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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.05.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010511010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901051101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901051101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-11
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Morgen-Ausgabe ripMr TagcbliÄ Anzeiger vtt«» Druck und Verlag von E. ^olz in Leipzig. 95. Jahrgang. Sonnabend den 11. Mai 1901 ) ü Uar» «.o. Erkra Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung V0.—, mit Postbesörderung 70.—. L ff? » » n . U * Vokohama, 9. Mai. („Reuter's Bureau") 3000 auf. rührerische Chinesen sollen über den Tnmen-Fluß an der Nordostgrenze Koreas in Korea eingedrnngen sein nnd große Aufregung in dem besetzten Distrikte Hervorrufen. * London, 10. Mai. (Telegramm.) Nach einer Blätter nachricht aus Peking vom 9. Mai hat Feldmarschall Graf Walder- see einig« chinesisch« Trupvenabtheilungen zum Polizei- dienste in der Umgegend von Peking zur Unterdrückung von Marodeuren zugelassen. * London, 10. Mai. (Telegramm.) Der Lorrespondent der „Daily Mail" in Paris findet auf Grund sorgfältig angestellter Nachforschungen, daß die meisten Leute, welche in Geschäft-« angelegenheiten so weitsrhend sind, wie die französischen Finanzleute, entschieden gegen jede gemeinsame G aranti« einer chinesischen Anleihe und ebenso gegen jede von zwei oder mehr Mächten, z. B. Frankreich und Rußland, gemeinsam getragene Garantie sind. Dies« Anschauung wird in den Kreisen der britischen Hochfinanz getheilt, sie entspringt der Ansicht, daß sich Nationen, welch« über einen guten Credit verfügen, unter keinen Umständen bei einem fragwürdigen Unternehmen mit anderen Nationen ver koppeln lassen dürste», deren Credit schlecht sei. Der Leitartikel de« Blatt«» führt au», rS werde von Rußland »in s«hr erustir Versuch gemacht, eine gemeinsame Garantie gewisser Mächte, welch« in China Haud in Hand gegangen seien, zu Staad« zu bring««. ttouen t. o. » o. t o. i 0. t V. t. o. r»lw> ». o. ,.o wOp.D raLpLI t-0. t 0. uo i. 0. t 0. t. o. t.0. » o. Anzeigen Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reclamrn unter dem RedacrtoaSstrich (4 gespalten) 75 B?, vor den Familiennach richten (6 gespalten) SO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Der Krieg in Südafrika. Tas ZerstörungSwcrk aus der Delagoa-Bahn. Ein Korrespondent der „Times" sendet seinem Blatte unter dem 6. April von Pretoria den folgenden charakteristischen Be richt. Man darf dabei nicht vergessen, daß derselbe gerade aus der Zeit stammt, wo Lord Kitchener angeblich die Delagoa-Bahn vollständig vom Feinde gesäubert, und General French ebenso angeblich die Boeren unter Botha theils nach Norden, theils nach dem äußersten Südostwinkel des Transvaal zurückgetrieben haben sollte. Der „Times"-Bericht lautet: „Nichts kann die gegenwärtige Lage im Transvaal und der Oranjeflußcolonie besser illustrtren, als die kurze Beschreibung einer Reise auf der Delagoa-Bahn. Der Zug ist nicht lang; drei leere Lowries vor der Locomotive — denn Bruder Boer hatdcrEiscnbahnlinie letzthin sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt- , sechs oder sieben Lowries mit Vorräthen beladen, zwei oder drei Personenwagen und schließlich ein gepanzerter Wagen mit einer kleinen Escorte. Jeder Eisenbahnzug führt jetzt an seinem Ende einen Wagen mit oder ohne Soldaten, welcher nicht mit der Vacuumbremse verbunden ist. Eines der Boerenmanöver, um Eisenbahnzüge aufzuhalten, das anfangs sehr viel Erfolg hatte, bestand darin, einen schwer beladenen Eisenbahnzug an einer Stelle abzuwarten, wo derselbe eine starke Steigung er klimmen mußte — und diese sind hierzulande steil —, um dann hinter dem Zuge heran zu galoppiren, die Vacuumbremse ab zuhängen und so den Zug zum Stehen zu bringen. Während sie von hinten die Seiten des Zuges hinab Feuer gaben, ver hinderten sie erfolgreich Jedermann, den Zug zu verlassen, und nahmen dann einen Wagen nach dem anderen vor. Der erste Theil der Reise wird ungestört zurückgelegi, da Eerste Fabrieken, die zweite Bahnstation, thatsächlich ein Vor posten von Pretoria ist. 2ö bis 30 Kilometer per Stunde ist die durchschnittliche Geschwindigkeit der Fahrt. Auf jeder Station wird Halt gemacht; der Bahnkörper hat nur ein Gleis: und überdies, wer sollte nach einer achtzehnmonatigen Campagne noch Eile haben! Ein Passagierzug per Tag; die übrigen Züge sind Truppen- oder Güterzüge. Aber schon nach zwei Stunden wird das Land unsicher. In diesem östlichen Theil des Transvaal befinden sich aus einer Strecke von 75 Kilometer nördlich und südlich der Bahnlinie einige vierzehn verschiedene Boeren- commandos, von denen wenigstens zwei die Zerstörung der Bahn und der Eisenbahnzüge für ihre Hauptaufgabe halten. Die Linie wird sorgfältig von Abteilungen auf Lowries ab- potrouillirt, aber der Boer ist ein solcher Expert im Legen von Dynamitminen geworden, daß die Patrouillen-Lowries, obwohl über solche Minen hinweggleitend, nicht schwer genug find, die selbe zum Explodiren zu bringen. Der letzte Typus dieser Minen setzt sich aus einem Martini-Gewehr zusammen, dessen Lauf und Kolben größtenteils abgeschnitten ist. Der Abzugs bügel ist abgenommen und das Gewehr dann unter die Schiene gelegt, an einer Stelle, wo die Bahnschwellen weit auseinander liegen, so daß der Hahn des Gewehres den unteren Theil der Schiene berührt. Eine Nitroglycerin-Patrone hat dabei die Stelle der gewöhnlichen Patrone eingenommen. Davor befindet sich ein halbpfündiger Cylinder Nitroglycerin mit drei Detona toren. Rings umher liegen andere Cylinder mit Nitroglycerin, manchmal bis zu sechzehn Stück. Schließlich haben die, die Mine legenden Boeren die Steine wieder sorgfältig an ihre Stelle gelegt, so daß der ganze Boden uniform aussieht. Der über die Stelle rollende Zug bringt die über der Mine sich hin streckende Schiene in Biegung, und so entladet sich das Martini- Gewehr, und die Mine explodirt. Im gegenwärtigen Falle war die Linie zwischen dem Wilge- flusse und Balmoral sorgfältig patrouillirt worden (denn seit einer Woche hatten Boeren unter dem 22jährigen Carl Tri- chardt fortwährend die Bahnlinie demolirt), und doch explo- dirte Halbwegs zwischen beiden Stationen eine Mine unter dem aufwärts fahrenden Zuge. Die Linie blieb 30 Stunden blockirt. Der Zug war genau so armirt, wie der herabkommende Zug, aber die drei Lowries vor der Maschine waren mit Kohlen be laden und führten so die Explosion herbei, welche sie sämmtlich und die Locomotive zum Ueberstürzen brachte u. s. w. Ein Tag ging verloren. Am folgenden Morgen, noch ehe die Bahnlinie vollständig reparirt war, verkündete uns der ferne Donner eines Geschützes hinter uns, daß die Boeren etwa 13 Kilometer weiterhin die Eisenbahn angriffen, und wir er fuhren bald, daß es ihnen gelungen war, die Trlegraphenlinie zu zerstören. Abends erreichten wir Middelburg. Wäh rend des Tags zuvor hatte die Station Uitkyk einen Boeren- angriff zurllckweisen müssen, der nächste Nachmittag sah einen anderen erfolgreichen Versuch, einen Zug östlich von Middelburg zu zerstören, und diesmal hatten die Boeren ihre Stellung nahe der Bahnlinie genommen, um den Zug zu plündern. Die Ent schlossenheit einer Patrouille und das rechtzeitige Eintreffen eines Panzerzuges rettete die Lage, und die Boeren zogen sich mit 19 Verlusten zurück. So ist die Lage auf der Delagoa-Bahn. Diese 4800 Kilometer lange Verbindungslinie ist allerdings mehr heimgesucht, als irgend eine andere, aber sie illustrirt die allgemeine Unsicherheit des Landes und die Größe der den britischen Truppen gestellten Aufgabe. Zwischen Pretoria und Pomati-Poort stehen zwölf- bis fünfzehntausend britische Truppen, aber ein paar Boerencommandos in der Stärke von 100 bis 200 Mann können fast an jedem Puncte Schläge gegen die Linie führen, und das noch auf eine Zeit hinaus thun können. . . . Das Publicum daheim muß sich mit viel Geduld wappnen. . . Zeit ist nöthig. Die durch einen mehr als zwölfmonatigen Feldzug mürbe (stale) gemachten Mann schaften müssen beurlaubt, zum Ausruhen nach Hause gesandt und durch neue ersetzt werden. Nach vier bis fünf Monaten wird man dann die so Ausgeruhten wieder herüberschicken können." Der Bericht des „Times"-Corr«spondenten spricht für sich selbst und beweist wiederum, wie wenig die Siegrsberichte Kitchener's über die angeblichen Erfolge des Generals French im Südosten des Transvaal der Wirklichkeit entsprechen. S 6. <r. o besonders -die hoffnungsvolle Jugend gab ihre lebhafte Freude auf Chinesisch Ausdruck; Viele davon können sich auch schon ganz gut und verständlich auf Deutsch ausdrücken. Uebrigens kann man daraus ersehen, wie „Hunnenhaft" wir hier Hausen. Augen blicklich leiden wir, und zwar im wahren Sinne des Wortes, unter den mit Recht gefürchteten Sandstürmen, ein Samum in der Sahara kann auch nicht viel schlimmer sein. Dreißig Mal Staubwischen im Zimmer ist gänzlich nutzlos, im Vorraum liegt der eingedrungene Staub 2 bis 3 Finger hoch, so daß man ihn eimerweise hinausschaffen muß. Der Himmel ist graugelb; von der Sonne ist, trotzdem keine Wolke am Himmel, nichts zu sehen. Das Vergnügen dauert tagelang. Um den Besitz der Wüste Gobi in der Mongolei, der wohl über kurz oder lang be vorsteht, sind die Russen jedenfalls nicht zu beneiden. Einstweilen macht ihnen auch der Besitz oder vielmehr die Besetzung der Mandschurei viel zu schaffen, doch dringt bjervon wenig oder nichts in die Oeffentlichkeit, da es natürlich mit der angeblichen Freundes- und Beschützerrolle schwer in Einklang zu bringen ist. Die letzte Expedition, die ich mitgemacht habe, war wieder gänzlich ergrbnißlos. Führer derselben war Oberstleutnant von Arnstedt, Commandeur des Reiterregiments. Es nahmen daran Theil die 2., 3. und 5. Compagnie des 5. und die berittene Com pagnie des 6. Infanterieregiments, ein Zug Reiter. «Ine Batterie und eine Abtheilung Pioniere, dazu die übliche Munitions- und Traincolonne. Wir waren 12 Tage unterwegs, haben aber weder Boxer noch Räuber zu sehen bekommen. Zuerst ging es in drei Colonnen in westlicher Richtung nach Jung-tsing-shien, dann in vier Colonnen südlich nach Patschou und von da wieder zurück. Auf dem Rückwege wurde einem Hauptboxerneste «in Besuch ab gestattet. Der Ort hieß J-cho-tuen, auf deutsch: Fricdensbund! Ich danke! Es wurden daselbst einig« 20 Boxer festgenommen, die nun in Tientsin ihrer Aburtbeilung entgegensetzen. Ich habe mir noch «inen prächtigen Goldfuchshengst angeschafft, ein bild hübsches Thier von großer Ausdauer. Im klebrigen sieht es hier merkwürdig aus; je länger der Zustand andauert, desto mehr treten die gemeinsamen Interessen hinter den Sonderwünsck)«n und -Absichten zurück. Speciell die R u s s« n und Eng länder stehen sich gegenüber wie Hund und Katze. Der Grund ist folgender: Am Bahnhof Tientsin haben die Russen zwischen dem Peiho und dem GUtcrbahnhofe ein Stück Land in Beschlag genommen, und die Engländer schickten sich an, ohne die Russen zu srag'N, einfach einen Schicnenstrang über diesen Landstreifen zu legen. Kaum hatten die Russen -dies er fahren, schickten sic von Port Arthur ein? Sotnie Kosaken hierher, um -die Engländer am Weiterbau zu hindern. Di« Engländer hörten zwar in Folge dessen mit der Arbeit auf, stillten aber eine 60 Mann starte Feldwache aus. Die Russen thaten auf der Peiho-Seite dasselbe. Die betreffenden Posten stehen sich auf zehn Schritte gegenüber. In einer Nacht wurden sogar zwei Inder von den Russen „aus Versehen" erschossen! Dieser er freuliche Zustand bildet nun seit -einigen Taoen die attraotion. Die erste Frage Morgens lautet: Nichts Neues doni Kriegsschauplatz? und dann läuft Alles hinaus, um sich dieses interessante Schauspiel -mitanzusehen. Dasselbe findet zahlreiche photographische Aufnahmen, besonders durch die fran zösischen Officiere. Wie wird das enden? fragen wir uns All«. (Der Streit, der sich sehr scharf zugesvitzt hatte, wurde bekannt lich durch die kurz daraus erfolgte Vermittelung -des Grafen Waldersee zur beiderseitigen Zufriedenheit geschlichtet.) Was mögt» die Chinesen sich wohl dabe! denken? Kein Wunder, daß die Friedensunterhanblungen so schleppend ver laufen. sie rechnen offenbar mit irgend einem Zwischenfall. Haben sie Unrecht? Ich hoffe den nächsten Gruß aus Peking senden zu können, wohin wir abwechselnd beurlaubt tverdem, da mit wir wenigstens etwas zu sehen bekommen. Ich sende Euch inzwischen den Fahrplan der Strecke Pek-ing- Talu-Shanhaitwan, aufgestellt von dem deutschen Eisenbahn bataillon unter Major Gerhard. Diese brave Truppe hat Großes geleistet. Ihr könnt daraus ersehen, daß hier der Bahnverhält- niste wegen (es bestehen fast nur sogenannte Nothbauten) der Wahlspruch: Immer langsam -voran, maßgebend ist. Abfahrt aus Peking 8 Uhr 40 Min., Ankunft in Tientsin 3 Uhr 40 Min., also volle 7 Stunden, um etwa 120 Kilometer zurückzulegcn. Am zweiten Tage in 8 Stunden bis Tangshan, am dritten 7 Stunden bis Shanhaikwan. Hier lernt man Geduld üben, vielleicht kommt es Einem später einmal zu Statten. Eine schöne Erinnerung sür's Leben wird die Zeit immer bleiben, und unser staubiger Exercirplatz in der Garnison wird uns wohl in der Zwischenzeit nicht weglaufen. (Schwäb. Mercur.) Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Sortim. Uuiversitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinenstr. 14, purt. und König-Platz 7. S 0. 0 d« V t- N. u <1. n. 8. N. O-.A01l.lt. « « Ämtsötatt des Höniglichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Rathes und VoNzei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Die Wirren in China. Sclhpoftbrief. * Tientsin, 23. März. Heute komme ich endlich zum Schreiben, nachdem wir in der letzten Zeit ein sehr unruhiges Dasein geführt haben. Zuerst kam die Rückbeförderung aus Tangshan, nachdem wir die Bahn an die Engländer übergeben hatten. Sie wenden zunächst ein schönes Stück Arbeit bekommen, um all' die Zerstörungen, besonders die gesprengten Brückrn u. s. w. wieder in Stand zu setzen. Kaum in Tientsin angelangt, ging eit wieder auf eine größere Expedition, von d«r ich erst vor vier Tagen zurückgekehrt bin. Mit unseren Correspondrnzen und Sendung«» aus der Heimath hab«n wir besonderes P«ch. Außrr der großen im December mit dem Regimentshause verbrannten Post ist auch «in« Post in Shanghai durch Feuer vernichtet wordrn, und zwar in Folge Entilln-dung «ines Explosionskörpers. Schließlich ist auch in Shanhaikwan eine Bost beim Versuch, sic über «da» Eis zu befördern, in das unergründliche Meer versunken. Di«s«r Fall war besonders schmerzlich, denn sie enthielt viele Liebesgaben und Weihnachtspackete. Ich bin nun alücklich wieder in Tientsin inftallirt, aber nicht mehr rn meiner früheren Wohnung. Ich habe mich wesentlich orrbeffert und bewohn« zwei sehr hübsch eingerichtete Zimmer, dazu kleiner Garten hinter dem Hause und Pferdestall. Als ich sas erste Mal an meimr früheren Wohnung vorbeikam, eilte Alt und Jung h«rb«i, um mich in landesüblich«, Weis« zu bigrüßrn, Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ei»« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Die nordamerikanische Gefahr und ihre Abwehr. 2S Die englische Zeitschrift „Spectaior" weist auf eine Thal sache hin, die an sich ganz zutreffend ist: nämlich auf die Be- sorgniß der europäischen Völker vor der wirthschasstlichen Kon- currenz der Vereinigten Staaten in Ostasien sowohl, wie ganz besonders in Mittel- und Südamerika. Die Zeitschrift begeht aber, um den Nordamerikanern die englische Freundschaft recht dringens ans Herz zu legen, einen doppelten Fehler, einmal, in dem sie nämlich England von den Staaten, die mit Sorge der immer wachsenden Concurrenz der Vereinigten Staaten ent gegensetzen, ausschließt, und zweitens, indem sie den europäischen Kontinentalmächten andichtet, territoriale Absichten in Süd amerika zu haben, Deutschland beispielsweise hinsichtlich Bra siliens. Es entspricht ganz dem durch keinerlei Schlappen herabzu mindernden britischen Hochmuthe, sich so anzustellen, als sei der britische Handel gefeit gegen die nordamerikanische Concurrenz. Die Entwickelung des Handels in Ostasien beweist das Gegen- theil: die in der letzt«» Zeit dort mächtig emporblühende ameri kanische Concurrenz bedroht den englischen Handel mindestens ebenso wie den der anderen Mächte, ja noch mehr, denn der eng lische Handel bietet, da er zur Zeit in Ostasien noch immer bei Weitem an erster Stelle steht, naturgemäß die breiteste Angriffs fläche für die Concurrenz der angelsächsischen Stammesgcnossen. In Mittel- und Südamerika streben die Bereinigten Staaten politisch wie wirthschaftlich die Hegemonie an, und die Aankees werden dabei den englischen Export mit derselben Gelassenheit aus d«m Sattel lieben wie den deutschen oder französischen. Wenn den continentalcn Mächten, insonderheit Deutschland, territoriale Absichten bez. Südamerikas unterstellt werden, so ist dies schlechthin Blödsinn. Jede europäische Macht weiß, daß sie bei der Vergewaltigung eines südamerikanischcn Staates nicht nur ganz selbstverständlich mit dem Widerstande dieses Staates zu rechnen hätte — und trotz der Jämmerlichkeit der südameri kanischen militärischen Zustände wäre die Eroberung beispiels weise Brasiliens schon wegen der ungeheuren Ausdehnung des Landes und wegen der klimatischen Verhältnisse wahrlich kern Kinderspiel —, sondern daß sie auch bei einem solchen Versuche unfehlbar in einen Krieg mit den Vereinigten Staaten verwickelt würde. Um übrigens bei Brasilien zu bleiben, so waren es unseres Wissens nicht deutsche, sondern amerikanische Kriegs schiffe, die sehr merkwürdige Bewegungen an brasilianischen Flußmündungen vornahmen. Wollen die europäischen Staaten der nordamerikanischen Concurrenz begegnen, was allerdings nothwendig sein wird, so fern sie nicht ihre größten überseeischen Exportgebiete verlieren wollen, so werden sie jedenfalls nicht den Weg der Annexion und des Krieges einschlagen, sondern auf andere Mittel sinnen müssen. Wenn nun als ein solches Mittel cin w i r t h s ch a f t- licher Zusammenschluß der europäischen Con tinentalstaaten vorgcschlagen wird, so ist dieser Gedanke ztvar nicht neu, dafür aber auch nicht ausführbar. Die wirth- schaftliche Verbindung selbst zwischen politisch einander so nahe stehenden Ländern, wie Deutschland und Oesterreich-Ungarn, wird immer rin Phantom bleiben müssen, weil die wirthschaft- lichen Bedingungen der Länder grundverschieden sind. Man sieht ja, daß schon Handelsverträge zwischen politisch befreundeten Staaten auf mannigfache Schwierigkeiten stoßen; wie unendlich schwieriger ist da erst der Gedanke einer wirthschaftlichen Union! Noch schwieriger ist natürlich die wirthschaftliche Verbindung zwischen Staaten, bei denen es an dem politischen Bande fehlt, ja, die sogar in einem direkten politischen Gegensätze zu einander stehen. Napoleon I. ist mit seinem Versuche einer wirthschaft lichen Union der Continentalmächte gegen England gescheitert, obgleich er «inen starken Druck auf die Mächte ausüben konnte. Bei einer politischen Gleichberechtigung der Staaten ist eine solche Verbindung um so unmöglicher, d«nn kein Staat wird sich daran halten, sobald ihm s-eine Interessen etwas Anderes vorschreiben. Wenn irgendwo, so ist hier ein selbstständiges Vorgehen d«r einzelnen Staaten geboten. Daß wirthschaftlich schwache Staaten allerdings auf di« Dauer von der nordamerikanischen Concurrenz völlig werden verdrängt werden, ist anzunehmen. Deutschland aber gehört glücklicher Weise nicht zu den schwachen Staaten, und es kann ihm nicht an Mitteln fehlen, um die Gefahr der nord amerikanischen Concurrenz lvenigstens theilweise zu paralysiren. Die erste Vorbedingung hicrfür sreilich ist, daß man sich über die Größe dieser Gefahr völlig im Klaren sei. Ob dies schon in dem wünschenswertsten Maße der Fall ist, muß freilich ange zweifelt werden. Deutsches Reich. Berlin, 10. Mai. (Zwei Reichsiagsersatz« Wahlen.) Durch oen Tod ves litthaurschen Abgeordneten Smalaky's und durch sie Ernennung des Vertreters von Duisburg, Möller, zum preußischen Hanvelsminister, sins zwei Ersatzwahlen zum Reichstage erforderlich geworden, die schon insofern ein besonderes Interesse für sich beanspruchen dürfen, als sie die ersten Wahlen in hart umstrittenen Wahl kreisen sein werden, die vor Allem unter d«m Zeichen der Zo l l fragenzur Erörterung gelangen werden. Es ist auch ferner vor besonderem Interesse, -diese beiden Wahlkreise miteinander zu vergleichen, weil sic nicht nur geographisch so ziemlich die äußersten Gegenpole im Reiche darstellen, sondern weil sie auch ihrer ganzen Art nach völlige Gegensätze sind. Zerlegt man, wie cs die amtliche Statistik thut, die Bevölkerung der Wahlkreise in -drei Kategorien, nämlich in die Bewohner von Orten unter 2000 Einwohnern, von Orten zwischen 2- und 10000 Ein wohnern und von Orten über 10 000 Einwohnern, so findet man, daß im Wahlkreise Memel von 21000 Wahlberechtigten mehr als 15 000, also volle drei Viertel, in Zwerggemeinden wohnen und noch nicht 4000, also noch nicht einmal ein Fünftel in einem Orte von mehr als 10 000 Einwohnern. Vollständig umgekehrt ist das Verhältniß im Wahlkreise Duisburg; hier wohnen von 70 000 Wahlberechtigten noch nicht 5000, also kaum ein Vierzehn»! in Zwerggemeinden, hingegen 44 000, also zwei Drittel, in Orten von über 10 000 Einwohnern. Während also im Wahlkreise Memel die ländlichen Interessen bei Weitem über wiegen, wiegen im Wahlkreise Duisburg die industriellen Inter essen erheblich vor. Trotzdem hat sich im Wahlkreise Memel aus jener Zeit her, in Ser Ostpreußen die Wiege des politischen Fort schritts war, immer rin ziemlicher Stamm fortschrittlicher Wählerschaft zu erhalten vermocht. Selbst zu den Zeiten, wo em so allgemein verehrter Mann, wie Moltte, den Wahlkreis vertrat, brachten es die Fortschrittler immer auf etwa 3000 bis 4000 Stimmen; im Jahre 1893 gelang es ihnen sogar, aller dings durch besondere Zufälligkeiten, Sen Wahlkreis zu gewinnen: schon 1898 ging er aber wieder in andere Hände über, indem die Litthauer in der Stichwahl ihren Kandidaten durchbrachten, allerdings lediglich in Folge der Unterstützung durch die Fori- schrittler und die Socialdcmokraien, obwohl der litthauische Can-dioat beiläufig nur eine Spielart des Conservatismus var- stcllte. Nach dem Ergebnisse von 1898 ist es diesmal nickt aus geschlossen, daß, wenn die konservativen und die Litthauer wieder je einen eigencn Canoidaten aufstellen, sie Socialdemokralen, sie es 1898 bereits auf 3000 Stimmen gebracht haben, in die Stichwahl gelangen. Jedenfalls wird in diesem Wahlkreise, in dem Socialoemokraten und Fortschrittler eine gewisse Roll: spielen, es sich zu zeigen haben, wie weit die Parole „Gegen jede Erhöhung der Getreidezölle" Anklang bei-der Wählerschaft finde:. Vollkommen anders liegen nicht nur Sie wirthschaftlichen, sondern auch -die Parteiverhältnisse im Wahlkreise Tmisburg. Dieser Wahlkreis ist seit dem Bestehen des Reichstages nationalliberal vertreten gewesen, aber, wenn man nicht Vogel Strauß-Politik treiben will — und nichts ist bei Wahlen gefährlicher, als fick selbst Wind vorzum-achen —, so muß man zugeben, daß die Partei verhältnisse im Wahlkreise für die Nationalliberalen immer un günstiger geworden sind. Der einzig in Frage kommende Gegner in diesem Wahlkreise, das Ccntrum, ist fast von Wahl zu Wabl zu dem nationalliberalen Candidten „aufgerllckl". Bei den Wahlen von 1874 erhielt Ser nationalliberale Bewerber noch nahezu doppelt so viel Stimmen als -der Ccntrumsmann, 1890 erhielt er nahezu 3000 Stimmen mehr, 1893 war -die Stimmen zahl, allerdings hauptsächlich in Folge der Aufstellung eines be sonderen antisemitischen Kandidaten, -die gleiche und 1898 hatte das Centrum bereits einen Vorsprung von mehr als 1000 Stimmen in der Hauptwahl; in der Stichwahl siegte ser natio nalliberale Bewerber dann mit riner Mehrheit -von nur 1600 Stimmen, einer so geringen Majorität, wie sie noch nie zuvor dazewesen war. Auch hier wird die Zollsrage «ine sehr große Rolle spielen, schon insofern, als die Socialdemokraten, -die bei den letzten Wahlen nahezu 8000 Stimmen aufgebracht haben, zur ausschlaggebenden Partei geworden sind, und sicherlich in der Stichwahl nur den Bewerber unterstützen werden, der höchstens für eine mäßige Erhöhung d«r Getreidezölle einzutreten sich ver pflichtet. Enthaltendie Socialdemokraten sich bei derStickwahl der Stimme, so wird -die Entscheidung sicherlich an wenigen Stimmen hängcn. In jedem Falle werden, wie man sieht, die National liberalen alle Kräfte anzuspannen haben, um -den Wahlkreis zu behaupten. Berlin, 10. Mai. (Eine dankbare Aufgabe für den neuen Handelsminister.) In seiner soeben er schienenen Schrift „Vom alt«n und neuen Mittelstand" (Heft 8 der „Burschenschaftlichcn Bücherei", Berlin, Heymann) macht I)r. Hugo Nötiger, ein bewährter Kenner der Handwerkerfroge, auf «in in Preußen vernachlässigtes Gebiet der Gerverbepolitit aufmerksam, -vr. Böttger schreibt nämlich treffend: „Man hat den Handwerkern Organisationen und Vorschriften zur Hebung des Lehrlingsnxsens in Hülle und Füll« gegeben, aber wir v«r missen in Bezug auf die klingenden Unter st ützungen die nothwendige Planmäßigkeit und ausgleichend« Ge rechtigkeit. Nicht den hundrrtsten Theil von dem, was der nothleidenden Landwirthschaft.. zur Unterstützung gewährt war den ist, -hat man dem .Handwerk und der Kleininduftrie, den großen Vorbildungsschuken für die Großindustrie, zu Theil werden lassen. Möge die MittelstandSbewegung, nachdem sie sich in den Irrgärten der Theorie vom Befähigungsnachweis und Zunftzwang bis zur Erschöpfung herumgrtrieben hat, ihr Ver langen auf erheblich mehr positiv« Aufgaben, wie Unter stützung von Lehrwerk statten, Errichtung von C «- werbehcllen, Wandercursen, und Wander bibliotheken für das städtische und ländliche Handwerk richten, und wenn es „dussnd Dhaker köst", wie die Bückeburger zu ihrem Landrsfürsten sagten, al» er ihnen eine Eisenbahn bauen sollte." — In der hier angegebenen Richtung vorzugehen, ist für den neuen Handrlsminister Möller «ne um so sank barere Ausgabe, je mehr Preußen auf dem fraglichen Gebiete von anderen Bundesstaaten sich hat überflügeln lassen. Berlin, 10. Mai. (Einwirkung neuer Wasser straßen auf den Ertrag gleichlaufender Bahnen.) Sine der wichtigsten und am meisten umstrittenen Fragen bei den Erörterungen über Nuden und Schaden von Canälen ist die, in welchem Maße neue Wassrr- stratzrn den Ertrag bestehender, in gleicher s. 6. > o. »o. i o. > u ) <r > u. r o. - cr. - s- - 6. r u. - S- ) d, » O sruok BezugS-Preis kn der Hauptexpedition oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4 50, bei zweimaliger täglicher Zustellung HauS 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 8. Man abonnirt ferner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten tst der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? llbr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. Ledaclion und Expedition: Johannisgasse 8.
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