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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.06.1901
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010621013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901062101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901062101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-21
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Amtsblatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rattzes und Nolizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen PreiS die 6gespaltene Petitzeile 85 Zß. Reklamen unter dem RedacnonSstrich <4 gespalten) 7K L,, vor den Familteunach- richten (0 gespalten) KO H. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Rachioeisungen und Offertenannahme SK (exck. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgrn-AuSgab«, ohne Postbesörderung 60.—, mit Postbesördirung 70.—. Annahmeschlnß für Ilnzeizen: Abend-Au-gab«: Vormittag« 10 Uhr. Morgen.Au«gabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet- an die Expedition zu richte». Di« Expedition ist Wochentag« ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von L. Pol» in Leipzig. Al. Freitag den 21. Juni 1901. 95. Jahrgang. Holland und der Mtramonlanlsmus. -ü- Am 14. Juni haben in Holland die Wahlen für die Zweit« Kammer stattgrsunden und allem Anschein nach — da« Gesammtergebnih liegt noch nicht vor — haben die Klerikalen, die unter Führung de« Priester« vr. Schaepmann in den Wahlkampf zogen, auch die«mal kein schlechte« Geschäft ge macht. Holland ist neuerding« schon um seiner anmutbigrn Königin willen in den Vordergrund de« allgemeinen Interesse« ge treten, man erinnert sich mit einer gewissen Thrilnahmr der Geschichte diese« eigenartigen Lande«, und wenn jetzt da« Ergedniß der Kammerwahlen erwartet wird, so ist r« ein« gute Gelegenheit, einmal die Frage zu erörtern: Wa« hat Holland vom UltramonraniSmu« zu erwarten? Ü E« gab eine Zeit — da« klingt beinahe wie rin Märchen —, da gehörte in den Niederlanden frei«« Bürgerthum und persönliche Glaubensfreiheit al« rin Ganze« und al« ein Selbstverständliche- zusammen. Die sieben Provinzen hatten sich durch die Utrechter Union 1579J vereinigt, und wie wenig man gewillt war, die Freiheit eine« Christenmrnschen irgendwelchen klerikalen An sprüchen zu opfern, zeigt beispielsweise die schon im Jahre 1580 für da« eigentliche Holland eingeführte Eivilehe, mit welcher Einrichtung nun erst die Möglichkeit einer legitimen ehelichen Verbindung verschieden gläubiger Personen ge geben war. Nicht unerwähnt mag bleiben, daß e« in Hol land vor der Reformation unter Anderem auch keine Universität gab. Aber wa« immer durch evangelische« Geistesleben gewonnen ward, — di« Maulwurfsarbeit de« UltramontaniSmuS setzte ein, und wa- da« Wider lichste ist, die altbekannte Farce von der klerikalen „Toleranz" mußte e« gerade sein, wodurch man da« holländische Staatswesen zu untergraben suchte. Holland neuere Geschickte ist dafür der treffendste Beleg. Als nach dem Wiener Cougresse, der Holland mit Belgien schlankweg wieder vereinigt hatte, die Verfassung von 1814 jegliche CultuSfreiheit qarantirte, erhob sich ein Entrüstungssturm unter den Klerikalen. Man wollte wohl für sich selbst eine uneingeschränkte Religionsfreiheit und Alle«, wa- damit zusammenbängt, aber man wollte «S nicht für di« Anderen. Der streitbare Genter Bischof, Moritz von Broglie, trat an die Spitze einer systematischen Opposition gegen die Regierung. Mit großen und kleipen Mitteln impouirte er den Masse» und hetzte sie gegen da- Herrscherhaus auf. So machte eS den gewünschten Eindruck, als der „tolerante" Mann sogar die kirchliche Fürbitte für die eine- Sohne- genesene Kron prinzessin schroff ablehnte und ebenso da- Tedcum für den jungen Thronerben kurzer Hand abbestellte. König Wilhelm wußte sich schließlich nicht anders zu helfen, al- daß er den frommen Herrn wegen hochverrätherischer Umtriebe gerichtlich belangen ließ, worauf dieser sich durch schleunige Flucht zu retten wußte, um dann vom Auslande her nur umso gehässiger seine Machinationen gegen da« protestantische Königshaus fortzusetzen. Bald zeigten sich denn auch die Früchte solche« ThunS. Iu den Seminaren, Klöstern und Schulen wurde die Rebellion als ein gottgefälliges Werk gelehrt; man wollte eben die Jugend gewinnen, und bei der berüchtigten, jesuitischen Erziehungsmethode konnte daö ja nicht gar so schwer sein. Es war daher ein nothwendiger Act deS staat liche» Selbsterhaltungstriebe-, wenn 1825 alle Seminare geschloffen wurden; auch hatte e« seinen guten. Grund, daß die Regierung de» Besuch auswärtiger Jesuitenschulen strengstens verbot. Statt dessen entschied man au- nationalen Rücksichten, daß alle angehenden Kleriker zu förderst einen philosophischen CursuS am Loewener Collrg durchzumachen hätten. Sofort marschirten die Truppe» deS KlerikaliSmuS auf und schrieen über mangelnde Toleranz, über Gefährdung der Unterrichtöfreiheit rc., und eS gelang ihnen denn auch, mit derartigen Phrasen eine Menge Leute, die sonst aus irgend einem Grunde unzufrieden waren, zu blenden und zu ködern. Einigermaßen verblüfft sah die Regierung plötzlich, daß ei» regelrechtes Bünduiß zwischen Ultramontanrn uud Politisch-Radicalen zu Stande kam, und nun gab man nach. Der Besuch deS Loewener EolleaS, so bestimmte die Negierung nach einem mit dem Papste 1827 geschloffenen Concordate, sollte fortan »ur noch fakultativ sein, d. h. man verzichtete auf jede wirkliche Controle der Geistlichkeit. AlS Belgien sich bald darauf von Holland lo-riß, hatte jener Pact zwischen Radikalen und Klerikale« ein Ende, aber waS die letzteren gewollt, war doch erreicht, und nun konnte eS lustig weitergehen mit der Verseuchung de- Lande- durch den UltramontaniSmuS. DaS neue StaatSgruudgesetz vom Jahre 1848 sollte allen Confessionen iu gleicher Weise zu Gute kommen, aber die Klerikalen thaten, als sei e- nur für sie und soweit sie'- für gut hielte», geschaffen worden. Zumal die Artikel 167, 168 und 169 waren willkommene Objecte für eine jesuitisch-klerikale Dialektik. Es heißt da Art. 167: „Jeder genießt für daS Bekeuutniß seiner religiösen Meinungen di« vollste Freiheit, unter Lorbehaltung jedoch, daß di« bürgerlich« Gesellschaft und ihre Glieder gege» Uebrrtretung de« Strafgesetze« geschützt bleibt". Art. 168: „Alle Kircheageuofftnschafteu im Staate genießen deaselbrn Schutz". Art. 169: „Die Bekenner der verschiedene» Religion« genieße» alle die selbe» bürgerlichen Rechte und haben gleiche Ansprüche bei der Ler leihuag von Remtern und Würden". Die nächste Folge war, daß die Jesuiten im Lande eine rapide Vermehrung durch da- Heriuflrömen aus wärtiger Loyolaföhne erfuhren. Kurz nach dem Wiener Congreß hatte man 8 Klöster im ganzen Lande gezählt, 1851 gab e- bereit« 39 für Mönche und 187 für Nonnen. Da- Jahr 1853 brachte endlich den Römlingen die Erfüllung eine- lang gehegten Herzenswünsche-: die Aufrichtung einer Hierarchie für Holland. Ein päpstliche« Breve vom 4. März theilte da« Reich iu fü»f DiöcesrU, da- Erzbi«thum Utrecht und die BiSthümer Haarlem, Herzogeubusch, Breda uud Roermond. Mit Recht war man in weiteste« Kreisen über die Sprache in der päpstlich«, «llorution entrüstet uud die sogenannte „Aprilbewegung" legte ein deutlichc« Zeugniß hiervon ah. Rom aber konnte sich freuen; die BiSthümer, die man päpstlicherseit- bisher nur als „vacant" angesehen hatte, wurden mit Männern besetzt, die einem Piv Nono die erforderliche Garantie eines echten UltramontaniSmuS bieten konnten, und da- war um so bedeutsamer, als die früher von den Päpste» hin und her ernannten apostolischen Vicare zumeist Gegner der Jesuiten gewesen waren. Klerikale Zeitungen, wie „Der Katholik", „Die katholischen Stimmen" und „Die Zeit" fanden nach 1848 rine rasche Verbreitung unv sorgten ihrerseits für eine Verherrlichung des Ultra- montanenthum«. Die sichtbaren Erfolge konnten nicht auSbleiben. Im Jahre 1890 kamen auf die anderthalb Millionen Katholiken der genannten fünf Diöcesen — wir folgen hier einer katho lischen Statistik — 2662 Priester, 1017 Pfarreien und 1420 Kirchen und Capellen. Von den Klosierorden stehen besonder- die der Jesuiten, Dominikaner, Franziskaner und Trappisten in hoher Blüthe. Der KleruS, der früher auf sein« Stolgebühren und auf Liebesgaben angewiesen war, wird jetzt vom Staate besoldet, ohne daß dieser irgendwo ernstlich dreinreden könnte. Da- viele Geld, das die Kirche dadurch erspart, verwendet sie für kirchliche Prachtbauten, und daneben sorgt man für die Seminare, Orden und audere als nützlich bewahrte Einrichtungen. Bei den Wahlen verfahrt man sehr schlau. Man weiß, daß die Liberalen in Holland nicht einig sind, und so hält man die eigenen Schaaren mit desto strafferer Disciplin zusammen. Gingen die Ultramontanen früher auch einmal mit den Politisch-Radicalen, so liebäugelt man jetzt gern mit der Gruppe der Autirevolutionären. Diese streng orthodoxen Calvinisten sind dem orthodoxen UltramontaniSmuS au- wahlverwandteu Gründen oft gar nicht so unsympathisch. Hat eö doch der Führer jener streng kirchlichen Partei, vr. Kuyper, fertig gebracht, in seiner Eigenschaft als Mit glied de- Amsterdamer KirchenratheS gelegentlich das Kirchen vermögen in Beschlag nehmen zu lassen, worauf dann förmliche Kämpfe um de» Kirchenbesitz ausbrachen. Freilich war, wie die ultramontane Presse unwillig eingesteht, selbst bei diesen Parteileuten Kuyper's oft die Furcht vor dem „römischen Gespenst" so groß, daß man bei Stichwahlen zumeist lieber einen Liberalen al- eine» Ultramontanen wählte. Gleichwohl brachten eS die Klerikalen bei der Wahl vom Jahre 1897 auf 22 Mandate und bildeten infolgedessen die numerisch stärkste Partei der Zweiten holländischen Kammer. Werden die ultramontanen Strömungen in Holland nicht bei Zeiten einmal gründlich eingedämmt, dann ist das Schicksal dieses Lande» gar nicht abzusehen. Schon die zerrütteten Verhältnisse des unglücklichen benachbarten Belgiens, einer Hochburg deS KlerikaliSmuS, sollten eine ernste Warnung sein. Der Krieg in Südafrika. Die Lage auf den» Kriegsschauplatz. Man schreibt unS aus London unter dem 19. Juni: „Es vergeht jetzt kaum ein Tag, an welchem nicht entweder officrell durch dir Kriegscorrespondenten oder auch nur durch die Verlustlisten kleinerer oder größerer Schlappen der Engländer in Südafrika bekannt werden, und trotz aller Bertuschungsversuche wird es täglich klarer, daß der Feldzug in mancher Hinsicht wieder einmal in «in ganz neues Stadium getreten ist, und daß die Voeren neuerdings die größte und energischste Regsamkeit und Unternehmungslust an den Tag legen, gegenüber welcher sich die britischen Truppen vielfach geradezu machtlos finden. Besonders ungünstig für di« britische Sache lauten andauernd die Nach richten aus der Capcolonie, denn fortwährend werden englische Patrouillen und Abteilungen angegriffen oder aufgehoben, wie eS wieder vorgestern rin Detachement von 2 Officieren und 20 Mann, di« von dem Commandanten Moritz im Bezirke von MurraySburg weggefangen wurden. Die ebengenannte Stadt selbst wurde n«uerdings von den Boeren unter Commandant Scheepers occupirt, nachdem die schwache britische Besatzung daraus vertrieben worden war; bei dieser Gelegenheit fielen den Boeren wiederum sehr reiche Vorräthe an Lebensmitteln, Uni formen, Munitionen und sonstigem Kriegsmaterial in die Hände, so daß sie sich also fortwährend für ihr« weiteren Operationen neu auSrüsten und versorgen können. Angesichts dieser für die Engländer so ärgerlichen Thatsachen ist eS nicht verwunderlich, wenn in der britischen Presse und im Publicum die Stimmen immer lauter werden, welche Aufklärung darüber verlangen, wie es möglich ist, daß bi« heute die 75000 britischen Soldaten in der Capcolonie gegen di« 2 bis 3000 Boeren, die seit Monaten daS Land unsicher machen, auch noch nicht den geringsten ent scheidenden Schlag haben ausführen können. Dies ist allerdings um so eigenthümlicher, als eS in den englischen Meldungen, und ganz besonder- in den berühmten stereotypen Reuter-Tele- ^rammen seit Wochen und Wochen immer wieder heißt, daß die m die Capcolonie «ingedrungenen Boerencommandanten mit ihren kleinen CorpS unaufhörlich von den britischen Truppen im Lande umhergehetzi und immer wieder in alle Winde zersprengt werden So meldete Reuter erst gestern wieder, daß die Boeren unter Kruttzinger und FouchHe seit der Einnahme von JameStown der artig von den Engländern abgehetzt worden sind, daß die Mehr zahl ihre Pferde verlor, und daß diese Männer, ungewohnt und unfähig, fich länger« Zeit zu Fuß zu bewegen oder gar zu kämpfen, sich in kleineren und größeren „Haufen" in den Bergen wie wilde Thiere versteckt halten, und von den britischen Streif patrouillen nur sehr schwer aufzustöbern sind. Das sind natür lich Ammenmärchen, und in Wirklichkeit haben di« verschiedenen Boerencommandanten in der Capcolonie ihr« CorpS und Ab- theilunge» so st«t in der Hand, daß sie ebenso erfolgreiche Ope rationen wie diejenigen gegen JameStown, MurraySburg u. s. w. so ziemlich nach Belieben zum bitteren Nachthrile der Engländer au-führen können. Ob der zum Obercommandirenden der englischen Streitkräfte in der Capcolonie ernannte General French die Eindringlinge besser zu fassen im Stande s«in wird, bleibt trotz stattfindender größerer Truppenconcentrationen auf englischer Seite mindestens zweifelhaft, und auf jeden Fall wird auch French es nicht, mehr verhindern können, daß die voeren noch für längere Zeit ihren Vorsatz ausführen werden, nämlich, in der britischen Colonie so viel Schaden anzurichten und soviel Kriegsbeute zu machen als nur eben möglich. Im Uebrizen bringt die gestrige amtliche B e r l u st l i st e, wie gewöhnlich, wieder Nachricht über verschieden«, durchaus nicht be langlose Gefechte in Transvaal und im Oranje-Freistaat, wo rüber Lord Kitchener, wie üblich, gar nichts gemeldet hat. Bei Mooiland wurde eine Abtheilung des Lancashirc-Regiments von den Boeren überfallen und verlor 4 Mann todt und 17 Ver wundete, während bei Houtkop am 14. dieses Monats «in Haupt mann und 5 Mann getödtet und 17 Mann verwundet wurven. Aehnliche „Kleinigkeiten" passiren fast jeden Tag und vergrößern die langen Verlustlisten, die ohnehin schon durch die an Krank heiten sterbenden Leute so außerordentlich in die Länge gezogen werden." " Cradock. 19. Juni. l..Reuler'S Bureau.") Ta« Commando Kruttziagrr'S bat die Bahnlinie bet BarSda überschritte»! und zieht letzt nach Westen. Die vondancr Pro- und Anttboeren. * London, 20. Juni. (Telegramm.) Außerhalb der QneeiiS- Hall, wo gestern Abend eine boerensreundliche Versammlung abgehalten wurde, spielten sich tumultuarische Scenen ab. Etwa 10 000 Personen, darunter viel Gesindel, hatten sich an den Ausgängen deS Locales eingefunden, welche die Theilnehmcr der Versamm lung, wenn sie die Halle verließen, unter groben Schmähungen an griffen und zuweilen arg mißhandelten, patriotische Lieder sangen und Hochs auf Chamberlain, Milner und die britischen Generale in Südafrika ausbrachten. Starke Abtheilungen von Polizisten setzten schließlich dem Unfug rin Ende. Sauer erklärte im Laufe seiner Rede, die wirkliche Ursache Les Krieges sei die, daß Milner einst in Capstadt geäußert habe, ganz Südafrika müsse unter die britische Flagge gebracht werden. Die Boeren wußten in diesem Augenblick, daß der Krieg mit England unvermeidlich sei und bandelten demgemäß. Aber vor dem Einfall Jameson'S hatte Transvaal nicht gerüstet und sei thalsächlich völlig wehrlos gewesen: von einer Verschwörung gegen England könne keine Rede sein. (Mgdb. Ztg.) Die Wirren in China. 81» Gefecht mit Vcn Talzschmugglern im Vangtsethale. Aus Shanghai, 6. Mai, schreibt man uns: Seit längerer Zeit sind die Salzschmuggler im Iangtsethal wieder eifrig an der Arbeit. Salz ist bekanntlich hier zu Lande ein Artikel, dessen Vertrieb ein Monopol oer Regierung ist. Die Salzabgaben sind hoch und werden vom Volke als eine schwere Last empfunden. Die Unruhen des letzten Sommers, wo die all gemeine Aufmerksamkeit gegen Vie Frensven gerichtet war, gab den Salzschmugglern Gelegenheit, iHv Gewerbe etwas un gehinderter als sonst auszuüben. Auch die Thatsache, daß die Gouverneure einen Theil ihrer Truppen nach Norden gesandt haben, mußte die Schmuggler crniuthigen. Welchen Umfang dieser Schmuggel angenommen hat, zeigt, daß das Salz nicht mehr in einzelnen Booten, sondern in großen Flotten transporiirt wurde. Dieser Tage wurde dem Comman danten des Kiangzinforts am Jangtse gemeldet, in einem der kleinen Nebenflüsse des Jangtse, nicht weit vom Fort, lägen etwa 100 Boote, die auf eine günstige Gelegenheit zur Weiterfahrt warteten. Er entsandte in Booten sofort an 300 'Soldaten, die theils vom Lande, theils von der Iangtseseite angreifen sollten. Wie immer, wurde aber auch dieses Mal Mangel an Disciplin den chinesischen Soldaten gefährlich. Statt, wie befohlen, zum Theil zu Lande zu makschiren, ließen sich die 'Soldaten sämmtlich in Booten nach dem Thatort schaffen. Die Schmuggler warm auf oer Hut; eine wohlzezielte Salve empfing die Truppen Vvn Kianzzin, noch He sie ihre Boote verlassen hatten. Zum Glück lagen in der Nähe «in paar chinesische Kanonendschunkcn, die den arg bedrängten Soldaten zu Hilfe kommen konnten, sonst wäre es diesen schlecht gegangen. Mit ein paar Drerpfünbern gelang es dem Commandeur der Kriegsdschunken, die Salzschmuggler in Schach zu halten, bis die Landung der Truppen vollendet war. Immerhin hatten dies« «inen nicht unerheblichen Verlust an Tobten und Verwundeten. Der Lärm der Geschütze lockte dann auch den chinesischen Kreuzer „Taoming" herbei, der sich nun vor den Fluß legte und Jeden, der versucht hätte, nach dem Jangtse vurchzubrechen, niederzuschießen drohte. Die Boote fielen sämmtlich — es waren im Ganzen hundert — in die Hände der Nezierungstruppen. Da jedes für ungefähr 2000 Dollars (etwa 4000 -M Salz an Bord hatte, ist die Beute nicht klein. Der Führer der Bande ist indessen Dank dem Nichtbcfolgen der in Kiangzin gegebenen Befehl« entkommen, so daß weitere Zu sammenstöße mit ihnen in kurzer Zeit wahrscheinlich sind. Deutsches Reich. cd Berlin, 20. Juni. (Unsicherheit der Recht sprechung in der socialpolitischen Gesetz gebung.) Die Frage, ob Arbritersekretariate zu den Gewerbebetrieben zu rechnen sind oder nicht, hat in den letzten Monaten zu ganz entgegengesetzten richterlichen Urtheilen ge führt, welch« in der Rechtsprechung der socialpolitischen Gesetz gebung die größte Verwirrung Hervorrufen müssen. Der Arbeiter sekretär vr. Winter zu Beuthen wurde cnoeklagt, weil er sein Amt als Arbeitersekretär zu gewerbsmäßiger Thätigkeit ausbeute. Er jedoch wurde vom Schöffengericht freigesprochen, und zwar mit der Begründung, «ine gewerbsmäßige Thätigkeit des Ar- beitersekretariats sei darin nicht zu ersehen, daß dort Recht suchende zum Beitritt zu einer Gewerkschaft veranlaßt würden, da die Eintrittsgelder und regelmäßrgen Beiträge, di« feiten« der Gewerkschaften von den Mitgliedern erhoben werden, nicht daS Aequivalent für die Thätigkeit deS ArbeitersckretariatS, sondern für die von den Gewerkschaften selbst ihren Mitgliedern gebotenen Leistungen darstellen. Auch die Annahme gelegentlicher, frei willig gegebener Beiträge seitens Rechtsuchender spreche nicht für rine gewerbsmäßige Besorgung fremder Rechtsgeschäfte. — In Posen wurde dagegen der Arbeitersekretär GcgowSki zu Strafe und Kosten verurtheilt, weil ihn das Schöffengericht als Gewerbe treibenden im Sinne des § 36 der Gewerbeordnung betrachtete. Gegen beide Ilrtheile wuvoe Revision eingelegt, und nun stellt« sich das Wunderbare heraus, daß die höheren Instanzen zu völlig entgegengesetzter Ansicht gelangten wie der Vorderrichter und demgemäß auch ein entgegengesetztes Urtheil fällten: Das Landgericht zu Posen sprach den Arbeitcrsekretär Gogowski kostenlos frei und begründete dies freisprechense Urth«il in aus führlichster Weise. Das Landgericht Beuth-n aber verurtheilt« den Arbeitersekretär vr. Winter, der vom Schöffengericht« freige sprochen war, zu 30 Geldstrafe und begründete sein Urtheil folgendermaßen: Ter von den Gewerkschaften bezw. der General commission der Gewerkschaften angestellte und bezahlte Leiter Des Rechtsschutz-Bureaus habe den Auftrag, die Rechtsuchenden als zahlende Mitglieder den Gewerkschaften zuzuführen und letzteren durch die Eintrittsgelder und regelmäßigen Beiträge dauerns« Einnahmen zu verschaffen. Darin sei die Gewerbsmäßigkeit des Betriebes zu erblicken, ebenso wie in dein Umstande, daß offenbar von vornherein auch auf die freiwilligen Beiträge von Rechtsuchen den gerechnet worden sei. — Gegen das Urtheil des Landgerichts Beuthen ist nun Revision beim Oberlandesgericht Breslau ein gelegt worden, letzteres aber hat die Revision verworfen, und es bleibt also vorerst bei der Entscheidung des Beuthener Landgerichts. Eine Begründung des Urtheils des Breslauer Oberlanbesgerichts liegt noch nicht vor. Daß sowohl dieses, wie daS Beurhener Landgericht das Arbeitersekretariat als Gewerbe betrieb auffassen können, erscheint um so unbegreiflicher, als die Reichstagsverhandlungen zu Anfang December des Jahres 1899 gar keinen Zweifel darüber lassen, daß die Arbeitersekretariate nicht unter den Begriff von Gewerbebetrieben zu stillen sind. lD Berlin, 20. Juni. (Die Thätigkeit des deut schen Haftpflicht-Schutzverbandes.) Der Ver band, der jetzt 633 Mitglieder zählt, wurde am 28. Juli 1892 unter Vorsitz des damaligen Commerzienraths Möller, des jetzigen Handelsministers, gegründet, der bis zum Tage seiner Ernennung als Handelsminister Vorsitzender des Verbandes war. An seiner Stelle wurde in der Ausschuß- und Vorstands sitzung vom 30. Mai d. I. vr. Böttinger gewählt. Der ursprüngliche Zweck des Verbandes war, eine bessere Regelung der Haftpflicht-Versicherung herbeizuführen. Um diesen Zweck zu erreichen, insbesondere alle bedenklichen Clauseln, namentlich die Präklusivfrist, aus den Versicherungsbedingungen zu ent fernen, wurden zunächst für die Haftpflicht Normativbedingungen ausgearbeitet und deren Anwendung für die Mitglieder des Ver bandes zunächst mit fünf Versicherungsanstalten vertraglich ver einbart. Im Laufe der Jahre ist die Zahl der Versicherungs anstalten, mit welchen ein derartiges Vertragsverhältniß besteht, bereits auf 10 angewachsen. Auf dem 3. internationalen Con greß für Arbeiterunfälle und sociale Versicherung im October 1894 zu Mailand war der Haftpflicht-Schutzverband ver treten durch seinen Vorsitzenden und den damaligen Herrn Prof. I)r. van der Borght. Abgesehen von einem bedeutenderen Referat des Herrn Professor vr. van der Borght hatten beide Vertreter des Haftpflicht-Schutzverbandes sich lebhaft an den Debatten auf dem Congreß betheiligt und konnten zu ihrer Ge- nugthuuna feststellen, daß ihre Bemühungen, für die deutschen Errungenschaften auf diesem Gebiete auch die anderen Cultur- staaten empfänglich zu machen, nicht erfolglos geblieben sind. — Bei der die Haftpflicht und die Versicherung betreffenden Gesetz gebung hat der Verband seine Ansichten und Wünsche durch Denkschriften, Adressen u. s. w. geltend gemacht, es gilt dies insbesondere für die Erweiterung des Unfallgesetzes, die die Haft pflicht betreffenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, das Prioatversicherungsgesetz u. s. w. Als weitere Arbeiten unternahm der Verband eine Reihe von Statistiken, insbesondere Haftpflicht-Statistik, ferner wurden Erhebungen über die Haft pflichtprämie angestellt und dabei festgestellt, daß im Jahre 1897 die Haftpflichtprämien, und zwar zweifellos in Folge der Be strebungen des Verbandes, fallende Tendenz hatten und zum Theil recht erhebliche Ermäßigungen zeigten. — An den Be- rathungen des Congrcsses für Arbeiterunfälle zuBrLsselim Juli 1897 nahmen wiederum der Vorsitzende und Geschäfts führer des Verbandes regen Antheil. Wie sich auf diesem Con greß zeigte, hat die Stellung der Nicht-Deutschen seit der Mai länder Conferenz erhebliche Fortschritte zu Gunsten der Zwangs versicherung gemacht. — Im Anfang des Jahres 1898 wurden bei Gelegenheit einer Revision der Normativbedingungen mit den Vertrags-Versicherungs-Anstalten auch Normativbedingungen für die Haftpflicht bei Beschädigung fremder Sachen, sowie au« Haus- und Grundbesitz vereinbart. Ferner wurden im Jahre 1899 mit der Kölnischen Unfall-Versicherungs-Actien-Gesell- schaft allgemeine Bedingungen für Versicherung gegen Sturm schäden für die Mitglieder des Haftpflicht-Schutzverbandes ver einbart. Nachdem der Verband die Versicherung gegen Sturm schäden bezw. gegen Unwetterschäden, sowie Diebstahlversicherung in den Bereich seiner Besprechungen gezogen und hierüber statistisches Material eingczogcn hatte, ist er auch der Feuer versicherung näher getreten und hat ein umfangreiches statistisches Material gesammelt, um vorhandene Schäden und Unzu- träglichkeiten klar zu stelle»» und möglichst zu beseitigen, der Ver- band ist auch mit dem Verbände der Privat-Feuer-VersicherungS- Gesellschaften in Verbindung getreten, der sich zu einer gemein samen Besprechung und Berathung der Angelegenheit bereit er klärt hat. Der Haftpflicht-Schuhoerband will, wie dies bisher allemal betont worden ist, nichts Anderes, als ehrlich und loyal prüfen, welcher berechtigte Anlaß zu Beschwerden etwa vorliegt und wie Abhilfe zu schaffen ist; er ist durchaus der Ueber- zeugung, daß gerade durch gemeinschaftliche Verhandlungen mit den Feuer-Versicherungs-Gesellschaften das Richtige zu ermitteln ist. — Auf dem internationalen Congreß für Arbeiterunfälle und sociale Versicherung zu Paris im Juni 1900 war der Verband wiederum durch seinen Geschäftsführer vertreten. Welche Bedeutung und welches Ansehen die Entwickelung diese« Gegenstandes in Deutschland inzwischen für die übrigen Cultur« staaten erlangt hat, geht daraus hervor, daß die von dem Ge schäftsführer überbrachte Einladung der Stadt Düsseldorf, während der dort »m Jahre 1902 stattfindenden Ausstellung den Congreß auf deutschem Boden in Düsseldorf begrüßen zu dürfen, vom Congreß angenommen worden ist. Wie schon er wähnt, wurde an Stelle Sr. Excellenz Möller zum Borsitzendm deS deutschen Haftpflicht-Schutzverbandes vr. Böttinger, zu dessen Stellvertreter vr. Beumer gewählt. An Stelle de« zum Geh. Rath im Reichsamt des Innern ernannten H:rrn van der Borght versieht Herr Justizrath Krafft provisorisch dar Amt des Geschäftsführers. . , i i«.
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