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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 31.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010531013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901053101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901053101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-31
- Monat1901-05
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Bezugs «Preis in der Hauptrxpeditiou oder den im Stadt bezirk und den Bororten errichteten AuS- oabestelle» ab,,holt: vierteljährlich L.SO, »et ztoetmaligrr tL-ltcher Z»ü«ll»»o i-S Hau- ^l b^O. Dnrch di, Post bezogen für Deutschland «. Oesterreich: vterteliähn. ^l S. Mau abouuirt ferner mit «utsprechendem Postausschlag bet den Postanstalten tu der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem- dura, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Douaustaateu, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blatte» möglich. Di« MoraenMuSaab« erscheint um Uhr, die Lbeu»4luSgao« Wochentag» um k Uhr. Ne-artion und Erpe-iths: Johauni-gaffe 8. Filialen: Alfred Lahn vorn,. O. Klemm'» Sortim. UuwersltLtsstraße 3 (Pauliaum), 8vut» Lösche, Kathariueustr. 14, purt. uud Künigtplatz 7. Morgen-Ausgabe. MpMrr.TagMaü Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. 272. Kreitag den 31. Mai 1901. Anzeige« «Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedacnouSprtch (4 gespalte«) 73 vor den FamMamöch- richtru (6 gespulte») KO H. Tabellarischer und Zisferusatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen uud Osserleuanuayme 8K (excl. Porto). Gxt«. vettoge» (gesalzt), nur mit der Morgen-AuSgabe, ohne Popbeförderung ^l «3.—, mit Postbesürderuug ^ll 70.—. A»mch«eschl»ß für Ätyri-eu: 8b«»d-TuSgab«: Vormittag» 10 Uhr. Morge«-A»»gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei de» Filialen mkd Lowhmestelle» je eine halbe St»»de fr»her. Anzeiaea find stet» a» di« Expedition zu richte». Die Expedition ist Wochentag ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Lbead» 7 Uhr. Druck usd Verlag von E. -olz t» Let-ßig. 95. Jahrgang. sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arndtstraste 35 Herr L. 0. Lltlol, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstrabe 1 Herr l'keoÄ. Leter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 53 6. b. 8okudsrt*8 ^Lokfolxer, Colonialwaarenhandlung, frankfurter Straste (Thomasiusstr.-Ecke) Herr Otto Llautsekke,Colonialwaarenhandlung, Löhrstraste 15 Herr Liluuril LetLor, Colonialwaarenhandlung, Nürnberger Straste 45 Herr Ll. L. Udreolrt, Colonialwaarenhandlung, in Anger-Crottendorf Herr L. Lrleävl, Cigarrenhdlg., Zweinaundorfcr Straße 6, - Connewitz Frau Linker, Hermannstraße 23, - Eutritzsch Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Delitzscher Straße 5, - EohliS Herr Lodert Bitner, Buchhandlung, Lindenthaler Straße 5, - Lindenau Herr widert L,1u6ner, Wettiner Str. 51, Ecke Waldstr., Buchbinderei, - Neustadt Herr Laut Luek, ^imoneen-Lxpeültlon, Eisenbabnstraße 1, Ranftsche Gasse 0 Herr Lrleilr. Ll8vder, Colonialwaarenhandlung, Raustädter Steinweg L Herr 0. Lnxelmann, Colonialwaarenhandlung. Schützenftraste 5 Herr «lul. ^eilüiitleden, Colonialwaarenhandlung, Westplatz 32 Herr 11. 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M. bat der Abgeordnete vr. Sattler in Eoblenz in einer zahlreich besuchten Sitzung de» national liberale» Centralcomitö» für die Rheinprovinz eine Rede ge- halten, in der er nach einem ausführliche» Berichte u. A. gesagt hat: „Die ganz« Lage würde für die Nationalliberalen aber nicht so schwierig sein, wenn wir noch eine wirklich« conser- vative Partei hätten. Da» ist aber nicht mehr der Fall. Ein Theil der Partei neigt zu stark nach der reaktionären Seite nnd zum Teutrum hin, ein anderer tritt für extrem agra rische Bestrebungen ei« und treibt Jnteressrnparticu- lariSmu», ein dritter will es auf eine Machtprobe mit dem Königthum ankommen lassen. Da» erste ist in den Schul frage», da» zweite bei agrarischen Fragen, da» dritte beim Kampfe um die Canalvorlage in die Erscheinung getreten. Bei diesem Kampfe handelt e» sich für die konservative Opposition »icht um die Canalfrag«, sondern darum, den Beweis z« führen, daß i« Preußen nicht gegen die Conservativen regiert werden könne!" Wie vorauSzusehe» war, bat diese, auch unserer Ansicht nach zu sehr verallgemeinernde und in der Form zu schroffe Drurtheilung der conservativen Bestrebungen in der konser vativen und der bündlerischen Presse einen Sturm von Ent rüstung hervorgerufen. Besonder» die „Kreuzztg." hat sich nicht nur durch Entrüstung, sondern auch durch Gegenvor würfe hervorgethan. In einer ihrer letzten Nummern sieht sie sich jedoch veranlaßt, eine „Zur Verständigung" über schriebene Zuschrift de» conservativen preußischen Abgeordneten Frhrn. v. Plettenberg-Mebrum abzudrucken, die sich nach Inhalt und Form sehr wesentlich von den Auslassungen de» „führenden" conservativen Organ» unterscheidet. Frei herr v. Plettenberg-Mehrum knüpft nämlich an die citirten Worte de» Abg. vr. Sattler folgende Ausführungen: „Soweit Herr vr. Sattler. Da er dem inneren fraktionellen Lebe« der Conservativen fern steht, so brrnhen sei»» vorstehenden Angabe« naturgemäß lediglich auf Bermuthungen und — der ge- ehrte Herr College möge mir da» nicht übel nehmen — wohl auch etwa» auf den Lornrtheile» de» nicht als solche» geborenen und erzog««» Preoß«. Ich aber, al» rheinische« Mitglied der konservativen Partei, halt« mich für besonder» verpflichtet, diese einem rheinischen Auditorium gegebenen irrigen Darlegungen nicht unwidersprochen zu lasten nnd richtig zu stellen. Zunächst stelle ich — al» ein mit de« Zielen und Absichten der conservativen Fraktion de» Abgeordnetenhauses völlig vertranter Mann — fest, daß eine Scheidang derselbe» in die drei Gruppen de» Herrn vr. Sattler nicht vorhanden ist, daß vielmehr die Fraktion in allen priactpiellen Fragen «iamüthig und festgeschlossen znsammeosteht. Da» schließt nicht au«, daß die individuell« Ueberzrogung de» Einzelne» in einer Weise geachtet und berücksichtigt wird, wie wohl in keiner anderen Fraktion. Ta» Wort: „in veoowariis uuitas, in äudiia lidarwa, in omoidu» varitas" hat, wenn irgendwo, so in der conservativen Fraktion vollste Geltung! Da» kann ich, der ich al» Rheinländer hänsig einen von der Majorität ab weichenden Standpunkt eianehme, in dankbarer Aner- keauuug und mit gutem Gewisse« bezeugen. Ich maß aber auch de» weiteren erklären, daß ich al» geborener Royalist, dem da» monarchisch« Princip eine geheiligt« Tradition ist, »icht «i»ea Tag mehr «i»«r Fraktion angehören würde, di« Opposition trieb«, um e» auf «in« Macht probe mit dem Königthum ankomme» z« lasse« uud den Bewei» zu führen, daß in Preußen nicht gege» di« Confervative« regiert werde» könne. Denn ich da nun weiterhin fest zur conservativen Partei holte, so möge da» dem Herrn vr. Sattler ein Beweis sein, daß die Traditionen derselben — die sie während der TonfllctSzett der sechziger Jahr« „in jenem ersten Kampf« nm die Macht" und „jenem ersten Feldzug« »m da» parlamentarisch« System in Preußen" zwischen Liberalismus und Krone an die Seite der letzteren stellten, auch heut« »och tu eben dem Maße lebendig find, wie damal». La» schwerwiegendste Bedenke» meiner Freunde gegen da» jetzige Canalproject wurzelt ober eben in der Befürchtung, daß die Aus führung dessetbru di« durch di« Siseubahuverstaatlichung ge- wonnene Herrschaft de» Staates über den wirthschaft- lichen Einfluß der Eisenbahntarife gefährden würde, und macht sie hauptsächlich deswegen zu Gegnern jene» Pro- ecteS, so sehr unerwünscht es ihnen ist, in diesem Falle gegen die Regierung Sr. Majestät deS Königs stimmen zu müssen, deren Wirtschaftspolitik sie durch viele Jahre überzeugt unter- "tützt haben. DaS ist aber in seiner Tendenz eine Wahrung der gegenwärtigen Macht der Krone und somit ganz etwas andere», wie eine „Machtprobe mit dem Königthum" nach jenem liberalen Muster der sechziger Jahre, welche die Conservativen nach wie vor grundsätzlich vernrtheilcn und verwerfen. Wenn dann H»rr vr. Sattler von einem „starken Neigen nach der reaktio nären Seite" hin spricht, so ist das ein Schlagwort von solcher Unbestimmtheit, daß eine sachliche Erwiderung darauf nicht möglich ist. Die starke Neigung der Conservativen zum Centrum hingegen, die in den Schulfragen in die Erscheinung getreten sein soll, beschränkt sich darauf, daß sie mit dem Cen truin für die konfessionelle Volksschule eingetreten sind undeintreten, nur mit dem kleinen Unterschied, daß sie dabei die Volksschule als eine Veranstaltung Le» Staate» gewahrt sehen wollen, während daS Centrum diese unter die Herrschaft der Kirche stellen möchte. 8i äuo laciuut iäem non est iäem! Diesem Grundsätze dürste doch wohl auch Herr vr. Sattler die Geltung nicht versagen wollen, wenn er an jenen bekannten Antrag Fritzen-Sattler bei der Be- rathung der Recke'schen Gemeindewohlgesetz-Reform erinnert wird. Der dritte Borwurf extrem agrarischer Bestreb ungen und deS JnteressenparticulariSmu» liegt wieder stark in der Sphäre de» Schlagworte» und ist deshalb kurz damit zu beantworten, daß die Conservativen einen wirklich ausreichenden Zolljchutz für die in ihren berechtigteu Interessen stark beeinträchtigte Landwirth- schast begehren, welcher endlich die Herstellung gleicher Concurrenz- bedingungen auf dem inländischen Markte für die Agrarproducte de» Inlandes gegenüber denen deS Auslandes ermöglicht, — ein Begehren, da» auch die Industrie für ihre Produkte als selbst verständlich ansehen dürfte. Mögen diese kurzen Ausführungen dazu beitragen, den vielen, meist durch Parteileidenschast bervorgerufenen schiefen und un richtigen Urtheilen über die konservative Partei, welchen die AuS- führungen deS vr. Sattler neuen Stoff hinzugeführt haben, end- giltig ein Ende zu machen. Die Zeiten sind zu ernst, um dem altgermanischen Sporte inneren HaderS frühnen zu dürfen, und über die Verstimmungen deS Tage» hinweg gilt e», daS alte Ziel im Auge zu behalten — die Sammlung der staatSerhaltenden Parteien und der productiven Er werbsgruppen!" Sollten Herr vr. Sattler und seine näheren politischen Freunde in der Thal als die Adressaten dieser Kundgebung gedacht seio, so könnte man nur sagen: der rheinische Conser- vative zeigt sich vom Geiste der Versöhnlichkeit beseelt — er will den Cartellgedanken in Preußen nicht völlig ein schlummern lassen. Indessen wird vielfach angenommen, daß Freiherr v. Plettenberg Anderes und — vom con servativen Standpunct gesehen — mehr beabsichtigte, al» eine Begütigung der oationalliberalen Partei. Der Tenor seiner Auseinandersetzung läßt sich dabin fassen: „Wenn die Conservativen so wären, wie sie vr. Sattler in Coblenz geschildert hat, so würde ich nicht in der Partei bleiben können". Da» wird von Kennern der Person und gewisser Strömungen innerbalb der conservativen Partei wie eine Warnung an diese verstanden. Frhr. v. Pleiten» berg, so meint man, will seinen Parteigenossen sagen, an der Kennzeichnung, die sie durch vr. Sattler erfahren, sei Manche- richtig oder auf dem besten resp. schlechtesten Wege, richtig zu werden, und wenn keine Wandlung emträte, so würde er, einer der Wenigen aus dem Westen, die die Conservativen »u den Ihrigen zählen dürfen, sein FractionSbündel schnüren. Für diese Annahme spricht zunächst, daß Freiherr v. Pletten berg der Canalopposition zwar nicht entgegengrtretrn ist, sie aber auch nicht mitgemacht hat. Er hielt sich vor zwei Jahren der Abstimmung fern, und diesmal ist es bekanntlich nicht einmal in der Commission zu einer Abstimmung über de» Mittellandcanal gekommen. De» Weiteren sind die Einwendungen, die Freiherr v. Plettenberg gegen die von vr. Sattler gegebene Charakteristik macht, in Hauptpunkten sowenig schlüssig, daß man dem klugen Manne nicht gern zutrauen mag, er habe sie im Ernste vor» gebracht. So stellt er da- Zusammengehen der Conservativen mit dem Centrum bei der Zedlitz'schen Schulgesetzaction gewissermaßen als eine Bagatelle hin. Das kann der rheinische Protestant in der That kaum für rheinische Nationalliberale bemerkt haben wollen. Und von der Entschuldigung, daß zwischen den Conservativen und dem Centrum in der Schul politik ,,der kleine Unterschied" bestehe, daß jene die kon fessionelle Schule dem Staate erhalten wissen wollen, daS Centrum aber nicht, wird Herr v. Plettenberg auch nicht glauben, daß sie auf die Nationalliberalen Eindruck machen könne. Der Schulgesetzentwurf von 1892 lief ans die unbedingte Unterwerfung der Schule unter die Kirche hinaus, mit dem „kleinen Unterschiede" allerdings, daß von dem geplanten neuen Unterrichtszesetze nach Lage der Dinge nur die katholische Kirche hätte prosiliren können. Es ist also recht glaublich, daß der wirklich confervative Abgeordnete aus dein Regierungsbezirk Düsseldorf an die Partei genossen als Adressaten gedacht hat und ihnen zu verstehen geben wollte: Alles hat seine Grenzen. Vielleicht war er beeinflußt durch die neuesten Treibereien, die dieser Tage die „Köln. Ztg." gebrandmarkt hat und zwar allem Anscheine nach auf Grund der besten Informationen. Es erleidet keinen Zweifel, und die „Cons. Corr." hat eS selbst halb verrathen, daß Elemente, die politisch nur zu den Conservativen gerechnet werden können, am Werke sind, Kopf und Gemütk des Kaisers mit dem Bremer Anfall nnd Verschwörungen, die als ihm zu Grunde liegend erdichtet werden, zu erfüllen — in der Absicht, gesetzgeberische Pläne zu erwecken, die daS Interesse an den jetzt vorherrschenden Fragen in den Hinter grund drängen würden. Finstere Machenschaften dieser Art aufzudecken und unwirksam zu machen, ist die Aufgabe der liberalen Presse. Und wenn Herr v. Plettenberg seinerseits dazu beitragen will, solche Machenschaften zu durchkreuzen und einer Ver ständigung und Sammlung der staatSerhaltenden Parteien die Wege zu bahnen, so wird er selbst bei Herrn Vr. Sattler Entgegenkommen finden. Daß bi: Canalopposition nicht der Punct ist, von dem aus die Conservativen auS den Angeln gehoben werden können, haben wir wiederholt betont. Der Mittel landcanal ist vielleicht künstlich unpopulär gemacht, aber er ist eS. Dies empfindet auch die „Nationalzeitung", weshalb sie ziemlich wenig verclausulirt die Forderung erhebt, der „ge- sammte Liberalismus" müsse „in den östlichen Provinzen von Neuem rückhaltlos jenen socialen und Wirth- schaftlichen Gegensatz wider den conservativen Großgrundbesitz vertreten, der im Osten immer zum Wesen deS Liberalismus gehört hat". Man vermißt in diesem Ruse zum Krieg aufs Messer die Berücksichtigung der That» fache, daß seit der Zeit, wo jener Gegensatz in der That gründlich cultivirt wurde, die Sccialdemokratie ins Partei leben eingetreten und darin mächtig geworden ist. Es ist verwunderlich, daß der Berliner Liberalismus sich gar keine Gedanken darüber macht, daß daS Feldgeschrei „Wider Junker und Großgrundbesitz" ein für ihn unangenehm modisicirteS Echo finden könnte, etwa: „Wider Juden und Börse". Die erste Hälfte dieses Schlachtrufe» ist bekanntlich noch ein klein wenig älter als die gegen den Adel, und die zweite ist volkSthünilicher als der Canal. Vorgestern trat in freisinnigen Kreisen Berlins, wie man uns schreibt, mit großer Bestimmtheit das Gerücht auf, die Auflösung de» AbgeordnetenhauseS sei für die zweite Hälfte deS Monats August beabsichtigt. Diese Aussicht scheint auch auf dortige Liberale, die eS sonst an Besonnenheit nicht fehlen lassen, er hitzend gewirkt zu haben. Wir glauben nicht an dir Vorher sage, dagegen wissen wir, daß die freisinnige Volks partei entschlossen ist, im Wahlkreise Duisburg, dessen Mandat durch die Ernennung Möller'» zum Minister er lischt, die Nationalliberalen mit der größten Entschiedenheit zu bekämpfen und zwar ohne Rücksicht auf die hohe Wahr scheinlichkeit, dadurch dem Centrum zu einem weiteren Reichs- tagSsitze zu verhelfen. Wenn der „gesammte Lide- raliSmu«" im Westen sich so präsentirt, wird er wohl auch im Osten mit der Vertretung deS bewußten Gegen sätze- nicht sonderlich reossirrn. Der Krieg in Südafrika. Zur gcgc«wSrtt,en Lage »er Boercu. Der Chefarzt der Niederländischen Ambulanz, vr. Biersen de Haan, der den ganzen Feldzug zuletzt bis Mitte April bei den Commandos im östlichen Transvaal mitgemacht hat, ist nach Leydeu zurückgekehrt und läßt sich unter Betonung der ihm durch sein« Stellung auferlegten Zurückhaltung über die Lage wie folgt aus: Trotz d-r vielen Entbehrungen und großen Ln» strengungen ist der Gesundheitszustand auf Seiten der Boeren recht befriedigend; Typhus ist im Wesentlichen die einzig« Krank heit. Der Vorrath an Lebensmitteln ist geradezu unerschöpflich, das heißt an Fleisch und MielieS, aber dies« genügen den Be dürfnissen der Boeren auf lange Zeit. Selbst «in« Armee von cimr Million Mann wäre nicht im Stande, alle Ernten zu zer stören. Die das Land „reinfegenden" Colonnen ziehen den Der» kehrsstraßen entlang, vermögen sich aber nicht über die abseits gelegenen weiten Gebiete auszubrriten. Kleider beginnen dm Boeren zu mangeln, Schuhe sind schon vielfach großer Luxus, viele Boeren laufen gewöhnlich baarsutz und legen erst beim AuS- zug zum Kampfe Stiefel an. Besser liegt eS mit Sättel», viel« kleine Commandos haben funkelnagelneue, englische Sättel. D i e Stimmung ist unter den Boeren besser, de«n je zuvor, zweifelhafte Elemente sind auSgrmerzt, und damit hat sich der moralische Gehalt erhöht. Ohne jeden Zweifel werden di: Boeren den Streit bis zur -Hy» fischen Unmöglichkeit fortsetzen, und dieseu Zeitpunkt ist noch sehr weit entfernt. Die englische Presse bringt häufig erlogene Nachrichten; Kit- chener, persönlich aufrichtig und wahrheitsliebend, ist selbst auf die Nachrichten seiner Unterbefehlshaber angewiesen. So zum Beispiel trifft di- Meldung, daß Fleuch Kanonen erobert habe, nicht zu, diese Kanonen waren vergraben, der Versteck wurde ver rathen, Schaden hatten die Boeren aber nicht, den» schon seit December führen sie mangels Munition kein« Geschütze mehr mit sich, alle Kanonen, auch daS bei Helvetia erbeutete Schiffßgeschütz Ladp Roberts', sind vernichtet. Lange Zeit hatte die Regierung ihren Sitz in Ermelo. Staatssekretär Reih, Schalk Burger, Botha und Staatsprocurator Smuts erfreuen sich bester Gesundheit. SmutS thnt Dienst als „Fechtgcneral", und trotz seiner Jugend genießt er in militärischen Angelegenheiten hohes Ansehen. Die Zahl der auf Boerenseite noch kämpfenden Ausländer ist nicht mehr sonderlich groß, aber ihre Mitwirkung ist für manche Com mandos von wichtigem moralischen Einflüsse. Die Boeren sind über die Auß-nlage sehr genau unterrichtet, sowohl durch lieber» rumpelung der Postzüge, als auf gewöhnlichem Dege erhalten st- Briefe und Zeitungen, besonders auS der Capcolon«. Di« Behauptungen, daß die Anführer den auf Commando befind lichen Boeren falsche Vorspiegelungen machten, sind rein unsinnig. Alle Boeren kennen den politischen Zustand in Europa und wissen, daß sie von dieser Seite wenig zu erkvdrten haben. Der jetzt einsetzende Winter ist für die Boeren eine schwere Zeit, aber auch diese werden sie überstehen. Die bekannte 7. ColonmmDewegung von French sollt« be zwecken, die Boeren immer weiter östlich über die Swasi-Grenz« zu drängen und den dortigm, von England rmfgestachelten, sehr blutdürstigen Kaffern in die Hände zu treiben, der Plan.» wurde durch aufgefangene Briefe englischer Generäle verrathen, immer hin sind «twa 50 Frauen und Kinder den Gwast-Kaffern zum Opfer gefallen. Kitchener hat selbst zugegeben, bewaffnete Schwarz« zu verwenden, und selbst erklärt, solche nicht entbehren zu können. Der Nachrichtendienst zwischen den Commando» wird durch Rapportläufer regelmäßig unterhalten, nur nach dem westlichen Transvaal hat di« Verbindung einmal aus einige Wochen gestockt. Das ganze englische Heer, von den niedrigsten Tommiie- ßiii zu den höchsten Officieren, ist vom Ekel gegenden Krieg ergriffen. Die englische Verpflegung ist besser, wie im Allge meinen angenommen wird, die Hospitäler sind selbst vortrefflich eingerichtet. Die englischen Bericht« über die Doeren^Berlust« sind wenig zutreffend. Bei der bewunderungswürdigen Tapfer keit der jetzt noch kämpfenden Mannschaften ist der Verlust allerdings verhältnißmäßig groß, vom 1. Do- cember bis 15. April betrug der Abgang reichlich 600 Mann an Tobten und über 1200 Mann an Verwundeten. Zum Schkiß versichert Herr vr. Biersen« de Haan, daß die auf der ganzen Welt bezeigt« Sympathie den Boeren «ine mächtige moralisch« Stütz« sei. * London, 30. Mai. (Telegramm.) „Reuter'« Bure»»" Ge richtet au- Potschefstroo« unter dem LS. Mai: Liebenberg'» 400 Mann starke» Commando griff eine» britische» Lonvoi, der von Potschefstroom nach Bentersdorp abging, zwei Mal an, wurde aber zurückgeschlagen. 14 Boeren wurden gttSdttt »»d 9 verwnndet. * L-udvn, 30. Mai. (Telegramm.) Ein« Brüsseler Draht- Meldung de» „Standard" besagt, Präsident Kruger richtet« am Dienstag «in förmliche» Gesuch a» da- inter»atio»«l« Schieds gericht im Haag, woriu er dessen Einmischung zu Ga»ft« der
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