01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.05.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000512012
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900051201
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- LDP: Zeitungen
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Morgen-Ausgabe KWigcr TaMM «tlSII Anzeiger Druck und Verlag von v. Pslz in Leivilg. Jahrgang Sonnabend den 12. Mai 1900. tU.14v.N2. <»»«!! <»!»«» ll.sv^os. wrL7^— U.SL.SÜS. Frurllets« tt«II Die Morgen-Ausgabe erscheint um V,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. die tschechische Obstruction findet statt aus Hochmuth und Uebermuth. Und weil die Tschechen von einem unausrottbaren Uebermuthe und einem Hochmuthe, der im umgekehrten Verhältnisse zu den historischen und kulturellen Leistungen der tschechischen Nation steht, erfüllt sind, so ist zu besorgen, daß, wenn die durch die Verhinderung der parlamentarischen Arbeit und die mit Noth- wendigkeit sich damit verknüpsenden Scandalscenen im Ab geordnetenhause — hat es doch am ersten Tage bereits daran nicht gefehlt — die Erregung auch auf die Straße getragen wird, es zu erheblichen Unruhen kommen wird. Die deutschen Demonstrationen, wie sie seinerzeit besonders an der böhmischen Nordwestgrenze stattfanden, waren vergleichsweise harmlos, und wenn es zu erheblicheren Aufläufen kam, so trug daran nur das rücksichtslose Eingreifen des tschechischen Militärs und der tschechischen Polizei die Schuld. Sind aber bei den Tschechen die nationalen Leidenschaften entfesselt, so muß man sich auf gefährliche und blutige Unruhen gefaßt machen. Von dem tschechischen König Wenzel, der den heiligen Nepomuk kurzer hand in die Moldau werfen ließ, über die Hussiten hinweg, bis zu dem blutigen Prager Aufstande vom Juni 1848, zu dem berüchtigten Excesse in Kuchelbad anno 1881 und zu den wieder holten Tumulten in Prag in den letzten Jahren, haben sich die Tschechen immer durch eine unerhörte Brutalität ausgezeichnet. Die slawische Wildheit steckt bei ihnen ebenso in dem feingebildeten Professor oder Advokaten, wie in dem Mausefallenhändler. Als die Deutschen sich gegen die Badeni'sche Willkürherrschaft auflehnten, wurden die Tschechen nicht müde — und sie wurden dabei beiläufig von dem „deutschen" Ultramontanismus wacker unterstützt —, dem österreichischen Kaiser die Deutschen als Revo lutionäre zu denunciren. Wir glauben, daß Kaiser und Regie rung in Oesterreich sehr bald die Erfahrung zu machen haben werden, daß die deutschen „Revolutionäre" sehr viel harmloser und sehr viel weniger gefährlich für den Staat sind, als die tschechischen Obstructiomsten, die ihre erheuchelte Loyalität nur genau so lange aufrecht erhalten, als sich der Staat zum gehor samen Vollstrecker ihrer Wünsche herabwürdigt. Bei Munkacsy hat nach unserer Ansicht das Mißverhältniß zwischen der Geisteskraft und den Aufgaben, welche er sich durch die leuchtenden Muster der Kunstgeschichte gestellt sah, zerstörend gewirkt. Man bedenke, was es heißt, aus einem unwissenden Tischlerlehrling zu dem Maler eines Christus mit der ganzen modernen wissenschaftlichen Inspiration eines Renan sich künst lerisch emporzuarbeiten. Sicherlich waren die Farben seiner Palette längst gemischt, bevor er noch einen Pinsel angeriihrt; sicherlich hatte die Seele des Kindes längst das Schönste der Kunst in sich ausgenommen, ehe cs dazu kam, die Gebilde seiner künst lerischen Phantasie auf der Leinwand zu fixiren. Aber was hat dieses Gehirn eines aus armseligem Milieu entsprossenen unga rischen Tischlerlehrlings leisten müssen, um aus so geringfügigen Keimen solch köstliche Früchte zu zeitigen! Und eine solche Um wälzung in dem gewaltigen Künstlerkopfe konnte zu nichts Gutem führen; sein Geist mußte schließlich sich umdüstern. Munkacsy's Landsmann Malonayi hat 1897 eine Biographie von ihm veröffentlicht und darin auch alle Krankhcitsmomente des Meisters getreu skizzirt. Denn der große Kreis von Freunden, den der Maler besaß, bewachte mit rührender Aufmerksamkeit jeden seiner Schritte. Die Ahnung der furchtbaren Katastrophe verfolgte ihn Tag und Nacht, sie störte sein Essen, sie trieb ihn aus dem Kreise seiner besten Freunde, aus der fröhlichsten Gesell schaft hinweg. Es war eine Qual, sich mit ihm zu unter halten, er verfiel immer in Trübsinn. Befragte er Jemanden über seinen Zustand, so redete man ihm ein, es fehle ihm nichts, als die absolute Ruhe, und die könnte er sich ja so leicht ge währen. Er hörte eine Weile zu, fragte dann aber unver- muthet, ob auf die Pause wieder die Arbeit werde folgen können, und als die Antwort nicht sicher genug ausfiel, wollte er von Ruhe nichts wissen; er wollte mit dem Pinsel in der Hand sterben. Interessant ist auch eine von Malonayi geschilderte Zusammen kunft Munkacsy's mit dem Nerven- und Irrenarzt Laufenauer. Die Freunde Munkacsy's wollten durchaus wissen, wie es mit dem großen Künstler stehe. Da letzterer sehr mißtrauisch und argwöhnisch war, wurde Laufenauer in der unauffälligsten Weise zu einer großen Tafel geladen. Die Komödie war vortrefflich arrangirt und wurde dementsprechend auch durchgespielt. Laufe nauer, nicht nur einer der schärfsten Diagnostiker, sondern auch ein liebenswürdiger Plauderer, mit starker suggestiver Wir kung auf die Patienten, setzte sich durch geschickte Fragen ein Bild von dem Krankheitszustande Munkacsy's zusammen. Aber auch der Künstler, der lange nicht so gesprächig und munter gewesen war, wie unter den magnetisch-schmerzstillenden Augen Laufe- nauer's, hatte ein wenig Komödie gespielt. Er gestand später, daß er die absichtliche Berufung des Arztes sehr wohl durch schaut hatte, aber es war ihm ganz recht gewesen. Der Mann war ihm sympathisch, und er vertraute sich ihm bald vollends zu gründlicher Untersuchung an. Eine Gesundung von seinem Leiden vermochte aber Laufenauer ebensowenig herbeizusühren, « wie die Aerzte in der Heilanstalt zu Endenich, wohin Munkacsy im Jahre 1897 gebracht wurde und wo er nun, wie vor ihm im Jahre 1856 der berühmte Tondichter Robert Schumann, durch den Todesengel eine Erlösung von seinem beklagenswerthen Nervenleiden gefunden hat. M-uU-v l v. »v U.rk - ».v. » 0. « 0. t-o. I o i. v. l v ! I). eine hohe Gestalt in weißem Gewand, die Spur schweren Seelen leidens auf dem reinen, durchgeistigten Antlitz. Er kennt das seiner harrende Schicksal und will es nicht ändern, ihm nur mit Standhaftigkeit und Ergebung in dem Willen seines himmlischen Vaters begegnen. — Neben Christus steht ein römischer Kriegs knecht mit einer Lanze, deren er sich bedient, um die Menge ab zuhalten, die sich hinter dem Nazarener in den Gerichtssaal wälzt: Jünglinge, Männer und Greise, durch Müßiggängerei, gaffende Neugier, Religionshaß herbeigefllhrt. — Am auf fallendsten ragt aus der Menge ein junger Mensch hervor, nach Physiognomie und Kleidung ein hierosolymitanischer Lazzarone, der sich so nahe, wie die Gegenwart des Kriegsknechts es gestattet, an den Gefangenen herandrängt, wüthend die Arme gen Himmel streckt und mit weitaufgerissenem Munde aus Leibeskräften schreit. Der Gegensatz zwischen diesem den Ruf des Tages: „Kreuzige ihn!" ausstoßenden Vertreter des Pöbels, dem auf den Stufen des Thronsessels leidenschaftlich gestikulirenden Hohenpriester und der erhabenen Ruhe des zwischen ihnen stehenden An geklagten liefert einen der gelungensten Effecte des Bildes. Wenn dann der Blick, wenn er sich an den Hauptfiguren geweidet, weiter in dem Gerichtssaale herumschweift, bleibt er verwundert und entzückt an einer Zuschauerin haften, der einzigen ihres Ge schlechts, die, eine junge Mutter, ihr nacktes Kind auf dem Arme trägt. Sie lehnt oberhalb der Aeltesten an einer Säule, ihre Augen sind auf den Gefesselten gerichtet, und unendliches Er barmen spiegelt sich auf ihrem holden Antlitz wider. Das Ge fühl, das alle übrigen Anwesenden flieht, hat sich ihrer ganz bemächtigt, sie ist nur Herz, jene nur klügelnder Verstand oder grausamer Instinkt, und in ihr hat Munkacsy der edeln, echten Weiblichkeit ein schöneres Denkmal gesetzt, als mancher Künstler, welcher der Mitwelt eine geschätzte Madonna schenkte. Die Gruppirung der Figuren bei der Volksmenge ist zwar nicht gerade kunstvoll zu nennen, die Komposition zeigt eine bunte Muster karte der Stämme und Völkerschaften, deren Sammelplatz die Hauptstadt des Judäas' war; andererseits aber ist meisterhaft die Darstellung der verschiedenen orientalischen Typen und Trachten und die Charakterisirung der Affecte, denen jeder einzelne ge horcht. Die lebhaften Farben der Kostüme haben außerdem die düstere Farbengebung, für welche der Meister eine entschiedene Vorliebe hatte und die auch auf diesem Gemälde zur Anwendung gelangt ist, erheblich gemildert. Das plastische Hervortreten der ersten Figurenreihe ist zumeist erreicht worden durch den schroffen Wechsel zwischen der vollen Beleuchtung des Vordergrundes und dem matten Dämmerlicht de- Hintergrundes." Kaum daß Munkacsy die vorstehend beschriebene, innerlich wie äußerlich gleich großartige Komposition vollendet hatte, wandte er sich al-bald einem neuen Thema religiösen Inhalts zu: „Christus am Kreuz", mit den drei Marien, Jo hannes und einem anderen Jünger am Kreuzesstamm. Im Jahre 1882 war dies 4 Meter hohe, 2,2 Meter breite Meister werk fertig, die Gemäldegalerie zu Dresden erwarb dasselbe im Frühjahr 1889 für den Preis von 45 000 Frcs. Dieser, von den klassischen Meistern der religiösen Kunst stets gern gewählte und grandios vollführte Vorwurf ist auch von Munkacsy mit allen Vorzügen seines Talentes zur Darstellung gebracht worden; auch sein „Gekreuzigter Christus" ist eine ergreifende Komposition, Nachdruck verdaten. Die zweite Seite seines künstlerischen Könnens, d. h. sein eminentes Talent als Historienmaler, offenbarte Munkacsy seit dem Anfang der achtziger Jahre mit seinem kolossalen Schöpfungen aus der Passion Christi; in der Farbengebung be zeichnen diese Werke außerdem den Uebergang aus dem schwarz grauen Gesammtton zum reinen Colorismus, zudem sind die Figuren mit vollem Respect vor der menschlichen Form und mit tiefem Ernst behandelt. Das erste dieser Christusbilder war das etwa 5 Meter lange Gemälde „Christus vor Pilatus". Es war für den Pariser Salon 1881 bestimmt, doch der Meister glaubte sich immer noch nicht genug gethan zu haben und ließ den letzten Einsendungstermin verstreichen; als er nach Ablauf desselben das Werk anbot, verschloß man ihm die Pforte des Salons, weil das Gesetz es so verlangte. Der Pariser Kunst händler Charles Sedelmeyer hatte das Bild schon vor seiner Vollendung für 150 000 Francs angekauft, der es nun separat zuerst in Paris, dann seit 1. Januar 1882 im Wiener Künstler hause, im Februar 1884 im Berliner Künstlerverein und dem nächst in Oesterreich, Ungarn, England, Amerika zur Ausstellung brachte. 1887 wurde es von John Vanemaker, dem General postmeister der Vereinigten Staaten, für 120 000 Dollars an gekauft und seiner Vaterstadt Philadelphia geschenkt. Es wurde von Charles Waltner in Jmperial-Folioformat (53 : 80 Centi- meter) radirt, Details aus dem Bilde haben karre, Laguillermie, MathSy und Unger graphisch reproducirt. Es tauchte im Jahre 1889 auf der Pariser Weltausstellung wieder in Europa auf und erregte von Neuem ungemeines Aufsehen. Bei der Beschreibung des gewaltigen Bildes folgen wir dem damaligen Berichte des Pariser Berichterstatters der Wiener „Montags-Revue", der Ge legenheit gehabt hatte, das Gemälde vor jedweder Ausstellung in Munkacsy's Malerwerkstätte in der Avenue Montaigne zu besichtigen, welche der Meister gemiethet hatte, um fern von den gesellschaftlichen Pflichten in seinem Privathotel und seinem dortigen, mit seltenem Luxus auSgestatteten, durch glänzende Feste berühmt gewordenen Atelier nur ganz der hohen Aufgabe leben zu können. „In einer hohen Halle von kühnem, architektonischem Aufbau sehen wir (am äußersten linken Ende der Leinwand) Pontius Pilatus, der auf einem erhabenen Sitze mit verschränkten Armen und vorgebeugtem Haupt unschlüssig seinen Gedanken nachhängt. Ihm zur Rechten hat der Rath der Aeltesten und Schriftgelehrten Platz genommen. Spannung, Schadenfreude und Fanatismus ist auf den Gesichtern zu lesen, die sich theils dem mit Stricken gebundenen Galiläer, theils dem obersten Priester zuwenden, der auf den zum Landpfleger hinanfiihrenden Stufen mit heftiger Gebärde al- Ankläger auftritt und in den Römer hineinredet, daß er den Frevler, welcher sich für den König der Juden ausgebe, kreuzigen lasse. Den Mittelpunkt des Gemäldes bildet Christus, Filialen: Alfred Hahn vorm. v. Klrmm» Sorti«. Univkrsitülsstraße 3 (Paulinum), LouiS Lösche, Katharinenstr. 14, pari, und Königsplatz 7. Uedaction und ErpeLMo«: Johannts-afle 8. Dir Expedition ist Wochentags ununtrrbroche» geöffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Sturz. Und da wiederum durch den Rücktritt Bismarck's das Centrum den ihm gefährlichsten und unbequemsten Gegner ver lor und da somit auch dadurch der Einfluß des Centrums ge steigert wurde, so sind auch hierdurch die Freisinnigen mit ver antwortlich für den gewaltigen Einfluß der Centrumspartei während der Aera Caprivi und über diese hinaus. Nun könnte man ja sagen, daß späte Reue immer noch besser sei, als gar keine, und daß es auch jetzt noch mit Hilfe der Frei sinnigen gelingen könnte, den Einfluß des Centrums zurück zudämmen. Leider ist dies aus zwei Gründen nicht mög lich: einmal ist die freisinnige Vereinigung für sich allein zu schwach, und die freisinnige Volkspartei zu vernünftiger natio naler Politik heranzuziehen, wird ihr nicht gelingen; zweitens hat sich die freisinnige Vereinigung zwar in national- politischen Fragen zu einer positiven Haltung bekehrt, nicht aber in wirthschaftspolitischen. Hier steht sie auch heute noch auf einem Standpuncte. den die deutsche Regierung niemals wird einnehmen können, und deshalb wird die Regierung auch in nächster Zeit genöthigt sein, immer wieder auf die Unter stützung des Centrums zurückzugreifen. Annahmeschluß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: vormittag» 10 Utzr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4Uhr. vet den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« frühe». Anzeigen stad stets an die Grpetzitiou zu richten. Ertrn-Veilagen (gefalzt), anr mit der Morgen-Au-gabr, ohne PostbefördernN- 60.—, mit Postbrsörderung 70c--. «. v. die jeder Gläubige mit wahrhaft andächtigem Schauer betrachten kann. Diese in großem Maßstab ausgeführte Gruppe auf dem Dresdner Bilde wurde wenig verändert, aber verkleinert aus genommen in dem „Kalvarienberg", dem Gemälde des nächsten Jahres (1883). Letzteres, welches Christus auf Gol gatha zwischen den beiden Schächern darstellt, wurde im August 1888 von dem bereits oben genannten Amerikaner John Vane maker für 400 000 Mark angekauft und ebenso, wie das Pendant „Christus vor Pilatus" seiner Vaterstadt Philadelphia zum Ge schenk gemacht. Karl Köpping hat es in Jmperialquerfolio- Format radirt; auch dies Gemälde kam zur Pariser Weltaus stellung wieder auf kurze Zeit über den Ocean nach Europa. Seit Mitte der achtziger Jahre hat Munkacsy dann nur noch Genrebilder mit der von ihm beliebten tragischen Beimischung geschaffen. Erwähnenswerth ist zunächst „Moz art's lehterTag" (der sterbende Künstler lauscht den Tönen seines am 5. December 1791 von seinen Freunden vorgetragenen Requiems). 1886 wurde das Bild vom Maler einem kleinen Kreis geladener Gäste gezeigt; im Frühjahr 1887 wurde es vom Gouverneur von Michigan für 200 000 Mark angekauft und dem Museum zu Detroit geschenkt. Weniger Interesse bietet ein anderes Bild: „ DasDuell", das allerdings, als es zur Zeit des Boulanger-Floquet'schen Duells (im Juli 1888) in Paris ausgestellt war, einen gewissen Tageserfolg für sich hatte. Von den beiden Duellanten aus der Zeit Cromwell's liegt der eine todt am Boden, während der andere mit zusammengezogenen Brauen in finsterer Reue auf den Ent seelten blickt. In den nächsten Jahren hatte die Kraft des Künstlers doch schon bedeutend nachgelassen; denn abgesehen von einigen Glanz leistungen aus früheren Jahrzehnten, wie „ I m L e i h h a u s e" (in das ein von Kindern begleitetes junges Weib kupfernes Küchengeräth, eine alte Dame Spitzen, ein alter Musikus seine Geige bringt), oder dem oben näher bezeichneten „ Dorfheld ", sind eS im Grunde genommen doch nur wenig hervorragende Werke, die in den neunziger Jahren von ihm auf den Aus stellungen erschienen. Zu nennen wäre hier vielleicht das im Pariser Salon 1894, dann auf der Großen Berliner Kunstaus stellung 1895 erschienene Gemälde „Eine Erzählung" (im Kreise von einer jungen Dame und drei Kavalieren in der Tracht des 17. Jahrhunderts, von denen einer ein wichtiges Er- eigniß zu berichten scheint) und die als „Vor dem Streik" betitelte Versammlung von Arbeitern in einer Schenke, die sich in erregten Gruppen um einen redenden Agitator schaaren (Pariser Salon 1895). Welch' großartige Folge von Meisterschöpfungen, die Mun kacsy während eines Vierteljahrhunderts der Kunstwclt dar geboten! Aber wie aus seinen grandiosen Bildern, vom „Ver- urtheilten" angefangen bis zum „Arbeiterftreik", ein Mißklang heraustönt, so war auch sein glänzendes Künstlerleben über schattet von jenem unheimlichen Leiden, das dem allmählich sin kenden Gestirn schließlich den letzten Funken verlöschte. Schon im vorigen Jahre hatten ihn die Aerzte aufgegeben; jedoch der hingehenden Pflege seiner Gattin, in deren Armen er entschlafen ist, gelang es, das Leben des großen Künstlers noch um ein Weniges zu verlängern. Partei die Auslieferung Noms an den Papst, d. h. also die staat liche Zerstörung des uns verbündeten Königreiches Italien. . . Gewinnen Agrurierthum und Klerikale noch ferner an Einfluß, dann wird das Reich seinen Glanz und seine Sympathien ver lieren." In einem ferneren Artikel in derselben Nummer bespricht das Blatt den Kuhhandel, den das Centrum noch in letzter Stunde mit der Flottenvorlage treiben will, und erklärt dabei: „Das Centrum und die Agrarier machen das Geschäft. Trotzdem gicbl cs noch immer eigensinnige oder rcrbohrle Leute, welche cs für den Inbegriff aller Klugheit halten, wenn die Linke nach wie vor dazu beiträgt, das Geschäftsverhältniß zwischen der Regierung und den Reactionären immer enger zu gestalten." All' dies ist ganz richtig, aber leider kommt diese Reue des Organs der freisinnigen Vereinigung ein wenig spät. Der Ein fluß des Centrums auf die innere Politik datirt nicht von heute, sondern er hat schon begonnen, als Fürst Bismarck gezwungen war, Fühlung mit dem Centrum zu suchen, um seine Wirth- schaftspolitik durchzusetzen, die von dem gesammten linken Flügel des Liberalismus — und wahrlich nicht am wenigsten von den dem „Berl. Tagebl." noch jetzt nahestehenden Kreisen — auf das Leidenschaftlichste bekämpft wurde. Ebenso versagte der linke Flügel des Liberalismus vollkommen bezüglich der social politischen Gesetzgebung. So war schon in den achtziger Jahren das Centrum zu einer höchst einflußreichen Partei geworden. Dem Fürsten Bismarck aber, der die Gefährlichkeit dieser Partei schon damals so richtig einschätzte, wie es heute in verspäteter Weisheit das „Berl. Tagebl." thut, gelang es noch einmal, das Tentrum zurückzudrängen, indem er eine Reichstagsmehrheit aus den konservativen Parteien und den Nationalliberalen herstellte. Nunmehr aber ging das eifrigste Bestreben auch des rechten Flügels der damaligen deutsch-freisinnigen Partei nicht etwa dahin, im Einvernehmen mit der Mehrheit zu regieren, sondern vielmehr die Mehrheit unter allen Umständen zu zerstören. „Ver nichtung der Cartellmchrheit" war das Losungswort, mit dem damals nicht nur die Führer der heutigen freisinnigen Volks partei, sondern auch Männer der gegenwärtigen freisinnigen Ver einigung von Wahlkreis zu Wahlkreis zogen. Das Experiment gelang nur zu gut. Die Cartellmehrheit wurde zersprengt und das „Berl. Tagebl." jubelte mit am lautesten über das Ergebniß, das die Centrumspartei wieder zur ausschlaggebenden Partei machte. Fürst Bismarck übersah die Situation sofort und sah sich deshalb genöthigt, mit dem Führer der Centrumspartei zu ver handeln. um die Möglichkeit positiven Schaffens des Reichstages zu gewinnen, denn daß er auf die damals gewählten 60 frei sinnigen Abgeordneten, die mit dem verbliebenen Reste der Cartellparteien wohl eine Mehrheit hätten bilden können, nicht rechnen durfte, wußte er genau. Bismarck's Verhandlungen mit Windthorst gaben bekanntlich den äußeren Anlaß zum Sturze des großen Kanzlers. In diesem Sinne sind, was bis jetzt noch nicht genügend betont worden ist, die Freisinnigen, auch die vom rechten Flügel, mit verantwortlich für Bismarck's Anzeigen-Prst- die 6 gespaltene Petit-eile 80 Pfg. Reclamrn unter dem RrdactionSstrich (4g— spalten) 50^, vor den Familirnnachrichten Ggespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzetchnlß. Tabellarischer und Zifferniatz nach höherem Tarif. Michael Munkacsy. (Schluß.) »v »o. »o l. IX ».V. t 1). «r-, sl>. I IX t l) Die tschechische Obstruction. ss Mit größter Promptheit hat sofort beim Beginne der öster reichischen Abgeordnetenhaussitzungen die Obstruction der Tschechen eingesetzt. Sie bringen Anträge über Anträge ein, veranlassen namentliche Abstimmung über jede Kleinigkeit und sorgen dafür, daß der ihnen verhaßte Gesetzentwurf Uber die Ordnung der Sprachenverhältnisse in Böhmen und Mähren nicht zur Erledigung gelangen kann. Es war von vornherein anzunehmen, daß die Jungtschechen zur Beschönigung ihrer Verschleppungstaktik darauf Hinweisen würden, daß die deutschen Parteien es vordem nicht anders ge macht hätten. Der Tschechenführer Pacak hat denn auch gleich am ersten Tage der Berathungen gesagt, die Linke habe durch die Obstruction große Triumphe gefeiert und damit sei die Ob struction zur anerkannten parlamentarischen Einrichtung ge worden. Die Tschechen hätten also ein gutes Recht, sich desselben Mittels zu bedienen. Rein äußerlich genommen mögen Herr Pacak und seine An hänger Recht haben, sie vergessen und verschweigen aber nur, daß heute die Verhältnisse ganz anders liegen als damals. Da mals kam es für die Deutschen darauf an, zu verhindern, daß eine willkürlich erlassene Verordnung der Regierung die gesetzliche Weihe erhielte; damals handelte es sich um Bestimmungen, die jede Gerechtigkeit vermissen ließen, weil die eine der beiden Natio nalitäten, die deutsche, empfindlich benachtheiligt wurde. Wie ganz anders heute! Heute wird in loyalster Weise von vornherein der constitutionelle Factor, das Parlament, ersucht, auf dem ordnungsmäßigen Wege der Gesetzgebung dauernde, zur Ver söhnung der Nationalitäten bestimmte Institutionen zu schaffen. Heute erklärt der Ministerpräsident von vornherein, daß, selbst wenn das Parlament nichts zu Stande brächte, die Regierung alle Kräfte daran wenden würde, das verfassungsmäßige Leben aufrecht zu erhalten, und daß sie selbst von den ihr verfassungs mäßig zustehenden Vollmachten nur so weit Gebrauch machen würde, als es zur Erhaltung des Staates unabweisbar noth- wendig sei. Heute handelt cs sich schließlich um eine Regelung der Sprachenverhältnisse, die beiden Theilen gerecht wird. Daß die Tschechen ganz und gar nicht benachtheiligt werden sollen, ersieht man schon daraus, daß die Zahl der einsprachig tschechischen Gerichtsbezirke auch nach dem neuen Gesetze sehr erheblich viel größer sein soll, als die Zahl der einsprachig deutschen Bezirke. Auch wird selbst in den geschloffenen Sprachbezirken auf die andere Landessprache insofern Rücksicht genommen, als eine aller dings beschränkte Anzahl von Beamten „extra statum", die beider Sprachen mächtig ist, angestellt werden soll. Während also seinerzeit die Deutschen Obstruction trieben, weil sie ihr Volksthum nicht völlig unterdrücken lassen wollten, so treiben jetzt die Tschechen Obstruction, weil sie nicht Alleinherrscher im Königreiche Böhmen sein sollen. Die deutsche Obstruc- tionalsofandstattimZustandederNothwehr, Spate Rene. In einem Artikel Uber die äußere und die innere Politik des deutschen Reiches kommt das „Berl. Tageb l." auch auf den unheilvollen Einfluß des Centrums zu sprechen. Es wird darin gesagt: „ES ist eine der traurigsten Anomalien unseres gegen wärtigen parlamentarischen LcbenS, daß eine Partei den größten Einfluß üben kann, die nicht nur auf agrarischem Ge biete, sondern noch in einem viel wichtigeren Puncte in scharfem Gegensätze zu den Interessen deZ Reiches stehl. Ter in diesen Festtagen besonders gefeierte Dreibund hat keinen böseren Gegner als den Klerikalismus. Alljährlich auf den Katholiken tagen votiren die namhaftesten Abgeordneten der Centrums Bezugs-Preis In der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus- oabestellrn abgeholt: vierteljährlich ^4.50, kri zweimaliger täglicher Zustellung ins Hau« ' *50. Durch die Post bezogen für »eutschlar-d und Oesterreich: vierteljährlich L —. Direkte tätliche Kreuzbandiendung inS Ausland: monatlich 7.50. Amtsblatt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes nnd Nokizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Der Krieg in Südafrika. —o. Die seit einigen Tagen vom westlichen Kriegs schauplatz einlangenden Nachrichten melden fortgesetzt von Rückzugsgefechten -er Barren, welche von Stellung zu Stellung nördlich zurückweicken und Roberts das Terrain, wenn auch erst nach heftigen Kämpfen, überlassen. Dian berichtet unS: * Rictspruit, 10. Mai. („Neuter's Bureau".) Die Boeren traten dem Vormarsche der britischen Truppen am Zandflusse entgegen; sie hatten Stellungen nördlich des Flusses inne, die sich längs der ganzen britischen Linie von Hamilton im Osten bis Hutton im Westen ousdehnten. Tas Gefecht wurde Haupt- sächlich von der Artillerie geführt; auch war an mehreren Punkten die Infanterie engagirt, die zwei Kopfes nahm. Die britischen Verluste sind unbedeutend. Das Gefecht endete mit dem Rückzüge der Boeren. Die Engländer machten 20 Gefangene. Ter Vorstoß der englischen Truppen dauert fort. * Lou-oit, II. Mai. (Telegramm.) Eine Depesche des Feldmarschalls Roberts vom 10. Mai 9 Uhr Abends besagt: Ich hatte heute einen erfolgreichen Tag. Ich trieb den Feind von einem Ort zum andern. Die britischen Truppen befinden sich jetzt 8 Meilen nördlich vom Zandfluß. Die Kavallerie und die berittene Infanterie befinden sich in Ventersburg, die Division Tucker bei Deelsonteiit, dte Truppen Hamilton's mit Eavallerie in Broadwood. Als ich zuletzt von ihnen hörte, waren sie auf dem Marsche nach den
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