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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190006037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000603
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000603
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-06
- Tag1900-06-03
- Monat1900-06
- Jahr1900
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.06.1900
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Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile LS Reelameü unter dem Rtdaetiou-sirich «»«- spalten) 50/4, vor den Familirnnachrichtr, (6 gespalten) 40 Größere Schriften laut unserem Preis» verzeichniß. Tabellarischer und Ziffeknsatz nach höherem Tarif. Srtra-Veilagen (gefalzt), nur mit de, Morgen-Ausgabe, ohne Poslbeförderuu, 60.—, mit Postbeförderung TU.—. Annahmeschluß fir Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Bormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» tUhr. Bei den Filialen and Annahmestellen je eine halbe Stund« frnher. Anzeige» find stets a» die Egpedtti-n zu richte«. Ltuck und Verlag voa E. Polz kn Leipzig. 279 Sonntag den 3. Juni 1900. 9t. Jahrgang. Die nächste Rümmer unseres Mattes erscheint Dienstag, den 5. Juni. Aus -er Woche. Vollbelaubt Baum und Strauch, die so lange de» Schmuckes entbehrt, Sonnenschein und Wärme, Pfingsten lockt die mühbeladene Menschheit zum fröhlichen Tummeln inS Freie. Die tief religiöse, die kirchliche Weihe auSzudeuten, die das Fest umgiebt, bleibt der Kirche überlassen. Eine mehr dem Weltlichen zugewandte Betrachtung der Be deutung unserer Feiertage würde nicht erfreuend sein können. Pfingsten ist das Fest des Geistes, der Be freiung der Menschheit aus den Banden einer durch Buchstaben und StaatSgunst herrschenden Oberpriester schaft, und an der Wende deS geistesstolzesten aller Jahr hunderte gebietet die dem freien Geiste, der evangelischen inneren Erhebung feindseligste Macht römischen Oberpriester- thums unumschränkter als lange vorher. In der Welt, im deutschen Reiche, in Preußen, in Bayern und, dessen sind wir erst neuerdings wieder inne geworden, auch in unserem engeren Vaterlande wird der „alt böse Feind" angeregt, seine Gewalt in Ucbermuth umzusetzcn. DaS Betrübendste und Bedrohlichste am Vordringen des UltramontaniSmuS ist die Gleichgiltigkeit, die Nichtachtung der großen Gefahr für Herzen und Köpfe, für christliche und deutsche Art, der weite evangelische Kreise verfallen sind. Der Einfluß, der Glanz des Reiches des Papstes, das so sehr von dieser Welt ist, blendet Viele und nicht zum wenigsten Diener vom Worte Gottes. Soeben hat in einer Berliner Synode ein Pastor für das Centrum gesprochen, wie nur ein Caplan reden dürfte» und in der Versammlung einer anderen Kirchengemeinde der ReickS- bauptstadt ist durch einen anderen evangelischen Geistlichen mit deutlicher Anspielung auf den von Rom aufzedrungenen Culturkampf die Politik Bismarck's hart beurtbeilt worden! Man könnte eine weltliche Pfingstbetrachtung auch noch nach einer andern Seite ausspinnen. Am zehnten Tage nach der Himmelfahrt senkte sich der Geist auf die Zungen der Jünger, feierte die göttliche Gabe der Rede ihren höchsten Sieg — die göttliche Gabe, die trotz dieses ihres Ursprunges dem Mißbrauch ausgesetzt und deren allzu verschwenderischer Gebrauch im Reiche erst neuerdings wieder zu beklagen war. Rein politisch angesehen, wird die Psingstfreude getrübt durch den traurigen Stand der Boeren fache. Noch zwar könnte dem Vordringen der englischen Eroberer der Wider stand der Transvaal-Natur entgegengesetzt, könnten sie zu unsicherem und vielleicht vernichtendem Weitergeben im un wegsamen Gebirge verlockt werden. Aber nach der all gemeinen Ansicht ist die Hoffnung des wackeren Boerenvolkes geknickt, ist England Sieger und Herr in den beiden so tapfer vertheidigten Freistaaten und wird bald von den Helden von Ladysmith, vom Tugela, vom Modderfluß und von MagerS- sontein nichts übrig bleiben, als der Ruhm ihrer Thaten. Kriegskundige mögen die Sonde der Kritik einsenkcn und durch die Beleuchtung der strategischen wie taktischen Fehler der vom Pflug an die Grenzen Geeilten deren Untergang er klären. Aber menschlich bleibt dieser ganze Daseinskampf groß und man muß schon über di« Philisterhaftigkeit des deutschen Philisters, die schlimmste auf dem Erdkreis, verfügen, um, wie Berliner Blätter, die sich in Boerenbewunderung nicht genug thun konnten, auf einmal an dem südafrikanischen Bauernbänflein die sittliche Kraft zu vermissen. Es ist schon vergessen, daß die gesammle Be völkerung, die zu deren Niederwerfung das britische Weltreich acht Monate und eine Viertel-Million Streiter brauchte, noch lange nicht so viel Köpfe zählt wie Berlin, Frauen uud Kinder mit inbegriffen. Die Glanzlosigkeit der kriegerischen Erfolge hindert nicht, daß Großbritannien mächtig erstarkt auS dem Kriege bervorgeht. Schon daß sie die Mängel ihrer militärischen Einrichtungen kennen gelernt, ist ein großer, sür die Welt büchst beachtenSwerther Gewinn der Weltmacht. Gewiß, England konnte in Südafrika nur zum Ziele gelangen, weil eS weder dort noch an einer anderen Stelle seines ungeheuren Länderbesitzes von Anderen bedroht wurde, weil keine Hand sich sür die Boeren rührte. Aber sür den politischen Erfolg ist dieser Umstand gleickgiltig. Wem die Briten, ihre Königin und ihre Kronprinzessin diesen Erfolg zu verdanken haben? Viel leicht jener — mit Bismarck zu reden — Alkovenpvlitik, die ihr Hauptquartier nach dem Tod« der greisen Dänenkönigin von Kopenhagen nach Petersburg verlegt hat und die da» Wort „Blut ist dicker als Wasser" wahrhaftig nicht bestätigt. Ganz umsonst freilich heimst England seinen Triumph und die beiden unschätzbaren neuen Colonien nicht ein. Rußland hat die Bedrängniß der Briten benutzt, um deren Einfluß „aus Persien hinauSzumanövriren", und Frankreich, das von unseren Bülow-Enthusiasten gern mitleidig angeschaute Frankreich, hat die Gelegenheit wabrgenommen, in dem zukunftsreichen nnd sür England militärisch hochwichtigen Marokko ein gnt Stück weiter zu kommen. Wer leer auS- geht, ist Deutschland. Es müßte denn sein, daß unsere Regierung aufreizenden Worten der „Morning Post" Gehör schenkte und im Nordwesten Afrikas — für England Kastanien auS dem Feuer holte, ^öffentlich werden wir der „An regung" de» Londoner Blatte« nicht mehr zu verdanken baden, als die Berliner ossiciöse Ankündigung, daß Deutsch land „in der Thal" erhebliche Interessen in Marokko hat. Also, die Weltgeschichte, di« internationale Weltmachts politik, ha» einen gewaltigen Schritt nach vorwärt» getban und da» deutsche Reich ist auf dem alten Fleck« stehen geblieben. Der Trost dafür ist von den gutgesinnten Blättern bereit» zu beziehen: Deutschland wird an dem nun zu erwartenden Export nach Südafrika in hervorragendem Maß« betheiligt sein. Möglich, aber doch nicht sicher. Wer im Ernste glaubt, die Boeren würden auf die Dauer au» Haß englische Waarrn verschmähen, der sollte doch nicht vergessen, vag auch hinter unserem Namen in der Liste der Bewohner Transvaal» und de» Oranje-Lande« ein schwarze» Notabene steht. Äst auch di« alltäglich in französischen Zeitungen vor getragene Behauptung, Deutschland trage wegen deS am 1. Januar 1896 an Krüger abgesandten Telegramms die ganze moralische Verantwortung für das anscheinend zu Ende gehende Blutvergießen, nichts weiter als eine vom Deutschen haß eingegebene Lüge, so muß doch anerkannt werden, daß wegen der Existenz jene- Telegramm» und der ihm gefolgten Vorstellung deS Freiherrn von Marschall die Boeren durch die Nichteinmischung Deutschlands härter enttäuscht wurden, als durch die Zurückhaltung irgend eines anderen Landes. Dies bestätigen, nicht ohne Besorgnissen Ausdruck zu geben, deutsche Kaufleute, die auch während deS Krieges mit der südafrikanischen Bevölkerung iu Berührung geblieben sind. Ueber den Eindruck, den die Reden deS Prinzen Ludwig in Deutschland hervorbringen mußten, hatte sich die nationale Presse Bayerns mit hinlänglicher Klarheit aus gesprochen. Man konnte ihr in der Hauptsache das Wort allein überlassen. Eine noch schärfere Kritik freilich als die der Zeitungen Münchens, Augsburgs, Nürnbergs und der Pfalz bildet daS Echo, das die Reden in Frankreich ge sunden haben. ES erleidet keinen Zweifel: Die Franzosen glaubten, der bayerische Thronfolger wollte sich an die Spitze der nationalen Reaktion in Deutschland stellen, sie vermeinten einen polirten Sigl sprechen zu hören, und auf Sigl, dessen Schreiberei jenseits der Vogesen mit Spannung verfolgt wird, setzen die Franzosen große Hoffnungen. Die falsche Beurtheilung der Straubinger und der Nördlinger Rede durch den Erbfeind würve diesem in einem etwa ausbrechenden Kriege dieselbe fatale Ueberraschung bereiten, die er im Juli 1870 erleben mußte. Der Friedensliebe der Franzosen und somit dem Weltfrieden wird aber durch die Nahrung französischer Hoffnungen auf deutsche Zwietracht nicht gedient. Bayern unterhält einen Gesandte» in Paris. Wenn dieser Herr nicht von Zeit zu Zeit über jene — schon vor den Reden deS Prinzen Ludwig sehr lebendig gewesenen — Hoffnungen nach München berichtet bat, so versteht er sein Geschäft nicht. Es ist eine jedem Kenner Frankreichs bekannte Thatsache, daß die Franzosen von 1871 an Bayern als einen Pfahl im Fleische deS Reichs körpers angesehen haben und daß sie diesen sie mit Zuver sicht erfüllenden Glauben bis in die jüngste Zeit hegten und pflegten. Heute sitzt bei ihnen der Jrrthum natürlich nicht lockerer, als vor einer Woche. Die Meldung, daß die deutsche Regierung früher oder später für die Gewährung von Anwesenheitsgeldern an die Reichstagsabgeorvneten eine Abkürzung der Frist zwischen Ausschreibung und Vollzug der Reichstags wahlen verlangen werde, ist nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Die Anwesenheitsgelder müssen und werden kommen und da der BundeSrath bisher daran festhiclt, Diäten dürften nicht ohne Compensationen eingeführt werden, so ist eS wohl möglich, daß, da man an die Grundlage deS Wahlrechts nicht rühren kann und Wohl auch nicht will, zu dieser „Ausgleichung" gegriffen wird. Sie wäre, vom Standpunkte des WählerrechtS angesehen, harmlos. Ob auch praktisch, ist eine andere Frage. Bleibt wenig Zeit sür eine sozusagen ofsiciclle Wahlagitation, so wird in kritischen Zeiten, wenn eine Auslösung nicht unmöglich erscheint, ins Blaue hinein Wahlagitation getrieben werden. Die Parteien müßten immer auf dem gui vivo stehen und zu diesem Punkte weist Eugen Richter mit Recht darauf hin, daß die social demokratischen Cadres, und nur diese, unausgesetzt auf dem Kriegsfüße stehen. Zehn Jahre deutscher Jugendspielbewegung. Während unsere Cultur durch die großen Fortschritte, die auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens, der Wissenschaft, der Technik und der Gütererzeugung im Laufe des letzten halben Jahrhunderts erzielt worden sind, eine mächtige Entwickelung er fahren hat, sind Körperpflege und Gesundheit weit hinter dem geistigen Ringen der Zeit zurückgeblieben. Die durch die Cultur bedingte Beschäftigungsart entzieht den Einzelnen mchr und mehr der Natur; der Aufenthalt ist im Wesentlichen das Zimmer, der geschloffene Raum, sei es als Wohnung, Ar- beits- oder vielfach auch als Erholungsstätte. Zu dieser Ein engung kommt die einseitige Inanspruchnahme der Kräfte und in Verbindung hiermit für alle sitzenden Berufe eine fast völlige Entwöhnung von körperlicher Anstrengung. So ergiebt sich, meist noch durch Genußsucht vermehrt, ein solch großes Maß gesundheitswidriger Einflüsse, daß es nicht Wun der nehmen kann, wenn die physische Entwickelung zurückbleibt und wenn Lebens- und Arbeitskraft, Wohlsein und Lebens freude darunter leiden. Wir zehren am Capital unserer Volkskraft. Lange vorher sind in Weiser Voraussicht von den Refor matoren deS Erziehungswesens, von Basedow und Gut Muths, und von Volksfreunden, insbesondere von Friedrich Ludwig Jahn, bereits die Heilmittel gegen diese Culturschäden in der ge regelten Pflege der Leibesübungen und in reichlicher Bewegung im Freien erkannt und gefördert worden, vor Allem im Turnen und im Spiel. Diegeregelte Bewegung bildet für die durch di« Cultur Hervorgerufene Physische Schädigung das noth- wendige, ja unentbehrliche Korrelat. In der Entwickelung der Leibesübungen war, was die Aus breitung wie die innere Durchbildung betrifft, das Jugendspiel, welches reichliche Bewegung im Freien mit kräftiger Leibes übung verbindet, zurückgeblieben. Als daher im Jahre 1890 vom Lentral-Au-schutz für Volks- und Jugendfpiele der Ruf ertönte, die Leibesübungen in Schule und Volk mehr ins Freie zu legen, fiel diese Mahnung auf fruchtbaren Boden und ihre großen Erfolge dürften sich denjenigen, welche in langer und verdienter Arbeit da» deutsche Turnen erzielt hat, bereits angemeffen zur Seite stellen. Das soeben erschienen» IX. Jahrbuch für DolkS- und Jugendspiele 1900*) bespricht in mehrfachen Ab- ,*) Verlag von R. Doigtländer, 276 Seiten. Handlungen zugleich die seitherige zehnjährige Lhätigkeit des Centrckl-Ausfchusses und giebt sowohl von den Erfolgen als von dem hocherfreulichen Stande der Bestrebungen Kenntniß, sowie mehrfach auch zahlenmäßige Beläge. Die seit 1890 in allen Theilen des Reiches abgehaltenen zahlreichen Spiel- curse für Lehrer und Lehrerinnen behufs Gewinnung von sachkundigen Leitern der Jugend-, Bolks- oder Turnspiele haben bisher 3736 Lehrer und 1956 Lehrerinnen ausgebildet. Sehr erheblich ist die Zahl der Spielplätze gewachsen. Auf die 1899 an 804 Orte, die mehr als 5000 Einwohner zählen, gerichtete Anfrage haben 615, also 74.6 Procent, geantwortet; von diesen wird das Spiel in 457 Orten gepflegt; die Zahl ihrer Spielplätze stieg im Jahrzehnt 1890—1900 von 1166 auf 2092, die Spiclplatzflächen von 9^/» Millionen Hektar auf 18^. In Aussicht genommen oder in der Ausführung begriffen sind 108 Spielplätze. Da diese Zahlen auf privaten Ermittelungen beruhen, sind sie muthmaßlich in Wirklichkeit größer. Sehr er heblich ist auch die vom Central-Ausschuß und von einzelnen Mitgliedern desselben in dieser Zeit veröffentlichte Lite ratur; sie umfaßt die regelmäßig erschienenen Jahrbücher, den Rathgeber zur Einführung der Spiele, -die Anleitung für Weit kämpfe, die einheitlich aufgestellten Spielregeln und eine Reihe von Flugschriften. Hochcrfreulich ist auch die Zahl der Städte, die sich dem Central - Ausschüsse mit Beiträgen, welche nach der Einwohnerzahl festgestellt sind, angeschlossen haben. Die Bestrebungen des Central-Ausschusses und diejenigen seiner einzelnen Mitglieder wollen aber mehr als nur das engere Gebiet der Volks- und Jugendspiele ausbauen; sie haben durch ihre Maßnahmen auch das Ziel im Auge, die gesundheit fördernden Leibesübungen überhaupt zu größerem An sehen, zu höherer Werthung im Volke zu führen. Dahin gehört die Reform der deutschen Volksfest«, als belebendes Mittel für die Leibesübungen selbst, und um diese Volks - thümIicher zu machen; sodann die schon auf breiter Grund lage aufgenommene Arbeit, die gymnastische Schulerziehung, unbeschadet ihrer allgemeinen Aufgabe, nach den Gesichts punkten der Wehrkraft auszugestalten, und endlich die Aufgabe, die Leibesübungen in den Dienst der sitt lichen Erziehung der Jugend zu stellen. Für die Wehrkraftbestrebungen sind die leitenden Ideen in der Schrift von vr. Lorenz, „Wehrkraft und Jugenderziehung", nieder gelegt; für die sittliche Erziehung in der Schrift von Pro fessor vr. Koch, „Die Erziehung zum Muthe durch Turnen. Spiel und Sport". Das Jahrbuch 1900 berichtet auch hier über eingehend. Es sollte daher die weiteste Verbreitung finden. So können die Bestrebungen des Central-Ausschusses mit voller Befriedigung auf das erste Jahrzehnt ihrer Wirksam keit zurückblicken. Möchten sie weiter gedeihen und so auch zu ihrem Theile dazu beitragen, für jeden Einzelnen Gesundheit, Arbeitskraft und Lebensfreude und für di« Gesammtheit ein wehrkräftiges Volk zu schaffen, das seine erhöhte Kraft gleich mäßig in den Dienst der Friedensarbeit stellt. von Schenckendorff. Der Krieg in Südafrika. —k». Wir stellen nochmals die vielerörtere Frage voran: Was werden die Boeren thnnk und verzeichnen folgende Meldung, die vielleicht die Antwort andeutet: * London, 2. Jnni. (Telegramm.) „Mornina Post" berichtet ans Lonrcn«o Marques unter dem 1. d. M.: Nachrichten ans amtlicher voeren- qnellc znfotge sind die Verbindungen der Haupt armee in der Nähe des Vaal abgeschnittcn. Bei Elandsfontein kam eS zu einem ernsten Kampfe. Die Boeren rückten in da» nordöstliche Ge biet des Freistaates ein und kämpiten bei BenterS- burg und Harrysmitd. (Wiederholt.) Es ist nicht recht klar, welche Hauptarmee gemeint ist, dem Zusammenhang nach dürfte es die englische sein. ElandS- fontein liegt bekanntlich bei Johannesburg an der Süd- Nordbabn, VenterSburg im Oranjefreistaat in der Nähe der gleichen Bahnlinie südlich von Kroonstad, Harrysmith im Osten des Freistaates an der Eisenbahn Ladysmith- Bethlehem. Von der Endstation Bethlehem bis nach VenterSburg sind eS dann noch ca. 75 englische Meilen. Demnach ist mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß der Plan der Boeren — eine von un» schon wiederholt geäußerte Vermnthung — dahin geht, Roberts' Hauptarmre so weit wie möglich nördlich in den TranSvaalstaat hinein- zuziehen, sie dort festzuhalten und mittlerweile alle entbehr lichen Commandos wieder in den Freistaat zu werfen, um dort die rückwärtige Verbindung Roberts' abzuschneiden. So würde es sich auch erklären, daß die Verbündeten di« Vaallinie und Johannesburg so gut wie kampflos preisgegeben haben und im Begriff sind, auch Pretoria dem Feinde zu überlassen. Vielleicht stehen jetzt schon mehr Boeren südlich als nördlich vom Vaal. Bei dieser Gelegen heit mag auch daran erinnert sein, daß, al« French den Vaal hei Lmdeque» überschritt, der Boerencommandant Dewett ihm bis Wolvehoek folgte. Ihn hat er in seinem Rücken lassen müssen, ebenso wie westlich der Bahnstrecke VereoniginH—Johannesburg noch starke Boerenabtheilungen stehen, mit denen French Kämpfe zu bestehen hatte. ES wird sich ja zeigen, ob den Boeren zum Zwecke der Umgehung der Robert'schen Arm« noch genügend Truppen zur Verfügung stehen. Robert« wird jedenfalls für hinreichend« Etappencommando« in Kroonstad, Bloemfontein ,c. gesorgt haben. Zu Ungunsten der Engländer fällt aber in« Gewicht, daß da» Holländerelement in der Capcolonie wieder un ruhig zu werden beginn», wir die folgenden Nachrichten zeigen: * London, > Anut. (Telegramm.) Dem „Neuler'fchen Bureau" wird au« Grnnff-Rtnet tu »er Tape-laut« vom 31. Mai gemeldet: Unter dem vorfitze de villter«, des Bruder» des Lberrichters, wurde heute eine Volksversammlung abgehalten, an der ungefähr 800 Personen thcilnahmen. Nach heftigen Reden wurde einstimmig eine Resolution angenommen, tu der eS heisst, nach Ansicht der Mehrheit der Tapcoloniftrn sei die unmittelbare hauptsächlichste Ursa che deSKrtegeS die unverantwortliche uud unerträgliche Ein mischung des Ministeriums in London in die inneren Angelegenheiten der Südafrikanischen Republik gewesen. Ter Redner, der für die Resolution cintrat, führte ans: „ES ist unmSglich, de» Eng ländern die Hand zur Freundschaft nach dem Kriege zu reichen. Können wir die englische ergreifen, die vielleicht mit Brnderblut besteckt ist?" Der Vorsitzende fiel dem Redner heftig ins Wort und rtetb zur Mässigung und Vorsicht bezüglich der Aeusserungen des Redner«. * Graaff-Rinet, S. Aunt. (Telegramm.) Der Ton- «ress der holländischen Bevölkerung der Tap* colonie nahm ferner einstimmig Resolutionen an, in denen erklärt wird, wenn die britische Regierung auf der Einverleibung der Vocren-Nepubltken bestehe, so würden der Friede und der Wohl stand des Landes »«heilbar geschädigt und verhäugnitz- volle Wirkungen eintretcn. Tas Land werde nie wieder Frieden und Eintracht kennen lernen. Die Bei legung -es Kampfes sollte in der Wiederherstellung der bedingungslosen Freiheit und Unabhängigkeit der Republiken bestehen. Die Bevölkerung der Capcolonie sollte eine Stimme bet der Ernennung des Gouverneurs haben, wodurch es unuöthig würde, stehende Heere zur Beherrschung des Volke« zu unterhalten. Dann würden die beiden Boeren-Republiken stet« bereit sein, den Bewohnern -er Capcolonie «egen jeden etwaigen Einfall einer fremden Macht in Südafrika Hilfe zu leisten. Der Congress ernannte Abgesanldte, die England, Austra lien uud Tanada besuchen sollen, um dort die Be sinnungen der Tapcolonisten zum Ausdruck zu bringen. Graaff-Rinet, wo der Congreß stattgefunden bat, liegt mitten in der Capcolonie an der Bahnlinie Port-Elisabeth— Middelburg—ColeSberg—Bloemfontein rc., südlich von Middel burg. Aber auch westlich der Bahn Capstadt—Mafekiog rc. ist noch nicht alles Land pacificirt. So wird gemeldet: * London, 2. Juni. (Telegramm.) „Reuter'» Bureau" berichtet aus Capstadt unter dem 31. Mai: Bei Faberspruit in der Nähe von DouglaS wurden a.n 29. Mai 700 Engländer unter Charles Warren von 1000 Aufständischen umzingelt und angegriffen. Nach einem heftigen Kampf« wurden die Auf ständischen, die eine Anzahl Todte und Berwundete hatten, zurückgeschlagen. Die Engländer verloren IS Todt« und SO Berwundete. (Wiederholt.) Da» war am 29. Mai, am 31. aber waren, wie schon gemeldet, die Boeren im Vortbeil und tödteten 16 Mann, darunter den commandircnden Obersten. DouglaS liegt süd westlich von Kimberley, doch auch von Kimberley nach Mafe- king ist noch nicht tabula rasa mit den Aufständischen gemacht. Es wird von dort berichtet: * TaungS, 30. Mai. Die Lage deS hiesigen Bezirk« ist ruhig. Die Eingeborenen sind mit der Getreideernte beschäftigt. Zwischen Taungs und Kuruman haben sich einzelne kleine Gruppen von Aufständischen noch nicht ergebe». Ein Brief aus Pretoria. Der Tübinger Privatdocent vr. Küttner, Mitglied der Expedition des deutschen Rothen Kreuzes, kehrt in einigen Wochen vom südafrikanischen Kriegsschauplatz nach Tübingen zurück. Sein letzter, aus Pretoria, 20. April, dcrtirter Brief an Universitätsprofessor vr. v. Bruns in Tübingen, wird wieder vom „Schwäb. M erkür" veröffentlicht; die bemerkens- werthesten Stellen seiner Schilderungen lauten: „Man ist allgemein sehr froh, daß di« alten, „bewährten" Führer Cronje, Schoemann und Joubert vom Kriegsschauplatz verschwunden sind. Zu ihnen hatte man kein Vertrauen mehr. Die jetzigen Hauptfllhrer De Wet, Delarey und Louis Botha scheinen sehr viel besser zu sein, und namentlich der jugendliche Botha, der Sieger von Colenso, gilt in Fachkreisen für ein ausgesprochenes Genie. Die alten Führer trumpften auf ihre, für einen modernen Krieg ganz un zureichenden Erfahrungen aus den Kaffernkämpfen und waren zu sehr von ihrer Größe überzeugt, um Rathschlägc anzunehmen. Die jetzigen Führer haben sich bei dem Talent der Boeren zur Kriegführung sehr schnell eine moderne Taktik angeeignet. Joubert war übrigens einwilderDeutschenfresser, so daß wir über seinen Tod nicht allzu unglücklich zu sein brauchen. Aus der seither verflossenen Zeit ist nicht mehr diel zu er zählen. Präsident Steijnhat uns, als wir den Freistaat ver ließen, sehr liebenswürdig in seinem Hause in Kroonstad be- wirthet, und wir haben vergnügt und angeregt mit ihm ge plaudert. Er sieht durch die vielen auf ihn einstürmenden Sorgen recht angegriffen aus; besonder» viel Schmerz bereitet ihm wohl das skandalöse, england-freundliche Verhalten seiner Hauptstadt Bloemfontein. . . . Gestern und vorgestern waren wir, da hier augenblicklich Alles still ist, in Johannesburg, wo wir von den dortigen Deutschen in reizend liebenswürdiger Weise empfangen worden sind. Die Minenstadt, eine wirkliche Großstadt im europäischen Sinne, ist zwar sehr still und theilweis» wie au-gestorben. Immerhin ist sie aber doch so voll Leben und Luxu», daß fix einem verbauerten Kriegsknecht sehr imponirt. Von den etwa 150 Minen arbeiten nur 12—15, d. h. sie werden von der Regierung in Be trieb erhalten, welche so viel Gold darau» zieht, daß man in den Republiken jetzt kein Papier mehr bekommt, sondern Alle» in Gold mit sich schleppen muß. Wir waren in einer arbeitenden Mine, der „Ferreira", und find bi» in eine Tiefe von 1500 Fuß vorgedrungen. Sine solche Tour in die Erde hinein ist etwa» strapaziös, aber sehr amüsant. Man kleidet sich vollständig um, da jeder anständige Anzug ruinirt wird, und bekommt irgend «in
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