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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.06.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000613015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900061301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900061301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-06
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Ministerpräsident Körber ist vom deut schen Standpunkte aus allerdings eine unendlich sympathischer« Persönlichkeit ails seine Dorgänger, aber vom Standpuncte der nationalen Wohlfahrt des Landes aus hat er bisher ebenso wenig erreichen können, als diese. Freilich liegt sein bisheriger Mißerfolg nicht in seiner Person, sondern in den Sünden seiner Vorgänger, für die er nun büßen muß. Hätten die früheren Minister — und zwar nicht erst von Badeni's, sondern schon von Taafe's Zeiten ad — nicht die Tschechen durch Nachgiebig keit vrvwöhnt, so würde sich die diesem Volksstamme allerdings angeborene Charaktereigenschaft der Unverschämtheit doch nicht zu einer so üppigen Blüthe entfaltet haben. Diese Unverschämtheit trat bereits bei dem Empfange der Delegirten durch den österreichischen Kaiser hervor. Die wackeren Jungtschechen waren dem Monarchen gegenüber so frech, daß der sonst so ruhige Herrscher die Geduld verlor und seiner Entrüstung lauten Ausdruck gab. Danach konnte man sich freilich schon auf erbauliche Scenen im Parlamente gefaßt machen, aber die Tschechen verstanden es doch, alle Erwartungen zu übertrumpfen. Ohn« rm Mindesten dazu provocirt zu sein uttd ohne daß Vie Gegner überhaupt zu Worte kommen konnten, vollführten sie in der Sitzung vom vergangenen Frei tag viele Stunden hintereinander den wüstesten Lärm, bis schließlich um Mitternacht durch die Vertagung den häßlichen Scenen, deren Widerwärtigkeit nock durch einige Prügeleien er höht wurde, ein Ende bereitet ward. Die Jungtschechen würden vielleicht nicht den Muth zu so unerhörtem Vorgehen gefunden haben, wenn sich ihre bisheri gen Verbündeten von der Rechten geicyloffrn von W»-- gesagt hätten. Statt Lessen wurde zwar die Rechte gesprengt, aber ein Theil derselben, wie der böhmische feudale Groß grundbesitz, die SUdslaven und ein Theil der katholischen Volks partei unter Führung des Barons Dipauli übten bei den der entscheidenden Sitzung vorangehenden Berathungen der Rechten «ine den Tschechen wohlwollende Neutralität. Diäses Verhalten eines Theiles der katholischen Volkspariei verdient noch eine besondere ehrenvolle Wür digung. Während die Polen unter Führung ihres Obmanns Jaworski sich für rin« energische Bekämpfung der tschechischen Obstruktion aussprachen, unterstützten diese „deutschen" Männer durch ihre wohlwollende Neutralität indircct die Todfeinde der Deutschen. Die Polen also thaten das Ihre, um eine im Interesse des Friedens liegende.und zugleich der deutschen Be völkerung im Großen und Ganzen leidlich genehme Lösung des SprachenstrriteS herbeizuführen; diese Männer deutscher Ab stammung aber spielten wieder einmal eine Judasrolle am Deutschthum. Kann man es da den D e u t s ch n a t i o n a l e n verübeln, wenn sie die.Klerikalen ebenso als ihr« Todfeinde bekämpfen, wie die Jung tschechen? Denn der Verräther aus «dem eigenen Lager ist ungleich schlimmer und gefährlicher, als der offene Feind. Das einzige Gule bei dem Verhalten derer um Dipauli kann darin gefunden werden, daß dadurch eine breite Kluft entstanden ist zwischen dieser nur-pfäfsischen Gruppe und den Mitgliedern der katholischen Dolkspartei, die sich doch wenigstens rüinnern, daß sie nicht nur Klerikale, sondern auch noch Deutsche sind. Ist die nunmehr eingetretene vollkommene Spaltung der Rechten natürlich vom deutschen Standpuncte aus freudig zu begrüßen, weil dadurch auf absehbare Zeit eine speeifisch antideutsch« Majorität verhindert wird, so ist andererseits die österreichische Regierung ungünstiger daran, als je zuvor. Denn die Polen untd die deutsch denkenden Mitglieder der katholischen Volks partei sind wähl mit den Deutschen in der Gegnerschaft gegen die tschechische Obstruction vereint gewesen, und auch bereit, den unglückseligen Sprachenstreit irgendwie zu lösen; aber im Ueorigen besteht eine Gemeinschaft zwischen ihnen und den deutschen Gruppen nicht. Sollte also auch, >waS freilich wenig wahrscheinlich ist, in absehbarer Zeit eine Lösung deS Sprachen» strettS möglich sein, so würde die Regierung nachher keine irgendwie sichere Parlamentsmehrheit zu ihrer Verfügung hoben. Mit der Lösung de» Sprachenconflicte» würden also die parlamentarischen Schwierigkeiten, unter denen die innere österreichische Politik seit so langer Zeit leidet, immer noch nicht beseitigt sein. So ist leider zu besorgen, daß auf unabsehbare Zeit hinaus «ine erfreuliche Entwickelung der inneren österreichischen Politik ausgeschlossen ist. Dadurch wird ersten» Oesterreich immer mehr dem Einfluss« der tranSleithanischen Reichshälfte ausgeliefert, in der zwar auch «nicht Alles zum Besten bestellt ist, in der aber doch wenigstens nicht eine so unendliche Eonfuston herrscht, wie in Lisleithanien. Zum Zweiten leidet nothwendiger Weise unter diesen ständigen Schwierigkeiten da» Ansehen Oesterreichs und damit auch seine gesammte au»wiirtig« Politik. Macht sich dies schon jetzt fühlbar, so wird dereinst, wenn einmal em Herrscher, der nicht da» außerordentliche persönlich« Ansehen und die Verehrung, die dem gegenwärtigen Monarchen gezollt wird, genießt, auf dem habsburgischen Thron« sitzt, der RUck- gana der österreichischen Macht ein noch viel empfindlicherer sein! Der Krieg in Südafrika. Di« Lage auf dem Kriea»schauplatz hat sich nickt wesentlich geändert. „Daily Expreß" meldet nach Tele grammen au« Voerenquellen zwei britische Ntederla-en, die eine bei Donkerpoort im Oranjefreistaat, wo die Briten angeblich mit beträchtlichem Verlust besiegt sein sollen, die andere bei Bredesort, wo di« Briten mit einem Ver lust von 750 Tobten und Verwundeten und 150 Gefangenen rurückgefchlage« wurdea. Der Voerrnfübrer Dewrt sei nach vereeniguag vorgestoßen und hab« dort dir Eisen bahn zerstört. Die zweite Niederlage ist wahrscheinlich identisch mit der bei Roodeval, wo ein englische- Miliz bataillon in die Gefangenschaft der Boeren gerieth. * Maser», II. Juni. („Reuter'S Bureau".) Ein Deserteur berichtet, im Bezirke Bethlehem ständen 7000 Boeren. Bei dem letzten Gefechte bei Rooikrautz sei Commandant Olivier ge» fallen und Commandant de Billirrs tödtlich verwundet worden. Präsident Steij« habe vorige Woche das Boerenlager bei Bethlehem besucht, er fei gegenwärtig in Brede. Heute haben sich 1500 Boeren dem General Brabant ergeben. (Wiederholt. — Diese Nachricht trägt alle Spuren der Erfindung. Die Red.) * Mafckin-, 11. Juni. („Reuter's Bureau") Ter erste Eisenbahnzug aus dem Süden ist heute Nacht hier an gekommen. (Wiederholt.) * Kapstadt, II. Juni. Heute Nachmittag hat ein Minister» rath über die Lage berathen, jedoch keine Entscheidung ge troffen. — Feldmarschall Robert- berichtet, Laß 150 englische Osficiere und 3500 Manu, die in Pretoria gefangen waren, in Freiheit seien. 900 seien von den Boeren nach anderen Plätzen gebracht worden, während 200 sich im Lazareth befänden. (Wdh.) Buller in Natal. Ein Telegramm General Buller'S aus dem Haupt quartier in Natal vom 11. Juni berichtet: General Hildyard forcirte AlmondSnek, den letzten Paß vor Charleston. Der Feind befand sich in beträchtlicher Stärke und hatte mehrere Geschütze. Die Stellung des Feindes wurde vom zweiten Dorset-Bataillon mit gefälltem Bajonett, sowie von der dritten Cavallerie-Brigade eingenommen, die auf unserer Reckten von dem sehr schwierigen Gelände um den Jketini- Berg aus heftig angegriffen wurde. General Buller hofft, daß unser Verlust unter 100 Mann betrage. AuS London, 11. Juni, wird berichtet: Gestern wurde eine bürens cuntzlicho ^er^nimlui'p im Victoria Park, der 3000 Personen beiwohnten, gewaltsam mit Flaggen und Stöcken gestört. Zweimal wurde ver sucht, die Plattform zu stürmen, die Polizei trieb jedeSmal die Angreifenden zurück. Es gab ein Handgemenge, wobei verschiedene Personen ernstlich verletzt wurden. Die Redner mußten von den Polizisten auf ihrem Weg eScortirt werden. Zuletzt versuchte die Menge noch einen Trambahn wagen zu stürmen, in dem ein Redner in Sicherheit ge bracht war. Der Procetz der TranSvaalregiernug. In der gestrigen Verhandlung der in Brüssel ange strengten Klage der Transvaal-Regierung gegen Baron Oppenheim und Genossen wurde Vr. LcydS vernommen. Seine Aussagen waren, wie der „Frkf. Ztz." gemeldet wird, wenig geeignet, die Behauptungen der Angeklagten, daß Krüger und zahlreiche Notabilitäten in Transvaal Be stechungen angenommen hätten, zu entkräften. (?) Auffallend sei besonder» auch van Boeschoten'S Abreise kurz vor dem Proceß, da auch er beschuldigt wird, von Vorster, dem Be vollmächtigten de» Oppenheim, 5000 Francs in Aktien an genommen zu haben. Die Vertheidigung verlangt Ver tagung deS ProcesieS, da alle ihre Zeugen nicht erscheinen konnten. Da» Gericht beschließt, sich erst nach der Zeugen vernehmung schlüssig zu machen. Deutsches Reich. d. Leipzig, 12. Juni. Vier Wochen nach dem Arnstadter Parteitage der Tbüringer Nationalliberalen weiß die „Sächsische Arbeiterztg." zu berichten, der Ab geordnete Bassermann habe sich in Arnstadt dafür erklärt, „daß dir ausländischen Landarbeiter möglichst un gehinderten Zutritt nach Deutschland erhalten." WaS der Abgeordnete Bassermann wirklich gesagt bat, kann man dem stenographischen Berichte über jene Rede ent nehmen, der vom Centralbureau der nationaliiberalen Partei versandt worden ist. Darnach führte Abgeordneter Baffer- mann betreff- der Leutenoth u. A. da- Nachstehende auS: „Wir haben langwierige Erörterungen darüber erlebt, auch in den Einzelparlamenten. Da- Recept, da- man schließlich vor- geschlagen hat, ist aber mindesten- nicht einwandfrei. Man hat gesagt, die Grenze möchte doch geöffnet werden, so daß die aus ländischen Arbeiter in beliebiger Zahl hrreinstrSmrn und sich hier nirderlaffen könnten. Wir geben zu, Laß z. Zt. und vielleicht aus lange hin ohur fremde Arbeiter nicht auSzukommen ist. Wir wollen aber doch diese Frage auch »ut«r dem Grsicht-ponct unserer nationale« Interessen prüfen und wollen un» nicht verhehlen, daß durch da- Hereindräugen von slawischen Elementen in die öst lichen Provinzen nationale Gefahren entstehen. Wenn wir d»«halb die Verwendung fremdländisch» Arbeiter zulasten müssen, so wollen wir doch die Möglichkeit nicht au» der Hand geben, diese Elemente gelegentlich auch wieder ab» zuschiebrn." E» ist dem Abg. Bassermann mithin nicht »ingesallen, sich für einen „möglichst ungehinderten Zutritt" der aus ländischen Landarbeiter «ach Deutschland zu erklären. 6. S. Berlin, 12. Juni. (Unsere maritimen Streit- kräfte in Ostasirn.) Wenn da- Kanonenboot „Tiger", da» nach der ursprünglichen Bestimmung Station-schiff hei den Carolinen werden sollte, ru dem Kreuzergeschwader ge stoßen ist, wird Biceadmiral Bendemann über 8 Schiffe verfügen können; „Hertha" und „Hansa" haben je 465 Mann an Bord — S30 Mann, „Kaiserin Auguste" 436, „Irene" 365, „Gefion" 302 und die Kanonenboote „Iltis", „Jaguar" und „Tiger" je 121 --- 363; «» sind also inSgesammt 2396 Mann auf den Kriegsschiffen action-bereit. Die Ausreise de» „Fürsten Bismarck" ver zögert sich etwas; sein Eintreffen in den ostasiatischen Gewässern bedeutet eine Verstärkung um 568 Man«, so »aß also in nicht zu ferner Zeit circa 3000 Mann zur Ver fügung stehen werden. Und da bekanntlich der Gouverneur von Tsingtau, Capitän z. S. Jaeschke, Auftrag erhalten hat, mit Vice-Admiral Bendemann zusammenzuwirken, so könnten von dem III. Seebatailloa (Commandeur Major Christ) eventuell noch weitere Mannschaften herangezozen werden. Im äußersten Nothfall kann auch der große für Südamerika bestimmte Kreuzer „Vineta" nach Ostasien beordert werden. Weitere Schiffe sind in unserem Vaterlande nicht verwendungsbereit, aber diese maritime Streitmacht genügt vollkommen, die deutschen Interessen zu schützen. In den letzten 48 Stunden sind Nachrichten von Vice-Admiral Bendemann nicht ein getroffen, wurden aber auch nickt erwartet, da ihm volle Selbstständigkeit und Actionöfreiheit eingeräumt ist. Ein glückliches Zusammentreffen ist eS, daß die maßgebenden Persönlichkeiten, Viceadmiral v. DiederichS als Chef deS AdmiralstabeS und Staatssekretär Tirpitz, die ostasiatischen Verhältnisse aus eigener Anschauung genügend kennen gelernt haben. Weil dies so ist, konnte sie nur die Anschauung ver treten, daß bestimmte Weisungen Herrn Bendemann nicht zu ertbeilen seien. Es läßt sich von hier auS schlechterdings nicht übersehen, wie zu handeln ist; es kann ein so schnelles Eingreifen nothwendig werden, daß Instructionen von Berlin gar nicht einzuholen sind. UebervieS hat sich Herr Bende mann als kühl überlegender und weitschauender Flaggofficier bisher in jeder Situation bewährt (schon 1870 als junger Officier im Ernstfälle), so daß man mit Bestimmtheit erwarten kann, er werde in jeder, auch der ernstesten Situation daS Richtige treffen. -7- Berlin, 12. Juni. (Die ostpreußischen Confer- vativen und der Bund der Landwirthe.) Die conser- vative „Ost preußische Ztg." beklagt sich darüber, daß die „Correspondenz deS Bundes der Landwirthe" fortgesetzt I Artikel veröffentlicht, „die in mehr oder weniger scharfer I Weise die Thäligkeit der für daS Compromiß (beim Fleisch- beschaugesetz) arbeitenden Politiker zu verdächtigen suchen." Insbesondere nimmt die „Ostpreuß. Ztg." Anstoß an dem Satze, mit dem die Bundescorrespondenz eine Zusammen stellung über dir Abstimmung zum Fleischbeschaugesetz ge schlossen hat, nämlich an dem Satze: „Nun weiß daS deutsche Volk, bei wem es sich nächst der Reichsregierung dafür zu bedanken hat, wenn die Zustände in Bezug auf Gefährdung seiner Gesundheit und der Interessen von Fleischern und Viehzüchtern durch unlauteren Wettbewerb der ausländischen Pökelfleischlieferanten etwa schlimmer werden sollten, als sie bisher schon gewesen sind." Gegen diese KampfeSweise legt die „Ostpreuß. Ztg." „entschieden Protest" ein und zwar „im Interesse der deutschen Landwirthschaft", weil nur „durch ein zielbewußtes Zusammenwirken aller für den Schutz der Landwirthschaft einlretenden Kämpfer bei den großen bevorstehenden Entscheidungen etwas erreicht werden kann." Die „Ostpreuß. Ztg." wendet sich des Weiteren gegen die Behauptung der Bundescorrespondenz, daß die das Fleischbeschau - Compromiß bekämpfenden Agrarier immer streng sachlich innerhalb sanitärer Erwägungen ge blieben" seien nnd es keineswegs auf eine „Kraftprobe" für die Gestaltung der künftigen Handelsverträge hätten an kommen lassen sollen. Demgegenüber erinnert die „Ostpreuß. Zeitung" an die Anfang April d. I. von den Herren von Wangenheim, vr. Rösicke und vr. Hahn in der Bundescorrespondenz veröffentlichte Erklärung, in welcher gesagt wurde: „Nicht um daS bisher eingeführte geringe Quantum Pökelfleisch (circa 5 Proc. der gesammlen Einfuhr von Fleischproducten) handelt eS sich, sondern um eine Generalprobe für den Entscheidungskampf um Wieder errichtung eines ausreichenden Schutzes für die Production der deutschen Landwirthschaft durch den neuen Zolltarif." Die „Ost preuß. Ztg." fügt der vorstehenden Erinnerung die Bemerkung hinzu: „Angesichts der neuesten Acußerungen, die leider den Ton sachlicher Erörterung vermissen lassen, müssen wir . . Werth darauf legen, daß die klaren Thalsachen nicht verdunkelt werden, umsomehr, als gerade diese Stellungnahme dieCompromißfrennde in ihrer Thäti gleit be stärken mußte." — Zweifellos stehen hinter dieser ener gischen Abwebr der „Ostpreuß. Ztg." gegen die Angriffe der Bundescorrespondenz die leitenden compromißfreundlichen Führer der ostpreußischen Conservativen. Hätte der Hinweis auf die Verdunkelung klarer Thatsachen durch die Bundes- correspondenz als auf ein Moment, daS die Compromiß- sreunde in ihrer Tbätigkeit bestärken mußte, grundsätzliche Bedeutung, so könnte die Differenz zwischen den Conser- vativen und dem Bund der Landwirthe in der Fleischbeschau frage weitergehende Folgen haben, als man bisher annehmen durste. Denn die Verdunkelung klarer Thatsachen wird von der Bundescorrespondenz nicht nur in Bezug auf das Fleisch beschaugesetz getrieben. D Berlin, 12. Juni. (Telegramm.) Die „Nordd Allg. Ztg." hört, die von einem hiesigen Blatte au» Pester Zeitungen übernommene Nachricht, der Kaiser werde mit dem Kronprinzen in der zweiten Hälfte de» September über Wien nach Ungarn reisen, sei nicht begründet. — Am 15. d. M., dem Todestage Kaiser Fried rich'» Hl., findet in Schloß Friedrich-Hof bei Kronberg i. T. eine Trauer- und Gedächtnisfeier statt, an der außer dem Kaiserpaare und der Kaiserin Friedrich auch die übrigen Familienmitglieder deSHohenzollernhause» thrilnehmen werden. — Zu einigen, an die geplante ackiwöchige Urlaub»reise de» Finanzminister» vr. v. Miquel geknüpften Eombinationen bemerkt die „StaatSb.-Zeitung": „Der Finanzminister verspürt nach unserer Wahrnehmung nichts von Amtsmüdigkeit, würde wahrscheinlich auch bei dem Reichskanzler auf den größten Widerstand stoßen, wenn er etwa die Absicht hätte, sich ins Privatleben zurück- zuziehen. Herr v. M«quel denkt wahrscheinlich auch gar nicht daran. Der Nachricht von seinem bevorstehenden Urlaub ist im Uebrigeu eine weit über die Sache selbst hinausgehende Bedeutung beigclegt. E» bandelt sich nicht um einen außer gewöhnlichen Vorgang, sondern um den üblichen Sommer urlaub, den fämmtlich« Minister um dies« Zeit vom Kaiser erbitten, um sich dann unter sich darüber zu verständigen, wann der einzelne davon Gebrauch mackt. Auch ander« Minister werden wobl einen zweimonatigen Urlaub genommen haben. Mit der Miquel-Krisis ist es also nicht»." — Die Herren- und KnabenconfectionS sch neider, sowie die der Maßbranche beschlossen heute früh, zur Durchführung ihrer alten Forderungen auf Errichtung von Betriebswerkstätten und Einführung fester Lohntarife in eine allgemeine Lohnbewegung einzutreten, damit die Zu stände in der Hausindustrie rudical beseitigt werden. Die Erschienenen verpflichteten sich, der Organisation de» Verein« der Berliner ConfectionSschneider beizutreten. * Dessau, 11. Juni. Von der. anhaltischeu Staats regierung sind an 25H andwerker imHcrzogthumAnhalt je 250 als Beihilfe zum Besuche der Weltausstellung in Paris gewährt worden. Mit Annahme dieser Beihilfe ist die Verpflichtung verbunden, mindesten» eine Woche in Pari» zu verweilen und nach der Rückkehr einen Bericht über den Besuch, die Wahrnehmungen und die Eindrücke der Aus stellung in einem Gewerbeverein oder dergleichen zu erstatten. ät. Gotha, 12. Juni. (Privattelegramm.) Die Verhandlungen de» Landtagsausschusses mit der Ne gierung wegen deS Domänenabkommens haben zu einem positiven Ergebnisse nicht geführt. v. Pößneck, 12. Juni. Die hiesigen Maurer, die bisher einen Stundenlobn von 25—30 erhielten, verlangen jetzt 40 da die Meister die Forderung nicht bewilligte«, sind sie in den Streik eiugetreteu. * München, 11. Juni. In klerikalen Kreisen circulirt das Gerücht, daß der Nuntius Monsignore Sambucrtti in einigen Monaten München verlassen wird, da er als Nachfolger des am Wiener Hofe accreditirten Nuntius Msgr. Taliani, der bei dem Anfang December statt- findenden Consistorium zum Cardinal ernannt werden soll, ausersehen sei. Für die Nachfolge auf den Münchener Posten werden GaSparri, Nuntius in Peru, und Prinz von Croh, Uditore der Wiener Nuntiatur, genannt, von denen jedoch Letzterer wegen seine» verhältnißmäßig jugendlichen Alter wohl kaum in Betracht kommen dürfte. m. München, 12. Juni. (Telegramm.) Hier verlautet, Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Josef würden zu den Hochzeitsfeierlichkeiten im herzoglichen Hause im Juli hierher kommen. Kaiser Wilhelm werde danach auch die Passions spiele in Oberammergau besuchen. Oesterreich-Ungarn. Ministerpräsident Körber über die politische Lage in Oesterreich. * Linz, 11. Juni. Die „Tagespost" veröffentlickt eine Unterredung mit dem Ministerpräsidenten über die Motive der ReichSrathschließung. Die Regierung sei, sagte Körber, zur Ueberzeugung gelangt, daß dieses Haus trotz aller Anstrengungen nicht mehr arbeitsfähig gemacht werden könne. Alle Versuche hierzu waren erschöpft und nach den beispiellosen Lärmscenen war die Regierung verpflichtet, der unhaltbaren Situation und dem öffentlichen Scandal ein Ende zu machen. Die Tschechen hätten bei alledem keinen Erfolg davongetragen, da sie keinerlei sprachliche Concessivn erreicht, waS doch da» Ziel ihrer Obstruction gewesen sei. Wenn unter den früheren Regierungen Obstruction getrieben worden, konnten sich die Parteien auf ReaierungSacte berufen, die gegenwärtige sei sich jedoch bewußt, niemals die Richtschnur der strengsten Objektivität verlassen zu habe». (Fkf. Ztg.) Frankreich. Die „verschwör»»»-" im Heere. * Paris, 12. Juni. (Telegramm.) Die Lösung, Welche die Negierung der Delan ne - Angelegenheit gegeben, befriedigt nur einige Socialisten, deren Anschauungen Viviani auSdrückt, wenn er in der „Lanternr" schreibt: „Ein Officier bat keine Enthebung vom Amte zu verlangen, er hat seinen Dienst zu thun, cr hat dem Befehl zu gehorchen, der ihn auf seinen Posten stellt". Die übrigen Parteien stellen abfällige Betrachtungen an. Tie Nationalisten sagen, Delanne sei zu bleiben gebeten worden, weil die Regierung vor der un Falle seines Abgänge» unvermeidlichen Kammrrerörterung Angst habe, er se» aber geopfert und man halte seinen Ersatz mann bereit. * Pari-, 12. Juni. (Telegramm.) In der Angelegen heit de« Generalstabschefs Delanne verlautrt, daß Krieg»- Minister AndrS diesem die Casstrung androhte, falls er den ihm übertragenen Posten verließe. Ein gleiche» Loo» sei allen anderen Officieren angedrobt, welche da» Beispiel von Delanne etwa nachahmen wollen. Delanne wird jedoch wahrscheinlich bald durch General VruyLre ersetzt werden. Der Kriegsminister fahre unterdessen mit der Repndlikani- sirung der Militärämtrr fort. (Mgdb. Ztg.) Schweden utrd Norwegen. Elpe-Trave Eanal. * Christiania, 12. Juni. (Telegramm.) DieRegierunz bat da» Mitglied de» St ort hing», John Lund, beauf tragt, dem Senate von Lübeck die Glückwünsche der Re gierung zur Eröffnung de» Elbe-Trave-Eaaal» zu überbringen. Lund ist seit langen Jahre» Vertreter der alten Hansastadt Berge» im Storthiag. Orient. Der türkische Differentialtarif; iw» ter serttsch-türktfchen Grenze. * »aastautlnapel, 12. Juni. (Telegramm.) -x>er Ministerrath hat bezüglich de» Differentialtarife» keinerlei Entscheidung getroffen. Bulgarien gegenüber wird der Tarif zwar nicht angewendet, dagrge» aus Grund der Reciprocität ein 4 proc. Einfuhrzoll. Der serbische Gesandte hat bei Tewsik Pascha Schritte unternommen und hervor gehoben, daß Serbien Unrecht geschehe, indem Bulgarien nur 14 Proc. trage. Rumänien und Serbien verlaage» einen Aufschub der Anwendung de» Differentialtarife» «ad er klären sich bereit, die Verhandlungen zu einem provisorischen Vertrage sofort zu beginnen.
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