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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.07.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000720012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900072001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900072001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-07
- Tag1900-07-20
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Der Vorschlag des socialistischen Abgeordnetem Defuisseaux be schränkte sich auf die Bergarbeiter, der Vorschlag von Professor .Hector Denis hatte die probeweise Einführung eines dem deut schen Zustand fast analogen Gesetzes zum Inhalte, und auch De Malander forderte eine obligatorische Versicherung. Die vier Gesetzentwürfe wurden einer parlamentarischen Com mission überwiesen. Unabhängig von dieser Commission setzte in demselben Jahre die belgische Regierung eine außerpar lamentarische Commission ein mit dem Auftrage, Vor schläge für eine Alters- und Jnvaliditätsversicherung zu for- muliren. Beide Commissionen haben erst im laufenden Jahre, als die Regierung aus wahlpolitischen Gründen sich gezwungen sah, noch schnell vor dem Auseinandergehen der Kammern ein Altersversicherungsgesetz zu Stande zu bringen, ihre Arbeiten abgeschlossen. Die außerparlamentarische Commission hat sich, freilich nur mit sieben gegen sechs Stimmen, gegen, die par lamentarische für das Princip der Zwangsversicherung ausge sprochen. Das Gesetz, welches von Kammer und Senat an genommen wurde, beruht aber nicht auf dem Princip der Zwangsversicherung, sondern es knüpft lediglich an das bereits seit 1891 beobachtete Verfahren der Unterstützung der an die staatliche Oswzs cks retruits angeschlossene Lociötßg äs se- courg mutuslü an. Von 1891 bis 1895 belief sich, wie Gustav Mayer in der „Soc. Prax." in einem Aufsatze über das neue Gesetz mittheilt, die Summe, welche im Budget für Ermuthigungsprämien an solche staatlich anerkannten Gegenseitigkeitsgesellschaften angesetzt war, auf nur 20 000 Frcs. Von dieser Zeit wurde diese Summe alljährlich erhöht, im Budget für 1899 betrug sie bereits 300 000 Francs, in dem für 1900 600 000 Francs. Der Einfluß dieser Ermuthigungspolitik auf die Entwickelung der Mutualitäten läßt sich nicht verkennen. Während im Jahre 1895 erst 107 Gesell schaften sich an die Staatssparcasse angeschlossen hatten, waren es 1899 bereits 940. Die Zahl der Prämienbezieher hatte sich in der gleichen Zeit von 5504 auf 66 356 erhöht. An die Stelle eines jährlichen Credits setzte das neue Gesetz nunmehr einen festen Fonds, aus welchem die Prämien gezahlt werden; die Höhe der Prämie wird festgelegt, und der Kreis der Personen, welche auf eine staatliche Zulage zu ihren Ersparnissen für den alten Tag Anspruch erhalten, erweitert sich. Eine Beitragspflicht der Ar beitgeber wird n limius abgelehnt; Invalidität, die im Mannes alter eintritt, findet keine Berücksichtigung. Während bisher nur Mitglieder von Gegenseitigkeitsgesellschaften auf eine staatliche Zulage zu ihren Einzahlungen bei der 6ais80 retraits Anspruch hatten, wird das Recht jetzt auf alle bei jener Casie versicherten Personen ausgedehnt, deren Leistungen an directen Staatssteuern nicht «in nach der Größe des Wohnorts verschieden hoch angesetzes Maximum überschreiten. Mitglieder von Gesellschaften, welche mehr als 60 Francs jährlich ein zahlen, sind von den Vortheilen des Gesetzes ebenfalls ausge schlossen. Bei den Einzahlungen wird vom Gesetz kein Unter schied gemacht, ob der Besitzer der Summe für den Fall seines Todes die Rückzahlung des Kapitals an ssine Erben ausbedingt, oder nicht. Die Staatszulage wird im Todesfälle von der Casse zurückbehalten. Die Versicherten können selbst dasjenige Lebens jahr zwischen 45 und 65 bestimmen, mit dessen Ablauf sie in den Genuß der Rente treten wollen. Die Höhe der jährlichen Staatszulage beträgt bis zu einer Einzahlung in Höhe von 15 Francs 60 Centime» auf jeden Franc. Die Prämien werden von den Versicherten so lange erhoben, bis die Gesammtheit der ihnen gut geschriebenen Ersparnisse ausreicht, um ihnen eine Jahres- und Leibrente von 360 Francs von ihrem 65. Lebens jahre ab zu gewähren. Zur Bestreitung der Kosten des Gesetze- wird ein k'on^ 8p6cial 608 äotations aUouöe3 pur I'ßtrrt pour In con- Ltitution äs p6N8ion8 äs viviile88s errichtet. Dieser Fond» wird bei der Oui88S äe8 O4pöt8 et Oonmznution unter gebracht. Gespeist wird der Fonds au- einer im alljährlichen Budget auszusetzenden Zahlung des Staat- in Höhe von 12 Millionen Francs. Um die Vortheile des neuen Gesetze» bereits heute bejahrten Personen zugänglich zu machen, enthält es 'in den Artikeln 8 und 9 gewisse Uebergangsbestimmungen. Danach genießen die jenigen zum Prämienbezug berechtigten Personen, welche am I. Januar 1900 schon das 40. Lebensjahr überschritten hatten, bei Einzahlungen bis zu 24 Franc» jährlich den Staatszuschuß von 60 CenkrmeS auf den Franc. Ferner erhalt jeder Arbeiter oder ehemalige Arbeiter belgischer Nation, der sich in Noth be findet und am 1. Januar 1901 das 65. Lebensjahr überschritten haben wird, den Anspruch auf eine jährliche Zahlung von 65 Francs. Dasselbe Recht erhalten bei Ueberschreitung der ge nannten Altersgrenze alle in Noth befindlichen belgischen Ar beiter, welche am 1. Januar 1901 wenigsten» 55 Jahre alt sein werden. Ausgeschlossen von dieser Bestimmung sind alle die Personen, welche an diesem Datum noch nicht da» 58. Jahr vollendet und während wenigsten- dreier Jahre bei der OkÜ88S xSoSrnis äs retrnits nicht mindesten» 3 Franc» per Jahr und im Ganzen 18 Franc» eingezahlt haben werden. Da» Gesetz tritt in Kraft für alle seit dem 1. Januar 1900 bei der Ouine gönSrkäs äs rstraito erfolgten Zahlungen. Um die Begrün dung von Mutualitäten auch weiterhin zu ermuthigen, enthält Artikel 12 die Bestimmung, daß die Regierung bei allen aner kannten und der lH»8s xSvSrnI« äs retrnito angeschlossenen Gesellschaften auf jede» Heft, da» für da» Jahr eine Einzahlung von mindesten» drei Franc» zu verzeichnen hat, einen Zuschuß von 2 Franc» jährlich gewährt. Die zu dieser Leistung nöthigen Credit« sollen dem Budget de» Arbeit-Ministerium» entnommen werden. Da» neut Gesetz bedeulel also eine organisch« Weiterbildung von vorhandenen Ansätzen und Einrichtungen. „Wäre e»" — so urtheilt Mayer mit Recht — „möglich gewesen, auf diese Weise ein» wirksam« und ausreichende Altersversicherung zu schaffen, so hätte das Einschlagen dieses Weges durch die Re gierung alles Lob vervient. Aber der Weg, den die belgische Re gierung eingeschlagen hat, ist ungangbar. In dem Lande des Änalphabetenthums und des Alkoyolismus pur oxesllouco, in einem Lande, wo der Staat sich bisher weder um die Versiche rung des Arbeiters gegen Unfall noch gegen Krankheit tvmmert, ist die Begünstigung der Besitzer von Versicherungs- caffenbüchern durch Staatszuschuß eine viel zu schwache Psycho logische Triebfeder, als daß durch sie die Altersversicherung all gemein gemacht werden könnte. Die große Mehrzahl der belgi- chen Arbeiter, welche moralisch und intelectuell unter dem Niveau des deutschen Arbeiters steht, könnte nur durch Zwangs versicherung veranlaßt werden, für die Zeit des Alters vorzu- orgen. Welch' ein hoher Grad von Widerstandsfähigkeit gegen über den Bedürfnissen des Tages und den Anreizungen der Stunde gehört dazu, um sich für ein so entfernt liegendes Ziel wie die Versicherung auf den alten Tag, Entbehrungen auszuer legen! Und selbst gar nicht psychologisch, sondern rein ökonomisch betrachtet: Wie viele Arbeiter werden im Stande sein, jahraus, jahrein, regelmäßig die Einzahlungen bei den Sparcaffen vorzu nehmen? Werden nicht Krankheit, Arbeitslosigkeit und Fa milienereignisse es ihnen beim besten Willen oft unmöglich machen? Es ist ganz zweifellos, daß das neue Gesetz nur einer Elite von Arbeitern zu Gute kommen wird, und daß die Wohl- thaten, die es verspricht, gerade den Bedürftigsten unerreichbar bleiben werden. Die Einwände allgemeiner und specieller Natur, welche in den vom Finanzminister und vom Minister für Arbeit und Industrie unterzeichneten Motiven gegen das Princip dec obligatorischen Versicherung ins Feld geführt wer den, müssen gegenüber den vorerwähnten Bedenken völlig ver blassen." Me Mayer hört, beabsichtigt Professor Hector Denis, der unermüdliche Vorkämpfer für ein System obligatorischer Ar- beiterversicherung, in Belgien nach dem Zusammentritt des Par laments sofort einen Feldzug für die Revision des Gesetzes zu eröffnen. Für die Deckung der Kosten der von ihm angestrebten umfassenden Versicherung gedenkt er die Einführung einer Ein kommensteuer, einer Erbschaftssteuer und das Tabakmonopol zu beantragen. Leider ist wenig Aussicht Vorhand,n, daß die Re? gierung und die klerikale Majorität seine Vorschläge in Er wägung ziehen werden. Der australische Bund. NL6. Nachdem die Königin Victoria am 9. d. M. der vor wenigen Wochen vom englischen Parlament beschlossenen Bundesacte ihre Unterschrift ertheilt hat, bespricht der bekannte Colonialpolitiker Lr. Alfred Zimmermann in Nr. 29 der „Deulschcn Colonialzeitung" die Entstehung und Organi sation dieser Föderation. In der Darstellung der Entwickelung der Angelegenheit interessiren besonders die Puncte in dem auf gestellten Bundesplan, welche in England beim Publicum, wie bei der Regierung auf Widerstand stießen. So verlangten die Australier volle Freiheit für ihr Bundesparlament in aus wärtigen Angelegenheiten und insbesondere in Bezug auf die Inseln des Stillen Oceans. Sie forderten ferner, daß für britische Schiffe in ihren Gewässern die australische Gesetz gebung maßgebend sein solle. Und endlich stellten sie an Eng land das Ansinnen, auf das Recht zu verzichten, die oberste Appellinstanz in australischen Angelegenheiten zu sein. Nach dem Bundesplan sollte das altehrwürdige oberste Gericht Eng lands, das Privy Council, auf Australien allen Einfluß ver lieren und durch ein eigenes australisches oberstes Appellations gericht ersetzt werden. — Erregten die ersterwähnten Puncte wegen der daraus sich möglicher Weise ergebenden internatio nalen Schwierigkeiten Bedenken, so galt die letzte Forderung Australiens von vornherein in England als unannehmbar. Da die Australier ihrerseits wiederholt bestimmt erklärten, auf irgend welche Aenderungen des Gesetzentwurfes nicht eingehen zu können, da dann neue langwierige und kostspielige Volks abstimmungen nöthig würden, schien das Gesetz daran zu nächst scheitern zu sollen. vr. Zimmermann schildert anschaulich, mit welchem Geschick Mr. Chamberlain es verstanden hat, diese Schwierigkeiten zu überwinden und die australische Föderation ins Leben treten zu lassen. Auf seinen Vorschlag ist der alte Privy Council durch einen obersten Appellhof für das ganze britische Reich er setzt worden. In diesem höchsten Gericht sollen Canada, Australien, Südafrika und Indien je durch einen Richter ver treten sein, der die Pairswllrde, lebenslänglichen Sih im Hause der Lords und ein jährliches Einkommen von 120 000 aus der Casse Englands erhält! Nach dem 1. Januar 1901 werden nunmehr, wie der Artikel weiter ausführt, voraussichtlich die fünf genannten Colonien einen Bundesstaat bilden, nebn dem nur noch Westaustralien und Neu-Seeland als unabhängige Colonien stehen. An die Spitze des Bundesstaates tritt ein auS dem Senat und Repräsen tantenhaus« zusammengesetztes Parlament. Dem Senate sollen mindestens fünf vom Volke direct für sechs Jahre gewählte Ver treter jeder Kolonie, die in Zukunft den Titel „Staat" erhält, dem Repräsentantenhause die doppelte Zahl Vertreter angehören. Die Festsetzung der Zahl der Senatoren und danach die der Abgeordneten erfolgt nach Maßgabe der Höhe der Bevölkerung jedes Staate». Vertreter der Königin ist ein von ihr zu er nennender Generalgouverneur, dem der Bund ein Einkommen von 200000 zahlt. Da» Bundesparlament übt fortan die Gesetzgebung in allen Fragen des Handel», der Zölle und Steuern, der Staatsschulden, des Post- und Telegraphen dienstes, der Vertheidigung, der Leuchtthürme und dergleichen, deS Wetterdienstes, der Quarantäne, der Fischerei, der Wäh rung, deS Dank- und Versicherungswesens, deS Wechselrechts, de» ConcurSrechts, deS Patentwesens, der Maße und Gewichte, der Staatsangehörigkeit, des EherechtS, der Invaliden- und Altersversicherung, deS öffentlichen und deS Fremdenrechts, der Ein- und der Auswanderung, der auswärtigen Angelegenheiten, der Beziehungen der Südseeinseln zum Bunde, deS EigenthumS- erwerbs, der militärischen Bahntransporte, des Erwerbs und de» Baue» von Eisenbahnen, der Streitigkeiten zwischen Fabri ¬ kanten und Arbeitern, der Verfassung, sowie aller von Einzel staats-Parlamenten überwiesenen Sachen. Der noch nicht bestimmte Sitz der Bundeshauptstadt soll mindestens IM Kilometer von Sydney entfernt sein, dabei gute Verbindungen besitzen und sich angenehmer Lage erfreuen. Sitz des Parlaments ist vor der Hand Melbourne. Zum ersten Generalgouverneur ist soeben der Earl of Hopetoun er nannt worden. Von besonderem Interesse für Europa wird es sein, wie sich die schwierigen Finanzverhältniffe der australischen Colo nien unter der neuen Verfassung gestalten werden und welche Handelspolitik von dem Bunde beobachtet werden wird. Die Wirren in China. Eine zweite Meldung deS Chefs des deutschen Kreuzer- geschwaderS auö Taku vom 16. Juli enthält folgenden Bericht des CapitänS zur See v. Usedom: Infolge der Angriffe am 13. Juli wurde am 11. Juli früh ein Sturm auf die Chinesen stadt durch die Japaner, Engländer und Amerikaner unternommen. Die kaum noch widerstehende Stadt kam in die Hände der Berbündcten. Auf der Ostseite dauerte am 14. Juli Nachmittags noch der Kampf der Russen um den Besitz des chinesischen Lagers an. Am 15. Juli früh webten auf der Citadelle im chinesischen Lager russische Fahnen und damit war die Eroberung der Stadt zu Ende. — Weiter berichtet er über das Gefecht vom 13. Juli früh: Ich war im Hauptquartiere des Bice-Admirals Alexejew. Betheiligt waren die Compagnien Wedding vom „Gefion" und von der „Irene" und Kopp von der „Kaiserin Augusta". Wenige Stunden nach Beginn deS Angriffs ereignete ich 600 in von der deutschen und russischen Infanterie eine ungeheure Explosion, sodaß viele Leute umsielen, und die Maulthiere der französischen Gebirgs-Artillerie durchgingen. General Stössel war der einzige Leichtverwundete dabei. Er äußerte, er habe nie bessere Soldaten, als unsere Matrosen gesehen. Stöffel hat bei allen Kämpfen um Tientsin die Russen und Deutschen in hervor ragender Weise geführt. Da^. die Deutschen a» diesem Tage so wenig Verluste hatten, liegt an ihrem sehr schnellen und sprungweisen Vorgehen. Um 7 Ubr wurde gemeinschaftlich mit den Russen die chinesische Stellung mit 12 Geschützen genommen. Unsere Leute machten um 9 Ubr troltz einem zehnstündigen Marsche einen frischen Eindruck. Sie wurden in diesen Stellungen aus Geschützen von der Citadelle bis 11 Uhr ohne Verluste beschossen; nur v. Wolf erhielt beim Abmarschiren nach der Ablösung durch frische Truppen einen Shrapnellschnß inS Knie. Die ermüdeten Compagnien rückten gegen 1 Uhr in ihre Quartiere. Am 14. Juli früh war v. Usedom mit zwei Reserve-Compagnien, die aber nicht gebraucht wurden, für kurze Zeit in der Chinesenstadt, die bereits in Brand gesteckt und verwüstet war. Der größte Antheil an ihrer Eroberung fällt den Japanern zu. In der letzten Zeit hatte die immer zahlreicher auftretende chinesische Artillerie immer heftiger geschossen; sie selbst war verhältnißmäßig gut geschützt. Das deutsche Consulat, die Bank und der Club, wo unsere Verwundeten sich befanden, wurden fast täglich getroffen. Dies hinderte das nothwendige AuSruben zwischen den großen Marschstrapazen. Der Erlaß von Majestät, betreffend Belohnung für Befreiung der in Peking Eingeschlossencn findet bei allen Nationen hier dankbare Aufnahme. Der Erlaß ist verbreitet. Japanischer Consul in Tientsin hofft Boten für Peking finden zu können. Am 15. und 16. trafen ein: etwa 1000 Japaner als erster Theil der in Aussicht gestellten Division, am 16. erster Dampfer mit indischen Truppen. Weitere Depeschen: * Berlin, 19. Juli. „Wolfs's Telegr.-Bureau" berichtet aus Tschifu unter dem 18. Juli: Amerikanische ZeitungS- berichterstatter berichten, daß die Fremden in Peking am 6. Jnli einen Ausfall gemacht hätten, darauf aus Geschützen beschossen worden seien und sich seit dem 9. Juli in bombensicheren Verstecken befänden. Der Kaiser sei todt, und Prinz Tuan habe den Thron an sich gerissen. General Nieh, der zu Gunsten der Fremden aufgetreten sei, sei zum Selbstmord gezwungen worden. — Ein deutscher Postdampfer hat berichtet, am 7. Juli hätten sich die Fremden in Peking noch am Leben befunden. (Diese Nachricht gehört unter die gewöhnlichen Tatarennachrichten. Wir halten sie für durchaus falsch, worum haben wir schon bei anderen Gelegen heiten auSgeführt. D. Red.) * London, 19. Juli. „Daily Expreß" berichtet auS Shanghai unter dem 18. Juli: Heute ist ein« seltsame Entdeckung gemacht worden. Wie erinnerlich, war im vergangenen Herbst viel die Rede von einem Bündnisse zwischen China und Japan; die Kaiserin.Wittwe hatte Liuschoschun al» Special- commissar nach Tokio gesandt. Jetzt vrrlautet (auS unzweifel hafter Quelle, Liuschoschun sei beauftragt gewesen, dem Kaiser von Japan Vorschläge für einen geheimen Vertrag zu machen, dessen Zweck sei, jeden europäischen und amerikanischen Einfluß zu vernichten und alle Fremden In China und Japan niederzu metzeln. China und Japan sollten dann da» ganze Lstasien von Berina bi» Sibirien unter sich theilen. Li-Hung-Tschang habe die Vorschläge in Depeschen befürwortet, die er an Len Marquis Ito und an den Kaiser von Japan gerichtet habe. Dieser habe eS aber obgelehnt, über die Vorschläge zu verhandeln. Nichts destoweniger habe Liuschoschun ihm einen von Lt-Hung-Tschang und dem Taotai Scheug abgefaßten geheimen Code übergeben, mit dessen Hilfe der Kaiser mit der Kaiserin-Wittwe hätte correspondireu können. Der Code sei niemals benützt worden. Daß er existier, sei nur dem englischen Auswärtigen Amte bekannt. * Shanghai, 19. Juli. (Reuter'« Bureau.) Amtlich. Die fremden Frauen »nd Kinder sind ausgefordert worden, die Häsen am Yangse-Kiang zu verlassen. Am Poyang-Sr», in der Nähe von Kiukiong, ist ein Aufruhr au-gebrochen; mehrere Missionare wurden getödtet, und die Kirchen eingeäschert. Der Telegraph zwischen Hankau und Kiukiang ist unterbrochen. * Madrid, 19. Juli. Nach einer Aeußerung des Minister präsidenten Silvela wird Spanien ein Kriegsschiff nach China senden, wenn sich die Nachricht von den Niedermetzrlungen in sZeking bestätige. Im Fall der Entsendung von Truppen nach China würde, nach einer Erklärung des Kriegsministers, Marine- Infanterie dorthin beordert werden. - - * Neapel, 19. Juli. König Humbert besichtigte beute, überall jubelnd begrüßt, das Arsenal und die drei Dampfer, die die italienischen Truppen nach China bringen. Nach der Besichtigung richtete der König an die versammelten Mann- chaften folgenden Tagesbefehl: „Ich entbiete Euch Meinen und des Vaterlandes Gruß und wünsche Eueren Waffen alles Glück. Ihr zieht in ein fernes Land, wo unsere Fahne beschimpft worden ist, nicht zum Zwecke der Eroberung, sondern einzig und allein zur Vertheidigung des geheiligten Völkerrechts und der mit Füßen getretenen Humanität. Bei Eurer Mission werdet Ihr, wie chon früher, die Soldaten der mächtigsten Nationen der Welt zu Kameraden haben. Haltet gute Kameradschaft mit ihnen und be- müht Euch, das hohe Prestige der italienischen Armee und die Ehre unseres Vaterlandes zu wahren! So zieht denn voller Vertrauen hinaus! Ich begleite Euch im Geiste. Gott segne Euer Thun!" - * Petersburg, 19. Juli. („Russische Telegraphen-Agentur".) Auf Grund der einschlägigen Gesetze werden das Amur-Gebiet, der erste District des ChabarowSkischen Bezirks, ein Theil des Küstengebiets, sowie die Städte Blagoweschtschensk, Chabarowsk, Nikolsk, Ussnri und Wladiwostok als seit dem 17. Juli im Kriegs zustände befindlich erklärt. * Petersburg, 19. Juli. Der Contreadmiral Skrydlow ist bei seiner Ernennung zum Chef des Geschwaders im Stillen Ocean zum Viccadmiral befördert worden. * Petersburg, 18. Juli. (Ergänzt.) (Meldung der „Russischen Telegraphen-Agentur") Dem Generalstab wird aus Chaborowsk vom 15. d. MtS. gemeldet: Die Bewegungen General Gribs't am linken Amurufer gegenüber Aigun und di« Beschießung Blagowjestschensk beweisen, daß di« Lhinrstu sorgfältig vorberestet und mit viel Munition versehen sind. Auf d«r Linie Aigun« Sachalin sind chinesische Truppen mit Artillerie zusammengezogen. Im Bezirk Zanseijsk verblieben in den mandschurischen Dörfern nur Greise, alle Waffenfähige verließen das rechte Amurufer. Im Bezirk VasenSky streifen bewaffnete Chinesen, auch in den Bezirken Giltschinsk und Zavitinsk bilden sich bewaffnete Gruppen. Die Truppen des Generals Gribski sind nach Blagowjestschensk zurück gekehrt. — Unterm 13. Juli wird aus Chabarowsk gemeldet: Oberstleutnant Winilga, welcher in östlicher Richtung von der Station Taimagn vorrückte, wurde am 9. Juli bei Charbin von Chinesen überfallen. Die Letzteren wurden zerstreut, die russische Sotnie verlor einen Tobten und einen Verwundeten. Die An gestellten der 11. Section der Bahn vereinigten sich bei der Station Mudanjcjan. Alle Stationen der Sektionen wurden angezündet uud geplündert. Die Telegraphenverbinduug mit Charbin ist gestört. In der Stadt selbst ist die Lage bedenklich. Infolge der kritischen Lage in Blagowjestschensk er hielt General Gribski Verstärkungen. Wegen der Lage dieser Stadt an der Grenze ist man um die Sicherheit der Eisen- bahnarbeiter der mandschurischen Bahn in großer Brsorgniß. Die 5. Section der Bahn ist bereit» verlassen, auch die Section Ryschows ist von der Schutzmannschaft verlassen und die östliche Section ist geräumt worden. ES verlautet, Charbin sei in west- licher, südlicher und nördlicher Richtung abgeschnitten. Die dortige Schutzmannschaft befehligt General Gerngroß mit dem Hauptingenirur Jugowitsch, deren Umsicht e» zu danken ist, daß Schanzen zur Vertheidigung Charbins aufgeworfen worden sind. Die südliche Section Charbin» ist gleichfalls von den Arbeitern verlassen, die nach Norden abgingen; ebenso die zweite. General Gerngroß schickte 500 Mann zur Rettung, wie auch General Alexejew mit Schutzmannschaft nach Charbin commandirt wurde, uud auS Nikolsk General Tschitschagow mit Truppen gegen die Rebellen ausgrbrochen ist, desgleichen General Orlow mit Truppen au» Staro-Zuruchajtu, so daß die Hoffnung vorhanden ist, die Grenze und die Arbeiter schützen zu können. Da» Benehmen der Chinesen den Russe» gegenüber unter scheidet sich von den anderen Nationen gegenüber beobachteten da durch, daß sie die Russen ausfordern, da» chinesische Gebiet zu ver lassen, während Andere sofort angegriffen werden, wa» sich durch die guten ökonomischen Beziehungen beider Reiche erklärt. Auf der östlichen Section der Eisenbahn arbeiten di« Chinesen noch, sodaß Hoffnung vorhanden ist, durch freundschaftliche energische Maßregeln nach Ansicht de» Generalstab» und de» Finanz ministerium» Ordnung und Ruhe wieder herzustellen, da auch Ruß land an Krieg nicht denke und ihn nicht wünsch«. In Tientsin ist die Lage schwierig, da 150000 Chinesen «nd 221 Kanonen in der Umgebung der Stadt stehen. In Schantung wird die chinesische Miliz auf 450 000 Mann geschätzt. Nach Ansicht de» Generalstab» werden di« Berbündeten bi» zum 21. August 75000 bis 80 000 Mann zur Brrfügung habe«. — I« Tientsin führt den Oberbefehl über die verbündeten Streitkräfte Bice-Admiral Alexejew mit dem Befehlshaber der japanischen Truppen. Dem Finanzministerium sind au« Dono vom Ches der „Chinesischen Bahn" Nachrichten zugegaogen. Danach wird von der 2. Section gemeldet, daß die dortigen Bahnarbeiter, sowie die Bediensteten und die Schutzmann schaft zum größten Theil am 12. Juli in Staro-Zuruchajtu anlangte», von wo sie sich nach Dono begeben; eine klein« Parti« befindet sich «« de, russischen Grenze bei vabaraitu und Lasantschu; rin anderer Theil arbeitet im Wald« bei der Herstellung von Schwellen. Di« Arbeiter der S. Sektion be finde» sich in Novo-Zurnchajtn und in der Station Lhailar, wo chinesisch^nandschurisch« Truppe« stehen. In Lhaila ist di« Lelegraphenverbindung gestört. Di« Borräth« ans de» Stationen
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