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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.04.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000430010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900043001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900043001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-04
- Tag1900-04-30
- Monat1900-04
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Lltlvl, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr Leier, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 6. t. 8edubert'8 Xkekkolxer, Colonialwaarenhandlung, Frankfurter Straste (Thomasiusstr -Ecke) Herr Otto Llautsekke,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr LtlunrU Letrer, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. L. Udrvedt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr Lodert 6rein er, Zweinaundorfer Straße 18, - Connewitz Frau Llseker, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert A.1t»er, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - Gohlis Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr widert l^iuüner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr kaul Luek, ^nuoneen-Lxpeüition, Eisenbahnstraße 1, s, Ranftfche Gaffe 3 Herr Lrieür. Li8elier, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. 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Unter den Industriestädten Sachsens, die in den letzten Jahren einen großen Aufschwung genommen und sich in fort schreitender Entwickelung befinden, ist Meerane, gegenwärtig 25 000 Einwohner zählend, mit an erster Stelle anzusühren. i Di« Schreibweise deS Namens Meerane ist verschiedenen Aenderungen unterworfen gewesen. Nach den vor handenen Urkunden hieß die Stadt Meerane früher Mer, dann Mehr. Der Pirnaische Mönch Joh. Lindner nannte sie Mehre und sagt: „Mehre, I Meile von Glauche, I von Grimmicz, 1 von Wallenburg, vor jaren gros, nu ein clein stetlein, do sol »ine Königin czu Nehmen gesessen, Juditta genant. (^lOXXXIII.) Diese stat hat grose sreiheit gehat, och Krise mit rotem wachß czu besigeln, vilmals durch sewersnot ver- effchirrt. Ist unter der crone czu Nehmen und unter der Her schaft der Schönberger (Schönburger)." Ferner wird in zwei Urkunden von 1361 und 1495 Meerane Mare, dann auch „zu dsm Mer", Meran, Meerana, Mehran, Mehrana, Mehrane uns schließlich auch Möran genannt. Letzteren Namen hat man vor Anfang des 16. Jahrhunderts nirgends auffinden können, während Dieimann in seiner Kirchengoschichte sagt, daß der Name Meran oder Meerana erst vom 16. Jahrhundert an ge braucht worden ist. In OeSfeld's Chronik findet man dann noch die Namen Mohrana, Moran und an anderen Stellen endlich noch Mohran, das Mer, Mar und Meeraw. Seine jetzige Schreibweise „Meerane" wird seit dem Jahre 1853 beÄchcrlten. Veranlassung hierzu gab ein von einer aus mehereren Bürgern bestehenden 'Deputation gefaßter Beschluß an die Stadt verordneten, „den Stadlrath zu ersuchen, auf geeignetem Wege dahin zu wirten, daß von allen öffentlichen, gsistlichen und welt lichen Behörden deS OrteS, auch von der Postbehörde und in den Schulen der Name der Stadt übereinstimmend Meerane ge schrieben werde." Diese Angelegenheit ging schließlich bis an das Ministerium des Innern, welches jedenfalls dem allgemeinen Wunsche beigetreten ist, denn vom Jahre 1853 an ist Meerane von allen Behörden des Landes „Meerane" geschrieben worden. Was die Abstammung und Bedeutung der früheren Be nennungen Meeranes anbelangt, so sind darüber drei Ansichten vorherrschend. Eine Anzahl Geschichtsforscher sind für Ableitung des Namens aus dem Sorbenwendischen, wonach Meerane einen Grenzort bedeute. Wieder Andere leiten Sen Namen von einem bei der Stadt wahrscheinlich früher gelegenen Zusammenflüsse vielen Wassers (Meer genannt), oder von dem Namen des Flüß chens ab, daS durch den Zusammenfluß zweier durch Meerane fließenden Bäche, des Dittrichs- und des Seiferitzbaches, entsteht und jetzt noch M«rchen genannt wird. Eine dritte Ansicht will glauben machen, die auf dem Schlosse Tirol (an der Stadt Meran) residirenden Grafen Andechs hätten im 12. Jahr hundert die Meeraner Gegend besessen und deren Hauptort aus Liebe für ihr Tiroler Meran Meerane genannt. Doch dieses scheint wenig glaubhaft, und es können nur die ersten zwei An sichten Bedeutung haben, daß Meerane von den Wenden den Namen bekam. Ueber das Alter der Stadt Meerane ist etwas Genaues nicht bekannt; jedoch sicht fest, daß Meerane zu den ältesten Städten der Umgebung Meeranes gehört, worauf auch das hohe Alter der Kirche hinweist, vor deren Erbauung im Jahre 1005 der heid nische Erododienst in der Meeraner Gegend geherrscht hat. Noch zeugen für ihn die Namen der in der Umgebung liegenden Dörfer Götzenthal,Crotenlaide, Hainichen und Köthel (niedersächsisch — Hüttchen), wobei des Opfertisches erwähnt sei, der vor vielen Jahren hinter Crotenlaide ausgegraben wurde und zuerst im vorderen Garten zu Glauchau, dann auf dem Scheerberge zu Glauchau gestanden hat. Zur Geschichte von Meerane wird Folgendes er zählt: Gertrud, die erste Gemahlin des böhmischen Königs Wla- dislaw, hat von ihrem Bruder, dem Kaiser von Deutschland, Con rad III (1138—1152) die Herrschaft Meerane als Mitgift erhalten, und aus diese Weise und seit dieser Zeit scheint auch der LehnsnexuS der Stadt und Herrschaft Meerane mit Böhmen, der sich erst 1779 in Folge des Teschener Friedens ganz aufgelöst hat, entstanden zu sein. Nach dem Tode seiner ersten Gemahlin vermählte sich Wladislaw II. im Jahre 1153 mit Judidha, der Tochter Ludwig's III., Landgrafen von Thüringen, mit dem Beinamen des Eisernen. Diese Judiths besaß ä°ber nicht ur sprünglich Meerane, sondern wird nur als deren zweite bekannte Besitzerin genannt. Nachdem Wladislaiw II. von seinen beiden Söhnen, SobieslauS und Friedrich, vom Throne vertrieben wor den war, tränte er ihnen nicht, obschon sie ihm einen ehrbaren Lebensunterhalt versprochen, und begab sich, obschon kränklich, in die sehr gute Herrschaft Namens Mer, welche seine Gemahlin in Deutschland besaß. Hier aus dem Landgute zu Meerane ver lebte er in der Gesellschaft seiner Gemahlin noch vier Monate in stiller Zurückgezogenheit, bis er ani 18. Januar (nach anderer Angabe am 29. Januar) 1174 starb. Seine Gebeine wurden später in das Strahower Stift zu Prag, wo er vorher weilte, überp,»führt und dort beigesetzt. Eine andere Urkunde bringt die Flucht des Königs Wladislaw mit einer anderen Airgelegenheit in Verbindung; dies hier klar zu legen, würde zu weit führen. König WladiÄaw hinterließ zwei Söhne, die daher wohl auch als nächste Erben Meerane besaßen. Zu welcher Zeit die Herren von Schönburg von einem böhmischen Könige zuerst mit Meerane belehnt worden sind, ist nicht bekannt. In der Urkunde von 1361, in welcher die Herren von Schönburg das Lehnsbekenntniß wegen Meerane ausstellen, wird Meerane zuerst Stadt genannt, und werden seine Grenzen näher bezeichnet. In ältesten Zeiten ist Meerane gewöhnlich in weiblichen Händen ge Wesen. Im Jahre 1620 ist die Herrschaft Glauchau in die vordere und Hintere Herrschaft getheilt worden und damit zu gleich auch Meerane. In den ältesten Zeiten besaß Meerane einen besonderen Dingstuhl, ein juäionim, wie es in d-r Urkunde von 1361 heißt. Mit Bezug hierauf heißt es in einem Schriftstück: „es gehöre zu den Vorzügen Vieser Stadt, daß sie sich der oberen und niederen Gerichte gebraucht (im 15. Jal>rhn>ndert) und auf Den Nothfall der Magdeburgischen und Alterrbnrgischen Urtheile sich erholet habe, ohne was sonst vorgegeben wird, daß die von Glaucha keine gefangenen Uebelthäter wsiter bis an den Niclas- busch führen dürfen, die Meeranischen Gerichte aber ihn daselbst angenommen und hernach anderen Gerichten überantwortet, so ihn abgeholet." Diese Obergerichtsbarkeit überließ aber die Stadt Ü505 der Herrschaft zu Glauchau, nachdem dieselbe unter der Vormundschaft der Anna Gratiosa von Schönburg sich er boten hatten, die Kosten zur Enthauptung eines gewissen Simon Schmidt herzugeben. Vielleicht that dies die Stadt aus Geld mangel. Auch war Meerane, welches in den ältesten Zeiten immer opxnUuna (Stadt) genannt wurde, schon um diese Zeit (vielleicht weil Niemand mehr hier residirte) kleiner geworden und in seinem Ansehen gesunken. Mohr oder weniger hat Meerane auch an den Schicksulen theilgenommen, welche in den letzten vier Jahrhunderten Deutsch land selbst, insbesondere die Schönburgischen Lande, zu erleiden halten. So wurde Meerane nebst Glauchau im Hussiten kriege (1420) geplündert und verheert. In Sem Bruder kriege zwischen Wilhelm und Friedrich wurde es von Wilhelm's Truppen, welche Alles verheerten, sogar das Getreide auf den Feldern verbrannten, sehr heim-gesucht. Desgleichen wurde in den Jahren 1630—1633 die Meeraner Gegend (wie ganz Deutschland) von der P e st nicht verschont. Am 27. December 1642 (während des Dreißigjährigen Krieges) wurde zu Meerane oin schwedisches Armeecorps unter Oberst Funke von den Kaiser lichen überfallen und geschlagen, wobei genannter Oberst ge- tödtet wurde. Und 1643 sollen hier die Schweden abermals von den Kaiserlichen überfallen und denselben übel mitgespielt wor den sein. Einige Jahre vorher wurde Meerane von der im Lande herrschenden Theuerung hoimgesucht. Viele Bewohner starben vor Hunger, andere wanderten, nm der HnngerSnolh zu entgehen, in fremde Länder. Es wurde Gras gegessen und Vas Fleisch von umgefallenem Vieh verzehrr. Im Siebenjährigen Kriege hatte Meerane durch Contribution und Einanartrerung viel -zu leiden. So schon im September 1756, nachdem Friedrich der Große ganz Sachsen innerhalb 14 Tagen besetzt hatte. Am 3. September kam unter den Generalen von Ziethen, von Zastrow und von Hülsen eine Eolonne von 6000 Mann in die Umgegend von Waldenburg, wo das Hauptquartier ansgeschlagen wurde. Um Vieser Heeres- abtheilnng ausreichende Lebensmittel zu verschaffen, wurde den Städten Glauchau, Meerane und Hohenstein befohlen, Bier, Branntwein, Fleisch, Hirse, Graupen und Mehl herbeiznbringen, während die Dörfer Getreide und Stroh liefern mußten, unter der Drohung, daß jeder Ungehorsam mit Feuer und Schwert be straft werden würde. Am 4. September trafen auch schon die Lieferungen in Menge ein. Im November 1756 kam das preu bische Regiment Baireuth-Dragoner in das Schönburgische, um daselbst Winterquartier zu beziehen. Von den Städten Glau chau, Lößnitz, Hohenstein, Meerane, Lichtenstein und Walden- Fettilletsn. Mein Salon. Humoreske von B. R i t t w e g er. Nachdruck vtrdetcn. Schon lange schwärmte ich für bria-L-drac-Einrichtungen. Was das ist? Nun, das sind so hochmoderne Zimmer, in denen keine Regel herrscht, in denen nichts am rechten Platze zu stehen scheint, in denen — weil jeder — gar kein Stil vertreten ist, wo man stets Gefahr läuft, an etwas anzurennen, oder etwas umzu stoßen, in denen man sich herumtrippelnde Kinderfüßchen, unge schickte Kinderhändchen gar nicht denken kann, die aber auf den Eintrrtenden doch einen ganz seltsam bestrickenden Reiz auS- übrn. Ach ja! Ich schwärmte für derartige Einrichtungen, und er, mein lieber Herr und Gebieter, er konnte sie nicht auSstehen, und ich bin leider kein „moderne« Weib" und lasse mich von ihm „knechten". In seinem Zimmer und im Wohnzimmer stand den noch Alles hübsch gerade an den Wänden, und nur solche Sachen gab'» da, die der Mensch wirklich braucht: Sopha, Schreibtisch, Stühle, Buffet, Tische, Spiegel, und — ja allerdings auch ein paar gute Bilder und Büsten und viele Blumen. Aber kein brio-L-drae! Wir konnten, ohne anzustoßen oder etwa« um- zuwerfrn ganz ungehindert in diesen Zimmern umherwandeln — man denke! — und unser Baby hatte reichlich Platz zum Krabbeln, und seine ersten Gehversuche stießen nicht auf allzu viele Hindernisse. Da« hatte ja gewiß sein Gutes, aber mir war's doch sehr bitter. Meinen Salon — rin ganz winzige«, allerliebst fünfeckig ge formte« Zimmer — hatte ich aber wenigstens insofern nach meinem Geschmack eingerichtet, al« in demselben alle Möbel schräg standen, wa« im Verein mit den fünf Ecken de« Zimmer« eine ganz reizend« Unregelmäßigkeit ergab. Die Möbel waren sehr hübsch, zierlich und fein, und e« fehlte nur an der Unmenge kleinerer und größerer Gegenstände zum Füllen und Aur- schmücken, um mein erfrhnte« briv-L-brav herzustrllrn. Ständen mir die zur Verfügung, wie hatte ich diesen Raum, in welchem ich Alleinherrscherin war, auSstaffirrn wollen. Niemand hätte einen Stil heraulfinden können, und lein Fleckchen, nicht hand groß, hätte den vrschauer öde und leer angrinsen dürfen. Aber, da hapert» r» gnad«. Ich besaß st« eben nicht, diese tausend Unnützlichkeiten und Niedlichkeiten, die in ihrer Zusammen stellung ein so reizendes Durcheinander hätten bilden können! Und mein Gatte, dieser Tyrann, er gab nichts her zu solchem Zweck, nicht einen Heller! Offen gesagt, xx hatte es ja auch nicht dazu, denn das theure Leben verschlang unsere Einnahme fast völlig, und ein Nothpfennig mußte doch übrig bleiben. So'n junger Beamtengehalt verschwindet allmonatlich mit unheimlicher Sicherheit. Mama schenkte mir schon meine ganze Garderobe, und seit Baby da war, auch die für dieses süße Geschöpf — wie hätte ich von ihr noch unnöthige — ja wohl, das gestand ich mir — unnöthige Dinge verlangen sollen? Das konnte ich um so weniger, als Mama meine Schwärmerei keineswegs theilte und bei ihren jeweiligen Besuchen unsere Einrichtung „äußerst voll ständig" für ein junges Ehepaar fand. Ach, aber, immer stürmischer wurde meine Sehnsucht, immer dringender mein Wunsch nach solchen reizenden Nichtigkeiten, besonders seit meine beste Freundin sich verheirathete und ihre ganze Einrichtung in dem von mir so sehr geliebten Stil — oder vielmehr Nichtstil — gewählt hatte. Von jedem Besuche bei dieser Glücklichen — ihr Mann war aber, beiläufig bemerkt, nicht halb so nett, wie mein Tyrann — kehrte ich tiefbetrübt heim, und zer- sann mir den Kopf, wie ich es anfangen sollte, wenigstens meinen Salon so einzurichten. Und endlich tagte eS in mir. Ich konnte nicht malen — waS ich als Mädchen in Oelfarbrn gesündigt, war nicht der Rede Werth — nicht brennen, nicht schnitzen, und all' diese Künste sind ja auch viel zu kostspielig für eine junge arme Beamtenfrau. Aber ich hatte — eine Speisekammer! Eine Speisekammer? Ja wohl, eine Speisekammer. Und ich hielt eine Zeitung, betitelt: „Die sparsame Hausfrau", und diese Zeitung führte seit Kurzem eine neue Rubrik: „Die Kunst im Kleinen", und in dieser Rubrik fanden sich Anleitungen zu allen möglichen „Kunstarbeiten", die „fast nicht«" kosteten. Dem Himmel sei Dank, nun endlich wußte ich, wie ich zum Ziele meiner Wünsche gelangen konnte, denn ge schickt war ich schon, und zu diesen „Künsten" gehörte kein Talent, keine Kunst, sondern nur Geschicklichkeit, und «ine Speisekammer, natürlich. Dann SrieS, Erbsen, trockene weiße Böhnchen, frisches Brod pflegt sich doch in der Speisekammer zu finden, nicht wahr? Auch einen Leimtopf hatte ich da und Gelatine, sowie Eiweiß. Oelfarben besah ich zum Gliiik noch aus meiner Mädchenzeit. Urbrigens enthielt die „Kunst im Kleinen" auch eine Anleitung, wie man sich die herrlichsten Farben mit „fast nicht-" Herstellen könne, aber di« Sache war etwa» sehr umständlich, und ich freut, mich meines Besitzes. Nur eine Ausgabe war nicht zu umgehen: Bronzen. Goldbronze, Kupferbronze, grüne Bronze war absolut nothwendig. Ich legte also einen kleinen Theil meines monat lichen Taschengeldes in Bronzen an — bekanntlich ist Bronze ganz billig, und dann ging ich ans Werk. Alle möglichen Geräthe: alte Stiefelknechte, alte Strohhüte ohne Rand, hölzerne Quirlstiele, verbogene Blechlöffel wurden mit Leim, mit Eiweiß oder Gelatine, je nachdem, bestrichen, mit Gries bestreut, oder mit HUlsenfrüchten beklebt, bronzirt und bemalt. Sie gaben die reizendsten Photographieständer, Wand- decorationen und Jardinieren, die sich die kühnste Phantasie nur ausmalen kann. ES blitzte nur so von Gold und bunten Farben — förmlich orientalisch! Und kein Mensch konnte auf die Idee kommen, dieses reizende brio-L-brao stamme aus der Speise kammer! Es war prachtvoll, und Alle- ließ sich verwenden. Drei alte Spazierstöcke meines Mannes, gekreuzt, und mit einem Koch topfdeckel ohne Rand als Platte, bildeten, mit Leim, Bohnen und Oelfarbe einen hochaparten Blumenständer; leere Garnrollen mit aufgerrihten Erbsen «ine kleine Etagc-re für die Wand. Und Bilderrahmen aus geknetetem Brod mit Oelfarbe bemalt, er schienen wie echte Majolika und nahmen sich entzückend auf obiger Etagöre aus. Nachdem ich allwöchentlich ein paar Mal, wenn mein Gatte zum Scat ging, die Abende geleimt, geklebt, ge knetet, gepappt, bronzirt, gemalt hatte, war mein Salon in das originellste brie-L-drao umgewandelt. Ganz im Geheimen hatte ich daS fertig gebracht, und mein Gebieter war nicht wenig er staunt, al» ich ihm eine» Tage- meinen Stolz vorführte, und ihm zum Schluß erklärte, wo all' die entzückenden Sachen her stammten. Aus der Speisekammer, der Hauptsache nach! Er schmunzelte nun doch und freute sich der Geschicklichkeit seiner Gattin, wenn er'S auch natürlich nicht gestehen wollte. Da eS nicht sein Zimmer sei, so meinte er, habe er nichts gegen den Unsinn einzuwenden. Wie mir diese Anerkennung wohl that! Nun war Alles gut. Wenn ich Besuch bekam, genoß ich die volle Wonne, zu beobachten, wie die betreffenden Personen sich nur mit äußerster Anstrengung zwischen all' den Ziergegenstän den umherbewegten, die sich im Dämmerlicht — es herrschte stets vornehmes Dämmerlicht in meinem Salon, denn so war es modern — ganz großartig auSnahmen. Namentlich eine mächtige Staffelei, auk einem alten Kartoffelgerüst gebaut und ganz eigenartig verziert. Dieses Dings hatte mich allerdings ein Kilo Grit«, rin halbe« Kilo Erbsen und ein ganze» großes Brod gekostet, abgesehen von Leim und Bronze. Aber es machte auch riesig viel aus sich; unser Baby, welches ich zu Weihnachten für meinen Mann hatte photographiren lassen, prangte fast in Lebensgröße darauf. So oft ich meinen Salon betrat, nach vollendeter Aus schmückung, freute ich mich so recht innig über all' die herrlichen, billigen Sachen. „Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten, und das Unglück schreitet schnell!" DaS sollte auch ich erfahren. Es war im Sommer; mein Mann hatte seinen sechswöchigen Urlaub, und wir reisten mit Baby und dem Mädchen für diese ganze Zeit zu Mama. Als sorgliche Hausfrau pfefferte ich die Möbel und die Betten gehörig ein, gegen die Motten, rollte ich die Teppich« auf und schloß die Jalousien. In der Speisekammer waren alle Vorräthe aufgrbraucht. Das letzte halbe Brod schenkte ich meiner Waschfrau, und dann konnten wir unbesorgt unsere Reise aw treten. Wohlbehalten, erholt und vergnügt, kehrten wir nach abge laufenem Urlaub heim. Als ich am ersten Morgen meinen Salon inspicirte — ich hatte mich ordentlich nach ihm gesehnt, denn Mamas Einrichtung ist — unter uns gesagt — etwa- sehr nüchtern — welcher Anblick erwartete mich da? Alle guten Geister — Mäuse! Und wie hatten sie gehaust! All' die Herr lichen Erzeugnisse der „Kunst im Kleinen" hatten sie radikal auf gefressen, soweit daS möglich. Natürlich, sie hatten nichts weiter gefunden. DaS einzig Eßbare in der ganzen Wohnung fand sich im Salon — mein drie-L-droc! Nackt und kahl grinsten mir die leeren Hölzer, Bleche und Stöcke entgegen — nichts, nichts hatten die abscheulichen Nager verschont. Freilich, Grie» und Erbsen, Bohnen und Brod, das soll ihnen wohl geschmeckt haben. Und sie konnten ja nicht Wissen, WaS sie mir damit anthaten! Mein Salon war nun wieder öde und leer. Tiefbetrübt hatte ich den traurigen Rest bei Seite gräumt, und es fehlte mir der Muth, wieder von Neuem anzufangen. Mein Mann schenkte mir allerdings zum nächsten Weihnachten einen entzückenden Blumentisch, mit schönen Blattpflanzen besetzt und eine wirklich großartige Staffelei für Babys Bild, aber daS ist dock kein brit> ä-dene! O, diese Mäuse! Wenn ich jedoch aufrichtig fern soll — hübscher ist mein Salon jetzt entschieden, besonder», da man augenblicklich nicht mehr für Dämmerlicht ist.
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