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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190007087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19000708
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19000708
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-07
- Tag1900-07-08
- Monat1900-07
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.07.1900
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Tabellarischer und Ztffcrnsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbesördernng vO.—, mit Postbeförderuug ^ll 70.—. Druck uud Verlag von L. Polz tu Leipzig Ännahmeschluß siir Anzeigen: Abeud-AuSgabe: Bormittag- 10 Uhr. Margen-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr, Bei den Filialen und Annahmestellen je eia» halbe Stunde früher. Anzeige» sind stet« an dl» Gxpedttto» zu richte». Sonntag den 8. Juli 1900. 94. Jahrgang. Aus der Woche. Die Lage in China ist so düster, wie sie sein kann, und leider besteht keine Hoffnung, daß sie sich rasch aufhellen werde. Daß in Peking noch mehr als einige wie durch ein Wunder gerettete Fremde am Leben seien unv daß daS hoch herzige Anerbieten unserS Kaiser-, Jedem, der die Aus lieferung eines dieser Lebenden an eine Behörde herbeiführt, 1000 Taels auszahlen zu lasten, viel mehr als die verdiente moralische Folge haben werde, wagt kaum Jemand mehr zu hoffen; der Bormarsch der ver bündeten Truppen gegen die Mörverstadt wird nicht vor dem Herbst erfolgen können. Diese Abwehraction der gesitteten Böller zeigt eine gewisse Aehnlichkeit mit den Türken kriegen, und auS deren schließlichem Gelingen muß man vorerst Zuversicht schöpfen. Um Abwehr handelt eS sich. Da rüber ist nicht alle Welt einig; England verfolgt selbst in dieser ernsten Stunde besondere Pläne; aber weitaus überwiegt die Auffassung, der Zweck der Kämpfe sei außer der Bestrafung des verübten Verbrechens die Wiederherstellung der Ordnung in China und nicht die Auftheilung dieses Reiches. Deshalb und weil es nicht mehr wahrscheinlich ist, daß eine im völker rechtlichen Sinne al-Regierung geltende Gewalt an den Unthaten betbeiligt ist, war eS mehr als ein Spiel mit Worten, wenn die deutsche Presse sich dagegen verwahrte,daß die in China militärisch vorgehenden Staaten im Kriege mit diesem Reiche lägen. Mit sehr wenigen Ausnahmen hat die deutsche Presse diesen Stand punkt vertreten, als eS nöthig schien; insbesondere aber ist anzucrkennen, daß die Inspiration der Negierungöeinflüssen zugänglichen Blätter diesmal rasch und geschickt bewerkstelligt worden ist. Man hat von dieser Seite eine sehr deutliche Sprache führen lassen, anscheinend unterstützt durch Persön lichkeiten des Heeres und der Marine. So war nach der ersten Rede de« Kaiser« in der «Post* zu lesen: „Ein Thell der deutschen Presse greift au« der kaiserlichen Rede an die nach China abgehenden Truppen die Stelle von der „Brandfackel des Krieges" heraus und untersucht in längeren Coinmcntaren, ob der Monarch damit «in» officielle Erklärung des Kriegszustandes gegenüber dem Reiche der Milte andeuten wolle. Nach den Mittheilungen, die der Chef des Marinecabincts, Frei h. von Senden-Bibran, an die Oeffentlichkeit ge» langen ließ, ist ein derartiger Schritt nicht in Aussicht ge- nommen. Das Wort Krieg ist vom Kaiser hier In seiner ursprüng. liehen Wortbedeutung und nicht im Sinne eines völkerrechtlichen Begriffes angewendet. Krieg herrscht, sobald zwei Parteien die Waffen gegen einander kehren. Eine wirkliche Kriegserklärung wäre ein Schritt von einer ungeheuren Tragweite. In dem Augenblicke, da der Regierung von China ossiclell der Krieg angrzrigt wird, hat die kriegführende Macht ein Reich von 350 000 000 Menschen zu bekämpfen. Einer der genauesten Kenner der chinesischen Vcr» hältnisse, der ehemalige Gesandte von Brandt, hält ein derartige- Vorgehen für absolut falsch, weil dann, wenn das chinesische Reich als solches den Kampf mit den europäischen Mächten zu bestehen hätte, die durch europäische Instruction geschulten chinesischen Soldaten mit ihren ausgezeichneten Waffen aus dem Kampfplätze erscheinen würden, während jetzt — von Ausnahmen abgesehen — nur eine undiSciplinirte Horde Aufständischer im Felde steht. Herr von Brandt meint, selbst wenn je 1000 Mann genügen würden, um je eine Million Chinesen im Zaume zu halten, so bedürfe man nach glücklich beendigtem Krieg eines Besatzung-Heere- von 350000 Mann. Wer soll diese Truppen stellen?" Die Führung eines Krieges, der eine Auftbeilunz zum Zweck hätte oder von irgend einer Macht als Markstein in deren Geschichte diplomatisch proclamirt würde, würde ohne Frage die Eintracht der Mächte auch angesichts der Dring lichkeit gemeinsamer Gefahr, wie sie jetzt droht, keinen Augen blick bestehen lassen. Nun bestand niemals der geringste Zweifel daran, daß Deutschland die Action so nicht auf gefaßt wissen wollte. England, daS Japan .freie Hand lassen will und dessen Press« schon weidlich auf die deutsche Regierung schilt, weil diese nickt durch Zurückdrängen von Mächten, die in China in erster Reihe intercssirt sind, — das in Transvaal noch immer nickt zum Ziele gelangte Eng land macht offenbar Versuche, Deutschland gegen Rußland zu mißbrauchen. Zu unserer Regierung darf man das Ver trauen haben, sie werde dieser Zumutbung, wie jetzt, auch später widerstehen. Von den Machten, die Weltinteressen zu wahren haben, ist daS deutsche Reich an de« Wirren in China am wenigsten betbeilia». AuS einem sehr traurigen Grunde ist es auch moralisch in Bezug auf die nationale Ehre nicht mehr betheiligt, als in den Tagen, da der Kaiser an die Seebataillone und den Prinzen Rupprecht von Bayern Ansprachen hielt, denn nicht allein unser Gesandter ist ermordet worden, sondern die meisten, wenn nicht alle Ver treter fremder Regierungen sind — Wohl sogar mit Frauen und Kindern — der Barbarei zum Opfer gefallen. Deutsch land ist in der Lage, ohne Rücksicht auf eine besondere Kränkung gerade seiner Ebre bei der Abwägung seiner Schritte nicht- weiter zu Rathe zu ziehen, al- däs Maß seiner Interessen und da- Maß seiner Kräfte. Daß die letzteren für überseeische Conflicte gering bemessen sind, wird von keiner Seite bestritten. Unternimmt da- Reich doch schon ein Wagniß, den maritimen Schutz seiner Küsten wegen der chinesischen Zustände erheblich herabzumindern. Diese militärische Verfassung unsere- Vaterlandes darf unter keinen Umständen außer Acht gelassen werden. Die Begrenzung der deutschen Aufgabe in China, wie sie vorgestern in der .Pol. Corr." unternommen worden, ist denn auch gewiß unter Berücksichtigung aller für Deutschland in Betracht kommenden Möglichkeiten erfolgt. Sie ist voll kommen und zufriedenstellend und zeigt u. A. auch, daß eine Einberufung de- Reichstage- in diesem Augenblick keinen Sinn hätte. Graf v. Bülow könnte unmöglich mehr sagen, al- er, in einer für Jedermann al- seine Auffassung erkennbaren Weise, schreiben ließ. So lange nicht budgrt- rechtlicke Erwägungen dazu drängen, hätte die Berufung de- Reichstage- keiueu andere» Zweck al- die Herrn Liebknecht die Gelegenheit zu geben, den wahnwitzig gefaßten Artikel gegen Deutschland und für die Gesandtenmörder, die er im „Vorwärts" schreibt, auf der Tribüne abzulesen. Auch ihm gegenüber kann sich die Oeffentlichkeit mit Gedrucktem begnügen. Die socialdemo kratischen Führer lieben eS, die deutsche „Bourgeoisie" als die roheste der Welt hinzustellen. Ernst ist es ihnen aber damit nicht. Sie würden umgekehrt unter keinem anderen Volke der Welt eS wagen, in dieser Weise Partei gegen das eigene Land zu nehmen. Am allerwenigsten in Frankreich, wo man, wie Herr Liebknecht in Lille erfahren hat, wegen viel weniger schändlicher Dinge alS seine „Vorwärts"- Artikel zu unliebsamen Berührungen gelangen kann. Wenn daS eigene Land nicht in Betracht kommt, entspricht es auch anderweitig socialdemokratischer Gewohnheit, für Mörder cinzuspringen. So hat der belgische Socialistenführer mit aller Beredlsamkeit, die er als Zeuge im Proccß Sipido auf wendete, die Thatsache nicht aus der Welt zu schaffen ver mocht, daß sein Organ „Le Peuple" und die ganze social demokratische Presse sich sofort nach dem Bekanntwerden der Thal Sipido's auf dessen Seite stellte und Alles aufbot, um ein Strafverfahren zu verhindern. 34 Stimmen Mehrheit im Kreise Waldenburg — so viel waren eS, nicht 78 — batten nach der socialdemokratischen Presse den „evidenten" Beweis erbracht, daß das „Proleta riat" die Weltpolitik verdammt und für die Chinesen schwärmt. Im Kreise Mülhausen i. E. haben nun die Socialdemokraten gegen 1898 über 6000 Stimmen verloren und damit ein Mandat, das bisher stets in oppositionellen Händen gewesen. Mülhausen national im Reichstage ver treten! Wir sieben nicht an, der Socialdcmokratie den Dank für dieses erfreuliche Ergebniß abzustatten. Denn bei der Stärke de- particnlaristischen nnd klerikalen Elements im Reichstage erleidet eS keinen Zweifel, daß Arbeiter sich zu Tausenden wegen deS elenden Treibens der Partei gegenüber den chinesischen Wirren von, dieser abge wendet haben und documentiren wollten, dzß sie mit dem verbrecherischen Wahnsinn der Berliner Parteigänger rohesten Barbarentbum» nicht- zu schaffen baden. Auf die Gleickung, die der „Vorwärts" mit den beiden Bekannten 34 und 6000 ansetzen wird, darf man neugierig sein. Die „Germania" wird „wissenschaftlich". Sie schreibt unter der Aufschrift: „Die unwissenschaftliche Grundlage der LoS-von- Rom-Bewegung" das Folgende: „Bekanntermaßen wird für die Los von Nom-Bewegung in Oesterreich nicht im Geringsten in radicalen Jntelligenzkreisen Propaganda gemacht. Da scheint eS allerdings Ehrenpflicht dieser Kreise zu sein, di« Grundlage dieser Bewegung wissenschaftlich zu beweisen. Kein ehrlicher gebildeter Mann kann nämlich für den Abfall von der katholischen Kirche einstehen, wenn nicht wissen« schaftlich nachgcwiesen wird, daß die katholische Kirche als solche, sei eS in ihrer Verfassung, in ihren Gesetzen oder in ihrer Geschichte deutschfeindlich sei. Jede andere Mitwirkung deS Abfalles ist eitler Humbug, Heuchelei und ein Hohn für Männer der Intelligenz. Es ist nun eine bekannte Thatsache, daß bereits vor IV. Jahren vom hochw. Herrn I. Engel in Hall ein die wissenschaftliche Basis der Abfallsbcwegung betreffender Preis von 2000 Kr. ausgeschrieben wurde. Demgemäß sollte bewiesen werden, daß die katholische Kirche deutschfeindlich sei. Der PreiSofferent be kundete hierbei die weitestgehende Toleranz. Er stellte nämlich nebst der katholisch-theologischen Facultät in Wien die prostan tisch theologische Facultät in Göttingen als Schievsgericht auf. Dazu forderte er noch die Beeidigung der beiden entscheidenden In stanzen. Auf unsere Nachfrage hin, wie es dermalen mit der Bewerbung um den besagten Preis sich verhalte, erhielten wir letzthin von kompetentester Seite die Antwort, daß bis zur Stunde kein einziger Preisbewerber bei dem hochw. Preisausschreiber sich gemeldet habe. ES ist das um so auf fälliger, weil die betreffende PreiSausschreibung nahezu in der ganzen deutsch-österreichischen Presse jeder Couleur und auch in reichsdeutschen Blättern mitgetheilt wurde. Wir nageln diese Thatsache hiermit öffentlich fest, weil sie über die Ehrlichkeit und Wissenschaftlichkeit jener österreichisch-deutschen Intelligenz, welche die LoS-von-Rom-Bewegung fördert, daS nöthige Licht verbreitet. Sie ist «ine Schmach für di« führenden Kreise der LoS-von-Rom- Bewegung, die sich doch schon im Interesse der Begründung der Absallsbewegung des 16. Jahrhundert- an dem angedeuteten Probleme versuchen sollten. Zugleich ist aber da« Schweigen der gegnerischen Wissenschaft, noch so offener Provokation seitens eines katholischen Priesters, ein herrlicher Triumph für die nationale Un antastbarkeit unserer Kirche. Vielleicht verachten indeß die Los- von-Rom-Koryphäen 2000 Krone», obgleich sie eine annehmbare Subvention für die Abfallskomödie sein dürften." Niemand wird dem Inhalt und Sprache diese- Ergüsse- den Charakter der Wissenschaftlichkeit aberkennen. Wir »heilen sie mit in der Hoffnung, daß aus unserem Leserkreise Jemand da» Sehnen de- hochw. Herrn I. Engel in Hall stillt. Bisher dürften nämlich noch Wenige von dem AuSsckreiben gewußt haben. Möglich aber auch, daß Niemand anS Werk geht und Alle mit un- ausrufen: „Humbugl" „Dank Dir, Irsuite, daß Du mich dies Wort gelehrt!" Die Wirren in China. Die japanische Regierung hat neuerdings darauf hin gewiesen, daß ihrer Ansicht »ach der wachsende Ernst der Lage in China die sofortige Entsendung größerer Truppenkörprr erheische, und hat hierbei den Wunsch geäußert, die Ansicht der Mächte zu kennen. Die deutsche Negierung bat, nach Wolff'« Bureau, geantwortet, daß sie da- Hauptmoment der Lage in der Erhaltung des Einvernehmen« unter den Mächten erblickt. Dem entsprechend würde die deutsche Regierung allen Maßnabmen zustimmen, die von anderer Seite keinem Einspruch begegnen. — Wir haben die Aeußerung der deutschen Regierung schon gestern in einem Theil der Auflage in einem anderen Wortlaute mitgetheilt. Wir lege» Werth darauf, diese un- von aus gezeichneter Seite zuzegangene Depesche hier zu wiederholen: Berlin, 7. Juli. Deutschland hat die neue An regung Japans, was in China zu thun sei, mit der Er klärung beantwortet, Satz cs Allem zuftimmc, was ämmtltche Mächte billigen, da Einigkeit da wirksamste Mittel zur Paciftcirung sei. * Berlin, 7. Juli. Der Dampfer „Stuttgart" ist mit einem Theil der Ablösung für die Schiffe in Ostasien am 5. d. M. in Tsingtau eingetroffen. G Hamburg, 7. Juli. (Telegramm.) Der Dampfer „Savoia", welchen, wie gemeldet, die Hamburg - Amerika-Linie dem Kaiser als Hospitalschisf für China zur Verfügung ge- tellt hat, gehört zur ostasiatischen Linie der Gesellschaft. Er wurde im Jahre 1890 in Dienst gestellt und besitzt eine Geschwindigkeit von etwa 14 Seemeilen. Der Dampfer ist mit sehr hübschen Cajüten ausgestattet und hat für Unterbringung von Kranken in großer Zahl sehr lustige, gut ventilirte Räume. Die „Savoia", welche früher den Namen „Krimhilde" führte, beförderte schon im Jahre 1891 für die kaiserliche Marine einen Ablösungstransport von 400 Mann nach der Westküste von Südainerika und hat sich bei dieser Gelegenheit für solche Zwecke so außerordentlich bewährt, daß der damalige Staatssekretär Les Reichsmarineamts, Admiral Holl mann, in einem Dankschreiben die vortreffliche Unterbringung der Leute an Bord des Schiffe« besonder- rühmte. Die „Savoia" wird dieser Tage in Bokohama eintreffen und soll nach Entlöschen ihrer Laduag durch Vermittelung deS deutschen Hospitals in Dokohama die nöthigen Einrichtungen alS Hospitalschisf erhalten. Es wird aber daraus gerechnet, daß die freiwillige Krankenpflege in Deutschland inzwischen auch Schritte thut, um die provisorisch an Bord zu nehmenden Aerzte und Pflegerinnen zu ersetzen und die Einrichtungen zu ergänzen, welche gleichfalls nach Lage der Dinge vorlgußg nur einen provisorischen Charakter haben können. London, 7. Juli. Die Abenbblätter melden »ns Shanghai vom 6. d. M.: Die Nachricht von der Ntedcrmetzclunn der Gesandten, ihrer Kranen nnd Kinder und der enropäische» Wache» nach einem achtzehntäatgen Widerstande bestätigt sich. Als die Mnnition und die Lebensmittel erschöpft waren, drangen die Chinesen in die Gesandtschaften ein, tödtcten die am Leben Gebliebenen, steckten die Gesandtschafts gebäude in Brand nnd verbrannten die Verwundeten und Tosten. Von dem Prinzen Tnan selbst wurden gegen die Chinesen schreckliche Grausamkeiten verübt. Er lies; 4y<»0 angesehene chinesische Bürger tödten, weil sic gewagt hatten, au ihn zu petitiontren, dem Blutbade Einhalt z» thun. Von wahrhaft ergreifender Wirkung ist da- Gelübde, welches Capitän Lans von der „Iltis" am 1. Juni 1899 am Grabe der Besatzung des alten „Iltis" ableqte. Seine damaligen Worte verdienen, der Vergessenheit entriffen zu werden. Es war in der Abendstunde de« 1. Juni, schreibt daS „Berl. Tagebl.", als die neue „Iltis" auf der Höbe vor dem „IltiS"-Friedbof am Cap Shantung Anker warf. Capitän Lans, sämmtliche Ofsiciere und dienstfreien Mannschaften be gaben sich an Land und nahmen vor dem Denkmal Aufstellung. Nack dem Commando „Stillgestanden" sprach der Commandant: „Jetzt, da wir an diesem Orte unseren gebliebenen Kameraden von der alten „Iltis" die schuldige Ehrung erweisen, hat die eigentliche Thätigkeit der neuen „IltiS" begonnen, jetzt hat sie erst die alte „Iltis" abgelöst. Kaiser und Vaterland, die Landsleute hier draußen in Osiasien und die hier ruhenden Tobten blicken auf uns und verlangen von uns, daß wir unS als der Tapferen würdige Nachfolger erweisen. Im Namen der Besatzung der neuen „Iltis" gelobe ich an dieser Stelle, daß Noth und Gefabr uns nicht anders finden sollen als die Helden, die hier zur letzten Ruhe gebettet sind." Deutsche Missionsgescllschaften in China. Durch die Wirren in China sind auch drei Berliner Missionsgesellschaften mehr oder minder in Mit leidenschaft gezogen worden. Von diesen Dreien hat die Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden bisher die umfangreichste Thätigkeit in Cbina entfaltet, und zwar sowohl in Süd- wie in Nord china. Sie hat dort 7 Stationen begründet, die mit 44 Außenstationcn und 19 Predigtplätzen verbunden, und an denen nach den letzten Berichten 11 ordinirte nnd 4 nicht ordinirte Missionare, ein Geschäftsführer, 90 besoldete und 36 unbesoldete StationShelfer und Helferinnen thätig sind. Die Gesellschaft hatte ihre Thätig keit in China bereit- 1867 ausgenommen durch Begründung der Station in Kanton, der z. Z. Superintendent A. Kollecker vorsteht, und von wo auS der vor Jahresfrist berufene Geschäftsführer, der im LandrathSamt zu Allenstein vor gebildete Paul Scholz, die äußerlichen Angelegenheiten der Mission leitet. Erst nach 18 Jahren, 1885, konnte an die Errichtung einer zweiten Station, in Fumui, ge gangen werden, die zur Zeit Missionar Lehmann ver waltet. Hier tauchten schon im Vorjahr Gerüchte von der bevorstehenden gänzlichen Ausrottung der Fremden auf und in einzelnen der neuen Außenstationen, so in Fuitschu und Wong-ho-thu, kam es zu offener Feindseligkeit gegen die Christen. In letzterem Orte mußten die christlichen Männer schon im Vorjahre zwei Mal auS dem Orte fliehen, und eS kam bei diesen Verfolgungen auch schon zu einem gewissen Aufruhr gegen die Obrigkeit, indem die aufgeregten Chinesen den zur Ruhe mahnenden Maueranschlag des Mandarinen herunterrissen, indessen gelang r« doch schließlich wieder, wenigstens äußerlich die Ordnung herzustellen. 1891 erfolgte die Gründung der zur Zeit von den Missionaren Reiniger und G. Scholz geleiteten Station Tschu-yong-au, deren Thätigkeit in der letzten Zeit durch daS Räuber unwesen etwa- beeinträchtigt war, 1893 folgte die Errichtung der Station Syn-yin im Namsyung-Bezirk, wo zur Zeit Missionar Homeyer die Leitung hat. Auch hier traten schon in der ersten Halste des vorigen Jahre« Gerüchte von bevorstehenden Christenverfolgungen auf. 1897 wurde be gonnen, von Lukhang auS den Fähen- und Tschyang-yen-KreiS zu bearbeiten, hier standen die beiden Missionare Rhein und Bahr mit den chinesischen Behörden und auch mit der Be völkerung in gutem Einvernehmen. Recht feindselig war da gegen von Anfang an die Haltung der Bevölkerung gegen die 1898 in Tschichin gegründete und den Missionaren Leuschner und Maiwald unterstellte Station. Schon im Vorjahre drohte man wiederholt, die Station zu überfallen und nieder zubrennen. Leuschner wurde zwei Mal mit Messern an gefallen, die Christen wurden öffentlich als Vater« und Muttermörder, Vaterlandsverräther, Gottesleugner rc. hin gestellt, man wollte ihnen keine Aecker und tHäuser ver pachten, manche wurden ihrer Güter beraubt, geschlagen und verwundet. Entstellte Gerüchte, Verdächtigungen und offen bare Lügen wurden schon damals benutzt, um die Volkswuth aufzustacheln. Der Kreismandarin war zu schwach und auch zu böswillig, um Gerechtigkeit walten zu lassen, er unterließ es sogar geflissentlich, die kaiserlichen Erlasse, welche den Christen Duldung und Schutz zusagten, zu veröffentlichen; sein Ver halten war naturgemäß maßgebend auch für die Behörden der einzelnen Orte. Dazu kam, daß sich schon im Vorjahre auch das Räuberwesen recht fühlbar machte. In Lopa, einer Außen station, wurde der Nationalhelfer Namin thau in der Capelle überfallen und 50 Dollar- geraubt, ebenso wurden die Nationalhelfer Ng min sin und Aapsangthau auf der Reise überfallen und ausgcplündert. Darunter litt natürlich die Missionsarbeit sehr. Die letzte Station endlich ist die in Kiautschau, die mit den Missionaren Kuntzc, Voskampf und Lutschewitz besetzt ist. DaS Stationsgebäude liegt eine halbe Stunde von der Stadt Tsintau entfernt auf einer Anhöhe nabe der Kiautschau-Bucht. 10 Minuten vom Missionsplatz entfernt, im Cbinesendorf Tapautau, hat die Mission eine Kirche erbaut. Gleichfalls in Kiautschau wirkt der Berliner Hauptverein des Allgemeinen evangelisch - protestantischen Missionsvereins, der dort zur Zeit die Missionare Kranz, Wilhelm und Lic. Schüler stationirt hat, während Pfarrer Hackmann der evangelischen Gemeinde in Shanghai vorsteht. Missionar Kranz befindet sich zur Zeit apf Urlaub in Deutschland und weilt in Oeynhausen. Ueber die augenblicklichen Verhältnisse der Missionen in Kiautschau liegen neuere Nachrichten nicht vor, die Post wird erst erwartet. — Der dritte Berliner Verein endlich, der in China wirkt, ist der Berliner Frauenverein für China, der das Findelhaus und Erziehungsinstitut BetheSda auf Hongkong unterhält und vor 50 Jahren auf Anregung des Chinesen apostels Güstlaff begründet wurde. DaS Haus, das 110 Zög linge beherbergt, erhält diese fast ausschließlich auS der Kanton-Provinz, wo der Kindermorb noch in furchtbarer Blüthe steht; es gehört schon zu den Ausnahmen, wenn eine Mutter mehr als zwei Töchter aufzieht, die anderen werden dem Tode geweiht. Der Verein hat bereits gegen 600 solcher weggeworfenen Kinder gerettet. Der deutsche Marine-Auditeur, Vr. Eichheim, der nach 2V»jähriger Thätigkeit auf dem Kreuzergeschwader, in deren Verlauf er auch 4>/r Monate lang erkrankte Beamte in Tsingtau vertreten hat, ist nach Deutschland zurückgekehrt und hat sich in München gegenüber einem Mitarbeiter der „Augsburger Abendztg." über die Thätigkeit der Missionare in Cbina folgendermaßen ausgesprochen: „Die katholischen Missionare sind zweifellos die« jenigen, denen der erste Rang unter den Missionaren an gewiesen werben muß. Es liegt die-, wie es auch Wichmann über Afrika schon berichtet hat, an der absoluten Centrali- sation, dem Gehorsam und dem Lebenszweck der römischen Kirche. Aeußerst gefährlich und mit der allergrößten Vorsicht zu beurtheilen sind die amerikanischen Missionare. Amerika verfügt in dieser Richtung über ein ungeheure- Capital.... Vor allem ist der amerikanische Missionar in erster Linie eia politischer Agent für sein Land, und eS wäre gut, wenn dieser Satz nie dann vergessen wird, wenn eS sich um eine Meldung aus derartigen Quellen handelt. Es durfte im inneren Gebiete Shantungs irgend ein Zwischenfall mit der chinesischen Bevölkerung, sei eS einem Ingenieur, einem Bergwerksunternehmer oder ähnlichen Leuten, die Ge schäfte halber ins Innere gegangen waren, vorgekommen sein, so waren eS sicherlich die amerikanischen Missionare, die durch Berichte an da-Tsung li Damen da« Ihrige thaten, um die Deutschen möglichst anzuschwärzen. Daß von den Amerikanern die ganze Sache mehr al- ei» Vergnügen und als eine billige Gelegenheit, die Welt zu sehen, betrachtet wird, kann man vielfach daraus entnehmen, daß man fast auf jedem Postdampfer in Ostasien amerikanische Missionare trifft, welche wieder in ihre Heimath zurückfahren oder um gekehrt, mit der Begründung dieser Reise mit irgend einem wissenschaftlichen oder erzieherischen Zweck zu Gunsten ihrer Schützlinge. Man mag über die MissionSthätigkeit vom religiöse» Standpunkte denken, wie man will, e- ist rein mrnschlick, daß die Missionare sich derjenigen Einwohner, welche ihrem Glauben beigetreten und in ihren Anstalten verkehren, auch den chinesischen Beamten gegenüber aunehmen und gerade diese gewisse Schutzherrschaft ist e-, welche im Volke einen furchtbaren Grimm gegen die sämmtlichen Aangueitze (fremde Teufel) erregt hat. Selbstverständlich sind die bekehrten Chinesen deswegen noch lange keine Engel geworden, mancher gutmüthiae Missionar wird sich aber durch einen Heuchler unter seinen Schützlinge» zu einem derartigen Glauben verleiten lassen. Läßt sich nun dieser falsche Schützling z. B. irgrnd ein Bermögen-delict zu Schulden kommen und wird er von dem Beschädigten vor den chinesischen Richter gebracht, so nimmt sich der Missionar seiner an und geht mit ihm zu Gericht. Da nun außerdem noch die katholische» Missionar« da- Recht habe», die chinesische Beamt enkleidungmit be stimmten Rangabzeichen zu tragen und unter Umstande» so einen höheren Rang bekleiden al« der zuständige Richter, so ist damit schon ein gewisser Conflict gegeben, und ich weiß von einem durchaus zuverlässigen deutsche» Herren, der im Stabe de« ckinrsischen Gouverneur- von Gchantung desjetzt vielgenannten Aünglsi-kai, gewesen ist, daß gar mancher Mau«
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