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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000727016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900072701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900072701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1900
- Monat1900-07
- Tag1900-07-27
- Monat1900-07
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Der Verfasser geht davon aus, daß bei der Bewegung zu Gunsten der Vermehrung unserer Flotte ein großer Theil der Bevölkerung Deutschlands über die Bedeutsamkeit der deutschen Interessen im Auslande aufgeklärt worden sei. „Schon damals", führt er aus, „hätte jeder Kenner der Verhältnisse im Auslande sich sagen können, daß die Flotte allein der Aufgabe, deutsche Interessen draußen zu schützen, nicht gewachsen ist." Als Or. von Wissmann im Jahre 1888 den Auftrag erhielt, tzse erste deutsche Colonialtruppe zu organisiren, geschah dies, weil man einsah, daß die Marine allein in Deutsch-Ostafrika kaum im Stande sein werde, deS Aufstandes, der dort aus gebrochen war, Herr zu werden oder jedenfalls mit zu unver- hältnißmäßig großen Opfern. Unsere Waffen weit hinein in das Innere eines fremden Landes zu tragen, dazu gehört, wie der berühmte Durchquerer Afrikas bemerkt, eine ganz andere Organisation, als sie für die Marine, also die Besatzung der Schiffe, möglich ist. Entweder müßten die Kriegsschiffe mit Mannschaften übermäßig besetzt werden, was große Nachtheile hätte, oder aber die Schiffe würden auf bedenklich lange Zeit von dem größten Theile ihrer Besatzung entblößt werden und man müßte schon eine Riesenflotte haben, um eine einigermaßen starke Truppe von den Schiffen zu weiteren, länger andauernden Expeditionen an Land zu schicken. Wo es sich also um mehr handelt, als eine Beschießung der Küstenorte von den Schiffen aus und eine kurze Landung, deren Operation stets in nächster Verbindung mit ihrer Basis, mit den Schiffen, bleiben müssen, kann nach der Ueberzeugung Major von Wissmann's die Be satzung der Schiffe nicht mehr genügen und muß eine andere Organisation geschaffen werden. Auf die Frage, ob die Verwendung von Theilen der Armee in überseeischen Ländern gesetzlich möglich sei oder nicht, geht der Verfasser nicht ein; er bemerkt nur, daß seiner Meinung nach die Worte in dem Schwure jedes Soldaten, Laß er nicht allein zu Lande und zu Wasser, sondern wo es auch immer sei, seinem Vaterlande mit der Waffe in der Hand zu dienen hat, klar genug sprechen. Aber die militärischen Behörden seien, wie jetzt anläßlich der chinesischen Wirren, so auch seinerzeit bei dem Aufstande in Ostafrika, der Meinung gewesen, daß eine Truppe von Freiwilligen angezeigter sei, und Las um so mehr, weil in einigen unserer Colonien die Verwendung weißer Truppen zum Fechten ausgeschlossen ist. Herr von Wissmann weist darauf hin, daß dieser Punct auch in der Lage, in welcher wir uns jetzt befinden, vielleicht noch zur Sprache kommen werde. „Für Nordchina ist der deutsche Soldat noch gut verwendbar. Sollten wir auch im Süden zu Lande, wo ja fast ein tropisches Klima ist, zum Fechten gezwungen werden, so würden wir wahrscheinlich auch Truppen zu Hilfe nehmen müssen, die tropischen Klimaten entnommen sind. Da aber Liese Truppen nur von einem weißen Personal ausgebildet und geführt werden sollten, so wird man, wenn man plötzlich unsere Colonialtruppen zu vermehren gezwungen ist, auch Lasur Sorge tragen müssen, ein Führer- und Aus bildungspersonal zu organisiren, das man stets zur HanL hat; und dies läßt sich sehr gut mit der Ausbildung einer europäischen Truppe für Verwendung in fremden Ländern vereinigen." An Menschenmaterial für eine solche deutsche Stammtruppe werde es nicht fehlen, von Wissmann erinnert daran, daß er seiner Zeit bei Organisationen der sogenannten „Wissmann- Truppe" mit Meldungen geradezu überschüttet worden sei und schon damals die Ueberzeugung habe äußern können, Deutsch land habe, falls es einer großen Colonialtruppe bedürfe, aus reichendes Material zur Verfügung. Zahlreiche Deutsche dienten in der englischen Armee und in der französischen Fremdenlegion; in jedem Kriege, der auf dem Erdball aus gefochten werde, finde man sie in den Reihen fremder Colonial truppen. Als unbedingt erforderlich bezeichnet es der Verfasser, daß die Truppe in ihrer Löhnung und Verpflegung so gestellt wird, Wie es durchaus nöthig ist, ähnlich der englischen Armee. „Schon die Stammtruppe in der Heimath muß sehr viel besser belohnt werden, als unsere Armee; wird sie doch zum größten Theile aus schon gedienten Leuten bestehen, die sich auf längere Zeit und nachdem sie schon ihre Pflicht dem Vater lande gegenüber erfüllt haben, zum Kriegsdienste melden. Für sie wird der Kriegsdienst dann ein Beruf, ein Geschäft, Las sie ernähren muß und bei dem sie auch für ihr späteres Leben ge sichert werden müssen." „Ich glaube", fährt von Wissmann dann fort, „es leuchet Jedem, der nicht itn Princip Gegner unserer Colonialpolitik ist, der andererseits einsieht, daß Deutschland eine Aufgabe, die es einmal übernommen hat, auch durchführen muß, nach Allem, was in den letzten Jahren von berufener Seite geschrieben und gesprochen ist, ein, daß wir neben einer starken Marine auch einer Truppe bedürfen, die überall auf der Welt, wo deutsche Interessen auf dem Spiele stehen — und das ist fast in jedem Winkel unserer Erde der Fall — verwendet werden kann." Daß wir die Mittel dazu haben, eine solche Truppe zu schaffen, ergiebt nach dem Verfasser ein kurzer Vergleich der Inanspruchnahme des Steuerzahlers in Deutschland und anderen europäischen Großstaaten; daß nicht nur das Menschenmaterial, sondern auch die Fähigkeiten für das Ausbildungs- und Führer personal vorhanden seien, hätten wir in unseren, wenn auch bisher nur in kleinem Stile durchgeführten Colonialkriegen wohl bewiesen. Nicht nur stehe unsere Armee, was den Ersatz, die Organisation und die Ausbildung des Führerpersonals an betrifft, in erster Reihe, sondern selbst jeder offene Engländer und Amerikaner gebe zu, daß der Deutsche ein guter Colonisator sei und sich leicht in fremde Verhältnisse hineinfinde. Daher werde uns die Organisation einer guten Colonialarmee leichter werden, als den meisten anderen Nationen. „Ich führe", fährt Major von Wissmann fort, „das Urtheil über die Colonisationsfähigkeiten des Deutschen deshalb hier an, weil ich meine, daß eine deutsche Colonialtruppe nicht allein ihren ersten Zweck, den Schutz der deutschen Interessen gegen Vergewaltigung, mit Erfolg übernehmen kann, sondern weil ich auch einer Colonialtruppe noch eine andere, große Ausgabe stelle: die, Pioniere zu werden für eine fcködliche Colonisation. So sollte meiner Meinung nach die Ausbildung einer Stamm truppe nicht einseitig militärisch sein, sondern möglichst vielseitig auch für die Arbeiten des Friedens. Die Stammtruppe sollte ermöglichen, fertige, aus deutschen Soldaten bestehende Truppen nach solchen Ländern schnell senden zu können, in denen der Europäer selbst fechten und arbeiten kann. Sie sollte in zweiter Linie stets ein Personal in Bereitschaft haben, das zur Aus bildung und Führung von Truppen befähigt wäre, die aus irgend welchen fremdartigen, eventuell wilden Völkerschaften formirt werden müßten. Wir können unmöglich hier in Deutschland Sudanesen oder irgend welche Neger in großer Zahl ausbilden, um sie dann nach Bedarf wegschicken zu können; wir können aber ein Personal wohl ausbilden, welches einer schnellen Organisation einer solchen Truppe gewachsen ist und eine schon vorbereitete, eine schon in ihrer Heimath ausgebildete Truppe übernehmen und führen kann. Es ist hier kaum am Platze, ein Programm zu entwerfen, wie man am besten sowohl eine europäische Colonial-Stamm- truppe, als auch ein Führerpersonal für Truppen von Ein geborenen ausbilden könnte. Nur darauf will ich Hinweisen, daß beides für uns nöthig ist und daß man in unseren Colonien, die in Klimaten liegen, in 'denen nur farbige Truppen fechten können, Vorsorge treffen sollte, daß jede solche Colonie mehr Truppen zur Verfügung hat, als sie für ihre eigene Sicherung und ihren Polizeidienst braucht. Es ist deshalb nicht nöthig, die Schuhtruppen in diesen Colonien stark zu vermehren, sondern man kann unausgesetzt Eingeborene ausbilden und zur eventuellen Einberufung dann entlassen zu irgend welchem anderen Gouver nementsdienst oder zur Arbeit und Beschäftigung bei großen Culturunternehmungen in unseren Colonien (Eisenbahnen, .Wegebau u. s. w.). Ein gewandter Colonialbeamter wird schon eine der Colonie nützliche Bereitschafts-Organisation solcher Reserven zu finden wissen. Der Vorzug wäre ein vielseitiger; denn nicht allein könnten wir dann aus unseren Colonien Truppen nach ähnlichen Klimaten senden, wie dies vielfach England thut, meist von Indien aus oder auch vom Sudan, sondern jeder Gouverneur hätte in seinem eigenen Gebiete die Möglichkeit, seine Truppen im Bedarfsfälle schnell zu verstärken. Wenn nebenbei eine gute Stammiruppe und ein guter Stamm von Officieren und Unterführern in Deutschland in Bereitschaft steht, so sind wir allen Verhältnissen gewachsen; wir können deutsche und auch dem Tropenklima gewachsene Truppen unter guter Führung ohne Zeitverlust dorthin senden, wo Deutsch lands Interessen bedroht sind." Diese klaren, anregenden und an neuen Gesichtspunkten reichen Ausführungen werden allseitige Beachtung finden. Der Verfasser wird, nachdem er so die praktisch-militärische Seite behandelt hat, in dem zweiten Theile seines Aufsatzes die Angelegenheit von moralischen und national-wirthschaftlichen Standpuncte aus erörtern. Man darf der Veröffentlichung der weiteren Abschnitte der Arbeit mit besonderen Interesse ent gegensehen. Die Wirren in China. Auch bei den Fußartillerie-Negimentern ist an gefragt worden, so schreibt man der „Schlesischen Zeitung" aus Berlin, wer freiwillig an der Expedition nach Ostasien theilnehmen will, und zwar für besonders auszustcllende Haubitz-Formationen. Die Fußartillerie führt als schwere Artillerie des Feldheeres die 15 - om-Haubitze, welche Langgranatcn von 40 Icg mit etwa 7,5 k^ Granat füllung über 6 km weit mit vorzüglicher Treffsicherheit schleudert. Sie wirkt naturgemäß entsprechend mehr, wie die neue Feldbaubitze der Feldartillerie; sie durch schlägt alle feldmäßig ausgeführten Eindeckungen und ist geeignet, auch Mauerwerk von großer Stärke zu zer stören. Es kommt dies vor allem bei dem Kampfe um Peking in Frage — wenn sich die Chinesen dort so lange halten sollten, bis das neu ausgestellte Expeditionscorps in China ist, wo die stärkste Befestigung aus dem Mittelalter sich vorfindet, Mauern von 10^/« Meter Höhe und 18 Meter Breite, innen mit Erde, einem Wall ähnlich, ausgesüllt. Feldgeschützen hält dieses alte Mauerwerk verhältniß- mäßig lange Stand, aber dem 15-Centimeter-Kaliber gegenüber bietet es nicht lange Schutz. Auch die vorspringenden Thürme und Thore der Befestigung Pekings würden nach kurzer Beschießung zerstört werden können und ihren Zweck, die Mauer durch Feuer aus Ge schützen oder auch nur mit Gewehren flankircn zu können, nicht lange erfüllen, so daß ein Sturm über die in Bresche gelegte alte Mauer ohne große Menschenopfer selbst bei hart näckiger Vertheidigung möglich würde. Es ist noch nicht bekannt, welche schweren Kaliber seitens der anderen Mächte mitgeführt werden, aber es würde Wohl angezeigt sein, deutscherseits von vornherein so viel 15-cm-Haubitzen mit zunehmen, daß wir Deutschen an der entscheidenden Stelle selbst genug Kraft entfalten könnnen, um Bresche zu schießen und unseren Truppen die Wege zum Sturm zu bahnen. Zum mindesten würde dabei wohl ein Bataillon Fuß- artillerie, wenn nicht aus vier, so doch wenigstens aus drei Batterien bestehend, erforderlich sein. Die Berichte von den Kämpfen bei Tientsin lassen ebenfalls erkennen, daß die Chinesen sich zu decken verstehen. AuS unsichtbaren Stellungen brachten sie dort den Nüssen empfindliche Verluste bei. Auch für diesen Fall, zur Bekämpfung gedeckt aufgestellter Geschütze oder von Schützen hinter Deckungen, würde die Haubitze der Fußartillerie Hervorragendes leisten. Wir denken dabei und stellen in Vergleich die Wirkung, die sich bei der Fußartillerie-Schießübung bei Kempen im vorigen Herbste zu erkennen gab. Wenn als Ultima ratio regis ein Geschütz berufen ist, so ist es die 15-cm-Haubitze. Auch zur Besetzung und Vertheidigung eroberter Plätze würden schwere Kanonen erforderlich sein, wie viele, hängt von dem Lauf der Er eignisse ab. Wir möchten rathen, ein weiteres mit Kanonen schweren Kalibers ausgerüstetes Bataillon rechtzeitig zu for« miren und zur Verwendung bereit zu stellen. * Berlin, 26. Juli. Der „Germania" zufolge ist gestern im Mifsionshause Steyl vom Procurator der Mission Bartels folgen des Telegramm aus Tientsin eingetroffen: Die Missionare leben noch, sechs leben im Innern, die übrigen hier, Bischof Anzer ist seit einigen Tagen in Steyl und wird demnächst zu der Mission zurückkehren. (Wiederholt.) * Genua, 26. Juli. Der hiesige deutsche Generalconslll richtete an den Bürgermeister von Genua rin Schreiben, in dem er seinen lebhaften Dank für die Sympathie-Kundgebungen au»spricht. die für die deutschen Soldaten veranstaltet worden sind. * Petersburg, 26. Juli. Die „Nowoje Wremja" warnt davor, sich bet den Verhandlungen mit China mit leeren Ver sprechungen Hinhalten zu lassen. Tie chinesische Regierung habe es meisterhaft verstanden, die Wachsamkeit der Diplomatie Europas unmittelbar bis zum Ausbruch des Ausstandes einzuschläscrn. Darum müßten von China energisch und hartnäckig eine sofortige ent scheidende Handlung, aber keine Worte verlangt werden. Die „Nowosti" sprechen sich dahin au», daß sich Europa nicht darauf beschränken dürfe, von China eine Entschädigung oder Genugthuung zu fordern. China habe seine Unfähigkeit, zu regieren, bewiesen. Deshalb seien die Truppen der Mächte so lange in China zu belassen, bi» sich mit voller Klarheit herausgestellt, daß sich ähnliche Vorgänge nicht wiederholen. Die Chinesen würden bald wahrnehmen, daß sie unter dem Schutze der euro- päischen Bajonette friedlicher und sicherer leben, als unter der Willkürherrschaft der Mandarinen. * Petersburg, 26. Juli. (Russische Telegraphen-Agentur.) Ein Telegramm des CollegienrathS Wachowitsch aus Hankan vom 22. d. M. besagt, daß die Aufregung der Chinesen gegen die Christen immer stärker wird. Der englische und der amerikanische Consul empfehlen ihren Landsleuten, ihre Familien nach Shanghai zu schaffen. Der Vicekönig ist bemüht, die Ordnung ausrecht zu erhalten und trifft Maßnahmen zum Schutze der Fremden. — Einem Telegramm des Staatsraths Pawlow aus Soeul vom 23. d. M. zufolge meldet der Unter- officier Filipenko, der Chef der Abtheilung in Jnshu: Ein De tachement der Eis e n b a h n - S ch u tz w a ch e stand in Mukten undLiaojan. DieChinesen tödteten den Führer des Detachements Leutnant Walewski, 10 Soldaten und 4 Freiwillige. Die Abtheilung hatte täglich Gefechte und mußte sich mit dem Bajonet den Weg bahnen. Sie wurde von einem koreanischen Osficier freundlich ausgenommen und unter Mitwirkung der koreanischen Be hörden mitallemNothwendigenversehen. DieAbtheilung marschirt nach Pinjan, wohin ein Arzt beordert worden ist, um die Verwundeten nach Soeul zu überführen. Der Kaiser befahl, unseren Leuten die freundlichste Aufmerksamkeit zu widmen. — General Grodekow meldet vom 24. d. Mts. aus Chabarowsk, daß am Nachmittag der Dampfer „Alcxy" mit einem Detachement unter dem Befehl des Obersten Servianow an Bord von Chinesen beschossen worden ist. Bei Ankunft des Dampfers am Landungsplatz wurden viele Feuer gesehen und Signale gehört. Ein Kosakenofficier zeigte sich an dem Dampfer und bat um Hilfe. Oberst leutnant Wrothowski erhielt Befehl vom General GrobSki, alle chinesischen Posten zu vernichten. Er nahm das Kosaken- commando an Bord des Dampfers und besetzte vier Werst weiter das chinesische User mit zwei Compagnien, die, als sie sich einem chinesischen Posten näherten, mit starkem Gewehrfeuer empfangen wurden. Drei chinesische Pulverdepots wurden in die Lust gesprengt. Auf Seite der Chinesen wurden 300 Mann getödtet, auf russischer Seite wurden 1 Kosak und 5 Schützen getödtet und 1 Hauptmann, 6 Schützen und 2 Kosaken verwundet. Am 22. dieses Monats Morgens wurde Blagoweschtschensk schwach beschossen. Abends wurde ein stärkeres Gewehrfeuer unterhalten. Um Mitternacht hatte die Kanonade auf gehört. Unter der Mitwirkung des Dampfers wurde Aigun an mehreren Stellen in Brand gesteckt. Russische Patrouillen melden, daß sich die chinesischen Bewohner Sachalins infolge der Beschießung durch die Russen zwei Werst weiter ins Land zurückgezogen, sich in Trancheen befestigt und Wachen aufgestellt haben. Kosaken ver- nichtcten die chinesischen Abtheilungen in Nickoek, Kuprianowsk und StarashcwSk. * Washington» 25. Juli. (Reuter's Bureau.) Der ameri kanische Consul in Shanghai telegraphirt: Der Vicekönig Li- Hung-Tschang wird Shanghai für jetzt nicht verlassen, sondern die Unterhandlungen von dort aus führen. Man nimmt an, daß Neisemoden. Von M. Kossak. Na-druS verl>ct»n. ES giebt wohl keinen stärkeren Beweis gegen die Launen haftigkeit, die der Mode beständig zum Vorwurf gemacht wird, als das aus Rock und Jacke bestehende Reisecostüm. Mehr als rin Decennüum ist es her, daß eS geschaffen wurde, und noch heute behauptet es siegreich seine Herrschaft. Von jeder neu aus tauchenden Mode nahm e» etwas an und blieb im Wesentlichen doch unverändert, ja man darf kühnlich behaupten, daß ein zehn Jahre altes Jackenkleid mit einigen Aenderungen auch von der flottesten Weltdame heute noch getragen werden könnte. Sie brauchte nur den Rock hinten in eine breite Quetschfalte zu legen und da» Jäckchen etwa» zu kürzen, um allen Ansprüchen der TageSmode zu genügen. Um Abwechselung in diese uniforme Tracht zu bringen, sind Westen, Jabots und Blousen in reichster Fülle vorhanden. Von den letzteren namentlich findet sich eine geradezu unglaubliche Auswahl. Da giebt e» entzückende Modelle au- starkem Taffet, grün weiß und lila oder rosa, schwarz und weiß oder grell schottisch carrirt, ziemlich weite Veloukine- und Flanell- blousen mit spitzenüberlegtem Plastron, sowie da» ganze Heer der überall» praktlischen Heindblousen au» Waschstoffen. Ihre Garnituren bilden in der Regel GLumchen in mannigfaltigster Anordnung — bald kreuzen sie sich schräg oder geradlinig, bald durchziehen sie vorder- und Mckrntheile horizontal oder vertikal oder laufen von den Achselnähten beginnend, und mit Entredeux abwechselnd, schräg herunter, um in der Mitte zusammenzu stoßen. Diesen Säumchen machen die Steppnahtverzierungen, di« fast immer abstechend gehalten sind, wirksame Concurrenz. Zur Vervollständigung dient eine Schiffercravatte oder ein unten überfallender Steg, der zu gemusterten Blousen nur abgesteppt, zu einfarbigen dagegen häufig mit russischer Kreuzstichstickerei in bunten Farben geschmückt wird. Dem Stege entsprechen Kragen und Manschetten. Da di« genannten Stücke abknöpfbar sind, so kann man der nämlichen Blouse ein veränLertes Aussehen geben, wenn man mehrere solcher Garnituren auf Reisen mit sich führt. Es ist ja überhaupt das Bestreben jeder Touristin, ihren einfachen Anzug bald mit diesem, bald mit jenem Ausputz zu versehen, um ihn jeder Gelegenheit anzupassen, und unzählbar sind die Artikel, die Confectionäre und Modisten für diesen Zweck in den Handel gebracht haben. So findet man z. B. Revers aus weißem, gelblichem oder mattrosa Piquß, die unter die Jacken umschläge gehakt werden, wie fernerhin ärmellose Boleros aus Guipüre oder Durchbruchstickerei, lange, fast bis zu den Knien reichende Spihencravatten, prächtig dessinirte Bindeshlipse mit übereinstimmenden Stehkragen, Tüll- und Fransenboas, durch brochene Micdergückel au» Leder u. s. w., u. s. w. Der Unterrock wird bei der Reisetoilette jetzt oftmals fort gelassen und durch sehr weite Pumphosen aus Loden ersetzt. Wer ihn jedoch nicht missen mag, der wählt ihn auS Mohair in irgend einer waschechten Pastellfarbe oder aus ungebleichtem Leinen mit harmonirenden Spitzen- öder Stickereiansätzen und purpurrother Passepoilirung. Damen, die nur Handgepäck mit nehmen, tragen wohl auch einen Unterrock aus Loden, Cover coat, Diagonal oder Kammgarn, den sie im Nothfall auch al» Kleiderrock benutzen können. ES wird ihm dann ein breiter Volant aufgeknöpft, der für gewöhnlich seinen Platz im Hand koffer findet. Auf diese Weise macht man aus einem Costüm zwei vollständig verschiedene. Als Reisehut ist der Matrosenhut nach wie vor beliebt. Er wird in allen erdenklichen Mustern — aus Stroh und Bast, Panama und Binsen, aus grobem wie feinem Geflecht — aber doch in der Regel nur in Weiß oder weiß und grau — fabriöirt. Die farbigen und schwarzen gelten nicht für besonders chic. Während man ihre Köpfe in den Vorjahren mit einem breiten Band umwand, in der nämlichen Weise, wie es bei Herrenhüten geschieht, nimmt man das Band gegenwärtig ziemlich schmal uwd ordnet cs vorn in einer kleinen flachen Schleife. Die Gar nitur — sofern sie nicht überhaupt fortgelassen wird — ergeben Fcderposen, hier und da auch drei große Pompons, von denen jeder eine andere Farbe zeigt. In der Regel legt man die letzteren jedoch in den Koffer und steckt sie, da sie durch Regen und Sonnenschein sehr leiden, nur dann an, wenn man etwa» schmucker erscheinen will. Neben den Matrosenhüten erfreuen sich hoch köpfige, etwas eingedrückte Herrensalons aus schwarz und weiß melirtem Stroh und für alte Damen Modelle mit vorn sehr breiten, leicht gewellten Rändern, die mit Straußenfedern dicht belegt werden, der Gunst des reisenden Publicums. Unentbehrlich für die Reise sind selbstredend Staub« und Regenmantel. Wer ersteren aus schwerer imprägnirter Seide oder leichtem Loden wählt, wird ohne letzteren auskommen können. Immerhin hat eine derartige Vereinigung zweier wichtiger Garderobenstücke etwa» Mißliche», und ich würde daher meinen schönen Leserinnen rathen, sich lieber ein Kleid weniger zu kaufen und sich statt dessen einen möglichst leichten Staub mantel auS ungebleichtem Foulard, Alpaca oder Gingham und einen recht derben und wärmenden Regenmantel au» Water proof, carrirtem Reversible oder Buckskin anzuschaffen. In der Faeon sind die einen wie die anderen außerordentlich ähnlich. Was wir sehen, ist fast immer ein weiter, langer Mantel mit oder ohne Aermel, mit einfachem oder mehrfachem Kragen dar über. Nur die sogenannten Brunnenmäntel, die jedoch auch für Vie Fahrt im Eisenbahncoupö und Dampschisf benutzt wenden, haben einen anderen Schnitt. Sie sind beträchtlich kürzer und in Radform gearbeitet, an den Schultern schrägt man sie stark und stattet sie mit mehrstufigen ausgebogten Kragen aus, dir meist weiß pasiepoilirt werden. Als Material dient weiß und grau oder weiß unL braun gewürfelter Cheviot oder Veloukine in einer der vielen neuen rothen Nüancen. Die Toiletten, mit denen die Damen sich bei längerem Reiseaufenthalt in großen Städten, Bädern oder im Gebirge schmücken, sind wesentlich complicirter, al- die für die eigentliche Reise bestimmten. Schon in den Stoffen herrscht eine fabelhafte Mannigfaltigkeit. Nicht nur, daß wir unsere guten alten Be kannten, die Kretonnes, Percals, Zephyrs, Nansocs, Organdys, Batiste und Piqußs mrt den wundersamsten secessionistischen Mustern bedruckt wiederfinden — nein, auch in den herrlichsten, ganz neuen Stoffen existirt eine Auswahl, wie sie kaum dage wesen ist. Da gjiebt es eine nahezu unverwüstliche, mit Baum wollfäden untermischte Waschseide in lebhaften Tönen, wie ferner Tüll mit groben und feinen Maschen, in Netz- und Spitzen grund, mit eingewebten Bändern und Säumchen, TaffetglacS, der mit Hellem Covercoat zusammengeftellt wird, gepuffte und gouffrirte Seidengaze in zacken Pastellfarben, hellgebleichte Seide in Len Nüancen „Spagat" und „Khaki", Wollen- und Seidenmousseline mit „Blitzmustern", Etamine, durchbrochene tuchartige Gewebe u. s. w., u. s. w. Während die gemusterten Stoffe hauptsächlich zur Anferti gung ganzer Costümr dienen, verwendet man für Blousen mehr die glatten und einfarbigen. Der weiße Organdy, der sich gerade infolge seiner Charakterlosigkeit so gut mit dem verschiedensten
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