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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.06.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000620011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900062001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900062001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
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Es ist auch keine Kleinig keit, ein Gefolge von zweitausend, meist berittenen Leuten mit dem dazu gehörigen Troß, das sich bis zur Ankunft an der Grenze auf wenigstens fünftausend Mann erhöht hat, bei der im Lande herrschenden Theuerung zu ernähren. Der Schah zahlt ja allerdings für die Bedürfnisse seiner Begleitung, ob er aber weiß, daß nur ein sehr geringer Bruchtheil wirklich bis zu denen gelangt, welche die Lebensmittel und Lastthiere geliefert haben? Und wer ernährt all' das Volk, das sich an das Gefolge anhängt? Daß es sich bei dieser Gelegenheit herauSgestellt hat, daß von den vielen Hundert Kameelen, die der Hofhaltung gehören und für deren Unterhaltung große Summen ausgegeben werden, kaum die Hälfte vorhanden sind, hat Niemanden überrascht; es hätte einen unerhörten Systemwechsel bedeutet, wenn es nicht der Fall gewesen wäre. Der Schah hatte das Lager der Teheraner Garnison, eine Meile westlich der Stadt, wo er das Frühstück im Zelte des Kriegsministers einnehmen sollte und wo alle Vor bereitungen zu einer großen Truppenrevue getroffen waren, ohne Aufenthalt passirt und sich auf sein Jagdschloß Kend be geben. Hier wurde er einige Tage unfreiwillig zurückgehalten, da es unmöglich geworden war, die nöthigen Lastthiere zur rich tigen Zeit bereitzustellen. Im weiten Umkreise der Hauptstadt wurden nun alle Karawanen angehalten und die Thiere requirirt, so daß endlich die Reise fortgesetzt werden konnte. Die natür liche Folge dieses Vorgehens war, daß die Preise aller Lebens bedürfnisse sofort auf das Drei- und Vierfache hinaufschnellten, denn schon lange vor der Abreise des Schahs haben viele Karawanenführer in Voraussicht des sie erwartenden Schicksals keine Frachten für Teheran mehr angenommen, und die Last thiere, die der Schah mitgenommen hat, fehlen ebenfalls zur Heranschaffung der Maaren.. Es können Monate vergehen, ehe Alles sich wieder ausgleicht. Die stellvertretende Regierung hat noch wenig von sich reden gemacht, außer daß sie einen Ukas erlassen hat, der jegliche Ausübung der Jagd während der Ab wesenheit des Schah verbietet. Das erste russische Unternehmen in Persien, die Straße Rescht-Kaswin, bereitet der russischen Regierung viel Schmerzen. Die Angriffe gegen die Straße in der russischen Presse wollen kein Ende nehmen, und so hat sich die russische Regierung genöthigt gesehen, einen Sachverständigen zur Unter suchung des Thatbestandes abzusenden. Dieser Beamte wurde aber schon in Rußland wieder zurllckberufen, so daß er persischen Boden nie betreten hat, obgleich die Stimmung plötzlich zu Gunsten der Straße und ihrer „tüchtigen und ehrlichen" Erbauer ungeschlagen ist. In Wirklichkeit ist die Straße so schmal, daß zwei Wagen nur mit der allergrößten Vorsicht aneinander vorbei fahren können, zudem verursachen die außerordentlich großen Steigungen, sowie der Mangel von Schutzmauern an den Ab gründen mancherlei Unfälle. Was jedoch die Entwickelung dieses wichtigen Handelsweges am meisten hindert, ist der ungewöhn lich hohe Wegezoll. 36 pro Wagen für die Strecke Teheran- Rescht von ca. 280 Kilometern (13 H auf den Kilometer) und 3,50 für ein Lastthier ist gar zu viel. Die Engländer er beben auf ihrer Straße Teheran-Kum für Wagen ein Viertel und für Lastthiere ein Sechstel der obigen Sätze im Verhältniß zur Entfernung. Die Folge davon ist, daß die Eingangs zölle von Mcschediser (ungefähr in der Mitte der Südlüste des Kaspischen Meeres) sich bereits bedeutend auf Kosten von Enseli gehoben haben. Wenn die Regierung nur ein klein wenig für die Instandhaltung der Straße von diesem Hafen, der eben falls durch regelmäßige Postdampfschifffahrt mit Baku in Ver bindung steht, nach Teheran thun würde, könnte sich sehr bald das Verhältniß noch mehr zu Ungunsten der russischen Straße verändern, denn diese Entfernung ist nur halb so groß, wir diejenige von Enseli nach Teheran. Die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit besserer Wegever bindungen scheint sich allmählich auch unter den Persern Bahn zu brechen, denn in Isfahan hat sich auf Anregung des Statt halter-, Prinzen Sel-es-Sultan (Bruder der Schah), eine Ge sellschaft gebildet, welche einen regelmäßigen Wagenverkehr über Natang und Kaschau nach Kum unterhält. Selbst bis nach Schiras kann man per Achse gelangen. Zwei Mitgliedern der deutschen Gesandtschaft ist dieser etwa- gewagte Versuch voll ständig geglückt. Unterdessen machen die Engländer ohne vieles Aufsehen alle Anstrengungen, einen neuen Ueberlandweg von Kerman durch Britisch-Beludschistan nach Indien zu schaffen, mit Vermeidung deS Hafens von Bender-AbbaS. Die Route geht von Kerman über Kuh-i-Malck-Siah nach Nuschki an der afgha nischen Grenze und erreicht bei Quetta da- indische Eisenbahn netz. Major Sykes, der britische Consul in Kerman, hat bereits eine größere BersuchSkarawane mit Teppichen und anderen Erzeugnissen der persischen Webekunst abgehen lassen. Wenn Rückfrachten von The«, Indigo und dergleichen sich regelmäßig finden, kann dieser Karawanenweg bald von Bedeutung werden, namentlich wenn Bombay noch länger von der Pest verseucht bleibt. Eine Telegraphienlinie, die diese Straße begleiten soll, ist von Quetta au- im Bau begriffen, ebenso wie auch die nöthigen Karawansereien auf der ganzen Strecke vorhanden sein sollen. Die russische Jingo-Presse ist natürlich wüthend über diese neue „Unverschämtheit" England-, da sie da- ganze Land zwischen den Längengraden von Batum und Samarkand bis zum indischen Ocean alt zur russischen Einflußsphäre gehörig betrachtet. Mittwoch den 20. Juni 1900. 94. Jahrgang. Oekiirg. Die Wirren in China. —t». Der Shanghaier Bericht der „Times" über die Srstiirmung der FartS bet Tak» erwäbnt, daß der Capitän deS deutschen Kriegs schiffes „Iltis" (Corvettencapitän LanS) schwer ver wundetsei. Eine Shanghaier Depesche deS „Bureau Dalziel" meldet: 400 Chinesen wurden bei Taku getödtet. Auf ihrem Rückzüge fielen sie den russischen Landtrupven in die Hände. Der Befehl zum Angriff auf die Flotte der Machte wurde durch persönliches Edict der Kaiserin übermittelt. Die Russen sind im Besitz d er chinesischen FortS. Angeblich sollen bis jetzt 10000 Russen in Taku gelandet sein, während zwei indische Fußregimenter Marsch befehl nach Hongkong erhielten. Tas Kanonenboot „Iltis". Die Thatsache, daß bei dem Kampfe vor Taku nur Mann schaften de- Kanonenbootes „Iltis" gefallen sind, dürfte sich vielleicht daraus erklären, daß „Iltis" vermöge seines geringen Tiefgange- (3 Meter) am nächsten bei den FortS gekämpft hat. „Ilti-" ist im August 1897 bei Schichau in Bau gegeben worden und am 4. August 1898 vom Stapel gelaufen und hat sofort nach seiner Vollendung die Reise nach Ostasien angetreten. Der jetzige Chef des AdmiralstabeS Vice-Admiral v.DiederichS hat in seinen Berichten wiederholt auf die Nothwendigkeit hingewiesen, daß Deutschland in Ostasien mehrere Kanonenboote haben müsse, weil eben dieselben einzig und allein die Flüsse hinauslaufen können. „Ilti-" hat eine Schnelligkeit von 13 Seemeilen, die Länge beträgt 62 Meter, die Breite 9,1 Meter; gepanzert ist das Kanonenboot nicht. Die Maschinen sind zwei liegende dreifache Expansionsmaschinen mit je 3 Cylindern, die Kessel 4 Wasserrohrkessel, System Thornvcroft. „Iltis" hat eine Wasserverdrängung von 895 T. Die Maschinen (2 Schrauben) leisten 1300 Pferdekräfte; die Besatzung ist 121 Mann, darunter 4 Deckofficiere und 108 Unterosficiere und Mannschaften, eS bleibt also ein OfficiercorpS von neun Personen; Commandant ist Corvettencapitän LanS, erster Offlcier Capitänleutnant Kühn»; eS kommen hinzu: die Ober leutnants Hoffmann-Lstmatsch, Edler von Wafsenstein, Hell mann und Hippil (Wilhelm) Niraer, der Marinestabsarzt vr. Schober, der Oberzahlmeister KoSlik und Obermaschinist Wünsch. Die Bewaffnung der Kanonenboote der JltiSclasse ist folgende (Kaliber ca. 6 m): 4—8.8 8 1>/„ 3. und 4. 2—10.5 8 L./«», 6—8.7 öl. L. 2-0.8 Ll 0. Hinsichtlich der vag« in Arkin» verlautet in London, daß Chinesen und Mandschu» zwei Angriff« auf die fremden Gesandtschaften unter- nahmen, aber durch daS Feuer der Maschinenkanonen, namentlich derer vor der britischen und russischen Gesandt ¬ schaft, niedergemäht wurden. Viele hochgestellte chinesische Beamte sollen getödtet worden sein. Ein Shanghaier Telegramm deS Blatte- „Daily Expreß" besagt: „DaS völlige Fehlschlägen deS Entsatz- versuchs unter Seymour, wie die Meldung über seinen Rückzug nach Tientsin erzeugten die größte Bestürzung. Nur die Furcht vor seinem Vordringen hielt den Pekinger Pöbel bisher von der Ausführung der Drohung, alle Aus länder in der Haupstabt zu tödten, zurück. Schon heißt eS, daß die GesandtschastShäuser gefallen und die Gesandten Gefangene in den Händen de- Pöbels seien." Rene in Peking? Ein Shanghaier Berichterstatter deS „Taily Telegr." meldet, die chinesische Regierung bereue bereit- ihr Verhalten, der Vicekönig Uulu wurde degradirt, General Tung cassirt und verbannt, weil sie nicht den Aufruhr und die Ermordung deS Kanzlers der japanischen Gesandtschaft verhinderten. Auffassung der Lage in England. Die „Times" schreiben, nach dem Angriff auf die ver einigten Flotten könne die chinesische Regierung nicht länger behaupten, daß die Boxer- bloß Rebellen seien. Die euro päischen Mächte müßten nun verstehen, daß sie eS mit der C cntralregierung Chinas unter Leitung eines ent schlossenen, tatsächlich autokratischen Herrscher- zu thun haben. Tie Auffassung der Lage in Frankreich. * Part-, 19. Juni. (Telegramms Sammtliche Morgenblätter geben übereinstimmenv der Ansicht Ausdruck, daß die Lage in China überaus akarmirend und eine regelrechte Expedition nöthig sei. Die Blätter fordern die Negierung auf, sofort energische Schritte zu unternehmen und die Schiff-bivislonen in den asiatischen Gewässern, sowie die Truppenmacht in Hinterindien zu verstärken. — Nach dem „Figaro" gab der chinesische Gesandte dem Minister de« Auswärtigen Dclcass- die formellsten Versicherungen, daß alle nöthigen We sungen an die Behörde» in Hünnan er- theilt werden würden. An den Vicekönig vonjstünnan sandte der chinesischeGesandte folgende-Telegramm: „Da e- mir nickt möglich ist, nach Peking zu ttlegraphiren, nehme ich e- auf mich, Sie anfzufordern, daß Sie Fran^oi- und seine Leute be schützen und deren Reise nicht hindern; anderenfalls fällt di« Verantwortung für das Leben aller dieser Franzosen auf Tie zurück. Wollen Sie mir den Empfang dieser Depesche tele graphisch bestätigen." — Im Hinblick auf di« Errignisse in China bat der chinesische Gesandt« die Soir^r, die am Freitag zu Ehren der Rrgitrnng und de- diplomatischen Corps st-ttfinden sollte, abgesagt. (Wdrhlt.) In dem gestrigen im SlyssSe abgehaltenrn Mini sirr- rathe machte der Minister de« Auswärtigen Delcass« Mitthtilungrn über die Vorgänge in China und stellte fest, daß zwischen allen Machten vollkommene Ueber- Irinstimmung in allen Puncten herrsche. Nach einem I Telegramm deS französischen ConsulS auS Shanghai habe der Vicekönig am Sonntag an die Civil- und Militärbehörden den dringenden Befehl gesandt, für die Sicherheit der Ausländer zu sorgen. Die Be fürchtungen von Verwickelungen am Aang-tse-Kiang und Seztschwan verminderten sich. In dem Telegramm wird ferner mitgetheilt, Li-Hung-Tschang habe die dringende Aufforderung erhalten, nach Peking zu kommen, und verlasse am 22. Juni Canton. — Der Marineminister Lanessan theilte mit, daß der Kreuzer „Guichen" am 23. Juni und die Kreuzer „Admiral Chan non" und „Friant" am 29. Juni nach Taku in See gehen werden. Gleichzeitig sollen zwei Bataillone und zwei Batterien auf dem Transportschiffe „Nive" eingeschifft werden. Sturmzeichen und Laffandrarufe. Au- brieflichen ostasiatischen Berichten, die soeben in Paris eiagetrvffen sind, geht deutlich hervor, daß daS Ver hallen der chinesischen Regierung gegenüber allem Aus ländischen in der letzten Zeit nach jeder Richtung hin von demselben Geiste erfüllt war, der den jetzigen Aufruhr entfacht hat. Die Kaiserin-Regentin ging mit allen Mitteln darauf aus, nicht nur weitere Infiltrirungen durch fremde Elemente zu verhindern, sondern auch die bisher zugelassenen abzustoßen. Eine sehr bezeichnende Maßregel war in dieser Richtung der Be schluß der Regierung, die ausländischen Armee-Instructoren, deren Anstellung anfangs von den Chinesen selbst als eine ersprießliche Einrichtung anerkannt wurde, uach Ablauf ihrer Verträge ohne Ausnahme zu entlassen. In den Städten, wo sich Niederlassungen von Aus ländern befinden, darunter in Tientsin, waren, wie schon erwähnt, im Laufe der letzten Monate oft mit offenkundiger Duldung der Behörden in den Straßen Placate verbreitet, durch welche die Chinesen aufgefordert wurden, alle euro päischen Wohnungen zu überfallen und die Fremden zu vertreiben. * London, 19. Juni. (Telegramm.) Der Correspondent des „Daily Telegraph" in Shanghai telegraphirt unter dem 18. d». MtS.: „Ich erfahre von zuverlässiger Seite Folgendes: Fünf bi- sech- Wochen vor An-bruch der Unruhen erklärte der deusche Gesandte Freiherr von Ketteler in einer Berathung des diplomatischen Corps mit Entschiedenheit, daß die von dem Gesandten bis dahin getroffenen Maßnahmen unzureichend seien und daß sowohl zum Schutze der Europäer in ganz China, als der Gesandtschaften in Peking von den europäischen Mächten energischere Schritte gethan werden müßten, sonst würde in Kurzem ein großes Blutbad unter den Christen angerichtet werden, „und selbst die Gesandtschaften würden nicht verschont bleiben". (Wiederholt.) Die Haltung Japans. Wie man der Wiener „Pol. Corr." auS London meldet, bestätigen dort auS Aokohama eingetroffene Nachrichten, daß sich die öffentliche Meinung in Japan unter dem Eindruck der chinesischen Vorgänge in einemZustande derErregung befindet, wie sie sich seit der Epoche deS Krieges mit China nicht kundgegeben hat. Einsnicht geringer Theil der Presse, besonders die oppositio nelle erklärt eS als eine unerläßliche Aufgabe der Re gierung, für die Stellung Japans in China neue Stützen zu schaffen, wobei darauf hingewiesen wird, daß, während mehrere europäische Mächte in den letzten Jahren an Puncten des chinesischen Littorale Fuß faßten, Japan sich seit dem Kriege jeder ähnlichen Action enthalten und unterlassen habe, sich gegenüber den bezeichneten Erwer bungen anderer Mächte eine Compensation zu verschaffen. Von berufenen japanischen Persönlichkeiten werde jedoch ver sichert, daß die verantwortlichen Lenker dieses Staates sich von dieser Strömung, selbst wenn sie anschwellen sollte, zu keinerlei eroberndem Unternehmen drängen lassen werde. Wenn Japan in Folge seiner Nähe zum Feuer herd vor Anderen in den Stand gesetzt ist, sich um die Erstickung des Brandes zu bemühen, so betrachte eS sich hierbei, ebenso wie jede andere Macht, die hierzu im großen Umfange berufen sein sollte, nicht nur als Be schützer eigener Interessen, sondern gleichzeitig auch als Executivorgan der übrigen Staaten, deren Bürger und materielle Interessen durch dies« Wirren bedroht werden. Daß die Rolle Japans den Regierungen in diesem Lichte er scheint, trete in der Thatsache zu Tage, daß die soeben voll zogene Entsendung von 1000 Mann Truppen nach Tientsin im Einvernehmen mit den Mächten erfolgt ist. Unter dcm- selben Gesichtswinkel werde mau auch die weiteren Vor kehrungen, zu denen sich Japan durch den anwachsenden Auf ruhr in China veranlaßt seyen wird, zu betrachten haben. Sonst ist noch zu melden: * Berlin, 19. Juni. (Telegramm.) Der große Kreuzer „Fürst Ai-marck" geht Ende Zuui von Kiel »ach Ostasien ab. * Tfingta«, 19. Juni. (Telegramm.) Der Kreuzer „Irene" ist heut« mit 240 Sresoldatea »ach Taku abgrgang«». Hier ist Alle- ruhig. * Mailand, IS. Juni. Die Panzerkreuzer „Carlo Alberto", „Stromboli" und „Besuvio" erhielten gestera Befehl, ihre Aus- rüstung behuf- Abreise nach China schleunigst fertig zu stellen. * Rew Park, 19. Juni. (Telegramm.) Nach einem Tel», gramm der New Aorker „Tribüne" au- Washington hat der Präsident Mac Kinley den Seu«ral Mac Arthur angewiesen, drei Regimenter regulärer Truppen, im Ganzen 5000 Mann, von Manila nach Tientsin za senden. Admiral Remey ist angewiesen worden, da« Schlachtschiff „Oregon" dorthin zu seuden. Die A«»lLnder tn Thtn«. Nach dem neurstrn Au-wei- der Seezvllamt-bericht« beläuft sich die Zahl dt« in de« Berlrag-bäft« China- lebenden Aus länder auf 17 193 und di« der ausländischen Firmen auf 933.
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