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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.05.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000517027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900051702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900051702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-05
- Tag1900-05-17
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Ham bnrc- !Ilsdus Ur. 20! »vrt» - OeseU- Uswdurr, in ork, »II« drei scüordsmpker lsrik» - I-Inis- p« Uajkdelsn» ia" vou 8sw io Sremsn, o l-siprix, j „U»II«" von iurfürst" von llpker,Kaiser >/b> „8»cdssu iso, voll Xen irsmsu. idrallar <ILö) vier ^Vocdsn rk: 8ct>n«II- siro.'ss" 22 > 26, »Xsiü-'nn ^Uain" 136. uoovsr- 2ll>. !5, .Vorkurs tolksr^ 30 67 r" 23 6; nacl, -.ll,tr»U«ll: Gez«gS-PrekS > der Hauptexpedition oder den im Ekadt- ßr-irk und den Bororten errichteten Aus« ^bestellen ab geholt: vierteljährliche 4.50, kei zweimaliger täglicher Zustellung ins Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Teutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Directr tägliche KreuzbandicnLung in- Ausland: monatlich 7.50. lie Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, Li« Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ne-aclion und Expedition: Lobannisgasse 8. Lie Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. ——o—s—- Filialen: Alfred Hahtt vorm. v. Klemm'» Lortim. Universitätsstraße 3 (Paulinum„ Lo»i» Lösche. UathariueulL la. pari, und König-Platz L Abend-Tlnsgabe. Mlp)igcr AaScRatt Anzeiger. AmtsVtatt des königlichen Land- nnd ÄNtlsgerichtes Leipzig, -es Natljes und Volizei-Ämtes der Hladt Leipzig. AS. Donnerstag den 17. Mai 1900. Nnzelgen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4g* spalten) 50^, vor den Familiennachrichtea (Kgespalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernfa- nach höherem Tarif. Vrtra-Veilagcn (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördrrunz LO.—, mit Postbesördrrung 70.—. Tinnahmeschlnß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je «i» halbe Stunde früher. Alljeioe« sind stets an dir Erpeditto» -u richten. < > Druck und Verlag von E. P olz tu Leipzi» 91. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 17. Mai. Der Präsident des Reichstags muß überzeugt sein, heute die Anhänger der „verbesserten" lex Heinze so zahlreich am Platze zu sehen, vaß jeder ObstructionS- versuch durch „Schluß der Debatte" vereitelt werden nnd darauf ungesäumt die Abstimmung über die ganze lex erfolgen kann, fonst hätte er gestern außer der „Weiler- beratbung" der lex nicht noch die dritten Lesungen der Äetverbeordnungsnovelle und des Fleischbeschau gesetzes auf die Tagesordnung gesetzt. Es ist aber doch fraglich, ob der Herr Präsident nicht die Rechnung ohne den Wirth gemacht hat. Denn der „National!. Corr." wird von wohlunterrichteter Seite mitgetheilt, auch mancher (Zentrumsabgeordnete sei „von dem gloriosen Feldzuge, der unter der Flagge der Reinigung der öffentlichen Moral zur Freude politischer Banausen geführt wird", durchaus nicht begeistert und mancher namhafte Conservative habe schwere Bedenken, seitdem der Centrumsabgeordnete Lerno in der bayerischen Kammer die letzten Ziele der Heinzegesetzzeber enthüllt und dort auseinandergesetzt habe, daß man sich eigentlich erst dann beruhigt fnblen werde, wenn die Münchner Pinakothek „purisicirt" sei. Nun, die Entscheidung wird ja nicht lange aus sich warten lassen. WaS das Fl ei sch- beschaugestz betrifft, so schreibt heute die „Deutsche TageSztg.": „Der Antrag, der auf dem Boden des Compromisses steht, hat 20, der andere, der eine andere Fassung der Beschlüsse zweiter Lesung darstellt, 28 Unterschriften erhalten. Die übrigen drei Mitglieder der deutich-conservativen Partei haben sich ihre Stellungnahme Vorbehalten, doch stehen zwei von ihnen auf dem Boden der Beschlüsse zweiter Lesung. Wie die übrigen Parteien sich Lazu verhalten werden, steht heute noch nicht fest. Auf der Seite der Mehrheit der konservativen Partei steht die deutschsociale Resormpartei, ferner die Abgeordneten des „Bundes der Landwirthe" und des bayerischen Bauernbundes. Tie sreiconservative Partei dürste sich in ihrer großen Mehr heit für das Compromiß erklären. Von den National liberalen ist die Mehrheit für daS Compromiß, während eine nickt unwesentliche Minderheit für den Antrag der conserva- tiven Mehrheit stimmen wird. Wie das Centrum sich schließlich verhalten werde, bleibt noch abzuwartcn. Früher verlautete mit Bestimmtheit, daß es der Mehrheit der konservativen Partei sich anschließen werde, neuerdings scheint die Stimmung dem Compromisse geneigter geworden zu sein. So liegen die Verhältnisse. Ob bei solcher Sachlage das Flcijchbeschaugcsetz überhaupt zur Erledigung kommen kann, ist sehr fraglich." Der „Nationallib. Corr." zufolge wird dagegen auf Grund zuverlässiger Grundlagen mit einer ansehnlichen Mehrheit für den Compromißantrag des Abg. Klinckowström gerechnet. Vom BundeSrathstische wird, wie man nach dieser Quelle annimmt, vorher eine Erklärung erfolgen, die diesen Antrag als die äußerste Grenze bezeichnet, bis zu der die verbündeten Regierungen entgezenzukommen vermögen. Bestätigt sich das, so wird man gespannt sein dürfen, ob die Führer des Bundes der Landwirthe es wagen werden, aus Groll gegen die Flottenverstärkung zu stimmen. Vorläufig stellt sich die „Deutsche TageSztg." an, als halte sie die Flottenvermebrung gefährdet durch die von dem Staatssekretär Frhrn. v. Thiel mann gegenüber einer Abordnung des Vereins zur Förderung der Interessen der Frankfurter Börse angeblich gethane Ä ußerung, die Er höhung der Umsatzsteuer sei im finanziellen Interesse des Reiches nicht erforderlich, er glaube mit der bisherigen Umsatzsteuer von zwei Zehntel pro Mille auszukommen. Das Bündlerblatt kann sich aber beruhigen; daß die aus schlaggebende Partei trotz dieser angeblichen Auslassung des NeichssckatzsekretärS auf die Erhöhung der Börsensteuer unter keinen Umständen verzichtet, thut die gestern vom Abgeord neten Gröber in der Budgetcommission abgegebene Erklärung hinlänglich dar. Die vom Centrum im letzten Augenblick fallen gelassene Einbeziehung von Zolltarif erhöhungen in den Deckungshinweis des Flvltengesetzes, ist auf nationalliberalen Antrag von der Commission ebenfalls be schlossen worden und dürfte auch im Plenum angenommen werden. Nach den gestrigen Verhandlungen wird Freiherr v. Thielmann und gerade er trotz entgegengesetzter Neigung „heran" müssen und zwar wahrscheinlich allsogleich. Die Com mission hat den Antrag, daß das Stempelgesetz noch in dieser Session zu ändern sei, in das Flottengesetz aus genommen, obwohl der Unterstaatssekretär Asche nborn vom Reichsschatzaml di« Leistung für bedenklich erklärt hat. Möglich allerdings, daß das Plenum den unleugbaren tech nischen Schwierigkeiten Rechnung trägt. Vorläufig setzt die Commission, nachdem sie für ihren Theil mit dem Flotten gesetze fertig ist, die Berathung der von ihr dazu gestellten Stempelgesetzanträge fort. Daß die gestern von uns wiedergegebene Meldung des Londoner „Daily Tel." über daS Vorgehen der Deutschen am Kivusec mindestens aufgebausckt ist, ergiebt sich daraus, daß nach einer Meldung aus Brüssel die Behörden des Congostaates gestern von einem Zusammenstöße zwischen Deutschen und congostaatlichen Truppen noch nicbtS wußten. Außerdem geben der „Voss. Ztg." von dem zur Zeit in Berlin anwesenven Afrikareiseuben Eugen Wolf über den Gewährsmann des „Daily Tel", Lionel Dscle (nicht Decke), Mittbeilungcn zu, die den Charakter dieses Herrn und seine Glaubwürdigkeit in reckt zweifelhaftem Lichte erscheinen lassen. Herr Eugen Wolf schreibt nämlich: „Der Inhalt des in Ihrer gestrigen Abendnummer enthaltenen sensationellen Telegramms Les Herrn Lionel Dscle ist zum Mindesten stark anzuzweifeln. Herr Döcle hat bereits bei Gelegenheit einer früheren Reise durch unser Leutsch-ostafrikauisches Gebiet in seinen Veröffentlichungen eine starke Animosität gegen unsere Schutztruppe und unsere colonialen Unternehmungen an den Tag gelegt und damals Nachrichten über unsere Schutztruppe in die Welt gestreut, die absolut unwahr waren. So wird es sich wohl auch dies Mal wieder ver halten. Herr Lionel TScle ist „je nach Bedarf" Franzose oder Eng- länder. Im Jahre 1894 kam er in Majunga (Madagaskar) als Franzose an, entpuppte sich dann als Engländer und wohnte schließ lich, da man ihn im französischen Lager nicht mehr haben wollte, beim englischen Consul. Er wollte den Feldzug der Franzosen und den Aufmarsch nach Tananarivo mitmachen, was ihm jedoch nicht gestattet wurde. Auch war er in eine Maulescllieserung verwickelt, die er in Gemeinschaft mit dem Sohne eines vielgenannten französischen Generals für Rechnung der französischen Armeever waltung unternommen hatte. Das waren für die Franzosen recht theure Maulesel — das Geld dafür wurde gezahlt, aber die Esel kamen nicht. Dagegen verließ Herr Lionel Döcle eines Tags aus Nimmerwiedersehen Majunga. — Aus Lein wenigen Gejagten dürften Sie erkennen, welchen Anspruch auf Zuverlässigkeit seine Mittheilungen haben können." Etwas befremdlich ist eS, daß gestern im Reichstag die zweite Beratbung deS NachtragselatS für die Schutzgebiete nicht Veranlassung gab, den Colonialdirector um Auskunft über die Vorgänge am Kivusee zu ersuchen. Zu den Forderungen, welche die deutsche Social demokratie im Erfurter Programm „zunächst" erhebt, gehört die „direkte Gesetzgebung durch vaS Volk vermittels des Vorschlags- und Verwerfungs- recktS." Dieses Recht hat fick in der Schweiz gerade in socialpolitischen Fragen wiederholt als ein gefährliches Werkzeug erwiesen. Und es gewinnt fast den An schein, als ob ihm das in langen Jahren mühsam vollendete Werk der Kranken- und Unfallversicherung ebenfalls zum Opfer fallen werde. Darauf deutet eine Kundgebung bin, die in Rücksicht auf LaS am 20. ds. stattsindende Referendum über die Arbeiter versicherung von der Centralcommission der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft erlassen ist. Die „Sociale Praxis" entnimmt jener Kundgebung u. A. folgende Stellen, die zum Tbeil ein beredtes Zeugniß für die vorbild lich eThätigkeitDcutschlands auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung enthalten, wenn auch das deutsche Reich direct nicht genannt ist: „Es handelt sich am 20. Mai darum, ob ein sociales Friedens werk höchster Bedeutung, zu dessen Verwirklichung Männer aller Parteien einträchtig zusammen gewirkt haben, die Gutheißung des Volkes erhalte oder nicht. Mögen auch dem Entwürfe manche Un vollkommenheiten anhaften, wie aller menschlichen Arbeit, so ist es andererseits im besten Falle eine Selbsttäuschung, wenn behauptet wird, bei einer Verwerfung dieses Entwurfs werde in wenigen Jahren ein anderer vorgelegt werden können. Nein, der 20. Mai wird entscheiden, ob wirklich bei uns in absehbarer Zeit die Masse der Arbeiter in Gewerbe, Industrie und Landwirth- schäft vor der Gefahr geschützt werde, im Falle von Krankheit mit ihren Familien der Noth und der Almosengenöjsigkeit anheimzufallen, ob sie auch vor den nämlichen Folgen der Unfälle hinreichend ge sichert werde, ohne unter Umständen kostspielige und ungewisse Processe führen zu müssen. ... Es ist eine lseststehende Thai- fache, Laß die bisherigen freiwilligen Einrichtungen nur einer vcrhältnißmäßig kleinen Minderheit wirksame Hilfe haben bringen können; es ist Thatsache, daß in dem vorliegenden Entwürfe der freien Bewegung möglichster Spielraum gelassen, das bureaukratische Element auf Las Nothwendige beschränkt ist; es ist endlich That- fache, daß in großen Staaten Einrichtungen, wie die jetzt für unser Vaterland angestrebten, seit einem Jahrzehnt in Segen wirken und weder von Arbeitern noch Arbeitgebern wieder preisgegcben würden. Wenn es in der Monarchie durch die Willenskraft der Regierenden möglich war, solche große, für das allgemeine Wohl durchgreifende Einrichtungen ins Leben zu rufen, sollte es wirklich ein Ding der Unmöglichkeit sein, iw der demokratischen Republik — durch freien Ent schluß ihrer Bürger — gleich hohe Ziele zu erreichen?" Unsere Socialdcmokratie liebt es, über LaS „sociale König- thum", wie wir cs in Deutschland haben, zu spotten und seine Wirkungen zu verkleinern; ihr sei daS obige Urtheil auS demokratisch-republikanischem Munde zur Beachtung empfohlen. Das für die französischen Republikaner und deutschen Social demokraten verblüffende Ergebniß der Pariser GcmeinSe- rathSwahlen wird von der deutschen Presse überwiegend unter dem Gesichtspunkte der inneren französischen Politik betrachtet. Dies wäre überall angesichts ähnlicher Wahlen selbstverständ lich, die Pariser Ueberraschung hat aber auch ihre inter nationale Seite. Mag das Wahlresultat antirepublikanisch, antisemitisch, kleinbürgerlich sein, vor Allem ist es boula lo gistisch. Wir geben uns über die Gesinnung, die die Ge- sammtheit des französischen Volkes Deutschland gegenüber hegt, keiner Täuschung bin, aber einen reineren Ausdruck als durch diese Wahl „im Kopfe und Herzen Frankreichs" hätte der Revanchegedanke nicht finden können. Deutschland bat die Ausstellung beschickt, soeben wird dort ein „Deutsches HauS", das freilich mehr französisch als deutsch eingerichtet ist, eröffnet. Fast in demselben Augenblick wählen die Pariser Leute, die sich von ihren Gegner dadurch unterscheiden, daß sie nicht einmal während der Ausstellung von der Bekundung ihres Deutschenhasses und ihres RachekriegSdursteS lassen wollen. Die Wahl ist eine bübscke Quittung über daS Ver laßen des deutschen Brauchs, Pariser Ausstellungen nickt zu beschicken, und hoffentlich auch eine gute Lehre für Vie Männer unter uns, die geglaubt haben, die Franzosen könnten über Faschoda Sedan vergessen. Paris ist nach wir vor Frankreich, und das dortige Wahlergebniß ist der Aus druck einer Stimmung, die sofort, wenn eine Gelegenheit, ein Anlaß da ist, die Les ganzen Landes sein wird. WaS natür lich nicht hindert, daß die Pariser das Geld der deutschen AusstellungSpilzer ebensogern nehmen werden, wie daS ihrer russischen Freunde. Noch lieber sogar, denn der deutsche Tribut an den Ausstellungsschwindel wird reichlicher fließen als der russische. Läge die Sache umgekehrt, hätte Berlin oder München, während eS Franzosen als Gäste erwartet, so wie jetzt Paris gegen Deutschland demonslrirt, kein Franzose würde ohne dringende persönliche Nöthigung ihren Boden betreten. Wir Deutschen sind leider nun ein mal nickt „so" und machen unS keinen Gedanken darüber, durck Vermehrung des französischen NationalreickthumS zu den Kosten einer gegen unS gerichteten Mobilmachung beizu tragen, nach der die Hauptstadt Frankreichs durch ihre Wahlen soeben ihre Sebnsuckt auSgedrückt hat. DaS ist die Bedeutung deS Wahlergebnisses. Daß es wie jedwede Er scheinung mehr als eine Ursache hat, soll dabei nicht geleugnet werden. Zwar die Erinnerung an DreyfuS muß angesickts der in Frankreich herrschend gebliebenen Auffassung der „Affaire" auf Rechnung deS Deutschen hasses geschrieben werden, aber auch Panama ist noch un vergessen und im Allgemeinen scheint in Paris ein beschränkt kleinbürgerlicher Geist Boden zu gewinnen, eine Entwicklung, die in Wien fast bis zum Abschluß gediehen ist und sogar in Berlin vor fecks Jahren, als um den der geplanten Ge- Werbeausstellung zuzuweisenden Platz gestritten wurde, Spuren ihres Daseins verrieth. Besonders interessant ist, daß di« Waarenhäuserfrage in der jüngsten Pariser Wablbewegung eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Der „Vorwärts" weist ihr sogar die Hauptrolle zu, was erklärlich ist. Daß der stärkste Beweggrund der Pariser Wähler der Chauvinismus gewesen, darf das Blatt einer Partei, die Deutschland als den allei nigen Störenfried Europas hinzustellen bemüht ist, nicht zu geben. Hübsch, aber unvorsichtig ist es, beiläufig bemerkt, Lsrrilletsn. 18! Anter egyptischer Lonne. Roman aus der Gegenwart von Katharina Zitclmann. Nachrruck verbot«». Wildau hatte beim Dragoman einen Besuch Gebe! SilsileS, der nicht im Programme stand, ausgewirtt, und der Professor erklärte heiter, er vermöge seiner Erkenntlichkeit nur dadurch Ausdruck zu geben, daß er Wildau zum Pharao ausrufe und ihn mit dem Namen des großen Ramses belege. Hätten sie einen Gott unter sich, so dürfe es auch an einem Herrscher nicht fehlen. Der Scherz fand Anklang, und Wildau erwiderte mit Humor, er nehme die Würde an, wolle aber die Lasten der Krone nicht allein tragen, sondern bitte sich eine Regentin aus, und, sich tief vor Fräulein von Umsattel verneigend, erwählte er sie zur „Pharaonefse" und taufte sie Ramaka. „Eine unbekannte Größe!" rief Kunigunde, die ihre Freude über die Auszeichnung, welche sie von dem pkinzlichen Reise gefährten erfuhr, nicht zu verbergen vermochte. „Die größte Königin war sie, die Egypten gehabt", ent gegnete Wildau, und da die Umsattel ungläubig blieb, wandte er sich Bestätigung heischend an den Professor. „Sie werden die Dame in Theben genugsam kennen lerndn", sagte der. „Ramaka war die Schwester und Vormünderin Tutmes' III. und hat kange Jahre die Regentschaft geführt. Den Tempel von Der öl Bahri und den schönsten Obelisken in Karnak ließ sie errichten." „So erkläre ich mich zufrieden", meinte Kunigunde, „schlag« aber vor, daß meine Freundin Daisy Summers zur Kleopatra ernannt wird." „Angenommen!" vief Alles lachend. Und nun verlangte man, daß auch die noch übrigen vier Mitglieder des Kreises sich den Verhältnissen anpassen müßten, vr. Fischer erwählte sich darauf Seti zum Taufpathen und übertrug den Namen der schönen mesopotamischen Gattin desselben, Taia, auf seine Frau; Oberst von Wangen stieg in eine noch fernere Vergangenheit hinab und nannte sich Pepi, während dem Professor einstimmig die Rolle des weisen Ptah-Hotep zuertheilt ward. Das Dampfboot legte bei Silsile an und die Reisenden stiegen zu der Felsencapelle empor, einer niedrigen, von fünf Pfeilern getragenen Hall«, an die sich eine al» Sanctuarium Ramses' II. bezeichnete Kammer schloß. Doch die Zeit drängte, und so begnügte man sich damit, den merkwürdigen Schrift tafeln mit dem Hymnus an den Nil einen Besuch abzustatten und die Löcher im Felsen zu betrachten, in denen die Nilkette befestigt gewesen sein soll. Auf die Steinbrüche konnte nur ein flüchtiger Blick geworfen werden; dann ging die Fahrt weiter. In dem englischen Buch, das der Professor Harald geliehen, befand sich eine metrische Nachbildung der Hymne an den Nil, die in Ermangelung einer deutschen Uebersctzung vorgetragen werden sollte, und Mrs. Summers als einzige Engländerin ward gebeten, zu lesen. Da zeigte sich die wunderbare Thatsache, daß außer Kunigunde und Wildau Niemand sie verstand, obgleich Alle des Englischen mächtig zu sein vorgaben. Das Buch ging herum und Frau Fischer las; ihr folgte Braun — und während nun Daisy nichts verstand, verstanden doch die Anderen, was Alle in größte Heiterkeit versetzte. Infolge dieser Erfahrung unterhielt man sich Abends englisch, um sich zu üben, und Doctor Fischer verlangte sogar von Mrs. Summers, daß sie seine Fehler verbessern solle. Das lehnte sie indessen lachend ab, indem sie ihn versicherte, daß er bewundernswürdig spreche und die übrige Ge sellschaft zu Zeugen aufrief. Alles bejahte voll Vergnügen, worauf der Sachse sich mit Selbstgefühl im Kreise umsah und ausrref: „^es, I am a larxs talsut!" * * * Man näherte sich Assuan, dem Endpunct der Dampfschiff fahrt, wo ein zweitägiger Aufenthalt genommen werden sollte. Aus dem breiten Wasserbecken des Nil tauchten dunkle Granit felsen auf. und die in seine Mitte gebettete bergige Insel Ele- phantine streckte ihr'e von Palmen übergrünte Spitze freundlich den Kommenden entgegen. Der in der Bucht gelegene Ort mit seinen weißen ansehnlichen Häusern und Minaretten stieg südlich an einem trümmer- gekrönten Burgberg empor, der, jäh in den Fluß abstürzend, das Städtchen malerisch überragte. Es war zehn Uhr, als das Dampfboot an der breiten Hafen straße anlegte, gegenüber dem einzigen Hotel Assuans, das Cook gehörte. Die Passagiere der Konkurrenzgesellschaft Gaze mußten sich mit ihren Cabinen begnügen. Am glücklichsten war heute Hassan, der schwarze Steward, der für den Tag Urlaub erhalten hatte, um seine in der Nähe wohnende Familie zu besuchen. Harald erfuhr auf sein freundliches Fragen hin, daß der junge Neger 23, seine Frau 19 Jabre zahle, und daß zwei Kinder von sieben und drei Jahren der Ehe entsprossen seien. Dir Sonne belehrte die Reisenden heute darüber, daß sie nur noch 24 Breitengrade vom Aequator, dafür aber beinahe 1000 Kilometer von Kairo entfernt seien, und dies Bewußtsein er füllte sie mit solchem Stolz, daß sie die Hitz- freudig in den Kauf nahmen. Ein Besuch der Bazare ließ sie noch in ganz anderem Sinne als in Kairo den Orient spüren. Die wilden Gestalten der Abessinier und Aethiopier mit den abstehenden Haarschöpfen, die bronzefarbigen, schönen Nubier, die häßlichen Neger mit Ringen in Ohren und Nasen herrschten vor, der gelbe Egypter ver schwand dcinahe unter ihnen; dafür spielte der englische Soldat eine große Rolle, und das Roth seiner Uniform leuchtete so auf dringlich, als wollte es chn schon von fern als Herrn kennzeichnen. „Wer kann die Scene malen!" rief HaralD entzückt, „die Schönheit dieser Afrikaner, die bei uns als häßlich verschrien sind, schildern! Welcher Europäer hat die Würde dieser Araber? Sehen Sie nur den Prachtmenschen dort! Wie ein geborener König hüllt er sich in seine Lumpen! Die Weißen mit ihrer nüchternen Tracht erscheinen mir daneben so trivial." Wildau hatte Malgeräth beiFich und zog sich in einen Thor- Weg zurück, um eine Skizze zu entwerfen. Doch die Schaar der Neugierigen, die ihn umdrängte, machte ihm das Arbeiten un möglich. Harald und Doctor Fischer fanden ihn in größter Noch, unfähig, sich der Band« zu erwehren. Wo war Uussuf, der Dragoman? Ja, der handelte für die Damen um orien talische Costüme und Maaren aller Art und war nicht zu haben. Da legte plötzlich Doctor Fischer sein gutmüchiges, rundes Gesicht in grimmige Falten und schrie in gutem Sächsisch los: „Zum Donnerwetter, Ihr verfluchte Kerls, wollt Ihr wohl Platz machen! Packt Euch!" Und damit hob er seinen Stock und jagte die Erschreckten davon. Harald und Wildau hatten bei diesem unerwarteten Ausbruch des deutschen Zornes beinahe die Fassung verloren. AIS sie wirklich das Feld frei sahen, lachten sie von Herzen, während Fischer befriedigt schmunzelnd seinem Mäuschen nacheilte. Leider waren die Erfolge des Doktors nicht von langer Dauer. Die neugierigen Jünglinge hamitisch«r und semitischer Rasse sammelten sich bald von Neuem um Wildau, den sie für «ine Art von Zauberer zu halten schienen. Harald aber hatte Miß Mary erspäht und ging ihr nach; vielleicht ge lang eS ihm hier, sie zu sprechen. Er fand sie vor einer Bude mit Metallwaaren, kleine Becher auSwählend, die sie, wie sie auf seine Frage antwortet«, ihren Schwestern mitbringen wollte. Er half ihr mit den arabischen Sprachbrocken, di« er inzwischen erlernt, und bemerkte dann: „Miß Salinas, heute dürfen Sie mir nicht wieder entfliehen! Ich bitte Sie dringend, mir einmal Rede zu stehen!" Er sah, wie sie vor Schreck zusammenfuhr und dann resignirt den Kopf senkte, als komme nun, was sie gern verhindert hätte. Aber sic wehrte sich nicht. Vielleicht dachte sie, es sei am besten, das Unabänderliche geschehen zu lassen, vielleicht auch nahm ihr Harald's festes und entschlossenes Wesen die Kraft zu weiterem Widerstand. Ihm ward es ihrer Miene gegenüber schwer, den Anfang zu finden. Auf diplomatische Umwege verstand er sich schlecht; so fiel er ziemlich ungeschickt mit der Thür ins Haus: „Sie haben mir neulich gesagt, ich quälte Sie, Miß Salinas, nachdem Sie mir vom ersten Tage an, da ich Sie in Kairo traf, Ihre Ab neigung in nicht mißzuverstehender Weise zu erkennen gegeben. Wollen Sie mir nicht endlich einmal erklären, was Sie mir vorwerfen?" Sie war tief rrröthet mrrd rang mit sich; er sah, wie sie mehrfach ansetzte, um zu sprechen und immer wieder die Lippen schloß. Sie that ihm leid, und nur noch seinem Gefühl folgend, rief er warmherzig: „Haben Sie doch ein wenig Vertrauen zu mir, Miß Mary! Wahrhaftig, ich habe bewußt noch nie im Leben Mensch oder Thier gequält, und nun soll ich cs Ihnen thun! Ich ahne nicht einmal, womit oder wodurch!" Sie waren die Straße entlang gegangen und befanden sich außerhalb des Gewühls der Fremdenbazare. Dennoch wich das junge Mädchen hinter eine vorspringende Wand zurück, als fürchte sie, gesehen zu werden. Sich an die Mauer lehnend, entgegnete sie dann: „Warum sind Sie mit uns gereist? Sie hatten nie vorher davon gesprochen " Mit äußerstem Erstaunen sah er sic an. „Ja, warum sollte ich denn nicht mitreisen? Wildau hat mir im letzten Augenblick einen Platz auf seinem Schiff verschafft, und ich war sehr froh, die Tour mit Bekannten machen zu können!" „Hätte ich cs gewußt, wäre ich in Kairo geblieben", bemerkte sie niedergeschlagen. „Ich hatte mich so unendlich auf die Reffe, gefreut —" „Meinetwegen waren Sie zurückgeblieben?" fragte er ver- ständnißlos. „Ja — aber — finden Sie mich denn so verab- fcheuuvyswerth, daß ich schon auf dem anderen Schiff Sie be lästige, 'da wir uns doch nur bei den Besichtigungen der Tempel sehen?" Sie schwieg. Da begann ihm doch das Herz zu klopfen vor Erregung. Er, der sich früher stets eingebildet, eine unwider stehliche Persönlichkeit zu sein, begegnete hier einem so starken un begründeten Mißfallen, daß er es nicht ruhig hinnehmen konnte. „Ich muß gestehen", fuhr er In kaltem Tone fort, „daß ich den Launen einer jungen Dame, die von unseren euroväischen
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