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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.05.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000510018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900051001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900051001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-05
- Tag1900-05-10
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Reclamrn unter demNedactioasstrich (4ge- spalten) bO^j. vor den Aamiiiennachrichtru (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unsmem Pwis- verzrlchniß. Tabellarischer und Ztffrrnsatz nach höherem Laris. v^tra-Beilagen (gefalzt), an« mit dM Morgen-Ausgabe, ohne PostbesSrderung ^ll vO.—, mit Postbesörderung 70.—. ^nnahmeschluß fir Aryei-e»: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 UhA Morgen-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Bet den Filialen und Annahmestelle» je et« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet« an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig. 235. Donnerstag den 10, Mai 1900. 81. Jahrgang. Persiens Abhängigkeit von Rußland und die Reise des Schahs. Au» Teheran, 12. April, wird der „Welt-Corr." ge- schrieben: Daß trotz aller officiellen Ableugnungen doch bedeutende Concessionen an Rußland verliehen worden sind und dieses ernstlich daran denkt, sie sobald als möglich zur Aus führung zu bringen, geht au» der auffallend großen Zahl rus sischer Reisender hervor, die in neuester Zeit nach dem Süden gehen, während bisher Engländer, Deutsche und Franzosen das Hauptcontingcnt stellten. Es erscheinen jetzt fortwährend Handelsagenten, Eisenbahn- und andere Ingenieure, General- stabsofficiere und geheimnißvolle Persönlichkeiten, deren Reise zweck und -Ziel verborgen bleibt, die aber alle anscheinend auf verschiedenen Wegen Buschir zustreben. Die Heimlichkeit ist über haupt ein charakteristisches Merkmal aller Verhandlungen zwischen Persien und Rußland, von denen die wichtigsten nicht in Teheran, sondern in Petersburg geführt werden. Als ein Beispiel hier für, welches einer gewissen Komik nicht entbehrt, diene die That- sache, daß zwei Tage, bevor da» erste Geld aus der Anleihe in Teheran bezahlt wurde, der Großvezir dem englischen Gesandten versicherte, daß alle Gerüchte über eine beabsichtigte russische An leihe aus der Luft gegriffen seien. Und wie verhält sich Eng land zu allen diesen Dingen? Anscheinend ganz unthätig. Der Gesandte ist auf längere Zeit beurlaubt, das übrige Per sonal weniger zahlreich, als in ruhigen Zeiten. Von dem russischen Bahnproject Transkakpien-Mcsched- Kerman-Bender Abbas ist e» ruhig geworden, dagegen wird von russischer Seite neuerding» eine Linie Eriwan-Tabris- Hamadan- (mit einem Zweige nach Teheran) Jsfahan- Jesd-Kerman -Bender Abba» in den Vordergrund gestellt. Vielleicht ist diese Lrace günstiger, weil sie mitten durch das Reich führt und die meisten wichtigen Städte miteinander verbindet, doch will es scheinen, al» ob Rußland viel mehr Interesse daran hätte, in der Nähe der Grenze von Beludschistan, vielleicht im Hafen von Tschahbar, direct an den Indischen Ocean zu ge langen, al» in Bender AbbaS an die Straße von Ormus. Daß das Volk nicht insgesammt mit der Reise des Schah nach Europa, von der man eine Verschärfung der Abhängigkeit von Rußland besorgt, einverstanden ist, zeigte sich in der einzigen hier möglichen Art von Opposition in Form von anonymen Maueranschlägen, die nächtlicherweise in den Bazaren und an den hauptsächlichsten Verkehrspuncten angeheftet, und ehe die Polizei sie entdeckt, von einem großen Theile der Be völkerung gelesen werden. Diese Schriftstücke sind meistens als offene Briefe an den Schah in wenig schmeichelhaften Ausdrücken abgefatzt und haben gewöhnlich unzufriedene Mollahs zum Ver fasser. Diesmal wird dem Schah u. A. nachgesagt, daß die Reise den Zweck habe, den Verkauf des Reiches an Rußland zum Abschluß zu bringen, und wird ihm in diesem Falle mit Ab setzung gedroht, unter Anführung von Beispielen von Ent thronung mißliebiger Fürsten, wie in neuester Zeit des Kaisers von China (?). Man ist hier jedoch an derlei Veröffentlichungen schon viel zu sehr gewöhnt, al- daß die Regierung ihnen besondere Beachtung schenken würde. Der Schah wird trotzdem am fest gesetzten Tage abreisen, nachdem er das diplomatische Corps in Abschiedsaudienz empfangen und eine Parade über die Teheraner Garnison abgenommen haben wird. Immerhin ist für alle Eventualitäten dieGarnisonvonTeheranbedeutend verstärkt worden; die Truppen werden während der Ab wesenheit des Schahs ein Lager im Westen der Stadt beziehen. Das nunmehr veröffentlichte Programm Uber die Reise deS Schah weicht von den bisherigen Gerüchten und Vermuthungen bedeutend ab und giebt theilweise zu Bedenken Anlaß, da es dem Schah bedeutende Anstrengungen zumuthet und auf seinen Ge sundheitszustand, dessen Besserung der hauptsächlichste Zweck der ganzen Reise sein sollte, nicht die erforderliche Rücksicht nimmt. Der Schah verläßt heute Teheran und wird in kleinen Etappen, begleitet von einer ansehnlichen Truppenmacht, über Kaswin nach Täbris reisen, wo er am 5. Mai eintrifft und zehn Tage verweilen wird. Wahrscheinlich will er als frommer Schiite selbst unter so ungewöhnlichen Umständen die religiösen Trauerspiele des Monats Moharrem, der dieses Jahr in den Mai fällt, nicht versäumen. Die weitere Reise führt ihn über die Grenzstation Djulfa nach Tiflis, Baku, Petruwsk-Rostoff- Charkoff-Warschau -Breslau-Dresden-Karlsruhe nach dem Bade Contrexeville in den französischen Vogesen. Hier ist ein Curaufenthalt von dreißig Tagen vorgesehen. Sobald die Gesundheit des Schah genügend gekräftigt ist, begiebt er sich wiederum incognito auf demselben Wege und über Posen- Königsberg nach Rußland zurück, um von nun an seine officiellen Besuche an den europäischen Höfen zu beginnen. In den Hauptstädten ist meist ein Aufenhalt von vier Tagen in Aussicht genommen, mit Ausnahme von Paris, für welches acht, und in London, wo sogar zehn Tage angesetzt sind. Von Petersburg kommend, reist der Schah über Paris, London, Brüssel, Haag nach Berlin und Dresden. Ueber Wien und Pest endet er seine officiellen Besuche in Konstanti nopel und kehrt über Podwoloczyska und Rußland nach Persien zurück, an dessen Grenze er am 29. September anzukommen ge denkt. Das Gefolge setzt sich aus ungefähr 30 Personen zu sammen. Wenn das ganze Reiseprogramm, nach dem er allein Deutschland viermal von einem Ende zum andern durchfährt, durchgeführt wird, dürfte sich der Gesundheitszustand Mohaffer-eddin's wohl kaum viel gebessert haben. Für die politische Lage Persiens ist es bezeichnend, daß der Schah es für nothwendig erachtet, von Frankreich aus erst Europa fast seiner ganzdn Länge nach nochmals zu durcheilen, um dem Zaren zuerst seine Aufwartung zu machen. Der Krieg in Südafrika. Peber den Betflutz. - Au« London, 8. Mai, wird uns geschrieben: Die Privat- melvungen der letzten Tage sind von der Censur alles Eigenen entkleidet und wiederholen nur, nachhinkend, die officiellen Angaben Lord Roberts'. Nur gebt aus ihnen endgillig her vor, daß nämlich die kleinen Commandos bei Brandfort, am Vetflusse rc. ebenso wie bei Tabanchu die verrückenden engli schen Truppen stets erfolgreich aufgehaltcn, um dann NachtS, ihrer Gewohnheit gemäß, ihre vorderen Positionen aufzu geben und ihre Geschütze in Sicherheit zu bringen. Der Uebergang über den Betfluß gelang nur Dank der weiten Umgebungsbewegung der Cavallerie - Generale Hutton und Hamilton, die. Jener auf dem linken, Dieser aus dem reckten englischen Flügel, das Flüßcken nach leichtem Geplänkel über schritten, während Lord Roberts' Truppen sorgfältig außer Schußweite der feindlichen Artillerie blieben. Der Ueber gang über den Vetfluß war umso weniger zu vertbeidigen, als derselbe fast leer und bequem zu durchwaten war. Die Föderirten haben überall bis über Wynburg und Smaldeel (Wynburg Station) die Bahnlinie und Brücken zerstört. General Hunter bat gleichfalls seine Umgehungsbewegung vollzogen. Wenn fick ein heute eingegangenes Telegramm bestätigt, so hätte das die Föderirten veranlaßt, ihre von Roberts für uneinnehmbar erklärten Stellungen nordöstlich von Tabancku plötzlich aufzugeben. Man wird indeß gut thun, darüber weitere Aufklärung abzuwarten, denn gleichzeitig bestätigt die Anwesenheit von mehreren Tausend Freistaatlern zwischen Taba Pachoa und Tabanchu, d. h. südöstlich von letzterem, daß die Föderirten gar nicht daran denken, ihre dor tigen Stellungen aufzugeben und die Ausdehnung der selben bis gegen Ficksburg weist ebenso deutlich auf einen ganz bestimmten Plan, wie die auS Maseru ofsiciös ge meldete weitere Thatsache, diese Commandos führten große Vieb- und Pferdeheerden mit sich. Die Anwesenheit dieser Commandos nöthigte auch offenbar General Nundle, dem auf der vor Taba Pachoa vorübersührendrn Straße herauf kommenden General Brabant Verstärkungen zu senden, damit dieser nickt abgeschnitten und aufgehoben werde. Einmal über den Betsluß, fand Lord Roberts überhaupt keinen Widerstand mehr, wie das längst erwartet wurde. Die ganz nominellen beiderseitigen Verluste wäbrend der Nachbut-Geplänkle dieser Tage zeigen deutlich die Absicht der Föderirten, sich auf gar keinen Kampf cinzulassen, sondern nur soweit Fühlung mit dem britischen Heere zu halten, als nöthig ist, um dieses immer weiter hinter sich Herzuziehen. Auffallend ist, daß selbst jetzt noch Lord Methuen seinen Vormarsch nickt beginnt und sich damit begnügt hat, nach einem kurzen Recognoscirungsvorstoß seiner Cavallerie gegen Zwartskopjes Fontei» wieder nach BoShos zurückzukebren. Die Thatsache, daß er dort bereits auf ein Boerenlager stieß, weist auch gar nicht auf eine besondere Aengstlichkeit General Botha's hin, alle seine Truppen hinter dem Vaalflusse zu vereinigen, obgleich Roberts' Truppen den einzelnen Com- mandos überall in mindestens fünffacher Uebermacht gegen überstehen. , --»st Interessant ist die Frage, weshalb Lord Roberts jetzt, wo er Wynburg hält, gar keinen Versuch macht, auf der von dort nach Ladybrand führenden Straße durch starke Truppen- abthcilungen den zwischen der Basutoarenze und Tabanckn- Tabatamchoa noch stehenden Freistaat-Commandos den Weg zu verlegen und sie zu vernichten, anstatt sich weiterhin von ihnen im Rücken und Flanke bedrohen zu lassen. Vielleicht ist das selbst seine Absicht, aber es ist auch ebenso möglich, daß er lieber aus diese Möglichkeit verzichtet, als von Neuem seine Truppen in einem Kampfe zu verzetteln, dessen Dauer ebensowenig abzusehen wäre, wie sein Ausgang. * London, S. Mai. (Telegramm.) Die „Times" berichten aus Smaldeel unter dem 8. Mai: Nach Berichten von der ganzen AescauSlinie ist der Feind auf dem Rückzüge begriffen. General Lotha hat offenbar, da sein rechter Flügel zurückgewichen ist, e« für nöthig befunden, den linken Flügel von Thabanchu zurückzuz'chen. * London, 9. Mai. (Telegramm.) Telegrammen de« „Standard" zufolge war der Vormarsch der britischen Truppen nach Smaldeel durch eine Reihe kleinerer Zusammenstöße längs der ganzen Linie von Thabanchu nach Kareesiding gekennzeichnet. Dem weiteren Vorstöße nach Kroonstad dürfte nur rin schwacher (?) Widerstand wahrscheinlich am Zandflusse geleistet werden. Nach der Ein nahme Kroonstads werde der Widerstand des Freistaates wahr scheinlich gänzlich enden. — Ein Lapstädter Telegramm deS „Daily Mail" meldet, binnen der nächsten vier Tage werde eine wichtige Bewegung der Armee in Natal erwartet. Buller vervollständigte rasch seine Transportvorkehrungen. „Daily Mail" glaubt, Buller werde, unterstützt durch eine Be wegung von Roberts im Freistaate, die Drakensberglinie nehmen. * London, 9. Mai. (Telegramm.) Wie dem „Standard" aus Smaldeel gemeldet wird, scheint die Proclamation Lord Roberts wenig gewirkt zu haben, denn alle Farmen sind von den Männern verlassen und Vieh und Pferde beschlagnahmt worden. Die Geschicklichkeit, mit der die Boeren mit ihren Wagenzüqen ent schlüpfen, wirke niederdriickcnd auf die Stimmung der Truppen. Als die Engländer in Smaldeel ankamen, seien die Boeren mit ihren Ochseuwagen nur b Meilen von den Engländern ent fernt gewesen. * Loudo», 9. Mai. (Telegramm.) In Depeschen, die den Blättern aus Louren?o Marques zugegangen sind, heißt es, daß in einem neben der Gießerei von Begbie in Johannesburg ge- legenen Familienpenjionat im Augenblicke der Explosion 37 Herren zu Tische saßen und alle getödtet worden eien. * Washington, 9. Mai. (Telegramm.) In einer Brr- ammlung, an der viele Mitglieder beider Häuser de« C on grr sseS und andere hervorragende Persönlichkeiten thrilnahmrn, wurde gestern beschlossen, der Gesandtschaft der Boirra einen ähn lichen Empfang zu bereiten, wie er Lafahette, Kossuth und Parnell zu theil geworden ist. ES soll eine große EmpfangSkundgebung vorbereitet werden. Mafeking sendet trostlose Nachrichten: Die Besatzung lebt nur noch von einem Viertelpfund aus Schrot und Stroh gebackenem Brod, einem halben Pfunde Rindfleisch und im Uebrigen Pferde fleisch pro Tag, und selbst diese Vorräthe reichen nur noch bis Ende dieses MonatS. Das wahre Interesse in London concentrirt sich denn auch vielmehr auf die kleine, sich so beldenbast vertheidigende Garnison, als auf den RobrrtS- schen Vormarsch, über dessen eigentliches Ziel immer noch so große Unklarheit herrscht, daß selbst die leitenden englischen Militärkritiker sich mit jedem neue» Tage von neuem selbst in ihrer Beurtheilung der Lage widersprechen; da« gilt auch von der Eutsctzungstruppe für Mafeking. Dieselben Correspondenten und Militärkritiker lassen General Hunter, welcher inzwischen nach Warrenton zurückgrkehrt und fick mit Paget vereinigt hat, bald den Baalfluß hinauf gegen Kroonstad, bald gegen Mafeking ziehen, wäbrend andere ibn nur ein leichtes fliegendes CorpS zum Entsätze der unglück lichen Stadt und ihrer 10 000 langsam verhungernden Bewohner aussenden ließen. Selbst Spencer Wilkinson läßt beute Hun- ter'S Division in ihrer ganzen Stärke gen Mafeking ziehest obwohl er gleich daneben ein Kabel bringt, nach welchem diese Division lediglich den linken Flügel de« Robert-'schen Vormarsches bildet und FourteenstreamS zu umgebe« batte, um an dem Nordufer de« Vaal ostwärts zu rücken: Wilkinson rechnet aus, daß di« am Sonntage i« Warrenton vereinigten Truppen Hunter'», sofern ihr Transport recht zeitig organisirt war, bi- zum 24. Mai Mafeking erreichen könnten. Die Entfernung beträgt, der Bahnlinie folgend, 290 üm und könnte also nach ihm in >5 bis 16 Tagen zurückgelegt werden. Eine BoerenstreiNnacbt, welche diesen 10 000 Mann erfolgreich Widerstand leisten könnte, steht zwischen Warrenton und Mafeking nicht und Wilkinson nimmt deßbalb an, daß selbst ein eventuelle« Ge fecht mit Commandant Snyman und den Belagerern Mafe- kings Hunter höchstens ein oder znni Tage aushalten könnte. Seine Berechnung indeß, daß die englischen Truppen unter ihm 21 km pro Tag ununterbrochen zurttcklegen könnten, dürste sich als irrig erweisen, denn zu einer solchen Leistung fehlt General Hunter jedenfalls ein genügend gute- Material an Transporlthieren. Der viel citirte Marsch Lord Rodert« von Kabul nach Kandahar kann als Beispiel einfach deshalb nicht gelten, weil damals der englische Heerführer über ge rade so viele Maulthiere wie Soldaten verfügte und zwar über Maulthiere, die, im Lande gezüchtet, nicht nur an dessen Klima und Gelände gewohnt waren, sondern ein lange sorgfältige Kriegsdressur durchgemacdt batten. Es fragt sich nur, ob nicht General Hunter» Cavallerie allein im Stande wäre, die Aufhebung der Belagerung herbeizuführen. Letzteres ist um so näher liegend, al- unter den heutigen Verhältnissen die Fortführung der Belagerung Mafeking'S für die Boeren fast gar kein Interesse mehr haben kann. * London, 9. Mal. (Telegramm.) Die „Time-" berichten aus Mafekiug unter dem L4. April: Dir Garnison ist im Staude, sich über den 18. Mai hinaus zu halten, die Lage ist aber äußerst ernst. Tie Beschaffenheit der Nahrungsmittel reicht nicht aus, um die Körperkräfte der schon durch Krankheit geschwächten Mannschaften aufrecht zu halten. Infolge starker Regengüsse haben FrrrrHrton. Weiche Heyen. Von Anna Wahlenberg. Aukorifirte Uebersetzung aus dem Schwedischen von Francis Maro. . Nachdruck verboten. „Denkt Euch nur, wir dürfen heut« Abend keine Gäste haben. Sie hat beiden Dienstmädchen erlaubt, auszugehen." Gertrud'» Gesicht war hochgeröthet, als sic gleich nach dem Frühstück mit bicser aufregenden Neuigkeit aus der Küche herein stürmte. Ihr vierzehnjähriges Blut kochte vor Erbitterung, und sie strich ihr kuvzgeschnittene» Haar in die Höh«, so daß es wie ein Wald um die Stirne stand. Tom, ihr um «in Jahr jüngerer Bruder, und Esther, das zwei Jahre jüngere Schwesterchen, die am Speisetisch sahen, wo sie ihre Sonntagsfreiheit mit ein paar Unterhaltungbüchern ver brachten, blickten mit überraschten und verblüfften Mienen auf. ES war Mathrldentag, der Namenstag der beiden Mädchen. Sie führten diesen zweiten Namen nach ihrer vevstorbenen Mutter, und sie waren e« gleichsam zur Frier ihre» Gedächtnisses gewohnt, an diesem Tage stet» einige Freundinnen bei sich zu sehen. Auch Tom pflegte diese Gelegenheit dazu zu benutzen, ein paar seiner Bekannten mitzubringen, damit sie es ein bischen vergnügt haben konnten. „Ach, da» ist nicht wahr", sagte Tom. — „DaS traut sie sich doch nicht." „Sie" war die Hausvorsteherin, die Mutterstelle an ihnen vertreten sollte, aber eher ihre gemeinsame Feindin geworden war. Sie trieb die großen Mädchen um acht Uhr Abends ins Bett, damit ste dann drinnen bei sich in Ruhe und Frieden ihre Romane lesen konnte. Sie war e«, di« die jüngsten Kinder, di« sieben- und achtjährigen kleinen Buben wie Gefangene in ihr kleine» enge» Zimmer einsperrte, das sie fast nie verlassen durf ten, außer zur Schule und zum MittagSessen. Ihre schlechte Laune jagte dem ganzen Hause Furcht ein, so starke Furcht, daß s« Gin«n zu Feigheit und Dummheiten triöb. Ja, al« Tom einmal in einer Eisspalte eingebrochen war, lief er lieber halb nackt auf dem gefrorenen Strande hin und her, während die aus gehängten Klecder trockneten, als daß er heimging und das drohende Unwetter über sich ergehen ließ. Aber dennoch war sie jetzt vier Jahre bei ihnen und würde wohl noch weiter verbleiben, denn sie kochte dem Vater seine Lieblingsspeisen, zeigte ihm und seinen Gästen stets ein freundliches Gesicht, versah den Haushalt mit großer Ordnung und Sparsamkeit und wurde von sämmt- lichen Tanten und sonstigen Anverwandten hochgeschätzt. „Sie und sich nicht trauen! Ja freilich", brach Gectüd los. „Und ich weiß schon, warum sie es gethan hat. Es ist aus reiner Bosheit, nur weil wir nicht direct zu ihr gekommen sind und sie gebeten haben, Jemand einladen zu dürfen, sondern es so ge than haben, weil wir es für selbstverständlich hielten. Aber das werde ich Papa sagen." „Ja, aber es ist vielleicht doch besser, zuerst mit ihr selbst zu sprechen", meinten sowöhl Esther als Tom, di« von gefügigerer und weicherer Gemüthsart waren, als die Schwester. „Na ja, da» kann ich schon thun." Und ohne sich weiter zu bedenken, stürzte Gertrud durch den Salon hinein in das Zimmer der Haushälterin, wo sie in strammer Haltung knapp an der Thür stehen blieb. „Ist es wahr, Tante, daß Du beiden Dienstmädchen erlaubt hast, auszugehen, obwohl wir heute Abend Besuch bekommen." „Bekommt Ihr heute Abend Besuch?" fragte das Fräu lein mit der unschuldigsten Miene, während sie die letzte Haar nadel in ihr glattgekämmtes Haar steckte. „Davon weiß ich ja gar nichts." „Ja, das weißt Du ganz gut, Tante, denn das haben wir noch jedes Jahr an diesem Tage gehabt._Und übrigens hast Du gestern ganz gut gehört, wie wir davon sprachen, daß wir Alma Runström und die Brandt'schen Mädchen schon eingeladen haben." „Ja, ich hörte Euch davon sprechen, daß Ihr J«mand für irgend einen Tag eingeladen hättet oder einladen wolltet. Aber da mich Niemand näher ins Vertrauen zog, wollte ich nicht fragen. Und nun müßt Ihr die Sache Euch selbst zuschreiben, denn ich habe, wie gesagt, den Mädchen erlaubt, auszugehen." „Aber wir haben ja schon eingeladen." «Nun, dann müßt Ihr wohl wieder absagrn." Gertrud starrte ihrer Widersacherin unverwandt ins Gesicht. „Kannst Du die Mädchen nicht ein andermal ausgchen lassen, Tante?" „Nein, ich breche meine Versprechungen niemals." Aber nun war es mit Gertrud's Geduld zu Ende. Sie sah aus, als sei sie im Stande, sich auf die principicnfeste Hcmsvor- steherin zu stürzen, die in aufreizend-majestätischer Ruhe da stand und ihre Brosche befestigte. »Ich glaube, es giebt auf der ganzen Welt keinen böseren Menschen, als di« Tante", zischte Gertrud. „Unser ganzes Leben zerstört sie! Aber ich lasse es mir nicht gefallen. Ich bitte Papa, daß ich fortkommen kann." „Das will sagen, ich soll fortkommen, weil ich Eu«r Gnaden im Wege bin. Na um so besser. Ich habe mich schon lange genug mit Euch abscheulichen Mädels gequält. Geh' jetzt nur Deiner Wege!" Das Gesicht des Mädchens strahlte. „Danke, halte nur Wort, Tante", rief sie in der Thür, die sie krachend zuschlug, um zu den Geschwistern hinauszueilen und ihnen das glänzende Resultat ihrer Expedition zu verkündigen. Tanke sollte gehen! Es war «twas spannend Interessantes in dieser häuslichen Veränderung, und sowohl Esther als Tom sahen entzückt und bewundernd zu ihrer tapferen Schwester auf, die die Dinge zu diesem Puncte gebracht hatte. „Aber Du wirst sehen, sie überlegt sich's noch", sagte der skeptische Tom, der sich an den Ausgang verschiedener früherer Conflicte erinnerte. Gertrud schwieg und grübelte eine Weile nach. „Ich werde mit Papa sprechen, bevor sie dazu kommt", sagte sie. Gesagt, getchan. Im nächsten Augenblick stand si« im Zimmer ihres Vaters neben dem Sopha, auf dem er saß und Zeitungen las. Doch als er fragend aussah, sand sie keine Worte, sondern fiel ihm nur um den Hals. „Was giebt es, liebes Kind?" Die Hand des Vaters glitt liebkosend über ihr Haar, und diese Freundlichkeit löste ihr die Zunge. Nie früher hatte sie solche Ausdrücke gefunden, um ihre und ihrer Geschwister Noth zu Nagen, den geistigen Hunger und Durst nach Freiheit und Zärt lichkeit, an dem sie litten, und ihre Sehnsucht, diesem Zwange zu entrinnen. Der Vater saß ganz ernsthaft da. Das hatte er sich nie gedacht, daß es so schlimm bestellt war in seinem Haufe. Er 'war auch zu selten daheim, um etwas zu merken, und fried liebend, wie er war, hatte er sich ein für allemal jedes Ge klatsch verbeten, von welcher Seite es auch kommen mochte. Aber jetzt konnte er nicht umhin, zu begreifen, daß etwa» nicht klappte, und er streichelte seinem Töchterchen die Wangen und versprach ihr willig, daß, wenn das Fräulein nun wirklich kam und sagte, daß sie gehen wolle, er ihr nicht zureden würde, zu bleiben. Die Thüren draußen im Corridor knarrten. Gertrud sprang auf und schlich sich still wie «in Kätzchen davon, so daß sie lautlos den Speisesaal erreicht hatte, als ein Klopfen an der gegenüberliegenden Thür laut wurde. Zu anständig, um zu horchen, setzte sie sich doch auf einen Stuhl, der dem Zimmer ihres Vaters so nahe war, daß sie den Tonfall der Stimme drinnen Horen konnte, und Tom und Esther stellten sich neben sie. Zuerst brachte die HauSvorsteherin einen langen Bericht in abgerissenem, kurzem Tone vor. Dann erklang di« Stimm« des Vaters, fragend und milde, worauf sie mit wachsender Heftig keit zu erzählen fortfuhr. Der Vater äußerte hierauf etwas in bedauerndem Tone, was einiges Aufschluchzen und ein paar her- vorgestoßene Wort« des Fräuleins zur Folge hatte. Dann stand der Vater auf und ging durch das Zimmer. Es machte den Ein druck. daß er ihre Hand ergriff und ihr mit bewegter Stimme für alles Verflossene dankt«. Sie brach in noch lauteres Schluchzen aus als früher, und plötzlich stürzte sie auf die Thür zu, die in den Corridor führte. Sie hörten sie in ihr Zimmer gehen und heftig di« Thüre hinter sich zuschiießen. Die Dinge hatten sich gewiß nicht so ge staltet, wie sie es erwartet und geglaubt hatte. Die Kinder saßen unbeweglich da, und al» sie endlich an fingen. einander ihre Beobachtungen mitzutheilen. flüsterten sie. Es lag gleichsam etwas Feierliches darin, daß sie nun so plötzlich von ihr befreit werden sollten, die sie in all' diesen Jahren untrr ihr eisernes Scepter gebeugt hatte. Der Vater trat in die Thür und winkte Gertrud herein. „Es ist nun bestimmt", sagte er. „Sie geht schon morgen."
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