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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.05.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000502029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900050202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900050202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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SV3d hierfür. Man ka«n diese abenteuerlichen Phantasier», welche Hnrn äcoct hier untergeschoben werden, zu dem Uebrigeu lcZ«ti, waü die amenkaniiche Wahlcampagne hervorbringt. Ter „Feminis«»«" 1« Atnland hat einen neuen Sieg davon getragen: den Frauen ist di« Wählbarkeit für städtische Aemter ringeräumt worden. Die Frauen bewegung bat nirgends so große Fortschritte gemacht als in Finlanv während der zweiten Halste dieses Jahrhundert«. Bis 1850 ungefähr spielten die Frauen dort eine sehr be scheidene Rolle. Strenge Gesetze beschränkten ihre Un- abbäogigkeit, man ließ ihnen nur wenige juridische und sociale Rechte und behandelte sie fast wie Minderjährige und Un mündige. Aber die finnische Frau kämpfte unaufhörlich für ihre Befreiung von dem unwürdigen Joche und erweiterte mit, Erfolg das Feld ihrer Thätigkeit. Bald wurde sie auf vielen j Gebieten dem Manne völlig gleichgestellt und widmete sich vornehmlich der Avvocatur und der Heilkunde. Es blieb ihr nur noch übrig, auch da« Stimmrecht zu erlassen. Schon 1865 wurden ihr einige politische Rechte gewährt. Sie durfte an der Municipalverwaltung theiluehmrn, aber nur auf dem Lande, nicht in der Stadt. Diese letzte Beschränkung ist nun auch aufgehoben. Nach stürmischen Debatten im Parlamente wurde rin Antrag des Abgeordneten Mechclin angeoommen, der den Frauen ohne jede Einschränkung die Wählbarkeit für städtische Aemter gewäbrt. Es giebt Skeptiker, die von dieser Maßregel nichts Gute« erwarten, und der Antrag Mechelin wurde auch nur mit schwacher Mehryeit angenommen, aber die öffentliche Meinung in Finlaud ist im Allgemeinen dem „Feminismus" günstig gesinnt. Wieder ist von der Flucht eine« hohe» türkischen Staat«- beamten zu berichten. Ismael Kemal Bey, der zum General-Gouverneur der wichtigen Provinz Tripoli« ernannte StaatSrath, bekannt durch seine rnglandfreundliche Gesinnung, hat sich in den Schutz deS in Konstantinopel stationirten eng lischen Kriegsschiffes „Salamander" begeben. Sobald er sich an Bord befand, übersandte er, wie der „Frankfurter Zeitung" gemeldet wird, sofort dem Sultan seine Demission als General-Gouverneur und erbat sich gleichzeitig die Erlaubuiß, unter sicherem Schutze nach Europa reisen zu dürfen. Der Sultan wurde durch die Nachricht von der Flucht JSmael'S in höchstem Maße erregt und sandte noch in der Nacht zum Montag zum englischen Botschafter, um die Auslieferung de« Flüchtling« zu verlangen. Dem Wunsche de« Sultan« konnte jedoch nicht entsprochen werden, da, ab gesehen davon, daß England politische Flüchtlinge überhaupt nicht ausliefert, das Kriegsschiff nicht unter dem Befehle deS Botschafter« steht. Eine vom Palais an den Komman danten deS „Salamander" gestellte Aufforderung wegen Auslieferung JSmael Kemal'S wurde ebenso höflich als ent schieden abgelehnt. Die Gründe der Flucht sind darin zu jucken, daß man im Palais den neuen Generalgouverncur deutlich merken ließ, welcher Art sein Loo« in Tripoli« sei» werde. Man berief den bewährten Unterqouverneur von Fezan ab und wollte die beiden höchsten mili tärischen Befehlshaber in Tripolis, die ebenso wie Ismael Kemal Albanesen sind, durch willfährig« Palastcrealuren ersetze». Außerdem sollte ein ganzes Auf gebot von Spionen den neuen Generalgouverneur begleiten. Derselbe weigerte sich, eine solche Stellung anzunebmeu, und er wollte außeroem nicht so schnell, als man es im Palais für nothwenig befand, nach Tripoli« abreisen. Ferner stellte er die Bedingung, daß er nicht auf einem türkischen Dampfer die Reise anzutreten brauche. Die Forderungen J-mael'S riefen im Palais eine lebhafte Controverse hervor, und eS müssen sich bei JSmael gewisse Befürchtungen bi« zu dem Grade verdichtet haben, daß er die Flucht der Reise nach Tripolis vorzoz. Wie verlautet, soll schließlich doch der' Sultan nach 24stündiger, Tag und Nacht andauernder Beratbung die Demission 9-mael Keniat Bey'« angeoommen und ihm die Erlaubniß gegeben haben, sich dahin zu begeben, wohin er wolle. Der Flüchtling hat jedoch das englische Kriegsschiff noch nicht verlassen und er wird voraussichtlich unter diesem sicheren Schutze bleiben, bi« er da- Ausland erreicht. Der Lneg in Südafrika. —e- Die Hoffnung der militärischen Kritiker in London, daß die Boeren fest entschlossen seien, ihre Stellungen bei Thabanchu, Mittelwegs zwischen Bloemfontein und Ladybrand, zu halten, wodurch die Möglichkeit gewachsen wäre, sie zu einer offenen Feldschlacht zu zwingen, ist zu Wasser geworden. Wir hatten gleich al« zweifellos angeoommen, daß die Föderirten bei Thabanchu nur so lange Stand halten würden, bis daS Groü unter Dewet sich nördlich von Ladybrand in Sicherheit gebracht hätte. Das Letztere muß jetzt geschehen sein, denn auch dir Thabanchu-CommanvoS beginnen sich nach Norden zurückzuziehen, obwohl sie eine „fast uneinnehmbare Stellung" inne hatten, die sie noch beliebig lang« hätten halten können. Die neue Situation ergirbt sich au« der folgenden Meldung: * London, 1. Mai. Lord Robert« telegraphirt »vier dem heutigen Log, au« Bloemfontein: Beurral Hamilton ging gestern mit berittener Infanterie und Smith Dorrirn« Brigade von Lhabaoch» au« in nördlicher Rich tung vor. Bei Hontneck stellte sich ihm eto» von General Botha befehligt» starke Trnppenmach» entgegen, zu der während de« Tage« noch Verstärkungen stießen. Während der Rocht schickt« ich General Frroch von Thabanchu au« zur Verstärkung ob; French konnte die« »hun, da in der Nähe von Thabanchu die Streitkräfte der Boeren sehr abgenommrn haben. Heute müssen noch weitere Verstärkungen bei Hamilton eiagetroffen sein. Gestern verlor Hamilton etwa 30 Mann. Maxwell'« Brigade, die zur 7. Division gehört, besetzte gestern, ohue aus ernstlichen Widerstand zu stoßen, bei Blaksouter« (?) und ScharSkraal einen Kranz von Kopje«; nur dir berittene Infanterie war einige Stunden lang in »io Gefecht verwickelt. Houtneck liegt etwa 18 km direkt nördlich von Thabanchu auf der Straße nach Winburg, wo der Sammelpnnct der Boerenstreitkräftr zu sein scheint. ScharSkraal dagegen findet sich nordöstlich von Bloemfontein aus der von Glen ebenfalls nach Winburg führende» Straße. Die hier vorgrschickte Brigade Maxwell bat jevenfall« die Ausgabe, Botha, der übrigens nicht nach Natal abgegangen sein kann — wabrscheinlich liegt eine Verwechselung mit einem Untercommandarnen gleichen NamenS vor — bei Marei«, ein paar Kilometer südlich von Winburg, wo beide Straßen sich kreuzen, abzuschneiden. Dabin dürfte ihm aber von Winburg auS der Weg schon verlegt sein und so auch der letzte Versuch de- BoerenfangeS scheitern. Einen leichten Stand baden die Engländer bei Tbabauchu durchaus nicht gehabt. Sie sahen sich dort schließlich i» der Defensive, wurden von Botha energisch angegriffen und mußten bedeutende Verstärkungen heranziehrn. Einmal war sogar der englische Train in Gefabr, abgeschnitten zu werden, worüber jetzt ausführlicher berichtet wird: * London, 1. Mai. Ter „Tentral New«" wird au« Thabanchu vom 30. April gemeldet: Sin aus Streifzügen befindliche« Boeren- commondo macht» gestern Abend «inen kühnen Versuch, einen der englischen Train- abzuschneiden. Der Train hotte zwischen Thabanchu und DewelSdorp unebene« Terrain zu paisiren und eine Anzahl Boeren feuerte aus denselben von benachbarten Hügeln aus. Eine Abtheilung tzeomoury und eine Compagnie Ccot« Guards, welche die EScorte de« Train« bildeten, erwiderten da« Feuer. Der Traiu war aber eine Zeit laug aufgehalten und konnte weder vorwärt«, noch rückwärts. Zum Glück wurde General Brabazon, welcher mit einer starke» Abtheilung Ueomanry auS Wepener zurückkam, von der Nothlage, in der sich der Train befand, benachrichiigt. Er eilte herbei und befreite ihn au« seiner gefährlichen Lage. Wir verzeichnen noch folgende Nachrichten: * London, I. Mai. „Reuter'« Bureau" berichtet au« BoShos (nordöstlich von Kimberley auf der Straße nach Bloemfontein) unter dem 29. April: Gestern griffen 400 Boeren die Vorposten östlich von BoShof an, wurden aber zurückgeworsen. Di» Eng- läuder hatten keine Verluste. * London, 1. Mai. Da« Unterhaus ernannte heute eine Commission zur Untersuchung der Betrügereien, die angeblich bei Verträgen mit dem Krieg-amte vorgekommeu sind. * Amsterdam, 1. April. Bei einem Mahle, da« heute zu Ehren der Boerenabordnung stattsand, brachte der Vorsitzende de« BeraostaltungS.Au«schusse» einen Trinkspruch au«, in welchem er der Hoffnung Ausdruck gab, daß die Abordnung sich ihrer Auf- gäbe mit Erfolg entledig». Fischer dankte für die Sympathie, die den Bperen von dem Volke desselben Stamme» entgegengebracht werde. Weiter wurden Trinksprüche auf die Präsidenten Krüger und Steijn auS- gebracht. Debruqu, der Sekretär der Abordnung, erklärte in seiner Ansprache, daß vielleicht einige Boeren, die lange von ihrem Wohn ort« abwesend gewesen wären, zu einem kurzen Besuche nach Hause gereist seien, doch könne keine Rede davon sein, daß ganze Lommando« oder Abtheilungrn von Freistaat- oder Transvaal- Boeren sich aus ihre Güter zurilckbegebe» hätten. Völlig unrichtig sei, daß sich, wie behauptet worden, die Freislaat-Boeren im Große» und Ganze» unterworfen hätten. Zu spät. AuS London, 1. Mai, wirb uns geschrieben: Auch die englische Cavallerie ist nun (zum Theil wenigstens, d. Red.) nach Bloemfontein zurückgekehrt, unverrichteter Sache, wie all« übrigen Trupven. 40 000 Mann, fast das gesammte englische Heer, sind mitten auS ihren Vorbereitungen für den großen Vormarsch anf Pretoria beran-gerissen worden, hin und her durch da» Land marschirl und um die Früchte einer zweimonatigen Ruhe gebracht, ohne den Feiud auch nur in dem kleinsten Gefechte ein einziges Mal geschlagen oder gar abaeschnittea und zur Capitulation gezwungen zu haben. Und doch war daS die Aufgabe dieser 40 000 Mann, die während dieser ganzen Zeit gegen nichts Andere« operirten, als die täglich vor ihnen auftauchrnden und wieder verschwindenden 2000 „Fliegenden" DelareyS. Die Engländer selbst constatireu jetzt mißmutbig, daß die 12—14 000 Mann der 3. und 8. Division unter General Rundle durch „höchstens 2000 Mann" vor DewelSdorp aufgehalten und nicht nur zur Unthatigkeit, ondern dazu gezwungen wurden, sich zu vrrschauzen und in die Defensive zurückzufallen. Die englisch« Presse bat seit vierzehn Tagen alltäglich General Robert« da« „Netz um die Boeren zusammen- rieben", diese „hilft»« ringeschloffea" und dann „dir große Schlacht" beginnen lasse«, welch« „da« gesammte Boerenhrer verniwten und seine Ueberreste wie bei Paardeberg zur Eapitulaltion zwingen" sollte. Kein Wunder, daß sie jetzt in ein ärgerliches „Zu spät, immer zu spät und überall zu spät!" auSbricht. Die Boeren haben Alles erreicht, was sie gewollt, und überdies den Feind ermüdet und demoralisirt. DaS britische Heer wird nach dieser ZwischenactS - Campagne fast ebenso, wenn nicht noch mehr, der Erholung bedürfen, als nach dem Marsche auf Bloemfontein, welcher unter weit günstigeren Umstäuden vor sich ging. Ihr Pferdematerial vor Allem wird durch die Parforce - Märsche über durchweichten Boden und zerklüftetes Gelände weit mehr aufgerirben sein. Am schlimmsten aber bleibt di« Enttäuschung und die moralische Niederlage, unter deren Druck die Kerntruppen deS britischen Heeres in ihre Quartiere zurückkebren. Wenn sie nach einer zweimonatigen Ruhe in zwanzigfacher Ueber- mackt mit ihrer gesammlen Cavallerie den Feind nicht einmal unter den günstigsten Umständen da festzubalten und zu schlagen vermochten, wo er sich ihnen freiwillig ge stellt, ja fast rettungslos in ihre Hande gegeben zu haben schien, wie sollten sie dann diesen selben Feind endgiltig zu Boden werfen, wenn er ihnen erst weit von ihrer Operations-Basis, in selbstgewählten, wohlbefestigten, aber ihren Generälen unbekannten Stellungen und numerisch weit stärker rntgegenträte?! WaS sollten sie in dem Hochgelände jenseits des Vaalflussc« mit dieser Cavallerie machen, die jetzt schon nach wenigen Märschen in dem ihr günstigen Terrain so vollständig ver sagte'?! Alle diese Betrachtungen beginnen sich, wenn auch nur widerwillig und langsam, selbst dem Blindesten auf zudrängen. Der Correspondeut des „Manchester Guardian" erklärt rund heraus: „ES ist gar nicht zu verwundern, daß wir den Feind nicht abfangeu konnten, denn daS Land ist so unend lich weit, daß unter diesen Umständen taktische Bewegungen mehr oder weniger nur auf Vermukhungcn beruhen können." Aber worauf sollen sie bann erst beruhen, fragen die Naiven, wenn das Land jenseits von Modder und Vaal noch uuend- lich viel weiter wird? Speuccr Wtlkinso» über die Lage. „Der allgemeine Eindruck der letzten Telegramme und Briefe ist der, daß die Armee in Bloemfontein bei ibrer Ankunft dort alle« für ihre Bewegungen Nöthige entbehrte und daß sie selbst jetzt noch weit davon entfernt, mit Allem, WaS sie braucht, ver sehen zu sein. Das ist weit ernster, als eS auf den ersten Blick scheinen mag, denn die Verzögerung macht den Boeren neuen Mntb und schafft die Aussicht auf eine endlose Verlängerung des Krieges. Letztere würde, aller Wahrschein lichkeit nach, wieder anderen Großmächten Gelegen heit geben, Großbritannien Verlegenheiten zu schaffen, deren Folgen Niemand ab sehen kann. Die Verzögerung kann, durch Nachlässigkeit daheim, oderschlechte Führung an Ort und Stelle, verursacht werden. ES ist kaum anzunebmen, daß die Vernachlässigung an Ort und Stelle stattsiuvet, da Lord Robert« stet» eine wunderbare Fähigkeit bewiese« hat, für jede besondere Aufgabe die competcntesten Leute auszusuchen So ist für den TranSportVienst General Nicholson erwählt, welcher al» die Verkörperung praktischen, gesunden Menschenverstände» gilt und jedenfalls mit deu uns zur Verfügung stehenden Mitteln gethan hat, was überhaupt geschehen konnte. Aber wie mangelhaft diese Mittel selbst sind, zeigt jeder Brief und fast jede« Tele gramm. Mr. Battersoy'S Darstellung der Mängel deS Veterinär-Departements ist ein gutes Beispiel von der Art und Weise, mit welcher bi« Regierung die Armee bebandelt. Die Pferdelieferung hörte in einem kritischen Augenblicke auf und führte zu einen, Aufenthalt vom 13. März bi« 30. April und letzt sind für die vorhandenen Pferde nicht einmal genug Lbierärzte vorhanden und die anwesenden überdies durch engherzige Vorschriften in ihrer Thätigkeit geläbmt. Die Armee schtint nach Afrika haben gehen müssen, um dort erst ihr Kriegshandwerk zu lernen. Da- berufs mäßige Heer, in dem die Dienstzeit länger ist al- in irgend emer anderen europäischen Armee, steht bei jeder Wendung überrascht vor dem militärischen Geschick der Boeren, welche überhaupt keine berufsmäßigen Sol daten sind. Die Boeren werfen Schützengräben auf, welche die britischen Truppen bewundern, aber selbst nicht machen können; die Boeren besetzen Stellungen, in denen sie unsichtbar sind, umgehen die britischen Truppen, überraschen dieselben, schneiden große Abtheilungeu ab und ziehe» sich zurück, ehe sie gefaßt werden können. E« ist ganz so, al« wären die Brite» die Amateure und die Boeren die Berufsleute. Zeder Berusssvldat in Europa kannte seit langrn Jahren di« Wichtigkeit der Feldwerke, der Deckungnabme, de« Auf- klärungsdienstrs und der Vorposten und Plänkler an der Töte wir im Rücken und auf den Flanke». Die Natur der modernen Waffen und de« südafrikanischen Gelände« ist nicht erst jetzt und zum ersten Male zu entdecken. Trotzdem hat die britische Armee, als sie sich südafrikanischen Bedingungen, modernen Schießwaffen und berittenen Männern gegenüber fand, sechs Monate gebraucht, um sich an diese Dinge zu gewöhnen und selbst im siebenten Monate noch 1000 Gefangene in Hinterhalten und Ueberfallen verloren. Diese Thatsachen gereichen Denen nicht zur Ehre, welche in den letztere» Jahren für die berufsmäßige Bildung der britischen Osficiere und durch diese für dir Ausbildung der Soldaten im Frieden verantwortlich waren. Der britische Soldat ist zu häufig au« feiner natürlichen Findigkeit in eioe steife Holzernheit hineiagrdrillt, welche man für DiSciplia auSgab. Die Idee des modernen Kriege« hat offenbar »och nie die militärische Erziehung hier zu Laude geleitet." Allerlei. Au» Louren^o Marque« wird der „Daily Mail" vom 29. Avril gemeldet, daß dort der deutsche Dampfer „Herzog" mit 250 Passagieren für Transvaal angekooimen sei; unter letzteren befanden sich 40 Rotbe Kreuz. Leute »ad Herr Philipp, der Director der Dynamit»Gejellichat't. Da« Schiff habe «ine Ladiuiq von 3000 Tonnen und di« SchifsSlislr zeige eine »»gewöhn, lich» Meng, von Maschinen aus. Mit der letzteren Bemerkung soll cin« Verdächtigung ausgesprochen werben, die aber offenbar völlig grundlos ist, denn di« Deutsch-Lstasrika-Linie geht, wie man den „Hamb. Nachr." schreibt, in ihrer Vorsicht so weit, daß sie nicht nur di« Mitnahme von Gold, sondern auch von Zucker ver weigert. — Wie die „Heilbronner Ztg." mittheilt, hat eine dortig« Tischgesellschaft, die vor längerer Zeit an den Boeren.General Luca- Meyer «inen Glückwunsch sandte, au« dem Hauptlager bei Glencoe, 17. Mär», folgend« Ant- wort erhalten: „Ihre wrrthr Karte habe ich erhalten und freu« mich über di« unserem Volke zugebrachte Sympathie. Wenngleich der Streit «in sehr ungleicher ist, so soll doch da« kleine Boer«»- häuflein zeigen, daß englische Räubereien und Unter drückungen nicht so leicht mehr auSgeführt werde» können. Hochachteud L. Meyer, General." Wie die „Frkf. Ztg." einem ihr zur Verfügung gestellten Preis- Verzeichnisse deS Auktionator- Joe Dyson entnehmen, hat derselbe wävrrud der Belagerung von Ladysmith bet den öffentlichen Versteigerungen von Lebensmitteln die folgenden höchste» Preis« erzielt: für 14 Pfund (engl.) Haiergrütze 2 L 19 » 6 ä (59,50 ^l), condensirte Milch ver Dose 10», 1 Pfund Rind-sett II a, 1 Pfund Kaffe« 17 s, 2 Psund Couierven-Zunae 1 L 6 s, 1 Spanferkel 1 L 17 s, Eier per Dutzend 2D 8». Geflügel, ein Stück 18«, 4 kleine Gurke» 1b , 6 ä, ein» kleine Platt« Aepfel 12 » 6 ck, Tomato» 18 », Kartoffeln 19 o, 3 kleine Bündel Mohrrübe» 9 «, 1 Dutzend Zünd hölzchen 13 «, 1 Packet Cigaretten 1 L 5 o. 50 Cigarren 9 L 5 o, Pfund „Fair Maid" Tabak 2 L 3 s, '/, Pfund dito 3 L 5 -, 1 Psund Matrosen-Tabak 2 D 3 » und Pfund „Capitan" ge- schnittener Tabak 3 L. Da« ist wirklich starker Tabak l Der hiesige türkische Botschafter Kostaki Pascha kaufte aus Befehl des Sultan- für 300 Pfund Sterling Tobak und Cigaretten in England, welche durch da- Comits der Lady Gwendolen Cecil nach Südafrika geschickt uud a» di« englische» Truppe» dort vertheilt werden sollen. Deutsches Reich. A Berlin. I. Mai. (Etatsüberschüsse der größten Betriebsverwaltungen de» Reiche«.) Wie jetzt bekannt wird, hat die Po st- und Telegraphen verwaltung im Rechnungsjahre 1899 eine Einnahme von 373,5 Millionen Mark oder 24,5 Millionen Mark mehr, wie im Jahre 1898 und die Reichseifenbahnverwaltung eine solche von 86,1 Millionen Mark oder 6,7 Millionen Mark mehr, als im Borjahre erbracht. Zusammen würde danach von den beiden größten Betriebsverwaltungen des Reiches ein Mehr von 31,2 Millionen Mark gegen daS Vorjahr aufgebracht sein. Ganz so günstig stellt sich daS Verhältniß der wirklichen Einnahme zu den Etatsvoranschlägen nicht, indessen ist auch ein beträchtlicher Ueberschuß über den Etat in beiden Betriebsverwaltungen fest zustellen. In runden Summen wird er sich bei der Post- und Telegraphenverwaltung auf 13 Millionen und bei der Eisenbahn verwaltung auf nahezu 6 Millionen Marl belaufen, so daß sich der Etatsiiberschuß bei beiden zusammen auf nahezu 19 Millionen Mark beziffert. Bedenkt man, daß die Zölle und Verbrauchs steuern dem Etat gegenüber ein Mehr von etwa 40 Millionen Mark, die Reichsstempelabgaben ein solches von 3 Millionen Mark, die Wechselstempelsteuer von nahezu 1 Million Mark er bracht haben, und daß auch von der Einnahme aus dem Bank wesen ein Ueberschuß über den Etat zu erwarten ist, so kann schon ein recht ansehnlicher Posten von Mehrausgaben im Rechnungs jahre 1899 aus diesen Mehreinnahmen gedeckt werden, ohne daß beim Finalabschluß auf das Verzeichnen eines Gesammtüber- schusses von etwa 60 Millionen Mark verzichtet zu werden braucht. -Berlin, I.Mai. (Da« Compromiß i» der Fleisch- beschausrage.) Der Verständigung-Versuch über da« Fleischbeschaugesetz hat nunmehr eine greifbare Form an- zu bewerben; wagen Sie es nicht, sich fürderhin in unseren Familienkreis zu drängen. Ein Mann, der vorgiebt, ein reines, «ngelgleicheS Wesen zu lieben, und dennoch ein LiebeSverhältniß mit einer obscuren, loletten Person hat, ist einer Isa Herdringen nicht werth." Ivar ist'», als habe ihm Jemand einen entsetzlichen Schlag in das Antlitz versetzt, «S -flimmert roth vor fernen Augen, alle» Blut schießt ihm zu Kopf; bann plötzlich kommt ihm die Be sinnung und gewohnte Beherrschung wieder, er strafft sein« schlanke Gestalt stolz empor, und kalt und schneidend kommt es von seinen Lippen: „Wahren Sie Ihre Zunge, Marie Thar- lotte von Herdringen, schmähen Sie vor Allem nicht em un schuldiges Mädchen, welches Sie durch Ihren ungerechten verdacht beleidigen." „Natürlich hat man tausend Dertheidigungsgkünd« für seinen Schatz", rief Marte Charlotte, „ich aber habe Beweise dafür, daß Sie men« Schwester hintevgehen; voller Verachtung wird Isa sich von Ihnen abwenden, wenn sie erfährt, daß Sie heimlich« Zu sammenkunft« im verschneiten, einsamen Garten haben, daß Die ,enem schönen, schwarzäugigen Geschöpf ein mehr al« lebhafte« Interesse entgegenbringen." Mari« Charlotte hat jede Selbstbeherrschung verloren, ein Strom von Anklagen ergießt sich über ihre Lippen; sie schließt mit den Worten: „Ich kann mein Kleinod nicht einem Manne anvertrauen, der ihr nur eia gotheilteS Herz schenkt. Sie lieben Lola Berting." „Nein", entgegnet Ivar, ober plötzlich fühlt er, baß er blaß wird bis in die Lippen. Marie Charlottens schonungslos« Angriff« haben ihm einen dunklen Zwiespalt seiner Seele, unter dem er bisher unbewußt gelitten, in grellem Licht gezeigt. „Sie ist Ihnen aber nicht gleichgiltig", fährt Marte Charlotte erbarmungslos fort. „Nein", gequält, gepreßt kommt di« Antwort, aber Ivar ist einer Lüge, besonder» in diesem Augenblick, nicht fähig. Und plötzlich, nachdem sie die» Augeständmß Jvar's erhalten, ist «s Marie Charlotten, als wanke der Boden unter ihr. Tie hatte es nicht klar überlegt, weshalb sie Joar zur Red« gestellt; ihre Heftigkeit, durch die Beleidigung, welche, wie sie meint«, ihrer Schwester widerfahren, entfesselt, hatte sie fortgerissen. Nun, wo sie die Gewißheit hatte, das Jsa's Glück in der That gefährdet, hatte fi« WAten darum gegeben, wmn sie da», was in der letzten Viertelstunde sich zugetragen, ungeschehen hätte machen könne». „Sie verdammen mich", nahm Ivar heiser, fast tonlos das. Dort, „und doch liebe ich Ihre Schwester — wie sehr. daS weiß Gott. Sie ist für mich daS Süßeste, Reinste auf Erden und wird es bleiben immerdar. Sie haben mir Dinge gesagt, di« kein Mann sich ruhig bieten lassen darf. Wären Sic keine Dame, sondern «in Mann, so würde ich Rechenschaft von Ihnen fordern, mit der Waffe in der Hand. Wer sind Sie aber, die Sie sich zur Richterin aufwerfen über mein Thun und Lassen, da» Ihnen strafwürdig dünkt? Sind Sir unfehlbar? Sie selbst haben mich fortgewiesen, als ich im Begriff stand, mir mein Glück zu erringen. Sie haben dieses holde Glück von mir gebannt. Wir sollten unS prüfen — also lautete Ihr Wunsch —, und wenn selbst ich diese Prüfung nicht bestanden hätte, so gäbe dies Ihnen trotzdem nicht das Recht, mich der Wortbvüchigkeit zu zeihen. Ich bin ein Mann, der sich von keinem Weibe seinen Weg weisen läßt — ich geh« den Pfad, den ich mir vorzeichne: ob in Sonnenschein, ob in Sturm und Regen, aber nach eigenem Wunsch, nach eigenem Willen." Jvar'S Stimme, «slche zuerst so tonlos geklungen, war angeschwollen in sich steigernder Leidenschaft. Zürnend, drohend, stand er vor Marie Charlotten, die es ge wagt, wiederholt an den geheimsten Empfindungen seines Herzen» zu rühren, die ihn nun tödtlich beleidigt durch ihre Wort«. Beider Naturen maßen sich jetzt in zorniger Aufwallung. Das Gleichartig« in ihnen, da» Heftig«, Herrschfüchtige, das Gott hold Herdringen einmal erwähnt, trat nun zu Tage. Und doch «war es nicht Marie Charlotte, welche in dieser unerquicklichen, folgenschweren Zwiesprache das letzt« Wort behielt. Eh« fi« «im Erwiderung für Ivar gefunden, war dieser im Dunkel der Straß« unteigetaucht, und sie stand da, zögernd, un glücklich, wie nie zuvor im Leben. Hatte sie durch ihr vorschnelles, unbedachtes Handeln Jsa's Glück vernichtet? Oder konnte noch Alles wieder in'» richtig« Gleis gebracht werden? Und wenn — geschah es dann zu Jsa's Bestem? Sehr gedrückt kehrte Marie Charlotte nach Hause zu rück. An der Hall« trat Asa ihr entgegen. Stürmisch zog Marie Charlotte die Schwester an ihr Herz. „Das ist Dir, Lotte?" fragte Isa, erstaunt über den heftigen Iärtkichkeitsausbruch der sonst so Ruhigen. i „Mein Liebling, Gott lass« Dich glücklich werden", flüsterte Marie Charlotte, und «im brennende Lhräm fiel auf Asa's !tztmwrn Gchmtrl. „Willst Du Dein Herz mir schenken, so fang' eS heimlich an". Isa martirt« die Melodie des Liedes kaum hörbar auf den Tasten. Es war ein« Woche nach Onkel Gotthold's Beerdigung, und zum ersten Mal« wurde, gleichsam zaghaft, «in Ton Musik im Haufe laut. Isa hatte es an den Flügel getrieben, sie sand keine Ruhe: nicht droben in ihrem Zimmer, nicht bei irgend einer Arbeit. Un bewußt hatte sich daS Lied. daS Ivar gesungen, als die Linden blühten, auf ihre Lippen gestohlen. Die schwieg, fast erschrocken, sie dünkte sich plötzlich pietätlos gegen Onkel Gotthold, den sie gewiß innig betrauert«, aber noch etwas Andere- quäkt« und bedrückte sie. Warum kam Ivar nicht? Warum that sein Mund nicht die Frage, die sie, Isa, an Wal burga'» Polterabend in seinen Augen zu lesen geglaubt? Er hatte sich mit einem kurzen und höflichen, aber sehr förm lichen CondolationSbrief an den Papa begnügt; er war nicht g«. kommen, um Onkel Gotthold, der auch ihm «inst sein Wohlwollen bezeigt, die letzte Ehre zu erweisen. Er hatte unter der großen Zahl Derer, welche dem Sarge folgten, gefehlt. „Und nun — warum meidet er nun auch geflissentlich Herdringen?" fragte sich Isa täglich im Stillen in wachsendem Schmerz. Mari« Charlottens Wachsamon Augen tonnte der Schwester geheimer Kummer nicht entgehen. Mit steigender Sorge be trachtete sie ihren Liebling, und äl» sie heute, an diesem trüben, sonnenlosen Mntrrtag«, wo Alles in der Natur noA. dazu bei trögt, traurige menschlich« Stimmungen zu verstärken, den Saal betritt, angelockt durch di« leisen, schwermüthrgen Accorde, welche Jfa auf den Tasten des Flügels greift, da krampft sich ihr Her, zusammen vor Weh Rührend ist di« zarte Mädchongestakt, di« nun mit lässigen Händen den Deckel des Instruments leis« schließt, ans Fenster tritt und mit sehnsüchtigen, verträumten Blicken hinausschaut auf di« monotonen Schneeflächen der Felder, die sich bis »um dunklen Waldessaum hinziehen. Umhörbar, wie sie eingetveten, verläßt Mari« Charlotte den Saal. Droben in ihrem Zimmer finkt fi« in den Armstuhl, über welchem eine Silhouette ihrer Mutter vom der hellgetünchten Wand schaut. Marie Charlotte, die starke, stolz« Marie Char lotte, weint bitterlich. DoHln hat sie es gebracht mit ihrer Bevormundung, ihrer Fürsorge, die sie für Isa, ihr Herzblatt, gehabt? Gewiß, sie hatte das Beste gewollt, aber warum hat sie den Dingen nicht ihren Lauf gelassen, damals, als Alles so schön im Gange ge wesen? Ist es noch Zeit, «inzulvnken? Kann sie Geschehene» ungeschehen machen? Sie hat Ivar Tordal auf das Tödtlichste verletzt, er würde nie von selbst wiederkommen, sie weiß es. Er konnte ja nicht kommen nach allodom. Und doch — wenn er sich schuldlos fühlt Asa gegenüber, wenn seine starke Liebe zu ihr ihn daS vergessen läßt, WaS ihre Schwester ihm angethan . . . .? WaS trieb er jetzt? Am Tage nach ihrer Begegnung mit Ivar hatte Marie Charlotte sich bei ihrem Bruder nach ihm erkundigt. „Er ist ein wunderlicher Heiliger", hatte Edi lachend erwidert, „er kapselt sich hartnäckig in seiner Bud« ein. AIS ich ihn heut« dort aufsuchen wollt«, ließ er mir durch seinen Burschen herauSsagen, er sei krank und empfange Niemanden." Marie Charlotte, die sonst so Zielbewußt«, kommt sich unsag bar hilf- und rathlos vor. Sie kann Isa nicht länger so leiden sehen, sie muß dem abhelfen, koste es, was es wolle, und sollt« sie selbst ihren Stolz zum Opfer bringen und Ivar demüthig Ab bitte leisten. Plötzlich kommt ihr «in Gedanke — sie tritt an das klein«, altmodische Schreibputt ihrer seligen Mutter, das in einer Eck« des Zimmer» steht, sucht «inen Bogen Schreibpapier hervor und beginnt zu schreiben. Wenn Jemand, so konnte nur der alt« treu« Freund des Hauses, der Rechtsanwalt Dunker, der die Herdringm'sche» Kinder so zärtlich liebt«, Rath schaffen. Ihm schüttet Marie Charlotte rückhaltlos ihr sorgenschweres Herz aus. Sie beschönigt nichts, klagt sich schonungslos an, daß sie di« meist« Schuld daran trägt, daß Alles so gekommen, und bittet den väterlichen Freund, ihr einen Ausweg aus dieser unglückliche» Verwickelung der Verhältnisse, welch« Jsa's Lebensglück zu ge fährden droh«, zu nennen. Mari« Charlotte ist keine Meisterin im Führen der Feder, aber Alle», was fi« ausspricht, drückt sie knapp und klar aus, s» daß der Empfänger des Briefes sich genau ein Bild von der ganze» Situation machen kann. Nachdem Marie Charlotte das Schreiben sorgfältig mit einer Oblate verschlossen und emvm Boten zur schleunigen Beförderung übergeben, fühlt sie sich gleichsam erleichtert und kommt mit ge wohnter Pflichttreu« ihren häuslichen Obliegenheiten nach. (Schl»ß folgt.)
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