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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000712021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900071202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900071202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
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Nachdem die Welt von den Depeschen« Fabrikanten in Shanghai seit einigen Tagen in hartnäckigster Weise von der Thatsache überzeugt worden ist, daß der Prinz Tuan als Usurpator und Diktator unumschränkt in Peking herrscht und schonungslos unter Ausländern und Chinesen drauf los mafsacrirt, um seine Position zu behaupten, wird jetzt eine andere Tonart angeschlagen und der Prinz Ching als rettender Engel in den Vordergrund geschoben. Man würde ja gerne ge neigt sein, sich von etwas erfreulicheren Verhältnissen überzeugen zu lassen, wenn nur nicht längst jedes Vertrauen, das überhaupt noch in die Drahtnachrichten vom fernen Osten gesetzt würde, entschwunden wäre, und wenn nur endlich einmal eine verbürgte directe Nachricht von Peking und den dort herrschenden Zu ständen erlangt werden könnte. Es entspricht vollständig dem bisherigen angeblichen Gange der Ereignisse, daß heute von Shanghai wieder die Nachricht kommt, die Kaiserin-Wittwe habe die Herrschaft neuerdings an sich gerissen, Jung-Lu zum Premier-Minister ernannt und den Prinzen Ching ihre volle Unterstützung in seiner gegen den Prinzen Tuan gerichteten Opposition versprochen. Es wird allerdings noch nicht gesagt, wie sich der anscheinend bereits allmächtig gewordene Tuan zu diesem Wechsel gestellt hat, und die einzige Hoffnung, die sich aus diesen widersprechenden Meldungen überhaupt noch schöpfen läßt, ist die Erwartung, daß eine wirkliche Fehde in Peking zwischen den verschiedenen Parteiführern und Thron-Aspiranten ausgebrochen sein mag, von der unter allen Umständen die aus wärtigen Mächte in ihren beabsichtigten Operationen nur ge winnen könnten. In Londoner officiellen Kreisen ist seit der letzten Depesche des Admirals Bruce, nach welcher Prinz Ching die Europäer in Peking beschützen sollte und auch bereits mit neuen Lebens mitteln versehen habe, keine weitere maßgebende Nachricht be kannt geworden. Die „Daily Mail" läßt sich unter dem 9. Juli von Shanghai telegraphiren.daß nach Berichten aus zuverlässigen chinesischen Quellen die bereits auf die fremden Gesandtschaften von den Wällen der Tartarenstadt in Peking gerichteten schweren Geschütze nur deshalb nicht ein vernichtendes Feuer, wie beab sichtigt, eröffnen können, weil der Prinz Ching und der General Aung-Lu die ganze Munition durch ihre Truppen hätten er greifen und unbrauchbar machen lassen. Aber auch dieses kann nur als eines der vielen zweifelhaften Facta in dem Meere von widersprechenden Meldungen betrachtet und berechnet werden. Die „Evening News" nehmen sich die Mühe, die bisherigen konfusen Berichte über die Ereignisse in China in amüsanter Weise wie folgt zusammenzustellen: „Seit dem 10. Juni sind die folgenden wahrhaftigen Einzel heiten der Welt verkündet worden: Admiral Seymour ist mit seiner Truppe in Peking eingetroffen. Er ist nur Halbwegs bis Lang-fang gekommen, wurde gefangen genommen, todtgeschosien, und ist dann glücklich nach Tientsin zurückgekehrt. Die Kaiserin-Wittwe ist ein Gefangener im kaiserlichen Palaste in Peking. Sie wurde gezwungen, nach ihrem Sommerpalast zu entfliehen, starb dort ganz plötz lich, und riß dann wieder ebenso plötzlich die Regierungs gewalt am 30. Juni an sich. 350. Donnerstag den 12. Juli 1900, Der jung« Kaiser wurde durch den Prinzen Tuan abgesetzt und vor die Wahl gestellt, getödtet zu werden oder sich selbst das Leben zu nehmen. Wie Sokrates trank er langsam einen Giftbecher aus, starb eines würdevollen Todes und befindet sich jetzt in voller Gesundheit bei sviner Tante, der Kaiserin-Wittwe. Die Hauptstavt Peking ist vollständig in den Händen eines blutgierigen, heulenden chinesischen Mobs, der die Wohnhäuser plündert und nieder brennt, die ganze chinesische Stadt zerstört, tausend Europäer mafsacrirt und die sämmtlichen fremden Gesandten mit ihrem ganzen Legationsstabe niedergemetzelt hat. Alle Gesandtschaften waren zuerst dem Boden gleich gemacht, dann waren noch zwei übrig geblieben und schließ lich stand nur noch die britische Botschaft, in der sich alle Ausländer befanden und gegen die Chinesen vertheidigten. Jetzt ist es wieder sehr zweifelhaft, daß überhaupt ein allgemeines Maffacre stattgefunden hat. Man hegt die Hoffnung, daß die Mehrzahl der Legationen intact ist, und daß überhaupt nur sehr wenige Ausländer den wüthenden Volksmengen und der grausamen Soldateska zum Opfer gefallen sind." Diese in ihrer bitteren Ironie die niederdrückende Confusion, welche durch Sensationslust, Ignoranz und Leichtgläubigkeit hervorgerufen worden ist, scharf geißelnde Zusammenstellung giebt ein trauriges Bild des Nachrichtendienstes in China, auf den die Welt angewiesen ist. Nach einer ebenfalls durchaus „zuverlässigen Information" wi:d heute noch von Shanghai gemeldet, daß der deutsch- Ge sandte Freiherr von Ketteler von Soldaten des wohl bekannten „Sching - Ki - Ping - Regimentes", eines der vornehmsten Mandschu-Corps, ermordet wurde. Diese Truppe soll gerade den Wachtdienst am Tsung li Hamen aus geübt haben, als der bedauernswerthe Herr von Ketteler sich dem Palaste näherte, um eine angemeldete Conferenz mit den chine sischen Ministern zu halten. Das genannte Regiment hatte sich längst offen für die Boxer und gegen die Fremden erklärt und war seinem Befehlshaber, angeblich dem Prinzen Ching, längst aus der Hand gerathrn. Fall» dieses wahr ist, wäre es nur um' so unverständlicher, daß man sie auf einen Posten stellte, auf dem sie mit Vertretern der ausländischen Großmächte besonders leicht in Berührung kommen konnten, und es wäre allerdings cine Ironie des Schicksals, wenn es gerade die Soldaten des fremden freundlichen Prinzen Ching gewesen sein sollten, welche die fürchterliche Blutthat an dem deutschen Gesandten ausführten. DieBicekönigeLi-hung-TschangundSchcngsollen sich mit den meisten ihrer Kollegen in den anderen Provinzen in Verbindung gesetzt und diese energisch ungehalten haben, von jedcr fremden feindlichen Politik fernzubleiben und aufständische Bewegungen unnachsichtlich zu unterdrücken. Das gute Beispiel, welck)es Li durch prompte Hinrichtung von ca. 200 Boxern und Piraten vor Kurzem gab, findet bereits Nachahmung, und einige andere Vicekönige sollen in der That bereits ihren Scharfrichtern ähn liche lebhafte Arbeit schaffen und zahlreiche Köpfe an den Thoren ihrer Paläste aufgepflanzt haben, zum Beweise, daß sie ihres Richteramtes mit Nachdruck warten. Diese Betrachtung unseres Londoner Korrespondenten ist einen Tag alt, und doch hat sie leider nichts von ihrer Richtig keit verloren. Um den Wirrwarr noch größer zu machen, wird von Amerika aus ein Telegramm des chinesischen Ge sandten in Washington, Wutingheng, an Staatsminister Hay verbreitet, das eine Verwahrung des chinesischen Staatsraths vom 29. Juni enthält, worin die Ver-1 antwortung für die Unruhen abgelehnt wird. Nach einer Be-1 sprrchung der zügellosen Boxer-Bewegung besagt diese wunder same Mittheilung: * Washington, 11. Juli. („Reuter's Bureau".) Die Erlaubniß Chinas, daß fremde Truppen Peking betreten dürfen, beweist das Bestreben Chinas, die freundlichen Beziehungen zu den Mächten ausrecht zu erhalten. Die fremden Truppen haben aber, statt sich auf den Schutz der Gesandtschaften zu beschränken, zeitweise die Straßen durchstreift. Beständig sind Anzeigen von Leuten eingegangen, die durch verirrte Kugeln getroffen wurden. Die fremden Truppen haben sogar in den Bereich des Palastes einzudringen versucht. Dies provocirte die chinesischen Soldaten und das Volk. Ruchlose Leute begannen, christliche Convertiten zu tödten und ihr Eigenthum niederzubrcnnen. Tie Regierung hat nicht gesäumt, Befehle zur Unter drückung der aussländiichen Elemente zu erlassen, machte sich aber schlüssig, die sccmden Gesandten zu ersuchen, sich im Interesse ihrer Sicher heit zeitweise nach Tientsin zurückzuziehen. Dies stand noch zur Berathuug, als der Pöbel den deutschen Gesandten Freiherr« v. Ketteler ermordete, der am vorherigen Tage dem Tsung li Pamen die Zeit seines Besuches schriftlich angekündigt hatte. Das Tsung li Iainen hatte der Ankündigung des Freiherr« v. Ketteler nicht zugestiinmt, da es fürchtete, er könne aus dem Wege belästigt werden. Hierauf wurden die gesetzlosen Elemente immer drohender. Der Gedanke, die Diplomaten in Peking unter chinesischer EScorte fortzuschaffen, wurde schließlich ausgegeben, aber die chinesischen Schutzmannschasten wurden angewiesen, bessere Vorsichts maßregeln zu treffen. In Taku haben die Fremden zuerst gefeuert. China denkt nicht an einen Krieg mit den Großmächten. Der Staatsrath weist sodann die chinesischen Gesandten im Ausland« an, den betreffenden Regierungen diese» Bericht zuzustellen und ihnen zu versichern, daß dem chinesischen Militär der Schutz der Gesandt, schäften bis zum Arußerslen zur Pflicht gemocht worden sei, und daß mkr den Aufrührern so streng verfahren werden würde, al- er die Umstände gestatteten. Die hier versuchte Weißwaschung der chinesischen Regierung ist ein Meisterstück diplomatischer Hinterlist, sie wirkt aber komisch, wenn man dies in so ernster Sache sagen darf, wenn die Meldung des „Daily Expreß" richtig ist. Diesem Blatte zufolge enthielt die Regierungsauslassung noch folgenden Nachsatz: Wir thun Alles, um die noch bestehenden Gesandtschaften zu retten. Wenn wir es sür unmöglich halten, den Schutz sortzusetzen, möge man den Mächten begreiflich machen, daß uns deshalb kein Borwurf gemacht werden kann, denn der Zorn unserer Bevölkerung nimmt täglich in dem Maße zu, als sie fremdländische Soldaten ankommen sieht, die unser Land verwüsten und die Völker tödten. Das Teeret ist unterzeichnet: „Tuan, Kaiser." Demnach ist also schon Prinz Tuan Kaiser und der obige Erlaß seine erste Negierungshandlung. Wenn es so wäre, wüß'e man wenigstens, an wen man sich bei der Züchtigung zu ballen hätte. * Daß der Prinz Tuan sich aus eigener Macht als Diktator für das chinesische Reich erklärt hat und jetzt kein Mittel und kein Blutvergießen scheut, um sich als Usurpator festzusetzen und zu behaupten, ist Thatsache. Ueber die Kaiserin-Wittwe und 94. Jahrgang. . ihren Einfluß in den jetzigen Vorgängen verlautet immer weniger und es hat somit den Anschein, als ob die alte Jntriguantin ent weder freiwillig oder gezwungen alle Gewalt an den Prinzen Tuan abgetreten habe. Einige Gerüchte besagen, daß Prinz Tuan sogar seinen jungen Sohn, der bekanntlich als Thron folger proclamirt worden war und nach späteren Meldungen so gar bereits als Kaiser figurirte, schon bei S«ite geschafft haben soll; cb der skrupellose Asiate das Kind hat ermorden lassen oder nur fortgeschickt hat, ist noch nicht festgestellt worden, kann im Uebrigen auch nur von geringem Belang sein, da ein Thron folger mehr oder weniger, eine weitere blutige Äewaltthat in dem ungeheuren Wirrwarr vom chinesischen Standpunkte aus nicht viel besagen will. Was übrigens die Kaiserin - Wittwe anbetrifft, so erklärte jüngst ein kürzlich aus China nach Pari» zurückgekehrter katholischer Missionar der „Intern. Corresp.", er erblicke in der Thatsache, daß der deutsche Gesandte v. Ketteler al- Erster dem chinesischen Fremdenhaß zum Opfer gefallen sei, nicht einen Ausfluß politischer Erwägungen, sondern einen per sönlichen Racheakt der Kaiserin-Wittwe. Dieselbe habe unter allen Europäern Niemanden mehr gehaßt, als Herrn von Ketteler; und zwar deshalb, weil dieser die chine sische Sprache vollständig beherrschte und vielfach mit Manda rinen und chinesischen Gelehrten persönlich verkehrte. Sie hatte ihn dabei im Verdacht, er sammle die zu Hunderten über ihr Privatleben im Umlauf befindlichen Erzählungen und lasse sich auch von den Mandarinen aller!« Hofklatsch brrichren. Am empfindlichsten ist die Kaiserin dabei in dem Punkte ihrer Ab stammung, und durch die ihr ergebenen Gelehrten läßt sie immer von Neuem nachweisen, daß ihr Vater ein angesehener Mandarin gewesen sei, der nur in Folge der Jntriguen seiner Neider mit der Einziehung seiner Güter bestraft wurde. Die ihr feindliche Partei hält dagegen an der Behauptung fest, daß die Kais«- rin aus der niedrig st enKa st estamme und alsKind an einen Mandarin verkauft wurde. Dieser habe sie dann später an Kindesstatt angenommen und sie bei d«r Ge legenheit der Verheirathung des Kaisers Hi-Hen-Fung diesem als Nebenfrau angeboten. Dieselbe Erzählung soll auch, wie der Kaiserin berichtet wurde, Herr v. Ketteler in sein angebliches Geschichtswerk, oder besser gesagt, in ferne Anekdoten-Samm- lung über das Leben der Kaiserin ausgenommen haben. Somit sollte er es gewesen sein, welcher das persönliche Ausehen der Kaiserin vor dem Auslande zerstört habe/ ,Das Merkwürdigste ist dabei, daß es der alten Dame völlig gleichgiltig ist, ob man sie der schwersten Verbrechen, wie der Vergiftung des Gatten und des eigenen Sohnes, beschuldigt, oder ob man über ihr Privat leben in sittlicher Hinsicht die haarsträubendsten Ding« erzählt. Sobald aber ein Chinese überführt wird, vor Zeugen die Ab stammung der Kaiserin aus der Classe der Mandarinen an- aezweifelt zu haben, so wird er zu dem schwersten Wartertode v.-rurtheilt. Und dieses selben Verbrechens sollte sich auch Herr von Ketteler schuldig gemacht haben, weshalb es bei den nächsten Getreuen der Kaiserin schon seit Langem beschlossene Sache ge wesen war, bei dem ersten allgemeinen Angriff gegen die Frem den zu allererst Herrn v. Ketteler niederzumachen. — So weit die Crzählung des katholischen Missionars. Ueber die Stellung Rußlands zur Lage erhält die „Politische Korrespondenz" aus Petersburg von einem gut unter richteten russischen Gewährsmann eine Zuschrift, di« die russische Politik in China in folgendem Satz zu- sammenfaßt: Rußland will ein chinesisches China, Feriilletsn. Diana. Roman von Marian Comyn. Nachdruck verboten. Keziah sagte Diana nicht, daß sie, wäre nur ein bloßer Dieb stahl geplant gewesen, Jim und Esra Lane nicht verrathen haben , sondern wahrscheinlich den Vortheil mit ihrem Gatten getheilt haben würde. Aber zwischen Einbruch und Mord war ein großer Unterschied, und es war die volle Wahr heit, wenn Keziah sagte, daß sie die Drohungen Esra Lane's, Rache an Philipp Heathcote zu nehmen, in den furchtbarsten Schrecken versetzt hätten. Ebensowenig hielt sie es für nothwendig, Diana mitzuthrilrn, was sie mit ihrem Gatten für eine Verabredung getroffen. Um jedem Verdacht desselben vorzubeugen, hatte sie ihm gesagt, daß sie mit dem Nachmittagszuge nach Liverpool aufbrechen würde, um dort eine Wohnung zu suchen, wo sie in Ruhe und Sicherheit abwarten könnten, bis sich eine Gelegenheit für James fände, um nach Amerika zu entkommen. Thatsächlich hatte sie auch das Zimmer, welches sie in dem Städtchen inne gehabt, am frühen Nachmittage verlassen, und war in einem kleinen Landwagen nach Dorf Crowhurst gefahren. Hier hatte sie sich die ganze Zeit über im Park aufgehalten und überlegt, auf welche Weise sie am besten Philipp Heathcote von der ihm bedrohenden Ge fahr in Kenntniß setzen könne. Der einfachste Weg für sie würde gewesen sein, wenn sie selbst nach Priors Holm gegangen wär«, aber aus sehr leicht begreif lichen Gründen war die» etwa», was sie ängstlich zu vermeiden suchte, denn aller Wahrscheinlichkeit nach würde Philipp Heath cote entweder darauf bestanden haben, sie zurückzuhalten, hi- die Wahrheit ihrer Worte erwiesen war, oder er würde die Polizei von der Sache verständigt hab«n. Und dann würde man sowohl ihren Gatten, wie E»ra Lan« frstgenommen haben. Und was Keziah vor allen Dingen dabei leitete, war, die Rolle, die sie bei der Sach« spielte, geheim zu halten, denn ebenso wenig, wie sie wünschte, ihren Gatten wieder in die Hände der Polizei fallen zu sehen, wollt« sie auch nicht Gefahr laufen, daß er erführe, sie habe Verrath geübt. MA Schrecken malt« sie sich die Folgen aus, die dies nach sich ziehen würde. So war also ihre Aufgabe «ine sehr schwer zu lösende gewesen, und sie hatte sich den Kopf zergrübelt, um einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Schließlich war der Gedanke an Diana in ihr auf gestiegen. Sie liebte ihre frühere Herrin durchaus nicht, aber dennoch hatte sie «ine sehr hohe Meinung von ihrem Charakter, und sie wußte, daß sie nichts veranlassen würde, ein einmal ge gebenes Wort zu brechen. Und Verschwiegenheit war für Keziah die Hauptsache. WaS auch kommen mochte, die Rolle, die sie hier spielte, durfte Niemand erfahren. Schweigend, in tiefes Sinnen verloren, starrte Diana vor sich hin. „Wissen Sie genau, um welche Zeit die Leute den Einbruch beabsichtigen?" fragte sie, als es ihr endlich gelungen war, ihre Gedanken ein wenig zu sammeln. „Nicht vor ein oder zwei Uhr heute Nacht!" erwiderte Keziah. „Tie sehen also, daß tm Augenblick noch keine Gefahr vorliegt. Es ist noch nickt ganz zehn Uhr. Und das erinnert mich daran, daß ich aufbrechen muß, denn ich will den Crowhurster Abend zug benützen und muß mich beeilen, wenn ich denselben noch erreichen will. Und nun merken Sie genau auf das, was ich Ihnen sagen werd«, Miß Brauchamp", fügte Keziah, ihre Stimme wieder dämpfend, Hinz«. „Sie — das heißt die beiden Männer — wollen sich den Eintritt in das Haus durch ein schmale» Fenster de» Zimmer», welches früher das des Haus verwalter» war, «rzwingen; jetzt wird dasselbe al- Aufbewah rungsort für allerhand Gerümprl benützt, das Fenster befindet sich an der Hinteren Wand des Hauses; es sind auch Fenster läden daran, doch werden dieselben niemals geschlossen. Das hat Lan« ausgekundschaftet. Was nun Mr. Heathcote zu thun hat, ist, vor allen Dingen diese Fensterläden zu schließen, und ebenso sorgfältig darauf zu achten, daß auch sämmtliche anderen Fenster und Lhüren de» Hauses wohl verwahrt sind. Auf keinen Fall soll er wagen, das Haus zu verlassen. Jim und Esra Lane w«rden dann sehen, daß man verdacht geschöpft hat, sie werden ihren Plan aufgeben, sich zurückziehen und die Gegend verlassen. Haben Sie mich verstanden? Ist Ihm» Alle« klar?" Diana nickte. Ei« war nicht im Stand«, rin Wort hervor- zubringen, der Schrick hatte ihre Zunge fast gelähmt. „Und", fügte Keziah hinzu, indem sie so dicht an Diana heran trat, wie das zwischen ihn«» liegend« Gitter gestattete, „nun gehen Sie zu ihm und veranlaffen Sir ihn, genau zu befolgen, was ich Ihnen soeben gesagt habe." LLV. Unwillkürlich trat Diana einen Schritt zurück. „Werden Sie auch mttkommen?" murmelt« sie, kaum wissend, was sie sprach. „Nein, sicherlich nicht!" antwortete Keziah. „Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß ich mit dem nächsten Zuge Crowhurst verlasse? Ich habe Alles für Mr. Heathcote gethan, was in meiner Macht stand, das Uebrige muß ich Ihnen überlassen. Sie haben jetzt für die Folgen einzustehen, ich habe meine Schuldigkeit gethan!" Tausend Gedanken burchflutheten den Kopf des jungen Mäd chens. Sie hatte ihr Wort gegeben — mehr als das sogar, sie hatte geschworen, Keziah nicht zu verrathen. Es war daher ausgeschlossen, daß sie nach Hause zurückkehrte und Erich oder irgend einen Anderen mit ins Vertrauen zog, aber gleichzeitig hing jetzt Tod und Leben davon ab, daß Philipp Heathcote un verzüglich gewarnt wurde. „Denken Sie daran", sagte Keziah mit Nachdruck, „daß keine lebende Seele außer Philipp Heathcote auch nur eine Silbe von dem, was Sie soeben gehört haben, erfahren darf, und selbst ihm gegenüber dürfen Sie nicht erwähnen, von wem Sie alles dies erfahren haben. Sie können ihm sagen, daß der Mann, der geschworen hat, ihn ums Leben zu bringen, Esra Lane ist, er wird dann verstehen, daß es sich hier nicht um ein Kinder spiel handelt, sondern daß wirkliche Gefahr vorliegt. Und nun will ich gehen, ich habe gethan, was ich konnte, und wenn Mr. Heathcote etwas geschieht, kann mich keine Verantwortung treffen." Im nächsten Augenblick war Keziah bereits hinter den Ge büschen und Bäumen verschwunden. Selbst wenn Diana den Versuch gemacht hätte, ihr zu folgen, so würde sie die Frau nicht «ingeholt haben, denn Keziah war mit der Oertlichkeit hier in Crowhurst besser vertraut, als sie. War sie doch lange genug hier gewesen. Einige Augenblicke stand das junge Mädchen schweigend in der sie rings umgebenden Finsterniß da, ihr Herz pochte so heftig, daß man fast den Schlag desselben vernehmen konnte. Doch ihr Zögern dauerte nicht lange, die Kaltblütigkeit und Entschlossenheit, die sie stets in schwierigen Lagen de» Lebens bewiesen hatte, kamen ihr auch jetzt zu Hilfe. Hier gab es nur einen Weg — hier konnte nur Eines geschehen —, sie selbst mußte nach Prior» Holm gehen und mit Philipp Heathcote sprechen!" . „Johanna!" rief sie jetzt mit freundlicher Stimme; und schnell folgte da» Mädchen dem Rufe. „Du kannst mir einen sehr großen Dienst leisten", sagte sie eilfertig. „Du kehrst jetzt nach Hause zurück, verschließest meine Schlafstubeirthür, und dann bleibst Du in meinem Ankleide zimmer. Wenn Jemand nach mir fragen sollte, so sagst Du, ich wolle ungestört sein. Wenn ich zurückkehre, und ich finde, daß die Leute bereits zur Ruhe sind, so werde ich eine Hand voll Kies gegen das Fenster des Ankleidezimmers werfen, Du kommst dann herunter und läßt mich durch «ine der Seiten- thüren ein. Hast Du mich verstanden, Johanna?" Johanna hatte sie verstanden, obgleich ihr das Benehmen ihrer jungen Herrin räthselhaft erschien — ja, sie war ganz be troffen darüber. Aber Diana hielt es nicht für nöthig, rin Wort der Erklärung hinzuzufügen, und das Mädchen kehrte nach Hause zurück, sich im Stillen über die Ereignisse des heutigen Abends verwundernd. Als das Mädchen fori war, macht« Diana sich entschlossen auf den Weg. Ihr Antlitz war sehr bleich, aber sie schritt tapfer vorwärts. Nicht einen Augenblick überkam sie die geringste Furcht bei der Aussicht auf den Spaziergang in der einsamen Gegend zu dieser vorgeschrittenen Stunde des Abends. Und einsam und verlassen war der Weg in der That. Kein Übendes Wesen war zu sehen, Niemand begegnete ihr auf d«m ganzen Wege, und ein aufgescheuchtes Reh sprang bei ihrem Anblick erschrocken davon und war bald in der Finsterniß verschwnnden. Diana wagte es nicht, den näheren Weg über di» Felder einzuschlagen, da sie mit demselben nicht vertraut wqr und fürchtete, daß sie sich verirren könne. Diesen Weg kannte sie, denn es war derselbe, den sie an jenem Junimorgen verfolgt hatte, wo sie zum ersten Male Priors Holm erblickt hatte. Wie lange das schon h«r zu sein schien! Und wa» fvar j» der Zwischenzeit Alles geschehen! Glücklicher Weise war der Mond etwas klarer hervorgetreten, so daß die Finsterniß jetzt nicht mehr eine so undurchdringliche war und Diana einen Theil des Weges vor sich zu übersehen ver» mochte. Scharf grenzten sich di« Hecken zu beiden Setten de» Weges von dem helleren Hintergründe ab, und sich zu den merk, würdigsten Gebilden formend, stiegen die Nebel von den Felder» ringsumher auf. Doch alle- dies nahm Diana nur wie in einem Traume wahr. Sie war so vertieft in die Aufgabe, die vor ihr lag, daß sie für alle äußeren Eindrücke unempfindlich war. So schnell sie ihre Füße nur zu tragen vermochten, eilte sie dahin, und e» blieb ihr wenig Zeit, auf ihre Umgebung zu achten. Plötzlich überkam sie ein furchtbarer Gedanke. Wenn nun Lane und sein Gefährte sich entschlossen, den beabsichtigten Ein bruch ein oder zwei Stunden früher zu machen, al- sie zuerst geplant hatten?! Wa- vermochte Heathcote, unvorbereitet und
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