischer Dum-Dum Patronen, die ich einigen englischen Gefangenen abgenommen und sorgfältig anfbewahrt hatte, nm gelegentlich einmal an der Hand dieser Beweisstück- der dreisten Behauptung der Engländer entgegrnzutreten, daß sie niemals auf die Boeren mit dieser barbarischen Munition geschossen batten. Ich habe mich in dieser Hinsicht von der so oft gerühmten Humanität der britischen Kriegsfüyrunz vollauf überzeugen können .... Schon nach zwei Tagen wurde Botha gezwungen, seine Position hinter Lydenburg aufzugeben. Ich hielt den Krieg damals schon für nahezu beendigt, denn zwei Tagereisen oberhalb Lydenburg beginnt das fieberreiche „Low country", der niedrig gelegene Teil von Transvaal, welcher in einer unabsehbaren, 2000 Fuß hohen Terrainstufe, di: in ihrer ganzen Länge nur durch zwei Passe paffirbar ist, von dem ungeheuren Hochleld: abkällt, ans dem sich bisher der Krieg abgespielt batte. In dieses Niederland konnte Louis Botha sich nicht hinein drängen lassen, denn das Fieber hätte ihn und sein: Leute unbe dingt dort aufreiben müssen, und so glaubte ich denn, jeden Tag di: Nachricku von der anscheinend unvermeidlichen Ucbrrgabe er warten zu können, glücklicher Weise jedoch vergebens. Ich hatte eben wieder einmal nickt hinreichend mit dec fabelhaften Fixigkeit der Boeren gerechnet und vor allen Dingen nicht mit dem geradezu unerschöpflichen Talent Louis Botha's, die Engländer zu dupiren und für sich selbst den denkbar größten Nutzen ans den schwer fälligen Bewegungen ihrer Colonnen zu ziehen. Glatt wie ein Aal hat^Botha sich schließlich doch noch wieder der eisernen Um llammecung dr.q famosen General Buller zu entwinden gewußt, wobei es dem Generalcommandanten der Boren sogar gelang, Buller mit sein-c,m ganzen Stabe zu über rumpeln und den eivMtäschen Feldherrn firc-vi manu gefangen zu nehmen, um ihn sodann gegen die ehren wörtliche Verpflichtung, das Land schleunigst zu verlassen, wieder frei zugeben. Dieser für den Herrn Buller so ärgerliche Vor fall ist, wie ich nachträglich erfahren habe, von den Engländern vollständig todtgeschwiegin und vielseitig überhaupt an gezweifelt worden. In Wirklichkeit liegt aber kein Grund vor, diese Gefangennahme und Freilassung Buller's durch Botha in Frage zu stellen, zumal da Hunderte von Augenzeugen in der Lage sind, dieses historische Vorkommnis; zu bestätigen." " London, 23. Mai. (Telegramm.) Eine Trahtmctdung des „Daily Expreß" ans Lourenoo Marques meldet, daß bei Carolina heiße Kämpfe stattfinden. Sech- Colonnen unter den Generalen Blood und Kitchener operiren in diesem Bezirk. Eine Brüsseler Trahtmeldung der „Morniug Post" besagt, noch einer Depesche aus Loureii'.o Marques betrage die Zahl der Boeren, die jüngst in die Capcolonie eingedrungen sind, 1200 Mann. Cie seien in vier CommandoS ringetheilt. Hertzog führe den Lberbcsehl. Tie Bewegung bezwecke angeblich, Lord Kitchener zu nöthigen, die Operationen gegen Botha im Bezirk von Ermelo einzustcllen. Ein Johannisburger Bries besagte, Lord Kitchener sei sehr kriegSmüde und entschlossen, den Lber- befehl niederzulegen, falls Milner nach Südafrika zurückkehren sollte. (Boss.Ztg.) )ohniincsburn, 23. Mai. (Telegramm.) Ter frühere Präsident PretortuS ist, wie dar „Renter'sche Bureau" nieldct, am 19. Mai in Potschefstroom nach zweitägiger Krankheit ge- storbcn. Neber tausend Einwohner und Flüchtlinge haben an seinem Begräbnis; theilgenommen. Deutsches Reich. D TvkSVcu, 23. Mai. (Telegramm.) Für Lachsen werden der Minister deS Innern v. Metz sch und der Finanzminister v. Watzdorf an der in Berlin am 1. Zuui abzuhallcnden zollpolitischen Eonfercnz theilnehmeu. Berlin, 23. Mai. (DieNovellezum Gewerbe- gerichtsgesetze und die Conservativen.) Be kanntlich haben, als einzige Parteien des Reichstages, die Reichs^ Partei und ein Theil der Conservativen vornehmlich des halb gegen die Novelle zum Gewerbegerichtsgesetze gestimmt, weil sie den Erscheinungszwang vor dem Gewerbegericht als Einigungsamt einfllhrt: der Erscheinungszwang soll nach der Ansicht seiner Gegner einen unerträglichen Eingriff in die Frei heit der Unternehmer und der Arbeiter bedeuten. Dieser An sicht liegt die manchesterliche Auffassung des Streiks als einer Privatangelegenheit zu Grunde. Daß dieselbe in maßgebenden conservativen Kreisen aber keineswegs getheilt wird, beweist, wie Professor Francke in der „Socialen Praxis" in Erinnerung bringt, ein Aufsatz der „ K r e u z z e i t u n g " vom 20. No vember 1900. Darin heißt es wörtlich: „Streiks und Aus sperrungen sind Gewaltmittel, die nicht nur die unmittelbar Be theiligten, sondern auch andere Gewcrbszweige und Erwerbs gruppen treffen. Die wirthschaftlichen und socialen Schäden, die hieraus entstehen, sind sehr bedeutend. Der moderne Rechts staat darf diese Acte gewaltthätiger Selbsthilfe nicht dulden. Verweist er schon die Privatstreitigkeiten Einzelner vor seine Gerichte zur Entscheidung, so muß er um so mehr auf die Ein haltung eines geordneten Rechtsweges dringen, wenn es sich um derartige Maffenkämpfe von weitesttragenden Folgen handelt. . . . Einigungsämter entweder als Institution der Gewerbe gerichte oder als freie Einrichtungen der einzelnen Berufszweige mit Rechtsverbindlichkeit der Entscheidungen, die durch Conven- tionalstrafen oder andere civilrechtliche Cautelen zu sichern sind, im Falle der Fruchtlosigkeit der Verhandlungen vor dem Einigungsamt Schiedsämter mit Spruchentschridungen, die eben falls für beide Parteien rechtsverbindlich sind, strafrechtlich z» sichernde Kündigungsfristen — all diese Maßnahmen würden die Möglichkeit schaffen, jeden Streitfall in einem geordneten Ber fahren zu entscheiden ..." — Diese Forderungen des leitenden Blattes der conservativen Partei gehen weit über das Maß der Erleichterung und Verstärkung des einigungsamtlichen Ver fahrens hinaus, bas sie Novelle zum Gewerbeqerichtsgesetze jetzt bringen soll. Sie haben sogar eine gewisse innere Verwandt schäft mit dem Gesetzentwurf über die obligatorischen Schieds gerichte, den der socialistische Handelsminister Millerand den französischen Kammern vorgelegt hat. Um so weniger fällt der Widerspruch der ReichSpartci und eines Theils der Conservativen gegen die Novelle ins Gewicht und um so mehr Grund hat der Bundcsrath, den Reichstagsbeschlüsscn zuzustimmen. Berlin, 23. Mai. (Rheinischer Bauernverein, Centrum und Bund der Landwirthe.) Eine KreiS- vcrsammlung des klerikalen rheinischen Bauernverein hat am Sonntag in Düren einstimmig den Beschluß gefaßt: den Vorsitzenden des rheinischen Bauernvereins zu bitten, mit dem Bunde der Landwirthe ein freundschaftliche- Ver hältnis; anzubahnen, in der Voraussetzung, daß der Bund seine genossenschaftlichen Einrichtungen nach der Rhein provinz nicht auSdehnt; den Vorsitzenden ferner zu bitten, dafür Sorge zu tragen, daß der Bund der Landwirthe eingeladen wird, dem Cartell der christ lichen Bauernvereine beizutreten. — Dieser Dürener Beschluß ist deshalb von erbeblickem Interesse, weil er in diametralem Gegensatz zu der Haltung siebt, welche der Vor sitzende des Rheinischen Bauernvereins, Graf Spee, vor wenigen Wochen in der Düsseldorfer Provinzialversammlung des Bundes der Landwirthe eingenommen hat. Hier wehrte Graf Spee den „Vorstoß" des Bundes in die Rheinprovinz in der deutlichsten Weise ab. Die Dürener Versammlung deS Rheinischen Bauernvereins ist ferner wegen der scharfen Kritik bemerkenswertb, welche sie am Centrum wegen dessen Stellung zur Landwirthschafk und au den CentrumSabgeord- neteu wegen ihrer geistigen Bedeutungslosigkeit geübt hat. Tie „Köln. VvlkSztg." berichtet darüber: Im Lause der Verhandlungen wurde auch von einem Redner die Qualität so mancher Volksvertreter berührt und aus- geführt und lebhaft applaudirt, daß auch in der Eentrums- fraction viel zu viele Nullen säßen; wenn man einige wenige Herren abrechne, blieben nur Nullen übrig; dann zögen auch manche gern dle kurzen seidenen Höschen an; soweit die Vertretung der Landwlrthschast in Frage käme, müsse es damit anders werden, der Bauernstand brauche tüchtige Vertretung, die bei wichtigen Anlässen, wie jüngst bei der Obstruktion gegen die Branntweinsteuernovclle, auch im Reichstage anwesend wäre und ihre Pflicht khäte. Offenbar ist sich die kölnische Centrumsleitung noch nicht klar über die Mittel, mit denen dieser aufrührerischen Be wegung katholischer Wähler entgegenzutreten ist. Denn die „Köln.LolkSztg." enthält sich jeden CommentarS zu denAngriffea aus das (Zentrum und die EentrumSabgeordnelen, während da- Dürener CentrumZblatt, augenscheinlich auf eigene Faust, eS bei einige» vorsichtigen Mabnworten bewenden läßt. Was der Dürener Bauernversammlnng an den EentrumSabgeord- »eten vor Allem mißfällt, ist der Umstand, daß „viel zu viele Nullen" unter ihnen feien; au der EentrumSleitung aber tadelte die Dürener Versammlung die zunehmende demokratische Richtung. Hört man dies, so erscheint das Eintreten ter „Deutschen TageSztg." für den Centrums- candidaten im RcichstagSwablkreise Ottweiler - St. Wendel, Herrn Fuchs, in eigenartigstem Lichte. Gekört doch Herr Fuchs zu rem demokratischen Flügel der CentrumSpartci! Tie Dürener BaucrnvercinS-Versammlnng ist endlich noch einer Einzelheit wegen interessant. Es wurde nämlich in ihr das Scheitern der Branntweinsteuernovelle beklagt. Was aber sagt das officielle Organ der bayerischen Cent rums Partei in dieser Beziehung? Es schreibt wört lich : „Daß das Branntweinsteuergesetz in der vorgeschlagenen Form nicht zu Stande kam — darüber grämen wir uns nicht allzusehr." — Eine solche Verschiedenheit der Auffassung selbst unter den fortgeschrittensten Agrariern zeigt sehr deutlich, daß cs eine unbedingte Solidarität der land- wirthschaftlichen Interessen nicht giebt. (-) Berlin, 23. Mai. (Telegramm.) Ter BundeSrath überwies in seiner heutigen Sitzung den Antrag Bayerns aus Anerkennung der Reifezeugnisse der bayerischen In dustrieschulen als vollgiltiger BvrbildungSnachweise für dir Zulassung zur Prüfung der NabrungSmittel-Cbemiker den zuständigen Ausschüssen. Der Gesetzentwurf wegen Ver sorgung der Kriegsinvaliden und Kriegshinterbliebenen wurde in der vom Reichstage beschlossenen Fassung an genommen. Dem AuSschußantrage auf Rückvergütung der Brausteuer bei der Ausfuhr von Bier wurde dir Zu stimmung crtheilt, ebenso dem AuSschußantrage zur Vorlage vom 1 t. December 1900 betreffs der Approbation als Arzt und dem AuSsckußberichte über die Vorlage betreffs deö Entwurfes eines Nachtrags zu dem Vertrage über die Einrichtung und Unterhaltung von Postdampferver bindungen mit Afrika vom 21. Juli 1900. L. II. Berlin, 23. Mai. (Privattelegramm.) Der hier versammelte Ausschuß des deutschen HandelS- tagcS richtete an den Minister Möller ein Begrüßungs telegramm, weil mit ihm ein mit den praktischen Bedürfnissen deS Handels und der Industrie durch langjährige Erfahrung vertrauter Sachverständiger in das Ministerium berufen sei. — Ter Nationalliberale Verein in Berlin hielt gestern Abend im Architcktenbause seine Hauptversammlung unter großer Betbeiligung ab, in der Abg. vr. Paasche einen Vortrag über die innere Loge hielt. — Prinz Leopold von Bayern hat z. Zt. in Berlin Wohnung genommen. Von vier aus begiebt sich der Prinz noch Brandenburg und dann nach Fürstenwalde, um die dort garnifonirenden Truppentheile zu besichtigen. Da- Pfingstfest wird der Prinz in HeringSdorf verleben und dann über Berlin nach München zurück- kehren. — Eriminolcommissar Goettlich Hierselbst ist unter Beförderung zum Eriminalinfpector zum Nachfolger de» verstorbenen Polizei- directorS v. Meerfcheidt-Hüllessem ernannt worden. (-) Schwerin in Mecklenburg, 29. Mai. (Telegramm ) Die Königin Wilbelmina, Prinz Heinrich der Nieder land: und die Großherzogin Marie begaben sich heute nach Ludwigslust, wo sich der Großberzog seit Sonn tag aufhält. Ihre Rückkehr erfolgt am Sonnabend. (-) Nordenham, 29. Mai. (Telegramm.) Bei den Norddeutschen Seekabrlwerken «st eine Einschrän«
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