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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.06.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010612021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901061202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901061202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-12
- Monat1901-06
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BezugS.PreiS i« der Hauptexpedttion oder den im Stadt bezirk und den Vororten errichtete» Au», gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Haus 5.50. Durch die Post bezogen sür Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonnirt seiner mit entsprechendem Postausschlag bei den Postanstalten in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland, Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition dieses Blattes möglich. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. Redaktion und Expedition: JohanniSgaffe 8. Filialen: Alfred Lahn vorm. O. Klemm s Sortim. Unwersitätsstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Kathartnevstr. 14, pari, und KSnigSplatz 7. Abend-Ausgabe. MpMcr TaMM Anzeiger. Amtsblatt des königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nattzes und Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Mittwoch den 12. Juni 1901. Anzeigen »Prel- die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redactionsstrich (-gespalten) 75 H, vor den Familiennache richten (6 gespalten) 50 H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (rxcl. Porto). Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60—, mit Postbesörderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipziz. 95. Jahrgang. Die Wirren in China. Deutschland am Vangtse. Im englischen Unterhause fragte gestern Norman an, ob die Regierung irgend eine Information geben könne, betreffend die Mittheilung, daß Deutschland die Absicht habe, eine er hebliche militärische Macht in Shanghai aufrecht zu erhalten. Cranborne erwidert, im September vorigen Jahres habe die deutsche Regierung eine Anzahl Truppen in Shanghai gelandet zu dem Zwecke, bei der Aufrechterhaltung der Ordnung daselbst mitzuwirken. Die englische Regierung habe erfahren, daß Deutschland beabsichtige, die Garnison in Shanghai jedenfalls für jetzt aufrecht zu erhalten. Er habe keine Kenntniß davon, daß Deutschland in Bezug auf diese Absicht irgend eine Erklä rung an die englische Regierung habe gelangen lassen. Handelsintcrcssc». Gestern wurde, wie uns aus London berichtet wird, eine Abordnung der Vereinigten Handelskammern, bei der sich auch zahlreiche Parlamentsmitglieder befanden, in Vertretung "oes erkrankten Staatssekretärs Lansdowne vom Unterstaatssekretär Lord Cranborne empfangen. Die Abord nung verfolgte den Zweck, bei der Regierung auf die außerordent liche Bedeutung der unermeßlichen Handelsmög lichkeiten in China hinzuweisen. Die Sprecher der selben äußerten die Ansicht, daß die Einstellung der Prüfungen für den chinesischen Civildienst auf 5 Jahre vom handelspolitischen Standpunkte nur ein Fehler sei und befür worteten alle mögliche Unterstützung und Ermuthigung für die Nangtse-Vicekönig«. Ferner bezeichneten sie es als im Interesse des britischen Handels wiinschenswerth, daß China nicht am Einkauf von Waffen gehindert werde. Der Unterstaats sekretär Cranborne erwiderte der Abordnung-, er nehme mit Vergnügen wahr, daß alle Parteien über die chinesische Frage übereinstimmen. Der Wichtigkeit der handelspolitischen Betrach tung "der Angelegenheit sei er sich voll bewußt. Es sei Pflicht der Regierung, den Handeltreibenden volle Möglichkeit zur Entwickelung des Handels zu schaffen, aber jene müßten auch bereit sein, eine gewisse Gefahr auf sich zu ncbmen, wenn sie nicht von den Ausländern Vevorängt werden wollen. Er glaube, daß die englische Regierung in der Förderung des Handels erfolgreich gewesen sei. Cranborne erinnerte an das Abkommen mit Ruß land, durch das England ein großes Gebiet für Eisen- bahnunternehmungen Vorbehalten sei. Natürlich sei auch Rußland ein sehr großes Gebiet für Bauunternehmungen Vorbehalten. Vom gleichen Geiste sei das englisch-«deutsche Uebereinkommen durchdrungen. Schließlich erklärte sich der Unterstaatssekretär gegen eine internationale Verwaltung Chinas, welche dessen Zerstückelung zur Folge haben würde. Dem „Reichanzeiger" beigegeben ist folgende Verlustliste Rr. 14: Abkürzungen: T. — Todt. S. v. --- Schwer verwundet. L. v. --- Leicht verwundet. V. --- Vermißt, fr. --- früher, l. --- links, r. ---- rechts. A. H. --- Amtsbauptmannschaft. Kr. --- Kreis. Ldkr. — Landkreis. Oberamt. --- Oberamtsbezirk. Et. --- Stadt. Die fehlenden Angaben über Zeit und Ort des Todes, Todesursache und solche über Vermißte werden den Angehörigen sofort nach Ein- gana weiterer Nachrichten mitgeiheilt werden. Explosion in Kalgan am 13. Mai 1901. Ostasiatisches Reiter-Regiment. 2. Escadron. 1) Lt. Wilhelm v. Kummer aus Berlin, Hauptst. Berlin; fr. Ulan-Rqt. Nr. 12, S. v. 2) Sergt. 291 Ein Engel der Finsterniß. Roman von Gertrude Warden. Autorisirte deutsche Uebersetzung von A. BraunS. Nachdruck verboten. „Ah!" rief der Andere mit sonderbarem Gesichtsausdruck und sank wieder nieder auf seinen Stuhl, die Augen mit oer Hand be deckend und an allen Gliedern zitternd. Dann erst, nachdem er sich mit bebenden Händen ein Glas Champagner eingeschänkt und getrunken, sagte er: „Und wer ist denn der andere Wahnsinnige, der sie heirathen will? . Sie heirathen, großer Gott!" „Mit mir hat sie sich zu verheirathen versprochen." „Wann?" „In der Kürze. Sie stellt aber die Bedingung, daß die Trauung so geheim wie nur möglich und in einer ganz versteckt liegenden Kirche in der City stattfinden soll und —" „Mann", unterbrach ihn Devereux und sprang wiederum auf, „wissen Sie auch, daß das, was Sie mir da sagen, entweder Ihr Todesurtheil ist oder das meinige? Wissen Sie, wer ich Sin?" „Sie hat mir erzählt, sie sei Wittwe, der Name ihres ver storbenen Mannes sei Devereux, und Sie wären Ihr Schwager." „Das hat sie Ihnen gesagt?" rief der Honourable Bertin mit hysterischem Lachen. „Und Sie haben ihr geglaubt und lieben sie?" „Wenn nur die Hälfte von dem, was ich vermuthe, wahr ist, dann Haffe ich sie von ganzer Seele!" „Nicht mehr als ich", kreischte Devereux — „nicht mehr als ich — denn ich bin ihr Gatte!" XXVII. „Sechs Jahre sind es jetzt", begann Devereux seine Lebens geschichte, „als ich zum ersten Male das Angesicht dieses Weibes erblickte. Ich war noch nicht zwanzig Jahre, machte aber meine Reise durch Europa mit einem Hofmeister — einem gräßlichen Strolch — der sich immer betrank und mich vom Gängelbande kosließ, wenn es mir nur beliebte. Sie war damals Gouver nante oder Gesellschafterin oder so etwas Aehnliches bei einer englischen Familie. Ich sah sie zuerst im Hotelgarten Rosen Wilhelm Grätz aus Heinzendorf, Kr. Wohlau; sr. Hus.-Rgt. Nr. 12,1 2. ESc., S. v. 3) U'ttcrosfic. (Fahnenschm.) Wilhelm SÄadlockI aus Runzen, Kr. Ohlau; fr. Drag.-Rgt. v. Wedel, 2. Esc., S. v. I 4) Gesir. Leopold Glävcke aus Ludwigslust, Kr. Ludwigslust, Mecklenburg; sr. Hus.-Rgt. Königin Wilhelmina der Niederlande, 5 Esc., T. 5) Gestr. Liebgott Haydt aus Mundingen, Oberamt Ehingen, Württemberg; fr. Ulan-Ngt. König Wilhelm I. (2. Würlt.) Nr. 20, 1. Esc., S. v. 6) Reiter Heinrich Glauer aus Gothberg, Kr. Goldberg-Haynau; fr. Ulan.-Rgt. Kaiser Alexander III. von Rußland, 5. ESc , T. 7) Reiter Gustav Krause II aus Lang- bellwigsdorf, Kr. Bolkenhain; sr. Drag.-Rgt. v. Bredow, 5. Esc., T. 8) Reiter Karl Locher aus Beuren, Oberamt. Nürtingen, Württem berg; sr. Ulaneu-Rgt. König Karl (1. Württ.) Nr. 19, 4. Esc., T. 9) Reiter Robert Lorenz aus Petzelsdorf, Kr. Landshut; sr. Ulan.-Rgt. Kaiser Alexander III. von Rußland, 2. Esc., T. 10) Reiter Ewald Reinhard aus Elberselv, St. Elberfeld; sr. Hus.-Rgt. König Wilhelm I., 3. Esc., T. 1!) Reiter Reinhold Riedel aus Ebersdorf, Kr. Neurode; fr. 2. Leib-Hus.-Rgt. Kaiserin Nr. 2, 3. Esc., T. Gefecht bei Nankuanto am 19. Mai 1901. 3. Ostasiatisches Jnsanterie-Regiment. 3.Kompagnie. 12) Untoffz. Franz Bogdahn aus Neukirch, Kr. Niederung; sr. Jnstr.-Rgt. Nr. 164, 3. Komp-, L. v., Ctressichuß I. Hüfte. 13) Gestr. Robert Windhausen auS Braunschweig, Kr. Braunschweig, Braunschweig; sr. In- fanlerie-Regt. Nr. 77, 2. Komp, L. v., Fleischjchuß l. Wade. 8. Kompagnie. 14) B-Feldw. Albert Haußmann aus Ravens burg, Oberamt Ravensburg, Württemberg; sr. Württ. Jnstr.-Rgt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, 3. Komp., L. v„ Handverletzung. 15) Unterofsz. Adols Matti aus Gerstetten, Ober amt Heidenheim, Württemberg; fr. Württ.Jnstr.-Rgt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, 7. Komp., L. v, Fußverletzung l. 16) Musk. Franz Roth maier aus Schwendi, Oberamt. Laupheim, Württemberg; fr. Württ. Jnstr.-Rgt. Nr. 127, 5. Komp., S. v., Schuß i. d. l. Fuß. Auf einer Expedition in Pannörrtschwang am 27. März 1901. Lstasiatiiches Reiter-Regiment. 4. Eskadron. 17) Gestr. Casimir Jesjionowski aus Grünheini, Kr. Wongrowitz; sr. Hus.-Rgt. Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg, 5. Esk., S. v., Schuß i. r. Schulter u. r. Oberschenkel durch Unvorsichtigkeit eines Kameraden. Außerdem gestorben bezw. vermißt. 1. Ostasiatisches Jnsanterie-Regiment. 6. Kompagnie. 18) Musk. Franz. Re- kindt aus Kirtigehnen, Kr. Fischhaujen, früher Jnsanterie- Regiment Nr. 151, 5. Komp., T. 8. Kompagnie. 19) Musk. Bruno Zschorna! aus Obercunnersdorf, A. H. Lübau, Sachsen; früher Jägrr-Bataillon v. Neumann, 2. Komp, T. 3. Ostasiatisches Jnsanterie-Regiment. 7. Kompagnie. 20) Musk. Hermann Künzel auSPosjeck, A.H. Oelsnitz, Sachse»; fr. Jnftr.» Regt. Nr. 69, 1. Komp., T. 6. Ostasiatijches Jnsanterie-Regiment. 2. Komp. 21) Sergt. August Otto aus Nitjchendors, Ldkr. Schweidnitz; sr. Anhalt. Juftr.-Ngt. Nr. 93, 2. Komp., T. 4. Kompagnie. 22) Musk. Eduard Brehme aus Merseburg, Kr. Merseburg; sr. Sachs. Jnstr.-Rgt. Nr. 139, 3. Comp., V. 23) Musk. Arthur Leiser aus Rettjchütz, Kr. Zuin; fr. Füsil.-Rgt. von Stein- metz, 11. Komp., T., 25. 3. 01 in Tientsin in Len Peiho gestürzt und ertrunken. Der Krieg in Südafrika. Hunger und Tod nnter den Bocrcnfrauen. Einem Privatbrief aus Johannesburg vom 17. Mai entnimmt die „Magdeb. Ztz." folgende Stellen. Von uns kann ich Dir leider wenig Gutes berichten; um zu schreiben, wie es hier geht und wie wir behandelt werden, würden keine 20 Seiten auSreichen. Die Lage der Engländer ist eine sehr schlechte, und wir müssen darunter leiden. Mir haben die Engländer auch den letzten Bissen Lebensmittel, pflücken, ganz Unschuld in weißem Mousselin. Großer Gott — welcher Narr ich war, von dem ganzen Schein mich bestechen und fangen zu lassen! Sie war damals schon Wittwe und hatte, wohlgemerkt! so gewiß Sie und ich hier stehen, ihren ersten Mann um's Leben gebracht. Von dem Allen wußte ich natürlich nichts. Alles, was ich über sie in Erfahrung brachte, war, sic sei die verwaiste Tochter eines englischen Herrn von gutem Herkommen und einer italienischen Gräfin — von dem Sänger, mit dem sie in ihrem sechszehnten Lebensjahre durchgebrannt, natürlich nichts; das kam erst lange nachher heraus. Nun, ich verliebte mich toll in sie. Das konnte auch wohl kaum Wunder nehmen, denn sie war verteufelt hübsch. Vermuthlich ist sie es jetzt noch, aber ihr Gesicht hat für mich ungefähr den gleichen Reiz, wie eine Teufelslarve. Sie that, als habe sie mich auch sehr gern. Das ist nämlich eine Geriebene — mit allen Wassern Gewaschene. Sie er- muthigte mich, lockte mich an und hielt mich fern, spielte mit mir wie die Katze mit der Maus, bis ich so wahnsinnig verliebt in sie war, daß ich mir «ine Kugel vor den Kopf geschossen hätte, wenn sie's verlangte.Ehe ich nur selbst recht wußte, wo ich eigentlich war, hatte sie mich schon dahin gebracht, mich mit ihr in Gegen wart des englischen Consuls in ver englischen Kirche trauen zu lassen. Auch nicht das Unbedeutendste hatte sic versehen, wie ich dann, als ich mich wiever aus der Schlinge ziehen wollte, ent deckte. Natürlich hatte ich nicht die Absicht gehabt, sie zu heirathen, aber sie war mir zu sehr „Uber". Anfangs fühlte ich mich auch sehr glücklich. Alles schwärmte von der Schönheit meiner Frau. Natürlich war sie eine Lady, das ließ sich nicht leugnen, und verstand sich zu benehmen. Ich schrieb an meine Familie eine Menge überspanntes Zeug und schickte ihr Bild mit. Und was that nun mein Alter? Er beauftragte den nichtsnutzigen Hof meister, der sich noch in Italien herumtrieb, weil er Angst hatte, nach Hause zurückzukehren, ihre ganze Lebensgeschichte auszu schnüffeln, unD so kamen auch alle Einzelheiten ihrer ersten Ehe mit ans Licht. Es war fast ein Jahr unserer Ehe verstrichen, ehe diese Thatsachen zu meiner Kenntniß gelangten. Wir reisten umher — sie und ich — und gewiß hat es noch nie eine solche Ver schwendungsteufelin gegeben, wie dieses Weib — das Geld schmolz in ihren Händen wie das Eis an der Sonne. Ich war anfangs so vernarrt, daß ich nicht trank und keine Karte anrührte — den ganzen Tag würde ich ihr zu Füßen gelegen haben, hätte sie es nur gelitten. Das Weib hätte Alles auS mir machen, mich von den Lasterwegcn auf den Tugendpfad zurückführen können, wenn sie nur gewollt; aber den ich für schweres Geld gekauft, fortgenommen, um auch mich dem Verhungern preiszugeben. Und was können wir dagegen thun? Wir können wobl mit den Zähnen knirschen, aber den Mund aufmachen dürfen wir nicht, sonst ist St. Helena die Losung. Zu Deiner Zeit war schon viel Elend hier, aber jetzt ist dieses so gestiegen, daß Du Dir keinen Begriff davon machen würdest. Ein Schrei des Jammerns und Wehklagens geht durch Johannesburg, der von Len hungernden Frauen und Kindern herkommt. Wie froh bin ich, daß Ihr geborgen seid, denn ein gleiches Schicksal würde Eurer harren. Alle Bekannten, im Besonderen Deine Freundinnen, sitzen mit ihren armen Kindern in der Rennbahn, Hunger und Entbehrungen leidend, und wir müssen in ohnmächtiger Wutb zuseben, ohne helfend eingreifen zu können. Wenn es einen Gott im Himmel giebt, so muß er daS Wehklagen der Unglücklichen rächen; denn wir vermögen cs nicht. De Wet's kleiner 12jähriger Piet sagte zu mir: „Sie können machen, was sie wollen, aber unser Land kriegen sie doch nicht." Der Knabe wird wobl Recht bekommen. Freilich, Viele müssen eS erst noch mit dem Leben bezahlen: Männer, Frauen und Kinder; aber unsere Freiheit ist mit keinem Opfer zu tbeuer erkauft. Vorgestern wurden 12 Frauen und Kinder, die Gefangene gewesen waren, in der Rennbahn begraben; sie waren an einem Tage au Hunger und Entbehrungen gestorben. So geht es weiter; es ist zu schrecklich. Roux (bei Krügerdorp zum Krüppel geschossen, am 15. October vorigen Jahres auf Ehrenwort entlassen) war auch zweimal wieder in der Festung; einmal war er zwei, daS andere Mal acht Tage dort. In der Zwischenzeit wurde auch seine Frau Anny mit ihren Kindern in die Rennbahn getrieben. KnodS ist einige Stunden vor Gefangennahme seiner Familie ver schwunden. So könnte ich fortsabren. Dir die unglücklichen Familien der Bekanntschaft aufzuzählen, aber es würde Dich nur noch mehr beunruhigen. Eine civilisirte Nation kämpft Mann gegen Mann; die Engländer aber kämpfen mit un schuldigen Frauen und Kindern, sie dem Hunger und Ver kommen preisgebend. - * London, II. Juni. Im Unterhause theilt der Colonial minister Chamberlain mit, Milner werde wahrscheinlich im August nach Südafrika zurückkehren. * Pretoria, 11. Juni. („Reuter's Bureau".^ Sonntag Nacht versuchten sechs Boeren, die bei der Besetzung Pretorias den Neutralitätseid geleistet hatten, aus der Stadt zu entkommen, um sich Coinmandos anzuschlicßeN. Sie wurdeu von der Patrouille angerusen, sie setzten jedoch ihre Flucht fort. Einer von ihnen schoß und verwundete einen Soldaten. Drei entkamen, die anderen drei wurden jedoch gefangen genommen; sie wurden gestern vor ein Kriegsgericht gestellt und zum Tode durch Erschießen ver- urtheilt. An einem ist seines jugendlichen AlterS wegen das Urtheil nicht vollstreckt, die anderen beioen sind erschossen worden. Politische Tagesschau. * Leipzig, 12. Juni. Ein süddeutsches CentrumSorgan drückt an leitender Stelle den Bericht ab, den die Prinzessin Ludwig Ferdinand von Bayern über die Kreszentia-Feier in Kaufbeuren an den „Seraphischen Kinderfreund" geschickt hat. Die Frau glauben Sie wohl, daß sie sich etwas daraus machte? Sie war die honourable Mrs. Devereux, hatte schöne Roben und Juwelen und Equipagen, und wir logirten in den ersten Hotels. Meine Mutter sympathisirte mit mir und erhielt mich flott, als mein Vater meinen Wechsel abschnitt. Aber glauben Sie wohl, daß sie mir anständig Dank dafür wußte? Die nicht! Nach noch nicht einem Jahre war jene ungeheure Zuneigung, die sie für mich zu empfinden vorgab, vollständig verduftet. Sie wurde in ihrem Betragen kalt und höhnisch und besaß sogar die Un verschämtheit, mir zu sagen, ich langweile sie. Langweile sie! Denken Sie nur! Eine durch Glückszufall heraufgekommene pauvre Gouvernante! Und trotz alledem, wollen Sie es mir wohl glauben, war ich noch wahnsinnig verliebt in sie. Wenn sie cocettirte, da warf ich mich ihr zu Füßen und flehte sie an, mir treu zu bleiben; mit jedem Manne, der sie ansah, hätte ich Streit anfangen können. Sie lachte aber blos über Alles und sagte, sie habe den Mann, der sie in Versuchung bringen könnte, sie selbst zur Närrin zu machen, noch nicht getroffen. Trotz meiner Jugend kannte ich die böse Welt doch schon ziemlich gründlich, hatte mich ein bischen darin umgesehen. Aber ich sage Ihnen, die Spottsucht dieses Weibes über Religion, Tugend und Alles, was gut und edel, und die Dinge, die sie aussprach, entsetzten mich geradezu. Abergläubisch war sie in hohem Grade und brachte ihren Aberglauben hin und wieder, wenn sie's gerade einmal mit der Angst kriegte, bei den Heiligen in Anwendung; im Allgemeinen aber lachte und höhnte sie blos. Und dann, als der Brief von Hause kam mit ihren auf- gcfföberten Antecevenzien, ihrer Flucht mit dem fremden Sänger, denken Sie wohl, daß sie darob erschrocken war? „Da der Mann todt ist", meinte sie ganz ruhig, „was thut's dann weiter?" „Du gabst Dich aber als ledig aus", entgegnete ich. „Bildest Du Dir denn ein, ich würde Dich geheirathet haben, wenn ich's gewußt hätte?" „Mein lieber Bertin", versetzte sie — und ich kann jetzt noch ihre weiche Stimme hören und das schlangenartige Wesen mir vergegenwärtigen — „warum Dir Kopfschmerzen machen über die Vergangenheit? Ich hatte einen Strolch geheirathet, der glücklicher Weise todt ist. Nun habe ich einen Gentleman von hohem Range und großer Intelligenz geheirathet und hoffe nur, daß sein Record vor der Heirath ebenso makellos ist, wie der meinige." Makellos! Sie bezeichnete sich als makellos! Aber diese erste Ehe wurmte mich fürchterlich, und nachdem ich sie erfahren, hat sie nie wieder die frühere Herrschaft über mich erlangt. Prinzessin, deren Glaubenseifer bekanntlick nicht immer die in der Oeffentlichkeit wünschenSwerthe Rücksicht auf die deutschen Protestanten erkennen ließ, ertheilt darin von der Predigt des Geistlicken Rathes Hauser-AugSburg, in der auch der Kaiser erwähnt wurde, u. A.: „Er erwähnte auch des Kaisers nud forderte zum Gebete für ihn auf, für ihn, der das Christenthum so mannhaft bekenne, sowie zur Einigkeit der christlichen Confessionen auffordere, gegen den gemeinsamen Feind. — „Gott lohne es ihm." Die Thronen sind mir gekommen bei diesen Worten aus dem Munde eines katholischen Priesters neben den Reliquien einer armen Franziskanerin. „Ja, Gott lohne cs ihm!" sprach ich nach." Es ist nicht das erste Mal, daß in dieser Weise von klerikaler Seite des Kaisers gedacht wird. Einen realen Werth aber könnten derartige Kundgebungen erst dann ge winnen, wenn mit ibnen die praktische Förderung der Einig keit unter den christlichen Confessionen verbunden wäre. Da von ist gegenwärtig leider nur allzuweniz zu spüren. Im Gegentheil, es häufen sich die Fälle klerikaler Intoleranz, die den confessionellen Frieden nicht weniger unter graben als die Achtung vor der Staatsgewalt, deren Träger der Kaiser ist. Dem Gesetz über die bürgerliche Trauung und dem Gesetz über die Ehescheidung ist gerade jüngst (man denke an die Vorgänge in Düffeldorf und in Baden) von klerikaler Seite unter Billigung der CentrumS- prcsse derartig Hohn gesprochen worden, daß man sich staunend fragt, wie die Staatsgewalt solche Verächtlichmachung staat licher Einrichtungen ruhig hinnehmen kann. „Den bürger lichen und staatSbürgerjichen Pflichten darf durch die Aus übung der Religionsfreiheit kein Abbruch geschehen" — daS statuirt selbst der Toleranzantrag des CentrumS in seinem tz 1. Gegen die vornehmste bürgerliche und staats bürgerliche Pflicht aber, die Achtung vor dem Gesetz, wird im klerikalen Lager unbedenklich verstoßen, wenn ein Herrschafts anspruch der römischen Kirche in Frage kommt. So lange hierin kein Wandel eintritt, müssen Kundgebungen gegenüber dem Kaiser von der Art der obigen den Eindruck der Berechnung machen und als bestimmt erscheinen, den Kaiser darüber zu täuscken, daß der Kleri- kaliSmus das Fundament der Staatsgewalt, deren Träger der Kaiser ist, unterwühlt. Eine höchst befremdliche Meldung über eine «elfische Temoustratio», die „mit Gcuchmiguug des Königs von England" staltfinden sollte, kommt auS Hannover. Der „Hann. Cour." berichtet nämlich: „Im Schaufenster der Thürnau'schen Blumenhandlung an der Georgstraße war ein Kranz ausgestellt, der mit Ge nehmigung des Königs von England am Grabe de- Königs Georg V. von Hannover niedergelegt werden sollte. Große gelb-weiße Schleifen trugen in Silberstickerei die Widmung: „Dem hochseligen unvergeßlichen König Georg V. von Hannover in treuem Gedenken. I2./6. 1901. — Der Volksschriften - Verein. Turnerbund Sachsenroß. Klub Georg Wilhelm. Aus der Welsen residenz Hannover." Im Laufe des Nachmittags erhielt der Laden inhaber folgende polizeiliche Verfügung: „Sie haben in dem Schaufenster Ihres Ladens, Georg- straße 19, einen Kranz mit gelb-weißer Schleife ausgestellt, auf welcher am Schlüsse die Worte: „Aus der Welfenresidenz Han nover" gestickt sind. Ich gebe Ihnen hiermit auf, diesen Kranz Bald nachher hatten wir schreckliche Auftritte. Ich kam dahinter, daß sie die Herren ermuthigte, ihr Geschenke zu machen. Daß sie mir wirklich untreu war, könnt' ich ihr nie beweisen; aber sie nahm von Allen und Jedem und Alles und Jedes, und besonders von dem alten Satyr, dem Fürsten Galitzin, lachte und lauschte seinen Geschichten, die selbst die Männer scheuten, bis ich ha(b wahnsinnig war vor Wuth. Wir befanden uns in steter Geldverlegenheit und verließen die Orte meist mit Schulden, und da legte ich mich nun aufs Kartenspiel, theils, um den Aerger zu vergessen, theils, um auf diese Weise etwas zu gewinnen zu suchen. Hernach kam noch eine andere Frau mit ins Spiel, und wenn Francesca das tugendhafteste, liebevollste Weib auf Erden gewesen, statt daß Sie mich wie Schmutz behandelte, so hätte sie keine tragischere Miene herausstecken können. Schließlich reiste ich, da wir solch Hunde- und Katzenleben führten, nach Hause, um mit unserem Familiensachwalter zu bcrathen, ob meine Ehe nicht annullirt werden könnte. Es ging aber nicht, weil Francesca alle Vorsichtsmaßregeln beobachtet hatte. Bei meiner Rückkehr kam sie dahinter, was ich im Schilde geführt hatte, und lockte es, als ich halb betrunken war und Reue darüber empfand, aus mir heraus. Sie äußerte aber nicht eine Silbe, sah mich nur scharf an und verließ das Zimmer. Vier Tage später kam mit der Post ein Päckchen an sie. Wir waren gerade in Paris und der Post stempel war „Rom". Ich glaubte, es enthalte ein Geschenk und öffnete es in einem Anfälle von Eifersucht. Ich fand darin eine flache Flasche, mit größter Sorgfajt in ein Holzkästchen gepackt, verkorkt und versiegelt, eine Flüssigkeit enthaltend, klar und farblos, wie Wasser. Auf der Außenseite war ein Papier streifen aufgeklebt, worauf auf Italienisch mit sehr großen Buchstaben gekritzelt stand: „Das Waschmittel für den Teint". Das brachte mich natürlich von der Fährte ab. E« war aber noch ein anderer Einschluß dabei — ein kleines, flache», hölzernes Schächtelchen, zugebunden und versiegelt, als wenn S der kostbarste Schatz von der Welt wäre. Nur um FranceSca wüthend zu lachen, öffnete ich es. Drinn lag eine kleine, sehr alte, vergilbte Pergamentrolle, auf welcher eine Menge mit ver gilbter Tinte geschriebene Anweisungen standen. Sie waren italienisch, und die Sprache beherrsche ich nicht vollständig, gab mir jedoch Mühe, das Hauptsächlichste herauSzubuchstabiren. Es schienen Vorschriften in Bezug auf die Arznei zu sein — wie viel Tropfen nöthig wären und welche Wirkungen davon hervorgerufen würden. Das übersprang ich und ging zu den letzten Zeilen über, die da lauteten: „Dies ist eine genaue Ab schrift des OriginalreceptS. für das cki kervUio, au«h
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