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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.06.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010624024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901062402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901062402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-06
- Tag1901-06-24
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tung eren, igen, 5 bet eben, eitet. Nach imen einer selbst aten Ent- nmer au. der c Be- ibaks- rigem ecten« > das ir das furter Abon« erke cdent- >r, im ck auf rchi * Prak- nmer- , weil ä des- hes in st. Bei sinn- e ver- Mühe ei der nmer- tions- leicht ienfrei enden. sich, will, imer« n wo bringt enige a den t den l des tt an äus seren nscher- Gossen, heodor Julius Gossen, as. — Robert Inh. l Ditt- as. — Ernst ah. der na. — : Emil g sind nonate, Leipzig als im jlungs- Tonne- wnates kanten. llungS- nS und 6 schon rfahren k 1 bis ren ab« 01 sind :n vor» cjahreS. als im rteliahr Schluß« ntraum ien, da- ich. ansels» -Gesell schaften l, Lom- NkL , soweit «n m. Gefell er Lan- lide Ge» rstands« znibver- rstands- vtitglird >s eines um Er ben hak. Haftung schatt rften m. >vn nicht st, CüM- Dann Verträge Preußen nz. Die B. Dä» L' L: Zuwider» Die Ge- una von der vot» im -<m» Bezugs,Preis in der Hauptexpedition oder den k» Etadt- dezirk und den Vororten errichteten Ans- «avestellen abgeholt: vierteljährlich ^1 4 bO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Hau- X b.»0. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich: vierteljährl. 6. Man abonntrt ferner mit entsprechendem Postaufschlag bei den Postanstaltea in der Schweiz, Italien, Belgien, Holland. Luxem burg, Dänemark, Schweden und Norwegen, Rußland, den Donaustaaten, der Europäischen Türkei, Egypten. Für alle übrigen Staaten Ist der Bezug nur unter Kreuzband durch die Expedition diese» Blatte» möglich. Die Morgen-Au-ap.be erscheint um '/,7 Udr, die Abend-Ausgabe Wochentag» um b Uyr. Redaction «nd Expedition: JohanniSgaffe 8. Filialen: Alfred Hahn vorm. O. Klemm'» Torttin. UniversitätSstraße 3 (Paulinum), Louis Lösche, Katharinevstr. 14, part. und KbnigSplatz 7. Abend-Ausgabe. MpMer TagMalt Anzeiger. Ärntsvlatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Molizei-Äintes der Ltadt Leipzig. 317. Msntag den 24. Juni 1901. Anzeigen-Pret- die 6 gespaltene Petitzeile LV L,. Reklamen unter dem Redacttou-strich (»gespalten) 75 H, vor den Iamiltennach» richten (8 gespalten) SO Lj. Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahmr NS H (excl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgrn-Au-gabe, ohne Postbesörderung VO—, mit Postbesörderung ^il 70.-. Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag- 1V Uhr. Morgen-Au-gabe: Nachmittag» 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stet- an die Expeditioe zu richten. Die Expeditton ist Wochentag» ununterbrocheu geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig SS. Jahrgang. Der Krieg in Südafrika. -p Während in London die FriedenSgerüchte immer wieder stoßweise auftauchen und ab und zu greifbarere Gestalt anzu nehmen scheinen, sieht es auf dem Kriegsschauplätze selbst gar nicht nach Frieden aus und die Bocren entwickeln eine größere Aktivität als je zuvor. In der Capcolonie ist da» wiederholt mit großer Siegeszuversicht ange kündigte Boerentreiben kläglichst gescheitert. Statt, wie es im Plane lag, die „Rebellen" gleichsam in ge schlossener Colonne über den Oranjrfluß zurvckzutreiben, muß man mit zusehen, wie sich ihre einzelnen Commando» überall frei bewegen, bald da, bald dort eine starke Position in den Bergen einnehmen und wenn sie mit dem Feinde zu sammenstoßen, ihm regelmäßig empfindliche Verluste beibringen, ohne daß es den Engländern bis jetzt auch nur einmal geglückt wäre, eine Boerencolonne aufzureiben. Neber den letzten Kampf bei Waterklovf haben wir schon in zwei Telegrammen, einem vom Reuter'schen Bureau und einem Privattelcgramm berichtet. Heute wird noch gemeldet: * London, 23. Juni. Dem „Reuter'schen Bureau" wird au» Cradock vom Freitag gemeldet, daß an? Donnerstag in der Frühe eine Abtheilung der Midland Mounted RisleS unter Capitän Spandau gegen den Boerensührer Mal au ausgesandt wurde, der Sonntag Nacht auf dem Marsch nach Westen die Bahn bei Noode- hoofe überschritten hatte. Ueber den Zusammenstoß bei Water kloos ist, abgesehen von der Meldung, daß Capitän Spandau tödtlich verwundet wurde, keine weitere Nachricht hier eingegangen. Auch im Transvaal und dem Oranjefreistaat scheint nach unseren am Sonnabend publicirten Privatmeltungen wieder einmal eine größere Action der Boerrn bevorzusteben, denn eS verlautet, baß Generalcommandant Bold» eine Vereinigung seiner Streitkräfte mit denjenigen des Generals Delarey bei AwerSsoort östlich von Stanverlown anstrebt und daß Delarey auf seinem Vormarsch nach Osten stetige Fortschritte macht und bis jetzt e« meisterhaft ver standen hat, die britischen Colonnen zu umgehen, so daß die Vereinigung der beiden Generale wahrscheinlich in den nächsten Tagen erfolgen dürfte. Christian De Wet soll sich mit seinem kleinen Corps zwischen Kroonstad und Vrodefort auf dem Marsche nach dem Vaalstusse befinden und sein nächste» Ziel ist die letzt genannte Stadt, in deren Nachbarschaft größere MunitionS- vorräthe der Boeren vergraben sein sollen, welche De Wet jetzt heben will. Ueber die weiteren Pläne der Boerensührer verlautet natürlich einstweilen noch nichts, aber aller Wahrscheinlichkeit nach dürften in den nächsten 14 Tagen einige Schläge von gewisser Wichtigkeit zu erwarten fein. Wie wenig die Engländer im Stande sind, sich ihrer Feinde zu erwehren, geht weiter aus der Meldung hervor, daß die nächste Nachbarschaft von Pretoria, Johannesburg und Bloemfontein von kleineren Streifcorps der Boeren un aufhörlich beunruhigt wird, wobei eS den britischen Truppen nur selten gelingt, dieselben zu fasten und unschädlich zu machen, während andererseits diese Streifcorps fortwährend gute Beute an Vieh und Kriegsmaterial machen. Am 19. diese» Monats fand nur wenige Meilen nördlich von Bloemfontein bei Smaldol ein scharfe« Gefecht statt, in I welchem die englischen Verluste 1 Ofsicier, tt Mann, todt und 1 Major, 2 Leutnant» und 11 Mann verwundet betrugen. — Am gleichen Tage wurde eine englische Abtheilung von 20 berittenen Polizisten in der Nähe von Dapsfontein, zwischen Pretoria und Johannesburg, von den Boeren über rascht und mußte sich mit einige» Verlusten Hals über Kops zurückziehen. Am 16. Juni gelang eS sogar einem besonders kühnen StreifcorpS der TranSvaaler, bei OlifaniSfontein an der Eisenbahn Pretoria-Johannesburg die Schienen aufzu reißen, die Telegraphenstangen abzuhauen und die Dräbte zu zerschneiden, wobei die Boeren jedoch von einer größeren Abtheilung englischer Cavallerie überrascht und mit einigen Verlusten an Verwundeten und Gefangene» bavongejagl wurden. Daß solche Ueberfälle und Unternehmungen der Boeren selbst in nächster Näbe der britischen Centralpositioueu mög lich sind, beweist wohl mehr als alles andere die Ohnmacht des englischen Hauptquartiers, selbst mit der vorhandenen zehnfachen Uebermacht die Boeren in irgend welchem Theile veS Kriegsschauplatzes dauernd niederzuhalte» oder sie etwa gar von dem angeblichen Uebergewichl des britischen Heeres und der britischen Strategie, von welcher in England und in Capstadt andauernd so gerne gefaselt wird, zu überzeugen. Es hat den Anschein, al» wenn die größere Mehrzahl der noch im Felde stehenden britischen Truppen kaum noch im Stande und geeignet ist, die Strapazen des Krieges noch viel länger zu ertragen. Ter GksunbhritSzustand der Soldaten mutz sich unter dem Einflüsse des strengen südafrikanischen Winter» ganz bedeutend und geradezu bedrohlich verschlechtert haben: sämmtliche Hospitäler sind mit Kranke» überfüllt und aller Orten herrscht bereits zrvßerMangel an Betten und sonsti gem Lazarcthmaterial, während die Disciplm sich ui einer Weise bei den meisten Truppentheile» gelockert haben soll, daß die Osficiere und Commankeure ihre: Mannschaften längst nicht mehr in ausreichender Weise sicher sind. Aus Privalbricfen bat sich in letzter Zeit wiederholt feststelleit lassen, daß Insubordinationen und sogar Deserlanouen unter regulären Truppe» an der Tagesordnung sind, während andererseits die colonialen Freiwilligencorps vielfach geschlossen die Ausführung von allerhand unbequemen Befehlen weigern und Überhaupt den englischen Generale» andauernd große Schwierigkeiten machen. Bei allen diesen Truppen kann natürlich längst nicht mehr von irgendwelcher KricgSbegeisle- rung oder auch nur KricgSlust die Rede sein, — und zum Ueberfluß bestätigt es sich jetzt im vollsten Umfange, daß die letzten Verstärkungen von Jeomanry, welche auf das dringende Verlangen des Lord Kitchener in England Hals über Kopf aus dem minder- werthigste» Mcnschenmaterial zusammengestellt und naL Südafrika hinausgesanvt wurden, sich inzwischen als völlig unbrauchbar herausgestellt haben. Ueber die Hälfte dieser Mannschaften (eö waren etwa 10 bis 12 000 Mann, von denen die wenigsten jemals in ihrem Leben zu Pferde ge sessen oder eine Flinte abgefeuert batten) liegt in den FeldhoSpitälern oder ist bereit» nach England zurückgesandt worden, und mit dem Rest baden die Osficiere ihre liebe Noth, um sie vom Plündern, Mordbrenner» und Schlimmeren abzuhalten. Daß natürlich solche „Soldaten" eine leichte Beute der Boeren werden, wenn sich nur irgendwelche Gelegenheit hierzu bietet, ist ganz selbstverständlich, und daß das ganze ManNschastSmaterial, welches daö englische Kriegs amt zur Verstärkung seiner Armee in Südafrika hinaus- saiidte, nicht nur völlig werthlo» und unbrauchbar ist, sondern auch geradezu «ine Gefahr und ein Hinderniß in so mancher Hinsicht darstcllt, das hat Lord Kitchener inzwischen zur Genüge erfahren und auch wohl dem Kriegsminister bereits mitgeiheilt; denn weitere derartige Verstärkungen von djeonianry werben, obwohl in Aussicht gestellt, seil Wochen nicht mehr verschifft. Oie Wirren in China, vntstcllungcn. Den Bemühungen der ausländischen Presse, in der An wesen beit zweier deutscher Bataillone in Shanghai einen außerordentlichen oder gar beunruhigenden Zustand nachzuweisen, muß bei der Einfachheit und Durchsichtigkeit beS SachvcrbaltS der Erfolg versagt bleiben. Zur Auf rollung von NechlS- oder Machtfragen ist der Anlaß schlechter dings nickt geeignet, die Entscheidung der ZweckmäßigkcitS- frage aber wird man billiger Weise denen überlaste» können, die an Ort und Stelle die Erfordernisse der Lage in Sbanghai zu beurtbeilen vermögen. Unter den Deutsche» des Iangtsegcbietes herrscht jedenfalls große Befriedigung über die vorsorgliche Sicherheitsmaßnahme, bei der es sich gar nicht um Politik, sondern um Polizei handelt. Das Verbleiben einer deutschen Schutzwache — von einer „Besatzung Shanghais" läßt sich bei einem Häuflein von 800 Mann füglich nicht reden — fällt durchaus in den Nahmen solcher Anordnungen, wie sie von verschiedene» Mächten in berechtigter Wahrung ihrer Interessen am Aangtse getroffen worden sind. Es ist auch nicht richtig, daß Frankreich oder Japan unter der ansteckenden Wirkung des deutschen Beispiels Garnisonen nach Shanghai gelegt hätten, sondern die japanischen wie die französischen Truppe» waren schon vor Erlaß der > jüngsten deutschen DislocirungSmaßregeln dort slalionirl. Ob dazu die Stärke der britischen Besatzung Shanghais, bekanntlich 2500 Mann — den Anstoß gegeben bat, »rag dahingestellt bleiben. Für Deutschland kam nicht die Nachahmung von Beispielen, sondern der Sckutz der nationalen Interessen in Betracht. Tie Angst eines englischen Blattcö vor deutschen Offensiv-Vorstößen in Shanghai kann nirgends ernst genommen werden. Die Faust Großbritannien« ist im Aangtsegebiet stärker gepanzert unk, wenn man, was aber grausam wäre, englische ZeitunzS- politiker beim Wort nehme» wollte, auch drohender geballt, als die irgend einer andern Macht. Zur Erheiterung sei noch mitgetheilt, daß ein russische« Blatt au» den 800 Mann deutscher Truppe» in Sbanghai 3000 macht, wiederholt von der „großen deutschen Besatzung Shanghais" redet, diese als eine Schmach für England bezeichnet und unsere britischen Vettern bedauert, weil sie während der südafrikanischen Schwierigkeiten in ihrer ostasiatischen „Jnteresienjphäre" (sie!) von Deutschland so rücksichtslos bedroht würden — ein aber maliger Beweis, wie gut sich der Panslawismus auf die Leiden und Freuden der Jiugoes au der Themse versteht. * ThNNghat, 23. Juni. („Reuter'» Bureau") Die von der Türkei nach China gesandte Mission ist gestern nach Japan ab ¬ gereist. Man glaubt, daß die Mission über die transsibirische Bahn nach der Türkei zurückkehrt. Politische Tagesschau. * Leipzig, 24. Juni. Wie bereits in unserer heutigen Morgenausgabe mit- getheilt worben ist, stellt die „National-Ztg." fest, daß in die Angelegenheit des nach Königsberg versetzten Justitiar» im brandenburgischen Consistorium vr. Reicke der Reichskanzler Vlraf vnlow eingegrisfeu hat, um Herrn vr. Reicke durch dessen Uebcrnahme in den Reichsdienst daS Verbleiben in Berlin in amtlicher Stellung zu ermöglichen. Zur Ergänzung dieser Meldung wird uns aus der Reichshauptstadt von wohlunterrichteter Seite geschrieben: „Sofort, nachdem die Strafversetzung des Herrn vr. Reicke nach Königsberg bekannt geworden war, erhoben sich zahl- und eiafluß- reiche Stimmen, die kein Hehl daraus machten, daß die Maßregel die schwersten Bedenken erregte. Nicht nur an sich müsse eine Maß- regrlung des verdienten ManneS peinlich wirken, sondern auch das werde Niemand begreifen, daß ein für daS branden burgische Consistorium ungeeigneter Mann für das Consisto rium in Königsberg geeignet sein solle. Dies« Anschauung hat auch dec Herr Reichskanzler getheilt. Lediglich seinem Eingreifen ist cs zu verdanken, daß I)r. R. nicht strasoersetzt wurde, vr. Reicke hatte den maßgebenden Factoren wiederholt erklärt, daß er die Beisetzung nach Königsberg als eine unverdiente Strafe be trachten müßte. Wenn nun verlautet, daß durch die Zurücknahme der Versetzung die Stellung des Staatssekretärs Grasen Po ja« dowsky erschüttert sei, so ist nicht einzusehen, worauf die Be hauptung sich gründet. Weit näher liegt die Annahme, daß das Eingreifen des Reichskanzlers nicht spurlos an dem Cultusmintster vr. Studt vorübergehen werde. Seine Stellung ist eine befestigte noch nicht gewesen und wenn auch durch ihn die Versetzung nicht direct beantragt worden ist, so hat er sie doch jedenfalls gebilligt. Vorläufig wird ja eine Krisis im CultuS- niinlstcrium schwerlich «intreten, aber sie würde auch nicht aüKleibea können, wenn ähnliche Mißgriffe sich wiederholten. Wa» vr. Reicke betrifft, so ist eS richtig, baß ec eine SchulrathSstellr im Westen der Monarchie abgclehnt habe. Eine Stellung im Reichsversicherungs amte war nicht frei; er wird daher eine solche in dem neuzubrgrün- drnden Aufjichtsamt über dir PrivatversicherungSgesell- schaften erhalten. Es wird in weiten Kreisen Genugthuung Her vorrufen, daß Lurch das Eingreifen de- Reichskanzlers di« Sache beigelegt ist." Wir begrüßen daS Eingreifen deS Grafen Bülow be sonders deshalb, weil eS uns der Nolhwendigkeit überhebt, sei» Bekcnntniß zu Goethe, das er in seine bei der Ent hüllung des Bismarck-Denkmals gehaltene Rede einflocht, als ein Privatbekenntniß aufzufassen, daS auf seine amtlichen Handlungen ohne Einfluß sei. Freilich wird ihm sein Ein greifen nicht nur auf klerikaler, sondern auch auf extrem- cvnservativer Seile recht einflußreiche Gegner schaffen, Und wenn er sich amtlich noch öfter zu Goethe bekennt, so wird die Einheitlichkeit „seines" Ministeriums auf manche harte 1 Probe gestellt werden. Frrrrllrton. Die am 1. Juli neu eintrelenden Abonnenten erhalten auf Wunsch den Anfang deS Roman» „Rechtsanwalt Loh mann" von unserer Expedition kostenfrei nachgeliesert. Rechtsanwalt Lohmann. 1) Roman von Rudolf Jura, riachdruck end«»». I. Ueber die kleine Billa in der Adalbertstraße streiften eben die ersten Sonnenstrahlen eines frischen Frühlingsmorgens hin. Im ersten Stock standen zwei Fenster halb offen und ließen durch die dünnen gelblichen Stores das dämmernde Licht in ein Damen schlafzimmer hineinsttömen, dessen vornehm gediegene, dabei aber einfache Ausstattung darauf hin zu deuten schien, daß di« Bewohnerin eine Dame von Welt und von Geschmack sein mußte. DaS rmt dem feinsten Battistlinnen bezogene Bett stand be reits leer, und ein junges Weib war eifrig beschäftigt, vor dem großen Marmorwaschtisch und dem hohen Wandspiegel ihre Toilette zu beenden. Rasch halte sie «in be scheidenes, fast ärmliches Hauskleid augethan und ihr üppiges, rothblondeS Haar in einem sauberen Morgen häubchen geborgen. Dann ging sie an ihre Arbeit und stellte Sauberkeit und Ordnung in dem Schlafzimmer her. Wer sie jetzt in ihrer emsigen Thätigkeit beobachtet hätte, dem würde das sonderbar« Mißverhältniß ausgefallen sein, das zwischen ihrer edlen Gestalt, ihren anmuthigen Bewegungen und ihren ausdruckslosen, ja nahezu rohen GesichtSzügen herrschte. Ihr Antlitz war im Grunde keineswegs häßlich, sondern Von regelmäßigem, angenehmem Schnitt. Aber cs hatte trotz dir scharfen grauen Augen einen eigenthümlichen, schläfrig gleich- ailtigrn, schlaffen Ausdruck, der sie vielleicht etwas jünger er- scheinen ließ, als sie in der That sein mochte, der dem Gesicht aber ein höchst gewöhnliches, ja oft gemeines Aussehen gab. Nachdem sie das Schlafzimmer aufgeräumt hatte, reinigte sie mit Scheuerlappen und Staubtuch die übrigen, von Frau Doctor Römer bewohnten Räume des ersten Stockes, putzte dann, wie all täglich, di« Schuhe und klopfte und bürstete die Kleider der gnädigen Frau. Alles verrichtete sie gewandt und emsig, aber bei aller Schnelligkeit in einer gewissen traumhaften Ruhe und gleichsam in Geistesabwesenheit. Mittlerweile war es acht Uhr geworden, und sie begab sich nach der Küche, um nach der neben dem Herd aufg«hängten schwarzen Schiefertafel zu sehen, auf der Frau Doctor Römer etwaige besondere Befehle aufzuschreiben pflegte, nxnn sie klein« Einkäufe oder sonstige Besorgungen erledigt haben wollte. Heute war die Tafel leer. Di« träumerische Magd hatte also weiter nichts zu thun, als was ihr regelmäßig jeden Morgen ob lag, und wofür es besonderer Anordnungen nicht bedurfte, da die Reihenfolge ihr«r allgemeinen, täglich wiederkehrenden Ar beiten genau auf einer weißen Papptafel verzeichnet war, die oberhalb der schwarz«» Schiefertafel an der Kllchenwand hing, aber nicht mehr brachtet wurde, weil der Magd ihre allmörgend- lichen Verrichtungen bereits zu einer festen Gewohnheit geworden waren. Jetzt quirlte sie die Hafergrütze, die seit einer halben Stunde auf einem Gaskocher brodelte, noch einige Male kräftig durch, goß sie in «inen großen, schüffelartigen Teller aus und setzte sich nach der mehrstündigen, fleißig«» Arbeit behaglich zum Früh stück nieder. Angenehme Gedanken und Erinnerungin schienen während des Essens in ihr zu erwachen und ihre sonst so schlaffen GesichtSziige hin und wilder zu beleben. Nach beendeter Mahlzeit reinigte sie das gebrauchte Geschirr, stellte Alles an fernen Platz und ging in das Badezimmer, um dort den Gasofen anzuzünden. Denn nach der Arbeit war e» ihr« regelmäßige Pflicht, «in Bad zu nehmen. Die Erwärmung des Wasser» nahm immer einig« Zeit in Anspruch, und unter dessen ging sie mit spähenden Augen in der Wohnung hin und her. Doch wann letzt, da ihr keine bestimmte Thätigkeit mehr oblag, die raschen, kräftigen Bewegungen ihres Körpers ver schwunden. Langsam schlenderte.sie von Zimmer zu Zimmer, und alles Leben schien sich in den sonst so gleichgiltigen Augen zusamm«ngedrängt zu haben. Im Schlafzimmer, auf d«m zierlichen Nachttisch, lagen, wir imm«r, die Uhr d«r Frau Doctor Römer, ein zusammengefaltetrr Briefbogen, rin kostbarer Brillantring und ein rothledernes Geldtäschchen. Wieder blitzt« «in freudiges Aufleuchten in den Augen tx» jung«» Wribe». Gierig ergriff sie da» Geldtäschchen, öffnet« es, untirsuchte eifrig den Jnhockt seiner Fächer, nahm ein Zwanzigmarkstiick heraus und steckte es .ächelnd in ihr« Tasch«. Dann blickte sie mit schwärmerischem Ausdruck vor sich hin, und ihr« Lipp«n flüsterten leis« «inen Namen. Plötzlich schlug d«r Ton der scharf ang«zogenen Thürklingel an ihr Ohr, und augen blicklich verwandelte sich da« seufzende Weib wied«r in da» eifrige Dienstmädchen, auf dessen Gesicht k«in« Spur einer persönlichen Gefühlsregung zu entdecken war. Rasch eilte sic nach dem Vorsaal und öffnet« automatisch die Thür zum Treppenhaus. Ein freudiger Schreck aber durchzuckte sie beim Anblick des jetzt vor ihr stehenden jungen Mannes, und sie öffnete lebhaft den Mund, ohne jedoch ein Wort über die Lippen zu bringen. „Ist Frau Doctor Römer schon aufgrstanden?" fragte mit vorsichtiger, leiser Stimme der jung« Mann. „Die gnädige Frau ist ni« vor zehn Uhr zu sprechen", ant wortete sie in einem eigcnthümlich «införmigen Tonfall, als spräche si« gedankenlos wie ein Papagei einen auswendig ge lernten Satz zum hundertsten Male? „Um so besser", erwiderte er, indem er die Hand mit dem weichen, braunen Filzhut unternehmend in die Luft schlenkerte. „Sonst hätte ich natürlich irgend ein« gleichgiltige Bestellung des Rechtsanwalts vorschützen können. Aber so ist es mir lieber. Komm, laß mich hinein. Ich habe Wichtiges mit Dir zu be sprechen." Bei diesen Worten sah er sie scharf an. Sie hing wie gebannt an seinen Augen, ließ ihn widerstandslos eintreten und führt« ihn in die Küche, wo er mit frecher Ungezwungenheit sich auf den weißgescheuerten Tisch setzte. Emil Born war rin zi«rlicher, hübscher Mensch von brünettem Typus, mit einem kleinen Bärtchen und stechenden, schwarzen Augen, die manchen Frauen so gefährlich sind. Doch machten seine bereits etwas ver lebten Züge und die schäbige Eleganz seines SonntagSanzugeS «inen etwas leichtfertigen und unangenehmen Eindruck, dem gegenüber nur verliebte Augen weiblichen Geschlechts blind sein können. Durch sein gewandtes Auftreten wußte «r diesen schlechten Eindruck übrigen» meist zu verwischen. Auch war er ein fehl verwendbarer Arbeiter, und durch seine Tüchtigkeit hatte er sich bei dem Rechtsanwalt Lohmann vom untersten Schreiber bis zum ersten Kanzleivorstcher emporg«schwungen. So zuverlässig er sich jedoch in seinen dienstlich«» Leistungen erwies, ebenso lieder lich war seine übrige Lebensführung zu nenn«». Seine leichten Erfolge dem schön«» Geschlecht« gegenüber verführten ihn dazu, oft ganz« Nächte zu durchtanzen und zu durchjubrln, und wenn er dann mit wüstem Kopf an seine Lagesarbeit Hing, bedurfte er der ganzen Willenskraft sriner jugendlich kräftigen Natur, um sich den beruflichen Anforderungen gewachsen zu zeigen. Die Bekanntschaft de» sonderbaren Dienstmädchen» der Frau Doctor Römer hatte er schon vor einigen Wochen gemacht, al» er «ine» Morgen» «in« eiliqe Nachricht d«S RechtianwaltS Loh mann zu überbring«» haite, der daS Vermögen der jungen Wittwe verwaltete und überhaupt in allerhand geschäftlichen An gelegenheiten ihr Berather war. Er hatte Wohlgefallen an dem Mädchen gefunden und auch sofort deutlich den Einfluß bemerkt, den er durch sein sicheres Wesen auf das äußerst lenksame Ge schöpf auszuüben im Stande war. Trotzdem war es ihm nicht leicht gefallen, sie das erste Mal zum gemeinsamen Besuch« eines Tanzsaales zu veranlassen. Auf all' seine Fragen nach ihren freien Sonntagnachmittagen oder sonstiger Ausgehezeit hatte sie immer ganz ausweichende und eigenthiimlich unklar«, fast verständnißlose Antworten gegeben. Als er sie aber eines Sonntags Morgens mit Bestimmtheit auf gefordert hatte, Abends um II Uhr im „Weißen Adler" zu sein, da hatte sie ihn träumerisch angesehen, mit dem Kopf« genickt und war piinctlich in dem bezeichneten Tanzsaale erschien«» in einem sehr eleganten Kleide, das offenbar aus dem Kleiderschranke der Frau Doctor Römer stammte. Seitdem hatte si« allen seinen Aufforderungen zu nächtlichen Tanzlustbarkeiten widerstandslos Folg« geleistet und ihrs» immer geldbedürftigen Liebhaber auch wiederholt mit beträchtlichen Darlehen unterstützt. Er war der Meinung, daß sie diese Sum men ihrem Sparkassenbuch- entnahm, das ja in den Augen mancher Tanzbodrnbräutigams der schönste Schmuck eines braven Dienstmädchens ist. Auch heute mochte Emil Born wieder in Geldverlegenheit sein. Er beugte sich, immer noch auf dem Tische sitzend, und die Hände auf die Kante gestützt, ein wenig vorn über, sah dem Mädchen fest in die Augen und sagte: „Also heute Abend wieder im „Weißen Adler", nicht wahr?" Sie nickte mechanisch mit dem Kopfe, und er fuhr etwas ein dringlicher fort: „Kannst Du denn nicht einmal eher kommen und Dich schon Nachmittags frei machen?" „Nachmittags?"erwiderte sie mit hilflos erschrockenem Aus druck. „Nein, n«in! Ich komme Abends." „Nun gut! Es ist zwar eine unglaubliche Sklaverei, wenn Dir Deine Gnädige niemals einen freien Sonntag gestattet. Aber, lassen wir es dabci. Also heute Abend! Uebrigens, könntest Du mir nicht nochmals mit einer Kleinigkeit aushelfen? Ich bin wieder ganz abgrbrannt." Hastig griff sie in di« Tasche, zog daS Zwanzigmarkstück hervor, das sie vorhin dem Geldtäschchen entnommen hatte und überreichte es ihm strahlenden Antlitzes. Nachlässig steckte er es ein und murmelte: „Danke schön! Aber warum bist Du nur so leichtsinnig, da» Geld bei der Arbeit lose in der Tasche zu tragen! Wie leicht kannst Du etwa» ver lieren. Hast Du noch mehr bei Dir?"
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