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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000511010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900051101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900051101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Sieclameu unter dem Redaction-strich (4go» spalten) 50»Z, vor den Fainilirnnachrichtea (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Zifferusatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), uur mit der Moraen-AuSgabe, ohne Postbeförderuug SO.—, mit Poslbesörderung ^l 70.—. Anuahmeschluß für Änzeize«: Abend-Au-gabe: Bormittag» 10 Uhl. Morgru-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Bei deu Filiale» und Annahmestelle» je eine halbe Stund« früher. Anzeigen siud stet- an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig 81. Jahrgang. Der Fall Dasbach. K Herr Caplan Dasbach hat gegen den seinen Beleidiger derurtheilenven Prvccßspruch Berufung eingelegt, die von dem Gericht als erwiesenen angenommenen, den Kläger belastenden Thatsachen sollen also nochmals geprüft werden und diese Erwartung — Herr DaSbach wird doch seine Berusnng nicht zurückzieben — legt der Presse Zurück haltung auf. Mit dem Herrn Caplan selbst wird man sich auch nach einer endgiltigen Entscheidung nicht allzuviel zu beschäftigen Ursache haben, dagegen beansprucht das Vcrhäll- niß des CcntrumS zu diesem Herrn ein allgemeines Interesse, und dem kann schon jetzt Rechnung getragen werden. Denn an dem, was der Beurlheiung dieser Be ziehungen zu Grunde gelegt werden muß, kann eine zweite Gerichtsverhandlung nichts mehr ändern. Die „Köln. VolkSztg." giebt sich zwar den Anschein, hierüber anderer Meinung zu sein. Sie schreibt: „Sollte die Berusungs- Verhandlung kein erheblich andere« Ergebniß haben, so würden die Folgen für Herrn Dasbach zweifellos sehr peinlich sein." Berstanden ist unter „Folgen" natürlich eine Revision des Verhältnisses deS Centrums zu Herrn Dasbach. Die Bemerkung des rbcinisch-klerikalen Blattes leidet aber an einem „erbeblicben" Fehler; in dem, worauf es der Partei deS verunglückten Kläger- ankommrn muß, erwartet sie keine „erhebliche" Aenderung und kann sie nicht erwarten. Denn daS in der Trierer Gerichtsverhandlung an das Licht der weiteren Oeffentlichkeit Gezogene hat man im Centrum Alles längst gewußt. Die langjährige Nichtachtung dieser Thatsachen, die nun auf einmal, eben weil sie zur allgemeinen Kenntniß ge langt sind, „peinliche Folgen" nach sich ziehen sollen, bildet das Charakteristische und vom praktischen Standpunkt allein Merkwürdige dieses Processes. Herr DaSbach ist vor der Well al« Geschäftskatholik ersten Range« bloßgestellt worden. Dem Centruin war diese Eigenschaft nicht neu an ihm. Tie Ergetnisse der Gerichtsverhandlung, die ihn darüber hin au« compromittiren sollen, eben weil sie immerhin in der Berufungsverhandlung eine andere Gestalt erlangen können, hier nicht erörtert werden. Ihre Erwähnung ist auch nicht nöthig, denn die Toleranz des Cen trum« wird hinlänglich durch die Thalsache gekennzeichnet, daß man in der Partei wußte, daß Herr Dasbach vonParteigenossen als „reiffürdas Zuchthaus" bezeichnet wurde. Er selbst hat zugegeben, daß ihm „so etwa»" öfters wider fahren sei. Die geschäftS-katholische Wirksamkeit, ein „Schreiten über Leichen", hat nach dem Zeugniß der „Köln. Bolkszlg." dem Händler im geistlichen Gewände, wie er genannt wurde, „in seinemWahlkreise undWohnortTrier zahlreiche,ent schiedene Gegner zugezogen", mit anderen Worten: die Partei, die Fraktion hat daran keinen Anstoß genommen. Uebrigens auch anscheinend der Bischof nicht. Von dem Trierer Gerichte wurde der Seminarprofessor vr. Müller, rin Geistlicher selbstverständlich, al« Sachver ständiger darüber vernommen, wie nach Auffassung der katholischen Kirche das geschäftliche Gebühren Dasbach'« zu be- urtbeilen sei, ob die Privatwirthschaft des Herrn nicht gegen die Bestimmungen des kanonischen Rechtes verstoße und sein ganzes Thun und Lassen nicht die priesterliche Ebre beein trächtige. Die Antwort lautete dabin, daß den Geistlichen verboten sei, Handel zu treiben. Beim Buchhandel werde eine Ausnahme insofern gemacht, als Geistliche Zeitungen und Werke religiösen und gemeinnützigen Inhalts herausgeben dürften. Das läßt sich hören. Herr Dasback bat aber noch andere Geschäfte gemacht, er ist die kommerzielle und finan zielle Seele einer Berliner Weinbandiung und er verstieß ohne Zweifel gegen die kanonische Vorschrift, die die Betheiligung an „Aktienbanken und dergleichen Unternehmungen, bei denen ein höherer Gewinn erzielt wird", verbietet. Er bat dabei, was gleichfalls unwiderlezt ist, ein sehr großes Vermögen erworben — der einstmals mittellose Caplan giebt selbst zu, über eine halbe Million Mark zu besitzen. DaS kann dem Bischof nicht verborgen geblieben sein. Herr Dasbach blieb als Geistlicher wie als CentrumS- politiker unbehelligt. Dasselbe Centrum, das von jeher jeden politischen Gegner, der sich im Privatleben irgend wie vergangen hatte, mit seiner geräuschvollen Tugend haftigkeit verfolgte, duldete nickt nur Alles, eS fand auch offenbar „nichts dabei". Herr Roeren nannte als Zeuge in Trier Herrn Dasbach, „einen der beliebtesten meiner College»". Noch mehr: der so berühmt gewordene Palatin der Sittlichkeit rühmte die Frömmigkeit dieses seines Freundes und meinte: „Je länger man ihn kennt, desto mehr lernt man ibn schätzen". Und derselbe Herr Roeren ist e« gewesen, der von DaSbach durch eine — sonder bare Handlungsweise in die Lage versetzt worden war, zu diesem zu sagen: „Höre, Dasback, wenn dich dein priesterliches Gewand nicht schützte, würde ich dich recht« und link« hinter die Ohren hauen". Ein Beitrag zur lsx Heinze I Herr DaSbach schämt sich nicht, auch nicht, wenn man ihn reif für« Zuchthaus erklärt, und Herrn Roeren'S Schamgefühl wird durch diesen außerordentlichen Mangel an Schamgefühl nicht einmal einfach, geschweige denn gröblich verletzt. Er schätzt ibn, nennt ibn Freund und einen Frommen. Wenn — und deswegen hauptsächlich ist der Fall Dasback beachtens- werth — wenn daS, was von diesem CentrumSmann und Priester bekannt geworben, seinen Parteigenossen aber längst bekannt war, dem hervorragenden Mitglied einer die Kunst- paragrapken der Isx Heinze bekämpfenden Parteien nachgesagt werden könnte: kein Zweifel, wir würben hören und lesen, die Moral, die deu Mann bei seinen gesckäftlicken und sonstigen bedenklicken Allüren geleitet, sei dieselbe Moral, vie ihm die Isx Heinze widerwärtig mache. Der Trierer Proceß bat viel Heuchelei aufgedeckt. Nicht nur vor Ohr feigen hat Herrn DaSbach sein Priestergewand geschützt. Der Krieg in Südafrika. —Engländer und Boeren füllen die Zeit bis zum weiteren Vordringen der Hauptarmee Roberts' mit Plänkereien am Zandflusse auS. UnS wird darüber berichtet: * Wclgclrgctt, 10. Mai. (Telegramm.) Englische Truppen sind heute früh hier eingerückt, ohne Widerstand zu finden. Der Feind halte nördlich des Flusses Geschütze aufgestellt, er hat sich aber zurückgezogen. sReutermeldung.) Welgelegen liegt zwischen Smaldeel, dem augenblicklichen engliscken Hauptquartier und dem Zanbriver. Etwas anders stellt ein Telegramm des .Standard" auS Smaldeel die Sache dar. Es besagt: Hutton machte Montag mit der berittenen Infanterie einen Vorstoß nach dem Zandflusse, um sich eines Boerenconvois zu bemächtigen. Die auf dem Rückzug begriffenen Boeren kebrten daraufhin um und eröffneten mit zehn Kanonen ein heftiges Granatfeuer auf die Briten, während ihre berittenen Mannschaften das trockene Fluß bett überschritten und Hulton's Flanke bedrohten. Da die britische Stellung rasch gefährdet wurde, ordnete Hutton den Rückzug nach Sendenvirginia an, um dort die Ankunft des Hauptcorps abzuwarten. Die Boeren bekundeten keine Neigung, ihren Vortheil auSzunutzen, beschossen aber fortgesetzt oie britischen Truppen, als sie nach Welgelegen zurückwichen. Die Boeren sind nunmehr alle über den Zanbfluß gegangen, dessen Bett völlig auSge- trocknct ist. EngliicherseitS wird angenommen, daß die Boeren dem Feinde den Uebergang über den Zandfluß nicht ernstlich streitig machen werden. Dort sei ihre Stellung zwar stark, könnte aber auf jeder Flanke leicht umgangen werden. In demselben Sinne äußert sich unser Londoner Correspondent: „Die Meldung von der Verstärkung der Mafeking belagernden Boeren läßt ebenso wenig wie daS Zurückbleiben starker CommandoS um Tabanchu nicht darauf schließen, daß General Botha schon am Zandflusse mehr denn ein Nachbutgefeckt zu liefern entschlossen —, wenn er dort überhaupt sick auf einen Kampf einläßt. Wollte er wirklich den Engländern den Uebergang über die Zand ernstlich wehren, so hätte er seine sämmtlichen Truppen concentriren müssen und mit der Heranziehung aller irgendwie verfügbaren CommandoS zweifellos weil früher begonnen. Da Botha schon den Generalen Hunter an der äußersten Westgrenze de« Transvaal und Sir Redvers Buller in Natal starke CommandoS gegenüber lassen muß, während ein drittes Lord Methuen beobachtet, so kann er nach Abzug der die Straße von Ladybrand und daS Gelände von Taba Packoa bis Ficksburg haltenden CommandoS, sowie der um Mafeking und im äußersten Norden gegen Oberst Carrington operirendcn Boeren, d. h. mithin von sechs größeren Commandokörpern unmöglich eine solche Truppen zahl vereinigen, die schon am Zandflusse, d. h. in einem den Engländern günstigen Gelände, den Kampf aufnehmen könnte, gegen deren erdrückende Uebermacht ohne eine Umgehung durch die britische Cavallerie befürchten zu müssen und den geordneten Rückzug auf ihre eigentlichen Defensivstellungen zu gefährden." Anders dagegen liegt die Sache einige Kilometer nördlich vom Zandflusse, wo, nach den unS vorliegenden Karten wenigstens, starke Bodenerhebungen in lang ausgedehnter Linie die Bahn kreuzend, den Boeren einen sehr guten Rück halt geben. Die Wellenbewegung des TerrainS beginnt schon unmittelbar am Nordufer des FlüßchenS. General Hunter s Operationen erweisen sich immer mehr als die einer in methodischem Vormärsche begriffenen Truppe und keines wegs als die eines fliegenden Corps. Es ist übrigens, wie sich jetzt herausstellt, weit stärker als anfänglich ge meldet und bat nicht nur die beiden Voll-Brigaden Barton und Paget, sonder» die Aeomanry und die Hälfte von Hart's Brigade bei sich, welche offenbar über Bethulie herauf zu ihm gestoßen ist. Er müßte danach mindestens l5 000 bis 17 000 Mann commandiren, was allein schon die Räumung von FourieenstreamS erklärt, wonach den höchsten Schätzungen englischerseits kaum 2 — 3000 Boeren gestanden haben können. Auch er bat indeß die Brücke über den Vaalfluß zerstört gefunden und wartet deren Wieder-- Herstellung ab. Die Räumung FourteenstreamS wird jetzt auch aus Boerenquelle bestätigt. Man meldet un«: * Pretoria» 10. Mai. (Telegramm.) Amtliche Nachricht. Die Engländer nahmen am Sonntage FourteenstreamS in Besitz. Die Beschießung war so heftig, daß die BundeStruppen zum Rückzüge gezwungen waren, der in guter Ordnung bewert, sielligt wurde. (Reutrr's Bureau.) AuS Tabanchu meldet dasselbe Bureau unterm 10. Mai, die Boeren hätten das Hauptquartier der kürzlich dort befindlichen Streitmacht von Ladybrand nach Ciocelan verlegt und stünden ist starken Stellungen in der Nähe des Mequatling-Passe«. Die Generale Run dle und Brabant hätten verschiedene strategische Puncte besetzt, die da« Gebiet südlich der Straße von Winburg nach Ladybrand beherrschen. — Ob die Boeren auch daS nordöstlich von Ladybrand an der Basutogrenze gelegene Ficksburg geräumt haben, wie „Reuter" gesterti berichtete, wird nach dieser Nachricht wieder zweifelhaft, Clocolan liegt mittenweg« zwischen Ladybrand und Ficksburg. Die voercnfrauen sieben an Tapferkeit, Opfersreudigkeit und TodeSmuth den Männern nicht nach. Sic halten den Augenblick für ge- kommen, Seite an Seite mit ihren Gatten und Kindern zu kämpfen. Man meldet un«: * Pretoria, 10. Mai. (Telegramm.) Amtlich. Präsident Krüger erhielt «in Telegramm von einer Bürgerin, worin FettöHetoir. Michael Munkacsy. (Gestorben am 1. Mai 1900). Von Vr. F. Sauerhering. Nachdruck »erboten. Blättert man im Buche der Kunstgeschichte, so trifft man fast überall auf Lebensbeschreibungen von Meistern der bildenden Kunst, die von Entbehrungen und Enttäuschungen, kurz von einem schweren Ringen die Stufen der Ruhmesleiter aufwärts berichten; gar Mancher auch soll erst als silberhaariger Greis zu Ruf und Ansehen gelangt, Manchem sollen erst auf sein Grab von der erkenntnißreicheren Nachwelt Ruhmeskränze gelegt worden sein. Selten hört man dagegen von Künstlern, die von Anbeginn ihres Schaffens Anerkennung und materiellen Gewinn erzielt haben, und dann auch vielleicht nur deshalb, weil sie das Schick sal schon durch ihre Geburt auf eine gesicherte Lebensbasis gestellt hatte. Ganz selten aber vernimmt man, daß rin Meister der Palette oder des Meißel» auS den dürftigsten Verhältnissen heraus stch emporgearbeitet und mtt seinen Schöpfungen noch in der Blüthe der Jahre einen Weltruf erlangt hat. Zu dieser ganz kleinen Schaar von Künstlern gehörte auch der am 1. Mai verstorbene Michael von Munkacsy. Ge boren war dieser hervorragende Genre- und Historienmaler — mit dem eigentlichen Familiennamen Lieb — am 20. Februar 1844 in der kleinen ungarischen Stadt Munkac», deren „hoher Thurm", Graf Bpsilanti'S Gefängniß in den Jahren 1821—23, durch Platen'S Gedicht berühmt geworden ist. Sein Vater war ein einfacher Steurrbeamter, doch konnte er sich nicht lange dessen Fürsorge erfreuen, da die Eltern in dem Revolution-jahre 1848 ihr Leben einbühten. Der kleine Michael kam nun zu einem Onkel nach dem Dorfe Csaba, der ihn zu einem Tischler in die Lehre brachte. Nach einigen Jahren wurde er Geselle, und es bestand seine Hauptbeschäftigung darin, die hölzernen Truhen für die ungarischen Bauernmädchen zu zimmern und sie mit möglichst bunten Farben zu bemalen. Er fand an der Thätigkeit mit Pinsel und Farbe Gefallen und begann da- Malen auch etwas künstlerischer zu betreiben. Wohlmeinende Freunde rirthrn ihm, zu seiner Ausbildung sich nach Pest zu wenden. Dort im Jahre 1863 angelangt, befiel ihn alsbald ein Augenllbel; nachdem er sechs Monate halb blind im Spital verbracht, mußte er stch einer schweren Operation unterziehen, die aber glücklich gelang. Bom Erlös seiner ersten malerischen versuche fristet, er sein Leben, bi» er so viel erspart hatte, daß er nach Wien gehen konnte; da aber sein Lehrer Karl Rahl 1865 starb, wandte er sich nach München. Dort nahm sich seiner der Schlachtenmaler Franz Adam an, bei dem er solche Fortschritte machte, daß er bei Eoncurrenzen dtt ungarischen Regierung mehrmals den ersten Preis davontrug. Sein« Arbeiten au» dieser Zeit, wie z. B. die Brautwerbung, Ostern, find noch unbeholfen im Vortrag, aber bewegten Inhalt». I8S7 begab er sich nach Düsseldorf, wo er sich unter Knaus und Vautier weiter bildete und sich zu nächst ganz dem Darstellungsgebiet zuwandte. In dieser rheinischen Kunststadt wurde Munkacsy nun nach Ablauf weniger Jahre ein berühmter Mann; denn im Jahre 1870 brachte er dort sein erstes größeres Gemälde „Der letzte Tag eines zum Tode Verurt heilten" zur Ausstellung. Im Pariser Salon desselben Jahres erregte dies ungarische Sitten bild durch die Feinheit der Beobachtung und Darstellung nicht nur die größte Theilnahme der Besucher, sondern es wurde auch der Auszeichnung einer goldenen Medaille theilhaftig; es befindet sich jetzt im Privatbesitz in Amerika, der Pariser A. MathSy- Doret hat 1882 eine Radtrung nach ihm geliefert. Im Jahre 1872 ließ sich der Maler in Paris nieder und verliebte sich hier alsbald in eine französische Marquise, die Gattin eines älteren Generals; als dieser starb, führte er die vornehme Dame heim, die seitdem seinen Schöpfungen die an regendste Theilnahme entgegenbrachte und den geistig schwer Er krankten bis an sein Lebensende mit treuer Hingebung pflegte. Vor zehn Jahren noch ein armer, unbekannter Künstler, war Munkacsy Ende der siebziger Jahre ein Maler von Weltruf, zu dem Besitzer eines Schlosses, eines Rittergutes im Luxem burgischen und eines prächtigen Hauses in Paris, und er, der einstens im Schurzfell den Bauerndirnen die Koffer gestrichen, fuhr jetzt als Oi-anä Soisneur in eigener Equipage mit gallo- nirten Dienern durch die Pariser Boulevards. Wiederholt be suchte er aber auch seine alte Heimath, die ihm bedeutende Auf träge überwies; so im Wiener Hofmuseum die Ausmalung der Deckengemälde im Treppenhause, welche, ursprünglich Makart anvertraut, erst in den Lünettenbildern vollendet war, und in Pest drei Wandgemälde für das neue Parlamentsgebäude. Seit dem Jahre 1896 lebte Munkacsy wieder in Pest, doch sah er stch bei seinem zerrütteten geistigen Zustande schon im Frühjahr 1897 genöthigt, eine Nervenheilanstalt aufzusuchen; er wählte daS liebliche Endenich bei Bonn, wo er in der Anstalt des vr. Richard Aufnahme fand. Hier hoffte er Jahr ein, Jahr aus endlich Heilung von dem schweren Leiden zu gewinnen, um die Welt wieder mit neuen malerischen Schöpfungen in Erstaunen zu sehen; doch vergebens, auch daS 20. Jahrhundert sah den einst gefeierten Meister dahinsiechen, bis der Tod an ihn herantrat und ihn nach den „Gefilden der Seligen" fortführte. Da» klägliche Ende einet solch' großen, Vollreifen Künstlers, wie Munkacsy einer war, hat immer etwa» Tieftragisches, mag man e» auch al» einen Act ausgleichender Gerechtigkeit ansehen, wenn da» Schicksal den unerwartet schnell zu Ruhm und Reich- thum emporgestiegenen Meister nicht im Dollglanze künstlerischer Bethätigung in den Staub sinken ließ. Tieftragisch ist Mun« kacsy'S Ende auch deshalb zu nennen, weil er e» mit seiner Kunst, sowohl woS Maltechnik, al- auch was die Vorwürfe an« betrifft, sehr ernst nahm, also wohl verdient hätte, ein bessere» Ende seiner Tage zu sehen. So mancher „Lüstling" unter den Malern scheidet von hinnen, nachdem er im Atelier noch die letzte Hand an sein letzte» Meisterwerk hat legen dürfen; Munkacsy aber wurde schon der Kunst entzogen in einer Zeit, wo bei Weitem nicht die letzten Regungen seiner künstlerischen Conception greif bare Gestalt gewonnen hatten. Wie eben erwähnt, beschäftigte sich des Künstlers Pinsel vor wiegend mit der Verbildlichung ernster Vorgänge, die aber zugleich den Stempel seelischen Adels an sich tragen; sie gehören theils dem Genre, theils der Religionsgeschite an. Das erste seiner Hauptwerke wurde bereits oben genannt: „Der letzte Tag eines zum Tode Verurtheilten". Man sieht ein nur spärlich erhelltes Gewölbe sich mit Neugierigen füllen, die den zum Tode verurtheilten Verbrecher von Angesicht schauen wollen. Derselbe sitzt, um den Blick der neben ihm lehnenden Soldaten zu vermeiden, schräg auf dem Stuhle, die geballte Faust ruht vor dem zwischen zwei brennenden Kerzen befindlichen Crucifix. Der zudringlichen Menge und ihrem Gatten den Rücken zukehrend, steht das Weib des Verurtheilten und schluchzt, daß es die Steine des Gefängnisses erbarmen möchte, während Beider Kind harmlos am Boden spielt. Von bedeutenderen Compositionen der nächsten Jahre sind hervorzuheben: „Die Erzählung des Verwundeten", darstellend einen Honved, der im HeimathSdorfe seine Abenteuer erzählt, während die Zuhörer mit Charpiezupfen beschäftigt sind; sodann: „Die Nachtschwärmer", bestehend aus vier Strolchen, die ge fesselt von Soldaten ins Gefängniß geführt werden. Letzteres Bild wurde 1873 gemalt und 1882 von Karl Köpping in Paris radirt (Royal-Querfolio). An Stelle der düstern Verbrecher welt, der Munkacsy vordem gern seine Motive entlehnte, griff er in den nächsten Jahren ausnahmsweise zu heiteren Genre- scenen; hierher gehören „Frühltngstaufe am Oster montag" (1874), bei der nach einer alten ungarischen Volks sitte die Mädchen von den Burschen mit Wasser begossen werden, und „Der Held des Dorfe»" (Pariser Salon 1875, als Geschenk eine» Kölner Bürgers 1895 in das Wallraf-Richartz- Museum zu Köln gelangt). Der „6oq cku Villnxs", wie das Bild in Pari» getauft wurde, ist ein rauflustiger Pußtasohn, vor dem AlleS den Kürzeren zieht. Der Akrobat einer durch ziehenden Jahrmarktstruppe rühmt sich in der Dorfschenke, eS mit Jedermann aufzunehmen. Der „Hahn" bietet sich natürlich als Fechter an, und so grimmig blickt er drein, so kampflustig ballt er die nervigen Fäuste, daß sein Gegner im Tricot gar jämmerlich zu schlottern beginnt. Um die beiden Champions bilden die obligaten Typen einer ungarischen WirthshauSgesellschaft bunte Gruppen; da bemerken wir u. A. den Apotheker, den Binder meister, zwei Pferdediebe im Winkel am Tisch, die dralle Hebe in kurzem Rock und Schürze, und endlich eine kleine barfüßige Magyarin, die, ohne sich um den bevorstehenden Zweikampf zu kümmern, mit den auf dem Boden liegenden messingenen Kugeln des Seiltänzer» sich amllsirt. Eine echte ungarische Dorfscene, mit treffender Physiognomik! Auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1878 sah man von ihm mehrere Meisterwerke; so: „Im Atelier" und „Der blinde Milton". Erstere- Bild, 1876 gemalt, hatte bereit» 1877 auf der WeihnachtS-AuSstellung im Wiener Künstlerhause figurirt und befindet sich jetzt im Besitz de» Grafen Tibor-Karolyi in Pest; Karl Köpping hat 1881 nach demselben ebenfalls ein« Radi« rung angefertigt. Das „Atelier" zeigt den an einem Staffeleibildc malenden Künstler selbst; ihm zur Seite sitzt seine Gemahlin in Betrachtung der Arbeit, hinter der Staffelei ein al» Modell dienendes, ärmlich gekleidetes kleines Mädchen. Großartiger im Vorwurf und ergreifender in der Stimmung ist das zweite Gemälde: „Milton, seinen Töchtern das „Verlorene Paradies" dtctirend". De: er blindete Dichter sitzt im Lehnstuhl, das Antlitz mit den er loschenen Augensternen zeigt einen fast visionären Ausdruck, aus dem zugleich die Resignation des Märtyrers spricht. Die nach dem Dictat des Vaters schreibende älteste Tochter beugt sich vor, um kein Wort der erwarteten nächsten Zeile zu verlieren; die zweite hat sich, ergriffen von der bedeutsamen dichterischen Offen barung, erhoben und betrachtet den gottbegnadeten Vater mit inniger Verehrung, während die Jüngste, am Tische sitzend, mit reizend-naiver Bewunderung bei ihrer Stickarbeit eine Pause macht. Durch die kleinen Scheiben des halbdunklen Gemaches fällt ein feines, silbernes Licht auf die beiden Hauptfiguren, auf Milton und die schreibende Tochter. Von der Kritik wurde allerdings an dieser meisterlichen Composition die bizarre, un natürliche Farbengebung bedauert, wie auch schon früher Mun- kacsy's Malweise gerade hinsichtlich des schmutzig-grauen Colorits mehrfach getadelt worden war. „Der blinde Milton" kam als Geschenk deS Kunstfreundes Robert Lenox Kennedy in die Lenox- Galerie zu New Kork; der Pariser Charles Lourtry radirt« et in Jmperial-Folioformat. AuS dem Jahre 1877 stammt dann noch da» Gemälde: „Abschied der Recruten" (jetzt im Nationalmuseum zu Pest). Die Scene spielt im Jahre 1848 in der Schenke; dort haben sich die ausgehobenen Burschen zu dem üblichen Abschieds- , gelage versammelt; man trinkt, singt und schäkert mit den Schank mädchen. Im Hintergründe sitzt ein häßlicher, buckliger junger Mann und betrachtet die betrunkenen und auf einander eifer süchtigen Recruten voller Schadenfreude. Nun müssen sie alle fort, die ihn verspottet und vor den Mädchen lächerlich gemacht haben; er, der Untaugliche, bleibt, und sein Werth wird steigen.^' Dieser ungesuchte Contrast ist besonders glücklich ersaßt. Eine Wandlung zum Bessern in Munkacsy's eigenthiimlichek Farbengebung, zugleich aber dessen Uebergang in das Lager der französischen Naturalisten, dir nur dir farbige Oberfläche der Dinge sehen und auf die feinere Durchbildung der Formen ver zichten, bedeutet daS als Pendant zum „Besuch bei der Wöchnerin" (vom Jahre 1879, in der Münchener Pinakothek) < gemalte Bild „ZwetFamilien". In einem reichen Speise zimmer sitzt, mit dem Nachtisch beschäftigt, eine junge Frau und blickt lächelnd auf die ihr gegenüber befindliche Gruppe. Das jüngste Kind auf dem Arme der Bonne und zwei ältere Kinder auf dem Fußboden schauen mit Interesse der Mahlzeit zu, welche eine MopShündin mit ihren drei poffirlichen Jungen au» einer Milchschüssel einnimmt. Für die» Bild, zugleich mit dem-' „Atelier", dir beide auf der Berliner Akademischen KunstauS- stellung de» Jahres 1880 zu sehen waren, erhielt der Künstler die große goldene Medaille. (Schluß folgt.)
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